Norwegen – wenn Träume wie Seifenblasen zerplatzen


Publiziert von Mo6451 , 29. Juni 2022 um 13:44.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:13 Juni 2022
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV Basel - Kopenhagen - Göteborg - Oslo - Trondheim - Bodö
Zufahrt zum Ankunftspunkt:in umgekehrter Reihenfolge

13. Juni

 Anreise mit dem Zug. Auf Grund der Unzuverlässigkeit der DB schon zwei Stunden früher als geplant.   Was sich bewahrheiten sollte, der Zug kam mit weit über eine Stunde Verspätung in Hamburg an. Dann geplante Weiterfahrt.  Übernachtung in Kopenhagen, um sechs Stunden Wartezeit in der Nacht zu umgehen.

14. Juni

Weiterreise über Göteborg nach Oslo mit Unterbrechung in Halden. Der Zug hatte zu viel Verspätung. Nach einer halben Stunde geht es mit einem anderen Zug weiter. Mit einer Stunde Verspätung dann endlich in Oslo angekommen. Zuerst den Schlüssel geholt, dann den weiteren Weg zur Unterkunft. Jetzt macht sich der fehlende Schlaf  bemerkbar. Aber eine Stadtbesichtigung muss sein. Wieder zurück in der Unterkunft gibt es einen ruhigen Abend vor allem mit viel Schlaf. Morgen geht es dann richtig los.

15. Juni

Start um 8:35 in Oslo. Den ersten Teil der Etappe habe ich bereits gestern absolviert, so dass ich etwas später in die Route einsteigen kann. Zuerst muss die Stadt überwunden werden. Viel Asphalt und Schotter, nicht gut für die Füsse. Die Markierungen des Weges sind ausreichend, an einzelnen kritischen Punkten fehlen sie, da ist eine Karte sinnvoll. Ab und an habe ich die offizielle Route verlassen, da wo die Umwege für mich keinen Sinn machten. In Sæteren Gård angekommen erwartet mich viel Trubel, irgendwie Kinderausflug. Dann gibt es heute Abend noch eine Stunde klettern am Turm, bevor Ruhe einkehrt. Eine Übernachtung würde 300 Kronen kosten, aber ich habe ja mein Zelt. Es gibt auch eine kleine DNT Hütte, da kann ich das WC benutzen, ich habe einen Schlüssel.

16. Juni

Diese Etappe war noch schlimmer als die am Tag zuvor. In der  Nacht hatte es geregnet und am Morgen musste ich das Zelt  nass einpacken. Zuerst ging es zurück  nach Sæteren Gård. Dort konnte ich meine Wasservorräte auffüllen. Wasser ist ein grosses Problem auf dieser Tour.

 Von der Unterkunft zweigt dann ein schöner Waldweg ab, der später wieder an einer Strasse mündet. Endlich mal ein schöner und etwas anspruchsvoller Wanderweg. Und es kam, wie es kommen musste. Erst Schotter, dann Asphalt. Auf dem Weg nach Lommedalen habe ich dann nach Wasser gefragt. Die Leute waren so nett, dass sie mir sogleich eine Unterkunft anboten. Dafür war es noch zu früh. Ich blieb noch eine Weile um den Regenschauer abzuwarten, dann brachte mich der Herr des Hauses zu der Stelle, so der Asphalt endet, es einen Parkplatz gibt und der Wanderweg beginnt.

Hier begann das absolute Elend. Eine Schotterstrasse die sich in ständigem Auf und Ab den Berg hinauf zieht. Es gjbt keinerlei Möglichkeit für eine Pause irgendwo abzusitzen und ins nasse Gras wollte ich nicht. Die Strasse ist nur Anwohnern  vorbehalten, entsprechend wenig Verkehr. Trotzdem hatte ich mit „per Anhalter“ Glück. Streckenweise haben mich Autofahrer migenommen, zum Schluss sogar bis nach Sundvollen. An der Tankstelle bat ich um einen Anruf  nach Vik um zu erfahren, ob die Pilgrimsherberge Platz für mich hat. Sie hatte. Jetzt waren es nur noch 43 Minuten. Total kaputt kam ich dort an. Die vielen Asphalt- und Schotterstraßen zermürben.

Bei dem  Blick auf die Tour morgen erwartet mich erneut viel Schotter und Asphalt. Das mache ich nicht, ich werde Teile mit dem Bus zurücklegen. Denn die Strecken bieten keinerlei Sehenswürdigkeiten.

