NSB feirer 100 år Bergensbanan 27 November 2009


Publiziert von Henrik , 28. November 2009 um 10:51.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum: 6 Februar 2009
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 


Von meiner Mittwinter-Fahrt in Norwegen ein paar Erinnerungen von der Rückfahrt von Tromsö nach Kopenhagen - Februar 2009

 

Ein eiskalter Wind schlägt mir entgegen, es ist halb drei Uhr morgens, die Polarlys legt an in Bodö – die Nacht wird kurz, und so hoffe ich doch noch auf ein Bett in einem der Hotels, bezahlbares Bett. Zum Glück weiss der Taxichauffeur in welche Richtung ein solches zu finden ist – und zum Glück, weiss ich danach, dass die Taxifahrt in Bodö am günstigsten war in den vier Städten, die ich besucht habe! Es friert mich – ich bezahle vor dem Bodö Hotel, trete ein und eine junge Frau steht empfangend hinter der Reception: ja, das Zimmer kostet 700 Kronen, das sind 130 Franken – ich zögere keinen Moment, denn ich bin müde und matt, der Kopf dröhnt und eine halbe Stunde später, halb vier, liege ich unter einer warmen Daunendecke. Endlich kann ich besser atmen – die Klimaanlage auf der Polarlys trocknete aus. Was mich jetzt noch stört, ist die schlechte Matratze – aber es gibt, so meine Erfahrung, wohl kaum Hotels, die diesem Anspruch genügen würden – obwohl Umfragen das Bett ins Zentrum rücken, Matratzen sind eben teuer!

Der Morgen beginnt heute erst um halb neun – an den Tischen des etwas verstaubt wirkendenSpeisesaals sitzen Franzosen und Deutsche, in Arbeitskleidung. Ich bin noch nicht gesund, denn soeben rinnt mir der Schweiss von der Stirn. Nach zehn Uhr begebe ich mich ins nahe Zentrum, die Stadtväter haben immerhin hier eine gute Idee gehabt: Malls machen im windigen Bodö eine gute Falle. In der Apotheke rüste ich auf: Bonbon, Paracetamol, Mentholsalbe und Pastillen gegen den Husten. Das Panadol kostet hier genau so viel wie in der Schweiz! Die Beratung ist exzellent und ich verstehe ihr Norwegisch. Bei ICA kaufe ich Obst und Wasser, eine kleine Schokolade – die Preise unterscheiden sich hier in keinster Weise von denen zu Hause!

Nach halb zwölf ordere ich ein Taxi, obgleich es nur ein paar Meter sind zum Bahnhof – doch mir ist innerlich so kalt. Draussen pfeift der Wind – Bodö müsste viel Überzeugungsarbeit leisten, um hier arbeiten zu kommen.....

