Fuchskarspitze (2314 m) - leider verstiegen


Publiziert von ju_wi , 7. Oktober 2009 um 22:52.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:25 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:19,7 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus zum Giebelhaus (3,50 €)
Unterkunftmöglichkeiten:Privatzimmer Hinterstein
Kartennummer:BayLV Allgäuer Alpen

Die Fuchskarspitze (2314 m) ist ein breites Bergmassiv über dem Prinz-Luitpold-Haus, das man bei einer Hochvogel-Besteigung über Balkenscharte und Kalten Winkel links liegen lässt. Mit seiner in diesen Bergen typischen Felsbandstruktur imponiert gerade der steile Südgipfel, der sich von der Sonnenterrasse des Luitpold-Hauses wunderbar studieren lässt. Das ganze Massiv besteht aus mindestens 4 Gipfeln, dem deutlich höchsten Südgipfel (2314 m), dem Mittelgipfel , der Madonna - einem Kletterturm und dem sanften  Nordgipfel (2252 m), der sich von beien Flanken einfach besteigen lässt, und auf den neuerdings von nahe der Bockkarscharte sogar ein markierter Steig hinaufführt. An die Gipfel der Fuchskarspitze schließt sich nach N noch die Kesselspitze (2284 m) an, die mit der Fuchskarspitze zusammen ein breites eigenes Felsmassiv bildet, das sich auf z.T. kleinen Steigen umrunden lässt.

Diese Umrundung mit Ausgangspunkt Giebelhaus und mindestens der Besteigung der Fuchskarspitze hatten wir uns für den 1. Tag eines 4-tägigen Kurzurlaubs in Hinterstein vorgenommen. Daneben waren noch lose als - "mal-schaun-Ziele" noch die Besteigung der Kesselspitze von W und evtl. des Glasfelder Kopfs (2270 m) als kurzer Abstecher von der Bockkarscharte in Erwägung gezogen. Ich nehme es vorweg; wir erreichten heute keines dieser Gipfelziele, da wir uns an der Fuchskarspitze verstiegen und nachher so dichter Nebel einzog, dass weitere Ziele keinen Sinn machten.

Jedenfalls starten wir an diesem Freitag morgen bei durchwachsener Wettervorhersage mit dem Wander-Bus von Hinterstein durch den Frühnebel zum Giebelhaus (1068 m). Wir wandern das Bärgündeletal hinauf. Im wesentlichen folgt man dabei in der ersten halben Stunde einem Teersträßchen (Bike & Hike geeignet), wobei man zu Fuß die erste Kehre im steilen Wald abkürzen kann und später eine Wiese in direkter Führung in Trittspur queren kann. An einer beschilderten Wegverzweigung biegt man links vom Sträßchen ab in einen Wanderspur, die in einen Hang über dem Bärgündelebach quert und diesen etwas rutschig-erdig hinabführt bis zu einer kleinen Eisenbrücke. Hinter der Brücke steigt das Gelände wieder schrofig steil an und über eine felsige Stufe gelangt man zu einem Bach, der von rechts mit einem schönen Wasserfall in ein Bassin plätschert, und den man mit einer weiteren kleinen Brücke quert. Noch ein kleines Stück geht es in dem waldigen Hang hinauf und man tritt in Weidelandschaft.

Ein kurzes Stück hinauf wird die bewirtschaftete Untere Bärgundele Alpe (1322 m) erreicht. Es folgt ein langer, oft steiler Hang mit einigen felsig-schrofigen Stellen (T3). In einer Kehre, bei einer Kante, verlassen wir die Hauptvariante und nehmen für einige Meter eine steilere Abkürzung durch Latschen und sehr steiles Gelände (T4-), die aber bald wieder auf den Hauptweg führt. Weiter durch Schrofen, mit Bachquerungen und zuletzt Geröll nähert sich der Weg dem Wiedemer Kopf und Prinz-Luitpold-Haus. Erst wenige Meter vor Erreichen des Hauses stößt von rechts der Wanderweg vom Laufbacher Eck dazu.

