Fuchskarspitzen-Überschreitung Nord-Süd


Publiziert von quacamozza , 13. September 2011 um 08:44.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:10 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1400 m
Strecke:Giebelhaus-Prinz Luitpold-Haus-Nördliche Fuchskarspitze-Madonna-Südliche Fuchskarspitze-Balkenscharte-Prinz Luitpold-Haus-Giebelhaus
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Pkw nach Bad Hindelang, dann nach Hinterstein Ortsende Parkplatz "Auf der Höh", weiter mit Bus der Fa. Wechs zum Giebelhaus (Fahrzeiten auf www.wechs.net oder Homepage des Prinz Luitpold-Hauses)
Unterkunftmöglichkeiten:Prinz Luitpold-Haus (1846m)
Kartennummer:Kümmerly+Frey Nr. 1 Oberstdorf-Kleinwalsertal 1:35 000

Diese wunderbare Gratüberschreitung der Fuchskarspitzen ließ mir seit Dienstag keine Ruhe mehr. Es ist eine leichte bis mittelschwere Klettertour, die man im Alleingang natürlich nur mit entsprechender Fitness angehen sollte. Wie ein Magnet zog mich diese Tour an, doch wie sollte die Durchführung stattfinden? Die Planung ist schwierig und muss gewissenhaft betrieben werden, um später keine bösen Überraschungen zu erleben. 

Am Anfang bestanden einige Unwägbarkeiten:

1. Zunächst bestimmen, solange man nicht das Mountainbike von Hinterstein nimmt oder eine Mehrtagestour riskieren will, die Fahrzeiten des Busses den tageszeitlich möglichen Rahmen: Der erste Bus fährt normalerweise um 07.15 Uhr von Hinterstein zum Giebelhaus, der letzte um 18.10 Uhr vom Giebelhaus zurück. Nun fand aber heute der Viehscheid statt, und so fuhr der Bus erst um 08.15 Uhr ab. Das war aber auf der Homepage von Wechs NICHT angekündigt. Deshalb ärgerte ich mich mit über 20 Personen, die ebenfalls früh aufgestanden und abmarschbereit an der Haltestelle standen, über den am Fahrplan angehängten Fresszettel, der den Ausfall der morgendlichen Fahrt ankündigte. 
Ich hatte vorher nur irgendwo gelesen, dass die Kühe bereits um 08.30 Uhr in Hindelang sein sollten. Als wir dann endlich losfuhren, war aber gerade mal eine Alpe "abgetrieben", so dass uns noch zwei Herden mit lautem Geläute auf der Straße entgegenkamen und sich so die Busfahrt erheblich verzögerte. Statt 20 Minuten dauerte die Fahrt diesmal doppelt so lang. Andere Busse von Hinterstein nach Hindelang fielen am Vormittag ganz aus. Und es wurde schon richtig warm...ob das heute noch was werden würde?

Ich war also zunächst irgendwas zwischen ratlos und stocksauer und packte sogleich meine Stirnlampe in den ohnehin vollen und schweren Rucksack. Ich rechnete entweder mit einer Wochenend-Übernachtung im Prinz Luitpold-Haus (nicht gerade angenehm bei 250 Gästen) oder mit einem zweistündigen, 10 Kilometer langen Asphalt-Talhatscher vom Giebelhaus nach Hinterstein in der Dunkelheit durch hunderte von Kuhfladen. Jedenfalls bestand mein Zeitfenster vom ersten bis zum letzten Bus dieses Mal nur aus 9 Stunden und 20 Minuten statt 10 Stunden und 35 Minuten.

2. Wenn man eine Route solo klettert, spart man sich in der Regel etwas Zeit. Da die Überschreitung aber doch eine gewisse Länge hat, 4-5 Stunden angegeben sind und ich am Südgrat wegen der Überkletterung des letzten Gratturmes dort nicht viel weniger Zeit als angegeben benötigte, wusste ich meinen Zeitbedarf hier nicht so richtig einzuschätzen. Ich rechnete mit einer Zeit irgendwo zwischen 3 und 4 Stunden, hoffte aber insgeheim, dass 3 Std und ein paar Zerquetsche reichen könnten. 