In Bodö endet der Schienenstrang der norwegischen Staatsbahnen, dieser Teil der Strecke wurde erst in den 60er-Jahren fertiggestellt, davon zeugt auch der schmucklose Backsteinbau, der als Bahnhof, nicht im klassischen Sinne hier steht und genauso gut auch ein Bürokasten sein könnte – noch vor ein paar Jahren war die JUGI hier untergebracht. Vier Geleisestumpfe und viel Wind sind das Bild, dass dieser Bahnhof abgibt – zugig ist es und nach Westen hin sieht man Masten und Seitenborde der am Hafen angelegten Schiffe, die dort entladen werden: Bodö ist der Verwaltungszentrum, das das Tor zu den Lofoten darstellt – in Bodö zu leben, heisst sich permanentem Zug auszusetzen – es windet dauernd! Die Zugskomposition, die sich um 12.15 nach Süden Richtung Trondheim in Bewegung setzen soll, besteht aus einer Diesellok und vier Waggons – es liegen über 700 km vor ihr – die den Polarkreis und das Saltfelt (nordisches Hochgebirge) queren werden. Diese Fahrt habe ich in früheren Reisen schon mehrmals unternommen – jetzt, da ich den Inter-Global- Pass-1.-Klasse bei mir habe, erhoffte ich, etwas komfortabler unterwegs sein zu dürfen....doch wie bereits bei der Bergen-Fahrt wahrgenommen: in Norwegen gibt keine 1.- Klasse-Abteile, hingegen eine Komfort-Zone, die aber außer gehoben wirkender Stoffbekleidung der Sitze nichts weiteres bietet! Und wieder bin ich erstaunt, wie wenig den Gepäckstücken man Raum anbietet – soviel Platz wie die Waggons der SBB oder der DB anbieten, findet sich nicht in Schweden und Norwegen, obwohl gerade in diesen beiden Staaten, Fernreisen mit über 1500 km-Streckennetz üblich sind! Hingegen wirkt die sonstige Möblierung dieses Komfort-Waggons wie aus dem Zeitalter des Orient-Express`: aus Holz und Messing, seitliche Verkleidungen und Trennvorhänge zwischen den Sitzen, eine Liegestuhl-Klappe, die den Hintermann in Verzweiflung geraten lässt, da dann keine Beinfreiheit mehr zur Verfügung steht.... Die Ausstaffierung wirkt veraltet und ungepflegt – so auch die anachronistisch wirkende Toilette, die zwar Flush-Spülung aufweist, aber die Türe lässt sich nicht ganz schließen und das Schloss scheint wenig designhaft, sie klappert beträchtlich und fällt wie ein Schloss eines Schloss in die Falle! Zwischen den Waggons liegen ganze Schneehaufen, die durch die undichten Gummimanschetten heraufgeweht werden – sieht aus wie die MOB, vor ihrer Restaurierung... Der Zug fährt mit einer Geschwindigkeit eines Trams, deshalb ist die Bahn auch fast 12 Stunden unterwegs. Grotesk wirkt auch der mittig platzierte Cafe-Waggon, der viel Gangfreiheit aufweist, aber dem Sitzenden pures Sardinen-Konserven-Gefühl aufdrängt. Die Snacks kommen alle aus der Plastiktüte, sofern gewünscht gewärmt, wandern auch alle in die Mikrowelle und die Getränke wiederum stehen in Glasfläschchen klappernd nebeneinander....Kaffee bezahlt man in Norwegen bei der Bestellung und kann dann ohne nachzubezahlen unentgeltlich nachschöpfen – das ist sehr sympathisch.....