Wir passieren das Prinz-Luitpold-Haus (1830 m) ohne Pause und wenden uns an der Wegverzweigung nach rechts Richtung Hochvogel. Es folgt eine fast ebene Querung eines größeren Schuttfeldes. Wir befinden uns nun in einem spektakulären, felsigen Hochtalkessel. im S ragt der Grat vom Wiedemer Kopf über Kreuzkopf, Kreuzspitze zum Hochvogel auf, der mit seiner gewundenen Bänderstruktur äusserst interessant ist. Nach O ragt die Fuchskarspitze - Südgipfel auf, die nach N in die Nebengipfel und Kesselspitze zur Bockkarscharte und dem von hier grasig wirkenden Glasfelder Kopf zieht. In ein paar Serpentinen wird eine steinige Stufe erklommen, dann teilen sich die Wege Richtung Balkenscharte (links) und Kreuzspitze (rechts) - beides Anstiegsoptionen für den Hochvogel. Wir wenden uns hier gen Balkenscharte, die in einem recht steilen Grashang in Serpentinen und oben einer neug angelegten Alutreppe gewonnen wird. An der Balkenscharte (2172 m) besteht die Möglichkeit ein von unten wild wirkendes Felstürmchen relativ einfach zu erklimmen. Doch wir haben nun andere Ziele und orientieren uns Richtung Fuchskarspitze. Bis hier haben wir vom Giebelhaus knapp 2:30 Stunden benötigt - keine schlechte Zeit.

Direkt an der Balkenscharte biegen wir markierungslos in eine Trittspur, die unter der Felswand der Fuchskarspitze entlang führt. In sehr steilem Gras und später Schrofengelände (Zugang Felseinstieg T4+) folgen wir der zunächst gut erkennbaren Trittspur einige Hm abwärts. Nach ein paar felsigen Ecken wird das Gelände langsam ausgesetzter und wir erreichen eine schräge Grasfläche auf einem vielleicht 20-30 m hohen Felssockel. Da das Gras vom Nebel noch nass ist, müssen wir uns vorsichtig fortbewegen, denn Abrutschen wäre hier ungesund. Leider verläuft sich die Trittspur recht schnell komplett und wir sind auf die wenigen Sätze angewiesen, die der DAV-Führer Allgäu für diesen "Fuchskarspitze-Normalweg" anbietet. Dort wird von einer tiefen Rinne in Falllinie des Südgipfels gesprochen, VOR der man aufklettern soll. So genau habe ich den Text irgendwie nicht gelesen und habe nur "Aufstieg IN tiefer Rinne" im Kopf. Da - wie gesagt - sehr viel Struktur in den Felsbändern ist, passieren wir mehrere Rinnen und sind uns schon früh unsicher. Aber wir gehen lieber erstmal weiter, um sicher zu sein, dass wir alle Rinnen gesehen haben. Doch dann stoßen wir auf eine wirklich tiefe Rinne (s. Fotos), wo außerdem der Grassockel zu Ende zu sein scheint. Das muss es doch nun sein.

