Noch fliessen die Wasser - vom Schrejende Bach zum Bietschbach
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Nach der Ankunft mit dem ersten Zug kurz vor Acht in Goppenstein war ich für mein lang gehegtes Vorhaben, zur Hogleifa und über den Verbindungsgrat zum Wilerhon und weiter zum Bietschjoch zu steigen, recht spät dran, und so glaubte ich, als ich über die Eisenbügel zum Bergweg hochstieg, noch nicht so recht an ein mögliches Gelingen und verlor dabei fast das Gleichgewicht. Dann ging es stetig steil bergan, bald hatte ich meinen Ryhthmus gefunden, und die Morgenkühle und der schattige Wald taten ein Übriges. Mehrmals musste ich den richtigen Weg suchen, v.a. zwischen Alti Pochi und Schrejendem Bach, fand ihn aber zum Glück jeweils früher oder später immer wieder. An der Quelle des Schrejenden Bachs gönnte ich mir ein paar erfrischende Schlucke des eiskalten und kristallklaren Bergwassers, bevor ich, inzwischen unter der wärmenden Sonne, zum WNW-Grat aufstieg, der mir deutlich weniger gerölllastig als der Zustieg zum W-Grat zu sein schien. Vorbei an einer Herde prächtiger Walliser Schwarzhalsziegen auf der Chleealpa über dem Gattunmandli näherte ich mich auf dem Grasrücken dem felsigen Gratabschnitt. In anregender Kletterei gelangte ich höher, den Blick immer wieder nach links zum Verbindungsgrat Richtung Chastler- und Wilerhorn gewendet, der langsam Gestalt annahm und trotz zackiger Türme durchaus machbar zu sein schien, und nach rechts zu den gleissenden Paradegipfeln des westlichen Alpenhauptkamms. Über den einfachen obersten W-Grat und nach einer auflockernden Klettereinlage am Vorgipfel erreichte ich am Mittag den Hauptgipfel der Hogleifa, wo sich der Verbindungsgrat zumindest bis zum Wilerhorn, dominiert vom alles überragenden Bietschhorn, nun in seiner vollen Länge zeigte.
Wie im Führer beschrieben und wie erwartet, besteht der Verbindungsgrat grösstenteils aus Geröll und losem Fels, der aber an den schwierigeren Stellen jeweils recht solide ist. Am "anspruchsvollsten" fand ich die Abstiege über die NNE-Grate von Hogleifa und Wilerhorn, während der Gratabschnitt zwischen Chastlerhorn und P. 3261 zwischendurch gutmütigem Gehgelände entspricht, und an den SSW-Graten von Chastlerhorn und Schwarzhorn sogar Genusskletterei in recht solidem Gneis zu finden ist. Eigentlich hatte ich geplant, vom Bietschjoch über die Bietschhornhütte nach Blatten abzusteigen. Auf dem Wilerhorn lockte kurz eine Abkürzung durch das Jolital nach Hohtenn, stattdessen entschied ich mich für den Kompromiss einer Verlängerung und Verschönerung durch das Bietschtal zur Südrampe. Der Abstieg vom Wilerhorn erforderte im oberen Teil wegen losem und rutschigem Geröll trotz Pfadspuren einiges Fingerspitzengefühl, und im unteren bremste die linksseitige Umgehung mehrerer Gendarmen, zudem verlangte nach der Überschreitung des Schwarzhorns mit seinen drei Gipfeln der Gratkamm Richtung Bietschjoch noch einmal volle Konzentration, weshalb sich das Ganze etwas in die Länge zog. Vor dem Bietschjoch stieg ich über geröllbedeckte Platten vorsichtig auf den Gletscher hinunter. Wie auf der Hogleifa und dem Wilerhon machte ich nochmals eine Pause und bereitete mich dabei auf den mir noch unbekannten Abstieg durch das westliche Reemi ins Bietschtal vor.
Auf dem dem noch gut verfirnten Bietschgletscher und auf Firnfeldern verlor ich zuerst leicht und rasch an Höhe, dann wiesen ein paar grosse Steinmänner denn Weg über gutmütiges Geröll Richtung P. 2838 und P. 2671. Nach einem steilen Abstieg Richtung SE zwischen verzweigten Bächen auf Gras und Schrofen, wo ich mich nochmals an erfrischendem Quellwasser labte, und ein letzter Steinmann anzeigte, dass ich nicht ganz falsch lag, fand ich schliesslich einen geeigneten Durchschlupf zwischen Felsplatten und -rücken, und zuletzt musste ich nur noch durch ein Feld von Stauden "waten", bis ich auf Reemistafel zum Bergweg stiess. Eine Gemse jagte hinunter und überquerte innert Sekunden den Bietschbach. Nun kam auch ich wieder schneller voran, obwohl ich in den Mäandern von Jegisand die Wegspur zwischendurch verlor, und erst auf Nassi Pletscha wieder fand. Hier schreckte ich eine weidende Herde von Yaks auf, die sich aber bald wieder beruhigte. Der nun deutlichere Bergweg, der nach der Abzweigung ins Jolital sogar weiss-rot markiert ist, führte mich in angenehm sanfter Neigung durch das lange, bereits wieder im Schatten liegende Bietschtal. Am Wegrand pflückte ich, begleitet vom irisierenden Rauschen des Bietschbachs, frische Walderdbeeren, die den gröbsten Durst etwas milderten. Beim Bietschi machte ich nochmals eine kurze Pause und füllte eine Flasche an der Yak-Tränke, bevor ich den restlichen Abstieg bis zur Südrampe unter die Füsse nahm. Ein Steinbock - den letzten hatte ich oben am Grat gesehen - verzog sich in die mächtigen Plattenschüsse der Eschblatte. Nach der Naturbrücke kam ich wieder in die Sonne, und in Riedgarto musste ich den oberen Weg Richtung Ausserberg einschlagen, da das letzte Postauto in St. German um halb sieben bereits abgefahren war. Entlang der vom Bietschbach abzweigenden, murmelnden Manera Suone, von der ich einen Fuchs aufscheuchte, vergass ich die Zeit, bis mich ein letzter Wiederaufstieg nach Wolfbiel aufweckte, wonach es aber nur noch entspannt zum Bahnhof Ausserberg hinunter ging.