Was sich die norwegischen Staatsbahnen beim Einchecken der Schlafwagenabteile erlauben, muss man erlebt haben, in Echtzeit! Vorweg, die Abteile sind entsprechend geräumig und modern, entsprechen den Anforderungen, die ich auch von der CNL kenne – doch das Procedere am Bahnsteig wirkt wie aus einer längst vergangenen Zeit: da steht eine Männlein am Bahnsteig, vor der Luke des Café-Waggon, der auch im Schlaf- und Liegewagen-Zug nach Oslo jede Nacht mitgeführt wird, bewaffnet mit Bleistift (Faber-Castell gelb) und einem Folder, auf dem die Abteile erkennbar sind und bittet die Passagiere, die sich in einer Schlange vor ihn aufstellen (es weht ein eisiger Wind durch den Kopfbahnhof) und reklamiert die Reservationen, damit er diese in seine Liste eintragen kann; danach erhält jeder Passagier, der nachgewiesenermassen das Recht auf einen Schlafplatz hat, seinen Plastic-Schlüssel (es sind ja keine Schlüssel, sondern Badges, die in die Abteil-Türen gesteckt werden, mit etwas Nachdruck, danach lässt sich die Türe öffnen – es ist das heute gängige Vorgehen, wie es alle modernen Hotels der Welt schon seit bald einem Jahrzehnt führen). Hat man dann seinen Badge, sucht man den Einstieg – nun weisen die norwegischen Schlafwagen nur eine Türe auf pro Waggon, das heißt man „wuselt“ mit dem jeweiligen Gepäck durch die Gänge, was bei der Enge durchaus auch Flüche nach sich ziehen kann! Ich leiste mir ein Einzelcoupé – denn die bisher angetroffene Enge möchte ich nicht mit jemanden zusätzlich teilen – schonvor der Abfahrt 23.15 lege ich mich in das erstaunlich lange Bett, muss mich also nicht in Löffelstellung bringen und döse schon beinahe zufrieden ein, als der Zug sich dann in Bewegung setzt. Jetzt meldet sich der Hunger – also nochmals in die Kleider und die schmalen Gänge entlang zum Café-Waggon: dort bestelle ich mir ein Pizza-Brötchen – aus der Plastikverpackung und hinein in die Mikrowelle, zehn Minuten später serviert mit einem Kartonbecher heisser Schokolade....wenig stilvoll, und beinahe sättigend! Angepriesen wird mit großer Kelle – die NSB sind stolz auf ihre Komfort-Zone auf ihren Strecken und vergessen die wirkliche Qualität.....Nach ein Uhr liege ich dann im Bett – und lasse mich durch das Handy um viertel vor sechs wecken. Fahplanmässige Ankunft ist 6.50 in Oslo – um 7 Uhr dann vorgesehene Weiterfahrt nach Göteborg. Den Zugsbegleiter frage ich noch, ob er mir die entsprechenden Geleise mitteilen kann, wo unser Zug einfährt und wo der Zug nach Göteborg wegfährt – wie es dann herauskommt, ist das natürlich die ungünstigste Variante – es könnte knapp werden: ich muss von Gleis 3 zu Gleis 19! Ein Kränzchen soll aber der NSB hier gewunden werden – der Zug fährt pünktlich in Oslo ein und ich erreiche den Anschlusszug. Und wie bei der Hinfahrt – ich erhalte einen Platz in der 1. Klasse, obwohl ich nicht reservieren konnte, weder in Trondheim noch in Bodö. Der Zugsbegleiter auf diesem Zug ist Däne in Diensten der NSB, und scheuchte mich weg aus der Konsumationszone, wo man Café und Snacks kaufen kann – dieser Bereich sei nicht vorgesehen für Daueraufenthalte, zudem müsse er arbeiten und meine Anwesenheit würde ihn stören! Solcherlei Argumentation habe ich noch nirgends in einer Bahn gehört – ich zog Leinen, und dachte, hier könnte sich ein Brief an die NSB lohnen, vielleicht. Draußen zogen Uferlandschaften vorbei, immer noch war die vorherrschende Farbe der Holzbauten „Dalarna-Röd“, immer noch lag dichter Nebel und zum Glück gab es keinen Zusammenstoss mit Elchen auf den Schienen. Immer noch rumpelte der ICE nordischer Prägung über Strecken, die mit Zwischenhalten unterbrochen werden mussten, da keine Doppelspur...und immer noch blies statt warmer Luft im Abteil eine auf kalt gestellte Aircondition Kühle in den offenen Nacken – ich beschwerte mich beim Dänen, der Besserung versprach, die kurz vor Göteborg einsetzte.