Also - wie gesagt "VOR der Rinne" hatte ich nicht wahrgenommen - klettern wir die doch überraschend steil wirkende Rinne langsam hinauf. Von unten sieht es so schwer nicht aus. Gerade haben wir eine Woche zuvor einen Kletterkurs gemacht und haben gutes Selbstvertrauen - und so kommen wir auch ganz gut voran. Ein wenig erstaunt sind wir aber schon, dass das I-er Gelände sein soll ... Irgendwie ist es nicht so viel leichter, als die einfachsten III-er Routen vom Kletterkurs (im Nachhinein wohl mittleres bis oberes II-er Gelände). Außerdem bricht mindestens jeder zweite Griff und Tritt aus dem Fels und poltert mit Riesengetöse die tiefe Rinne herab. Das ist ja lebensgefährlich hier - wir klettern Seite an Seite um uns nicht gegenseitig mit losgetretenen Steinen aus der steilen Rinne zu werfen. Na ja, manchmal schon hatte der DAV-Führer etwas untertrieben - das muss schon die richtige Rinne sein. Tritt für Tritt klettern wir fast 100 Hm so in der Rinne hinauf. Es wird nicht wirklich einfacher - im Gegenteil kommen wir oben in einen senkrechteren Teil mit einer schon dachähnlichen Felskonstruktion. Es ist klar, wir müssen die hier sehr tiefe Rinne verlassen, um höher zu kommen. Ich will gerade vorsichtig aus der Rinne rechts herausklettern, da zieht Margit die Notbremse und drängt heftig auf Umkehr. Die ganze Zeit ist uns schon nicht richtig wohl beim Gedanken, dies abzuklettern. Auch wenn wir keine vertikale Stufe erklettert haben, ist die Rinne doch sehr steil und daher ganz gut ausgesetzt - runterpurzeln ist verboten. Nach rationaler Überlegung gebe ich widerwillig dem Wunsch zur Rückkehr nach, da 1. wegen Steinschlag (auch ohne Helm) das Ganze schon leichtsinnig ist und 2. Weitergehen mit Angst im Nacken bei Margit auch nicht sein muss.

So klettern wir sehr vorsichtig und langsam wieder ab - was auch ganz gut funktioniert. Wir kommen unten immer noch nicht auf die Idee, dass wir den falschen Aufstieg erwischt haben könnten und gehen sofort  weiter vorsichtig zur Balkenscharte zurück. Dort steigen wir mit dem Hochvogel-Weg noch ein wenig ab und biegen links in den Pfad 427 Richtung Schwarzwassertal, um zur Bockkarscharte und das Massiv zu umrunden. Wenn nicht die Fuchskarspitze, dann wenden wir uns den beiden anderen möglichen Zielen zu. Die Umrundung von der Balken- zur Bockkarscharte zieht sich hingegen ganz schön hin, da fast 500 Hm abgestiegen und per Gegenaufstieg erneut gewonnen werden. Als eine Schafspur höher bleibt als der markierte Weg nehmen wir diese erstmal in der Hoffnung Gegenaufstiegsmeter zu sparen. Von hier - nun eher unterhalb der Nebengipfel der Fuchskarspitze - haben wir gute Studienmöglichkeiten der Felsstruktur des Südgipfels. Immer noch glauben wir, dass wir richtig unterwegs waren und grämen uns ein wenig, dass wir hätten weitergehen sollen. Erst abends merken wir beim Studium des DAV-Führers und einigen Online-Einträgen zur Fuchskarspitze (s. hier) dass der RICHTIGE Weg wirklich nur I ist ("... wird es schwerer als I ist man verkehrt ...") und es Haken und einzelne Markierungen gibt und nicht nur wir uns hier verstiegen haben und sowieso keine Rinne aufzuklettern ist. Nun wissen wir sicher, dass wir in der Rinne einfach völlig falsch waren.

Jedenfalls führt der Schafpfad auch nicht wirklich weiter und wir steigen daher lieber doch weglos zurück ab auf den markierten Pfad. Dieser ist praktisch nicht begangen und für Bergwanderer eine echte Alternative zum recht vollen Jubiläumsweg auf der anderen Seite des Massivs. Bei Latschen führt der Weg nochmal deutlich bergab und so sind wir auf ca. 1700 m runter, als wir an einer Abzweigung den Schwarzwassertal-Weg nach links verlassen und direkt steil im Hang unter der N-Wand der Kesselspitze hinaufqueren. 150 Hm höher passieren wir eine Bergwachthütte und wenden uns nun weglos dem steilen Grashang zu, den wir in Direttissima auf den breiteren Jubiläumsweg zu hinaufsteigen. Wohl ein Fehler, denn außer Atem erreichen wir auf ca. 2000 m den Weg, der hier nun auch richtig steil in mühsamem Geröll zur Bockkarscharte hochzieht. Wahrhaft kein schöner Anstieg in dieser rutschigen Steinwüste, wenn auch inzwischen recht neu einige Felsstufen künstlich an der Flanke des Glasfelder Kopfs angelegt sind. Noch immer haben wir den Plan von der Bockkarscharte auf den nur 100 m darüber liegenden Glasfelder Kopf (2270 m) aufzusteigen.