3. Nach dem DAV-Führer Prinz-Luitpold-Haus von Kristian Rath und Tobias Burger müssen an der Südseite der Madonna, dem markantesten und schwierigsten Gratturm, auf der von mir präferierten Nord-Süd-Überschreitung zwei Stellen im dritten und oberen dritten Grad abgeklettert werden. Das war mir zu heftig, und so packte ich wie am Dienstag das zweite Seil in der Hoffnung ein, dass ich jeweils "bis zum Fuß" abseilen und so auch Zeit sparen konnte. 

Zur Ausrüstung:
Ich nahm also 2 mal 30 Meter Seil mit. Eine gute Entscheidung! Die Abseilstellen betragen tatsächlich einmal 25 Meter, das andere Mal 22 Meter. Ich war also auf der sicheren Seite. Einige Bandschlingen (ich richtete zweimal einen Standplatz zur Übung und zum Verschnaufen an Felsköpfeln ein), Karabiner und vor allem die Abseilgerätschaften müssen mit. Helm ist selbstverständlich. Kletterschuhe braucht man dagegen keine, auch keine Haken, wie das noch im alten AV-Führer angeraten wird.

Zum Zeitbedarf:
Mein persönliches Gehtempo liegt etwa bei 650 Höhenmetern pro Stunde, ist also guter Durchschnitt. Wie oft erwähnt kann die Tour bei Gruppen und bei konditionell oder technisch nicht so versierten Begehern "ein tagesfüllendes Unternehmen" werden. 


Zur Schwierigkeit:
Luitpoldhaus-Nördliche Fuchskarspitze: T 4-

Überschreitung Nord-Süd: III+ (
eine Stelle 4 Meter, was aber nicht der leichteste Weg, sondern eine Variante ist, sonst II+), III obligatorisch (eine Stelle 10-15 Meter), häufig II+ (auch im Abstieg) und anhaltend II, nur am Anfang und am Ende etwas Gehgelände

Abstieg Normalweg Südliche Fuchskarspitze: T 5 und I-II



Beginn der Tour wie am Dienstag am Giebelhaus (1065m). Über die Untere Bärgündelealpe (1322m), die heute wegen des Viehscheids geschlossen war, in knapp 1 Std 30 (wegen Abkürzungen etwas zügiger als letztes Mal) zum Prinz Luitpold-Haus (1846m).

Nach einer halben Stunde Pause dem Jubiläumsweg in nordöstlicher Richtung bis auf ein grasiges Plateau in ca. 2050m folgen. Dann rechts auf einen schwach rot-weiß-rot markierten Bergweg (an der Abzweigung Aufschrift: Nördliche Fuchskarspitze und roter Pfeil) und in steilem, schuttigen und steinschlaggefährdetem Gehgelände (T 4-) teilweise mühsam auf den Gipfel der Nördlichen Fuchskarspitze (2254m; Gipfelkreuz und Buch). 

Zeitbedarf vom Prinz Luitpold-Haus: 45 min


Von hier hat man schon einen ersten Überblick über den Charakter des Grates und den bevorstehenden Verlauf. Man klettert fast immer mit Blick auf die Terrasse des 400 Meter tiefer liegenden Prinz Luitpold-Hauses. Einmal mehr also die große Showbühne...auch ich wurde mit Ferngläsern beim Klettern beobachtet, wie ich nachher erfahren habe.

Gleich nach dem Gipfel wird links eine brüchige, aber leichte Rinne (I) abgeklettert. In dieser Rinne hängt ein langes Kabel. Dann auf Wegspuren nach rechts in die Scharte vor dem Mittelgipfel. Dieser wird über steiles, aber gut begehbares Gras bestiegen (T 4). Ab jetzt wird's langsam ernst: An der zunächst noch einfachen, waagrechten Schneide weiter, dann aber auf der sehr ausgesetzten plattigen Kante abwärts (II+). Bis zur Einschartung weiter immer am Grat bleiben (II). Laut Führer soll es zuvor in eine Rinne rechts hinunter gehen. Diese Rinne habe ich weder gefunden noch für den Abstieg benötigt. Direkt am Grat dürfte die Felsqualität ohnehin besser sein.