17. Juni

Übernachtet habe ich in Gjesvold Gård, einer Pilgerherberge. Ich wurde so freundlich aufgenommen und auch noch zum Frühstück eingeladen. Anschliessend kam ich in den Genuss einer Fahrt mit einem Volvo Oldtimer von 1964.  Von Svendsrud geht es dann los Richtung Bøsnes Kirke, natürlich wieder auf Asphalt. Der Weg zur Kirche ist ein Abzweig, den man auch wieder zurückgehen muss. An der Kirche hat man einen wunderbaren Blick auf das Wasser.

Wieder zurück am Abzweig geht es jetzt weiter zur Hole Kirke. Und wieder nur Strasse. Das macht zum Wandern wirklich keinen Sinn. Ich glaube Norwegen ist kein Land für Wanderer, zumindest nicht der Olavsweg. Schon nach kurzer Zeit brennen die Fußsohlen wie verrückt. Ein Blick in den Wanderführer offenbart, dass das so bleiben wird. Ohne mich. Deshalb nehme ich heute den Zug nach Trondheim. So kann ich mein Interrail gut ausnutzen. Morgen fahre ich dann weiter nach Bodø, mit der  Nordlandbahn und versuche von Olderfjord den Weg zum Nordkap.

„Wenn ein Traum wie Seifenblasen zerplatzt“

Auf dem Weg zum Zug nach Trondheim werde ich von einer jungen Frau mit Kinderwagen unsanft zu Fall gebracht. Mit dem schweren Rucksack kann ich kaum aufstehen und die Zeit drängt, der Zug fährt in wenigen Minuten. Ich hetze zum Bahnsteig und erreiche den Zug eine Minute vor Abfahrt. Zwar schmerzt das Knie, aber ich hoffe das vergeht. Die Zugfahrt ist lang und das Knie wird dicker und dicker, erste blaue Flecken tauchen auf. In Trondheim fällt schon das Gehen schwer. Aber ich will noch abwarten, ein Jahr Arbeit und Vorfreude können doch hier kein Ende finden. Nur leider ist das so, denn die Schmerzen werden stärker, da helfen auch keine Tabletten. Schweren Herzens mache ich mich auf den Rückweg nach Oslo. Dort will ich noch zwei Tage bleiben, vielleicht kann ich doch weitergehen. Nein, es geht nicht, mittlerweile kann ich nicht mal schmerzfrei auftreten und das Knie verfärbt sich langsam. Es ist einfach zum Heulen. Gerade mal drei von 30 Etappen habe ich geschafft und das Nordkap liegt in weiter Ferne.

19. Juni

Auch über Nacht hat sich die Situation nicht gebessert. Geschwollen, blau und schmerzhaft meldet sich das Knie zu Wort. Jetzt werde ich erst mal nach Hause fahren. Aber es ist noch Zeit. Wenn alles gut verläuft, habe ich genug Zeit, die Wanderung fort zu setzen, wenn auch nicht in ganzer Länge, dafür wird die  Zeit zu knapp. Heute werde ich noch einen Tag in Oslo ohne Rukcsack geniessen. Das Wetter ist wunderbar mit sehr angenehmen Temperaturen.

20. Juni

Nach einer ausgeruhten Nacht geht es heute weiter nach Trondheim. Wieder eine lange Zugfahrt. Diese Reise steht unter keinem guten Stern. Der Zug fuhr zwar pünktlich in Oslo ab, aber in Otta wurde er angehalten. Etwas weiter nördlich war am Hang ein Feuer ausgebrochen. Es hiess, zwei bis drei Stunden warten. Dann mussten doch alle Passagiere aussteigen und wurden in Bussen weiter befördert. In Hjerkin wartete dann wieder ein Zug, alle wieder rein. Ankunft in Trondheim: 0.30 Uhr. Zumindest einige Fotos wollte ich noch machen, z.B. vom Dom. Im Bett war ich dann um 1:30 Uhr.

21. Juni

Nach einer kurzen Nacht war ich pünktlich am Bahnhof, nur der Zug nicht, der kam mit einer halben Stunde Verspätung. So langsam ist mir die Lust an dieser Tour vergangen. Heute regnete es den ganzen Tag. Auf der Zugfahrt nach Bodø bekommt man einen guten Eindruck von der Landschaft. Und dieser lässt sich kurz zusammenfassen: Nadelbäume und Birken beherrschen das wasserreiche Land und ab und zu ein paar Streusiedlungen.  Wenn ich die vielen Birken seh muss ich immer an das Lied von Hildegard Knef denken, dass sie über die Birke gesungen hat. Die Birke, die Veränderung wollte, in die Stadt ging und zuletzt als Kommode endete. Da ist aber noch Vorrat für viele Kommoden.