Doch als wir - inzwischen schon recht müde - die Bockkarscharte (2162 m) erreichen, sind wir inzwischen in dichtesten grauen Wolken. Es könnten sogar Gewitterwolken sein, denn schon vorher ragten einige Türme auf. Den Glasfelder Kopf lassen wir nun auch sein. Was soll's - das Wetter passt halt nicht. Also steigen wir den Jubiläumsweg zum Prinz-Luitpold-Haus ab und kehren auf ein Getränk und Kuchen ein.

Anschließend laufen wir zügig den Aufstiegsweg über die Bärgündele Alpe hinab und nehmen das Teersträßchen bis unter die gequerte Wiese. Laut Karte und GPS führt von hier neben dem Sträßchen auch ein aufgelassener Pfad auf der anderen Bachseite im unteren Hangfuß des Giebels zum Giebelhaus hinab. Den wollen wir heute noch erkunden und finden auch schnell die Brücke über den Bach. Auch in der Folge lässt sich der Trittspur gut folgen. Im Kraut wird ein steiler rutschiger Hang nochmal in deutlichem Bergauf gequert. Wir erreichen eine Waldstufe weit oberhalb des Baches. Das Gelände ist etwas ausgesetzt und man muss auf die Tritte achten - aber nicht schwer (T3+). Hinter dem Wald führt der Pfad durch Wiesen zu einem breiteren Pfad und zuletzt steil hinab zu einem Stall und über den Bach zum Giebelhaus.

Keine ganz gelungene Tour, aber wieder gute Erfahrung und Selbstvertrauen gesammelt und nochmals gelernt, die Vorplanung bei solch einer weglosen Tour noch ernster und intensiver zu betreiben.

Außerdem Fazit für die Fuchskarspitze: In jedem Fall muss hier ein Helm mitgenommen werden !!!

Tourengänger: ju_wi


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Geodaten
 1301.gpx Fuchskarspitze - Versuch

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Kommentare (3)


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Berglurch hat gesagt: Ausgefuchst
Gesendet am 8. Oktober 2009 um 09:35
Oha, ein Versteiger an der Fuchskarspitze, da sollte ein Helm durchaus im Gepäck sein...
Und schon wieder hast du mich auf eine Idee für eine Tour gebracht....

Gruß

Klaus

ju_wi hat gesagt: RE:Ausgefuchst
Gesendet am 8. Oktober 2009 um 09:49
OK - bin gespannt auf die richtige Route - wobei für Dich auch eine Überschreitung mit Kletterroute von O in Frage käme ...

Viel Spaß, Jürgen

Frank1972 hat gesagt: Normalweg
Gesendet am 20. Juni 2022 um 10:18
Wir haben uns auch verstiegen, haben es aber bis oben durchgezogen. Runter findet man dann den richtigen Weg.

Wir hatten in die richtige Rinne reingeschaut, aber wegen fehlender Markierungen verworfen. Wenn man an der richtigen Rinne ist sieht man ein markantes weißes Stück Felsen, was wie hinbetoniert aussieht und gar nicht zum Restfelsen passt. Oben in der Rinne ist ein Block zu sehen.

Wir sind dann weiter hinten die letzte Rinne, zu der man noch gut gehen kann hoch. Sehr brüchig und mindestens UIAA II. Erst ich komplett durch wegen Steinschlag, dann die Tochter hinterher. Es war klar, dass wir falsch waren, denn der Gipfel war nun linker Hand statt rechts. Am Ende der Rinne dann ein kurzes Stück gruselig steiles Steilgras, danach einfach über den Grat zum Gipfel weiter. Von oben findet man dann die Markierungen (rote kleine Punkte, dünne rote Pfeile).


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