Von der Scharte vor der Madonna auf einem recht breiten Band leicht aufwärts in die rechte Flanke. Nach etwa 15 Metern verlor ich die Orientierung: Der Führer spricht von Querung, bis man eine Rinne erreicht, die links aufwärts führt. Diesen Rinneneinstieg habe ich nicht gefunden, bzw. ich war zu ungeduldig und kletterte eine sich vor mir aufbäumende Wand hoch. An deren Beginn wollte ich die Tour schon abbrechen, da die Erkletterung dieser 4 Meter hohen Stufe schwierig ist (III+, heute für mich die Schlüsselstelle der Tour). Irgendwie arbeitete ich mich dann doch hoch und stand nach einigen weiteren leichten Klettermetern wie verdutzt an der Begrenzung der unschwierigen Geröllrinne, die nach links in eine Scharte führt. Aha, ich hätte also noch ein kleines Stück weiter in die Flanke queren müssen, dabei wäre aber auch Kletterei (angeblich II+) nötig gewesen...
Von der Scharte kann man die zwei nebeneinander liegenden Kamine nicht übersehen: Ich kletterte durch den linken (II-) auf den Gipfel der Madonna (Gipfelkreuz, Buch war nicht vorhanden). Etwa eine knappe Stunde war seit Verlassen des Gipfels der Nördlichen Fuchskarspitze vergangen.


Direkt am Gipfel findet man Abseilschlingen. Auf der anderen Seite sieht man in den Kamin, den man hinunterklettern sollte (III nach Führer). Ich dagegen knotete meine beiden Seile zusammen und begann die luftige Abseilfahrt, die mich direkt auf ein flacheres, aber gezacktes Gratstück führte (etwa 25 Meter Abseilen). Einen Abseilring, der sich nach dem Kamin hinter der Gratkante im Abstiegssinn rechts befinden sollte, habe ich nicht wahrgenommen.

Die leichte Kletterei (I-II) auf diesem Gratstück zum nächsten Abbruch ist für mich die schönste Passage der Tour. Locker leicht lässt sich klettern, immer den Südgipfel und die davor befindlichen Türme im Auge. Außerdem muss man sich hier unbedingt mal undrehen und den steilen Aufbau der Madonna bewundern. Großartiges und wildes Ambiente! Viel zu schnell kommt der Abbruch: Über diesen seilte ich wiederum komplett bis fast in die tiefste Lücke des Grates ab (etwa 22 Meter Abseilen; das Abklettern über die Wand und Rampe beinhaltet Schwierigkeiten bis III+). Hier war nun die Zeit für eine Verschnauf- und Trinkpause gekommen. Die Seile legte ich hier bereits zusammen.

Zunächst auf dem Grat weiter, bis er wieder schwierig wird, dann immer knapp unterhalb der Gratkante an einem Zacken vorbei. Dann verlässt man den Grat für ein gutes Stück in die Westflanke. In unübersichtlichem Gelände, tendenziell immer leicht aufwärts (gelegentlich Steinschlaggefahr), in die Flanke queren. Ich dachte schon, dass ich wieder weit weg von der Ideallinie kletterte, da sah ich vor mir einen neuen Standhaken auf einer wenig geneigten Platte und rechts oberhalb das berühmte Kriechband, das unter einer überhängenden Felsstufe um eine Kante führt.
Über die Platte klettern (II) und rechts hinaus zum Kriechband, dann heißt es: sich ducken und sich freuen, dass man wieder auf der richtigen Route ist.

Dann nicht weiter in der Flanke, wie es der Führer empfiehlt, sondern mit Vorteil in gutem Fels schräg links hoch (ohne Geröllberührung, Querung oberhalb einer Rinne; II) auf den Grat (kleine Scharte) und diesem in anregender leichter Kletterei weiter folgen, bis von rechts in einer weiteren Scharte die Geröllrinne des "Idealweges" heraufkommt.