Berge über Tälern unter freiem Himmel.
Von den Höhen fliesst Wasser.
Fehlte es - wie trostlos dann wären Berge, Täler
und Himmel!
(frei nach Bertolt Brecht)
Goppenstein-Hogleifa
Aufstieg WNW-W-Grat: in Goppenstein (1216m) N vom Restaurant Felsheim auf Felsbügeln über die Stützmauer und auf dem weiss-blau markierten steilen Bergweg (Markierungen spärlich, z.T. weiss-rote Bänder, Wegsuche oft nicht einfach) über Rote Bärg (1612m), den Bach Alti Poch querend, und über Zwischen Bächen (2182m) zur Quelle vom Schrejenden Bach (ca. 2315m, Trinkwasser), 2h, T4. Nach NE (Pfadspuren, Steinmänner) auf den WNW-Grat und über diesen zuerst auf Gras und Schrofen (Pfadspuren), ab ca. P. 2768m auf leichten Felsen (I-II) zum W-Grat bei ca. 3220m, der einfach (I) zum Gipfelaufbau leitet. Nach SE zuerst über steilen Fels (ca. 10m, II) zum Vorgipfel, dann leichter ab- und ansteigend zum Hauptgipfel (3278m), 2h, WS-. Insgesamt 4h.
Hogleifa-Wilerhon-Bietschjoch
Gratüberschreitung: von der Hogleifa (3278m) über den NNE-Grat (I-II, z.T. brüchig), Gendarmen links umgehend, zum Chastlerjoch (3127m). Über den SSW-Grat, Gendarmen links umgehend, z.T. in schöner Kletterei auf rötlichem Gneis (I-II) auf das Chastlerhorn (3186m). Nun auf dem langen Verbindungsgrat in abwechselnd dunklem, hellem und rötlichem Fels (I-II, z.T. brüchig), Hindernissen links ausweichend, über P. 3192, eine Zwischenerhebung ca. 3220m und P. 3261 auf das Wilerhorn (3307m), 2h, WS. Abstieg entlang dem NNE-Grat (I-II, brüchig, z.T. Pfadspuren, Steinmänner), Gendarmen links umgehend, zum Wilerjoch (3069m). Über den SSW-Grat in schöner Kletterei (II) auf das Schwarzhorn (3126m) und ab- und ansteigend dem Grat folgend (I-II) zum Mittel- (3116m) und E-Gipfel (3132m). Weiter dem Grat entlang zu P. 3152 (I-II, Steinmänner) und weiter nach NE, durch eine Scharte, und zuletzt auf Bändern links vom Grat bis W vor das Bietschjoch (3178m), 1h 30min, WS. Insgesamt 3h 30min.
Bietschjoch-Ausserberg
Abstieg Reemi-Bietschtal: W vom Bietschjoch (3178m) über Geröll und Platten (I-II, heikel, ev. Steinschlag) oder einfacher von diesem auf den Bietschgletscher hinunter. Nach SSW auf diesem und auf Firn- und Geröllfeldern zu P. 2838, und nach S auf Geröll zu P. 2671 (Steinmänner). Nach SE zwischen zwei Bachsystemen auf Geröll, Schrofen und Gras sowie durch Stauden (Pfadspuren, Steinmann) hinunter nach Reemistafel, wo man auf den eingezeichneten Bergweg trifft, 1h 30min, T5. Auf diesem über Jegisand, Nassi Pletscha (1708m), Huppi, Verzweigung 1605 (ab hier weiss-rote Markierungen), Bietschi und Eschji, zuletzt auf dem gelb markierten Wanderweg zur Naturbrücke (1020m), 1h 30min, T3. Weiter auf dem gelb markierten Wanderweg nach Riedgarto (957m), entlang der Manera Suone bis Sefistei, und auf dem Pletschaweg und durch das untere Dorf zum Bahnhof Ausserberg (930m), 1h, T1. Insgesamt 4h.
Verhältnisse: morgens wolkenlos und kühl, ab Mittag Quellwolken und warm. Gras und Fels trocken, Firnreste an den Graten, Firnauflage auf dem Bietschgletscher und Firnfelder im Reemi aufgeweicht, aber tragend.
Material: zusätzlich Leichthelm und für alle Fälle Leichtpickel und -steigeisen, 30m 7,5mm Reepschnur, 2 Schlingen und ein Express (alles nicht gebraucht).
Fahrplan: 8 Uhr Start, 12 Uhr Hogleifa, 14.15 Wilerhon, 16 Uhr Nähe Bietschjoch, 18 Uhr Jegisand, 18.45 Bietschi, 20.15 Ausserberg.

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