Erst gegen den Polarkreis ändert sich das Bild, da fallen die Nadelbäume weg, es bleiben die Birken auf steinernen Flächen. Am Polarkreis steht diese Weltkugel, man muss schon gut hinschauen, um sie zu erkennen. Der Zug fährt extra langsamer. Ungefähr bei Londsdalen ändert sich das Bild erneut, die Nadelbäume kehren zurück.

Der Zug kam mit 1:30 Verspätung in Bodø an, da blieb nicht viel Zeit für eine Besichtigung. Braucht man auch nicht, die Stadt ist einfach hässlich. Im Bahnhof gibt es nur einen Ticketautomaten und auch Verpflegung kann man man hier nicht kaufen. Gegenüber Trondheim sind auch die Schnellimbisse überteuert. Alles in allem hat diese Zugfahrt nicht das gehalten, was in dem Film „Winterreise zum Polarkreis“ versprochen wurde. So konnte ich beruhigt mit dem Nachtzug zurück nach Trondheim reisen.

22. Juni

Dieses Mal hatte der Zug nur 10 Minuten Verspätung als er in Trondheim ankam. Die Sonne schien, wenn auch der Wind recht kühl ist. Die frühe Zeit nutze ich für einen Stadtrundgang, es war noch alles geschlossen (7:30 Uhr). Zuerst zum Dom, in einigen Seitenstrassen habe ich noch andere Sehenswürdigkeiten entdeckt. Vom Dom führt eine steile Strasse hinauf zur Festung. Auf dem Weg dorthin überquert man eine Brücke. Von dieser hat man den Blick auf die Häuserreihe, die für Trondheim charakteristisch ist. Hoch oben auf der Festung ergibt sich ein fantastischer Blick auf die Stadt und das Fjord, wenn dieses blöde Kreuzfahrtschiff der TUI nicht wäre, das den Blick auf die kleine Insel versperrt.

Wieder am Dom, haben sich die ersten Touristen eingefunden. Auf einen Eintritt verzichte ich, der kostet 120 NOK, das sind ca. 12 €. Die Kirche braucht Geld und im Einsammeln war sie schon immer gut.

Es ist noch früh am Tag und ich überlege, wie es weiter gehen soll. Der Zug fährt morgen früh um 5:37 Uhr. Ich könnte in Trondheim bleiben oder nach Oslo fahren. Nach kurzer Recherche ist der Fall klar, das Ticket nach Oslo ist teurer als die Übernachtung in Trondheim. Also bleibe ich, Zeit genug sich gut auszuschlafen.

23. Juni

Vier Uhr, der Wecker klingelt. In Ruhe stehe ich auf und mache mich zur Rückfahrt fertig. Das Knie hat mittlerweile einen ordentlichen Umfang angenommen und auch das gesamte Bein ist viel dicker als das Andere. Das kann ja heiter werden, wenn ich jetzt zwei Tage fast nur sitzen muss.

Pünktlich kommt die Bahn, die mich von Trondheim nach Hamar bringt. Dort kann ich sogar noch einen Blick auf den Mjøsasee werfen. Der Raddampfer fährt leider nicht, eine Schaufel ist zerbrochen und Ersatz ist bei einem über hundert Jahre alten Schiff nicht so einfach zu bekommen.

Von Hamar geht es weiter nach Oslo und am späten Nachmittag über Göteborg nach Kopenhagen. Während die ersten Bahnhöfe wunderschön und sauber sind, fällt Kopenhagen aus der Rolle. Alles wirkt irgendwie schmuddelig.

Um 23.54 Uhr fährt der Zug nach Hamburg. Kaum auf deutschem Boden, geht das Chaos schon los. Das Stellwerk in Neumünster hat einen Defekt, mein Zug ist dort nicht zu erreichen. Also ein 9 € Ticket gekauft unnd mit der Regionalbahn um vier Uhr nach Hamburg. Der Zugbegleiter hat mich bei der Kontrolle angesehen, als wäre ich eine Aussätzige als ich vom 9 € Ticket sprach.

Um 6:01 Uhr traf der Zug in Hamburg ein, noch eine Stunde bis zur Abfahrt des ICE nach Mannheim und weiter nach Basel. Aber diese Rechnung habe ich ohne die DB gemacht. Der ICE kam pünktlich, musste aber auf das Zugpersonal und die Umsteiger aus Kiel warten, denen war Neumünster auch im Weg. Mit einer halben Stunde Verspätung ging es dann los. Diesmal bin ich nicht bis Mannheim gefahren, sondern schon am Flughafen Frankfurt umgestiegen. Der Zug nach Basel wurde angezeigt mit einer weiteren halben Stunde Verspätung. Ausserdem gab es keinen Wagenstandsanzeiger, blöd, wenn es zwei Zugkompositionen sind.