Aus der Scharte steilt der Grat mächtig auf. Ein 10-15 Meter hoher Turm muss nun erklettert werden, das Haupthindernis, wenn man bisher den richtigen Weg gefunden hatte. Leicht links der Kante wird dieser Turm steil, aber gute Griffe vorfindend, bis auf den Scheitel erstiegen. Die Führerbewertung III- muss ich an dieser Stelle auf eine glatte III anheben. Ich hatte ja noch den direkten Vergleich zu den IIIer-Stellen am Südgrat, also, das war hier doch ein ganz klein wenig anspruchsvoller. Vielleicht gibt's aber links neben meiner ziemlich direkten Route doch noch eine leichtere Variante...

Oben dann wieder einfacher, immer am Grat bleiben (I, Stellen II) bis zum Gipfelaufschwung. Hier setzt ein kaminähnlicher, 4 Meter hoher Riss an, die letzte anspruchsvollere Kletterpassage. Den Riss hoch (II+) und sofort in einfaches Gelände (I) und in kurzer Zeit auf den Gipfel der Südlichen Fuchskarspitze (2314m).

Zeitbedarf für die Überschreitung: rund 2 Std 30 min



Auch heute war am Hochvogel der Teufel los, während ich allein die schöne Aussicht genießen durfte. In das Gipfelbuch trug sich zwischen mich gerade einmal eine Zweierseilschaft ein, die ich vor vier Tagen noch vom Wiedemer beim Klettern auf dem Grat beobachten konnte. Ansonsten: Besucher Fehlanzeige. 


Wie hier beschrieben *Fuchskarspitze-Südgrat und Wiedemerkopf abwärts über den Normalweg (T 5 und I-II), diesmal schneller und besser ohne Abseilen. 
Eine kleine Korrektur noch zu meinem Bericht: Unten in der Rinne hängt rechts an der Wand eine neue Sicherungskette, die aber außerhalb des Routenverlaufs liegt.  

In knapp 1 Std. zum Luitpoldhaus zur großen Nahrungsaufnahme und nach vielen netten Gesprächen mit anderen Wanderern hinab auf dem üblichen Hüttenzustieg, auf dem mir jede Menge Leute entgegenkamen, in weiteren gut 1 Std 15 min zum Giebelhaus, wo ich sogar noch eine knappe Viertelstunde bis zur Abfahrt des letzten Busses zur Verfügung hatte.  

Ich hatte also diese Traumtour im heute knappen Zeitrahmen tatsächlich geschafft, auch wenn ich mir die zusätzliche Stunde und 20 Minuten Zeit schon gewünscht hätte. Was man doch alles erreichen kann, wenn man nur ein wenig vorher trainiert und auch bei unvorhergesehenen Ereignissen an den Erfolg glaubt...  



Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (2)


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gstuermer hat gesagt: Spitze
Gesendet am 13. September 2011 um 10:04
Ist ja wirklich ne klasse Tour und auch ordentlich anspruchsvoll. Die Abseilstellen laden nicht wirklich zum Abklettern ein, da wäre ich über das Seil auch froh gewesen.

Da sollte der Vorderseespitze-Ostgrat ja ein Klacks für dich sein..? :)

Bis dahin,
Thorsten

quacamozza hat gesagt: Vor dem See die Spitze...
Gesendet am 13. September 2011 um 10:29
..hoffentlich gehen wir da nicht baden...;-)...ich muss da immer an die Marchspitze-Tour denken, im Abstieg schön die Füße im Hermannskarsee abkühlen...

Hallo Thorsten,

ein Klacks wird's sicher nicht, der Ostgrat könnte schon vergleichbar mit dieser Tour hier sein, auch von der Länge...aber ein gutes Training war's auf jeden Fall...wettermäßig scheint's ja ganz ordentlich zu werden...
Bis später
Viele sportliche Grüße von Ulf





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