In Göteborg regnete es und der Nebel kroch auch hier vom Nacken den Rücken herunter – ich fragte nach einer Reservation, die sei nicht obligatorisch, so die Antwort. Hunger meldete sich und für viele schwedische Kronen kaufte ich mir ein Sandwich, das ich beinahe als Ganzes wegzuwerfen gedachte, da diese wie eine Gummiimitation aussah und auch schmeckte – was tun die sich hier oben denn täglich an? Seit der Öresund über eine beeindruckende Architektur (Tunnel und Viadukt) gequert werden kann, gilt diese Ecke, wo Kopenhagen und Malmö bloss noch 20 Minuten auseinanderliegen, als eine gemeinsame Verkehrszone – dem Öresundtrafik, die auch die Züge nach Göteborg stellt. Der Zug durcheilte flaches Land, manchmal ziemlich nah der Küste entlang, der Nebel wurde durch die Sonne durchbrochen, ein eigentümliches Licht war die Folge – eine gewisse Dramatik meldete sich: ein toter Raubvogel lag unter dem Bahnhofsschild von Varberg, wie kam er zu Tode? Später am Bahnhof in Laholm stand auf dem ganzen Bahnhof, den ich von meinem Sitz einsehen konnte eine einzige Bank, die vor Nässe triefte; noch später dann in Lund, dessen Bahnhof so nüchtern aussah, dass das Haus im gelben Horizont wie die Einladung zu einer Märchen-geschichte wahrgenommen werden wollte? Und nirgends Menschen, die den Zug verließen oder zustiegen, auch das Abteil, das ich besetzte, war leer – fuhr der Zug eigentlich noch? Er verschwand in einen Tunnel, aha, dann lag Malmö schon hinter mir und ich raste Kopenhagen entgegen, es war Freitag und ich musste rechnen, dass die Züge nach Jütland vollbesetzt sein würden. Die Sonne meldete sich ab, der Öresund-Tog (Zug) stand außerhalb der Station Flughafen vor Kopenhagen im nicht zu erkennenden Nichts einfach still, und niemand informierte warum. Ich schaute auf das Handy (meine einzigste Uhr) und begann an den Händen zu schwitzen – erreichte ich zeitig wieder den Anschlusszug, ich biss in die Nägel und der Zug fuhr weiter....Köbenhavn Hovedbanegard...die Bahnsteige waren schwarz vor wartenden Menschenmassen und ich dankte der Eingebung in Basel, erste Klasse gewählt zu haben..

Freitagabend aus Kopenhagen wegfahren erfordert Ellbogen – die Hauptstadt entleert sich jeweilen an Wochenenden, man reist nach Hause in die Provinz. Dänemark, das beweist, dieser Exodus ist wie Frankreich zentralistisch organisiert – natürlich gibt es da draussen noch andere grössere Städte wie Odense, Aalborg und die zweitgrösste Stadt Dänemarks Aarhus...doch Kopenhagen ist der Motor, und wurde aufgewertet durch die Verbindung mit Malmö – das nur noch 20 Minuten entfernt ist, früher brauchte man fast zwei Stunden! Die IC-Züge der DSB  wirken futuristisch, sind augenfällig mit vielen kleinen Design-Details ausgestattet, wirken und sind bequem, in der ersten Klasse steht Gratis-Tee und -Kaffee zur Verfügung, auch Wasser, allerdings ökologisch unsinnig in Einzelpackungen abgepackt und die aktuellen Tageszeitungen zur freien Ansicht. Jeder Sitzplatz verfügt über eine elektrische Steckdose! Die Laufruhe erinnert mich an die Doppelstöcker der SBB – die Ruhe ist garantiert, auch wenn  das Servicepersonal viertelstündlich nach Wünschen frägt, und mit frischem Obst am Platz vorbeikommt. Und mit kleinen mundigen Vollkornkeksen – habe ich übrigens der SBB in einem Brief vorgeschlagen, es der DSB gleichzutun – was wahrscheinlich bei einem der nächsten Fahrplanwechsel auch in der Schweiz vorgesehen ist, einzuführen! Seit 1996 sind die Inseln Seeland und Fünen durch ein gigantisches Bauwerk miteinander verbunden: auch hier fährt wie bei der Öresund-Verbindung, die Bahn zeitweise in Tunnels unter dem Wasser hindurch, dann über lange Brücken, deren Pfeiler tief in den Belt gestossen wurden. Das
Licht über dem Store Belt hat seine Eigentümlichkeit, es ist das Licht eines Caspar Friedrich oder Turner, und es macht melancholisch – und es bleibt in Erinnerung. In Vejle steige ich einen Regionalzug, der lediglich Einheitsklasse anbietet, HipHopper mit lauter Musik lümmeln an der Türe herum, nackte Füsse reiben sich an der Sitzpolsterung und zwei Hunde balgen sich im Mittelgang – es riecht streng, und die Leute reden laut durcheinander.

Die beigefügten Bilder sind Netzbilder - mit kl. Quellenangabe: deshalb ggf. die teils gute Qualität aber ohne persönlichen Hintergrund!


Tourengänger: Henrik


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