Endlich saß ich im Zug nach Basel, als es hieß, dass nur noch zwei Toiletten in Betrieb seien. Sollte sich daran etwas ändern, müsste der Zug stehen bleiben. Das war denn auch in Karlsruhe der Fall. Alle Personen raus, nun sah der Bahnsteig so aus,  wie zurzeit bei den Genießern des 9 € Tickets. Alle warteten jetzt auf den Zug von Berlin nach Basel. Der musste jetzt alle Passagiere aufnehmen, was zu weiteren Verspätungen führte. Jetzt krieg ich wieder das Geld für die Fahrkarte zurück. Ich bin noch nicht einmal eine lange Strecke mit der DB gefahren, ohne Rückerstattung. So kann eigentlich kein Unternehmen existieren.

Mein persönliches Fazit dieser Kurzreise: für Wanderer finde ich den Olavsweg schwierig, die Wege hauptsächlich Asphalt und Schotter, verständlich, denn es sind die Verbindungen der vielen Streusiedlungen. Auf dem Weg selbst herrscht Wassermangel, was auch der Wanderführer beschreibt. Allerdings sind die Norweger sehr freundlich, fragt man, füllen sie die Flaschen auf. Die Schönheiten Norwegens, die uns von den Prospekten anlachen, sieht man meist nur vom Wasser aus. Im Land selbst ist doch viel eintöniger.

Tourengänger: Mo6451


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Kommentare (8)


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MunggaLoch hat gesagt: Tut mir leid!
Gesendet am 29. Juni 2022 um 14:44
Und gute Besserung!
Gruass, Martin

Mo6451 hat gesagt: RE:Tut mir leid!
Gesendet am 29. Juni 2022 um 15:48
Danke Martin. Es läuft ja nicht weg.

Henrik hat gesagt: Schlüsselsystem DNT
Gesendet am 30. Juni 2022 um 12:04
Borrowing a DNT-key

If you are a member of DNT, you may borrow a DNT cabin key against a deposit of NOK 100, which is refunded upon return. If you’re not yet a member, you may join here. To get the key, please remember to bring a valid proof of membership, by card, app, email, or by text message.

Mo6451 hat gesagt: RE:Schlüsselsystem DNT
Gesendet am 30. Juni 2022 um 13:17
eine Mitgliedschaft habe ich abgeschlossen und werde sie beibehalten, denn das Abenteuer ist noch nicht zu Ende. Weitaus mehr Probleme hatte der DNT mit der Mitgliedskarte per App, das hat Monate gedauert, bis die App funktionierte und immer noch ist das Einloggen aufwändig. In Oslo wurde mir empfohlen, einen Screenshot zu erstellen, da habe ich dann auch gemacht.

Henrik hat gesagt: 2009 Frühling
Gesendet am 30. Juni 2022 um 12:07
Meine damalige Reise mit dem ScanRail erste Klasse in den drei grossen nordischen Ländern bescherte mir auch stundenlange Verspätungen und ein kollidierter Elch mit der NSB bei Halden!

Mo6451 hat gesagt: RE:2009 Frühling
Gesendet am 30. Juni 2022 um 13:20
Die Elche haben sich diesmal vornehm zurück gehalten, dafür gab es diesmal Waldbrände. Was wir unserer Natur antun ist unbeschreiblich und trotzdem machen wir gedankenlos weiter, als gäbe es kein Morgen mehr.

zaufen hat gesagt:
Gesendet am 27. August 2022 um 18:25
Dein Journal zeigt, dass es dem Knie wohl zum Glück wieder besser geht. Wir stellen uns lange Streckenn Skandinavien auch zu eintönig vor und wählten deshalb aus - z.B. den Abschnitt Nordkap-Olderfjord , vgl. https://www.hikr.org/tour/post173070.html
Da kann man zwar dem Asphalt ausweichen, aber Wanderwege raucht man auch nicht zu erwarten.

Mo6451 hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. August 2022 um 19:46
Ich habe deine Berichte gelesen und freue mich schon auf das nächste Jahr. Das es dort keine «Wanderwege» gibt, ist mir klar, nur Asphalt mag ich nicht so gerne.
Das Knie ist noch nicht ganz in Ordnung, das MRT ist gemacht, ich warte noch auf das Ergebnis. Aber ich kann laufen, dass ist die Hauptsache.

VG Monika


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