Wintertraum im Churzenberg-Gebiet


Publiziert von ABoehlen , 16. Januar 2022 um 16:57.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Emmental
Tour Datum:15 Januar 2022
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 530 m
Abstieg: 530 m
Strecke:Bowil – Längeney – Friedersmatt – Oberer Thunersberg – Mühleseilen – Winterseiten – Aebersold – Wildeneybad – Bowil, 17 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Bowil
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Bowil
Kartennummer:LK1187 Münsingen, 1188 Eggiwil

Die Wandersaison 2022 beginnt dort, wo ich vor 1½ Jahren zuletzt war – im Churzenberg-Gebiet. Das «Corona-Jahr» 2020 zwang mich damals dazu, die Touren auf die nähere Umgebung zu beschränken und diese dadurch besser kennen zu lernen, was sich überaus gelohnt hat. Die Rahmenbedingungen haben sich seither nicht wesentlich verändert; Maskenpflicht und hohe Ansteckungszahlen halten mich weiterhin davon ab, lange Anreisen mit dem ÖV zu unternehmen. Aber das spielt keine Rolle und so ist auch heute nur eine kurze Fahrt von knapp 45 Minuten vonnöten, um dennoch winterliche Einsamkeit zu geniessen und sich anspruchsvollem Wandern hinzugeben.

Schon als Kind hatte ich immer den Eindruck, wenn man auf dem Weg ins obere Emmental nach Bowil kommt, in eine andere Welt zu gelangen; die voralpine Welt, die sich von der Umgebung Berns deutlich unterscheidet. So ist es auch heute wieder: Gestartet in dichtem Nebel komme ich bald in den Genuss der Sonne, aber Schnee ist vorerst nur spärlich auszumachen, die dominierende Farbe ist bis Zäziwil die grüne. In Bowil jedoch, mit 706 m der höchste Punkt der S2-Strecke Laupen – Bern – Langnau i.E. ist auch der Talboden schneebedeckt und die Hänge des Churzenbergs am Horizont sowieso. In der Tat eine ganz andere Welt!

Stets der Sonne entgegen führt mich mein Weg ins Dorfzentrum, das ungefähr einen Kilometer vom Bahnhof entfernt liegt. Dem Dürrbach entlang, der allerdings in diesem Bereich meist trocken liegt, tauche ich in die Tälerlandschaft des zentralen Churzenbergs ein. Beidseitig steigen die Talhänge sehr steil an, der Horizont ist nah und erweckt dadurch das Gefühl von Weltabgeschlossenheit. ist dazu im «Berner Wanderbuch 4» von 1948 zu lesen. Dieser Eindruck verstärkt sich noch beim Einbiegen ins Tal von Friedersmatt, wo die Hänge nach Süden zur 400 Meter höher liegende Krete des Müliseilewaldes (1179 m) ansteigen.

In Friedersmatt zweigt südwärts der Schwendigraben (oder Brüeggraben) ab, durch den ich bei meiner letzten Tour abgestiegen bin. Diesmal bleibe ich auf der Hauptstrecke und passiere mit dem Hinterhus das vorderhand letzte Gehöft, nicht ohne dem anhänglichen Hund seine ausgiebigen Streicheleinheiten zu verpassen. Dahinter wird das Tal noch einsamer und zunehmend steiler, bis der Weg unterhalb von Pt. 921 am Bach zu enden scheint. Gegenüber geht es aber weiter, dies bedingt jedoch einen beherzten Sprung über den teilweise gefrorenen Wasserlauf hinweg. Oberhalb des Steilhanges befindet sich ein einsamer Stall.

Von hier könnte man direkt weiter aufsteigen, ich ziehe es stattdessen vor, dem Hangweg talwärts zu folgen, mit eindrücklichen Blicken über den Waldsaum zum Bach hinunter. Vorbei an einem weiteren Stall gelange ich schliesslich zum Strässchen auf dem Oberen Thunersberg mit prächtigem Ausblick und einer Ruhebank. Nach einer Pause mit warmem Getränk steige ich gemächlich weiter bergan, nach dem schattigen Tal wieder an der Sonne auf teils geräumter, teils verschneiter Strasse bis nach Mühleseilen. Dieser kleine Ort liegt auf dem hier sehr breiten Bergrücken und überrascht mit einem eindrücklichen Alpenpanorama u.a. mit Eiger, Mönch und Jungfrau, an deren Füssen derzeit die Lauberhorn-Abfahrt stattfindet. Vom Trubel, der dort wohl herrscht, ist man hier weit entfernt. Tatsächlich bin ich bis hierhin keiner Menschenseele begegnet und daran ändert sich auch in der Folge noch lange nichts. Ich schlage nun einen interessanten, unmarkierten Weg durch den Müliseilewald ein, der direkt nach Winterseiten hinüberführt. Dabei wird nach dem Bürkismösli das Quellgebiet des Schwendigrabens passiert, wo zahlreiche Wasserläufe aus der Nagelfluh sprudeln. Das ist daher eine recht feuchte Angelegenheit, denn wie bei Inversionswetterlagen üblich, ist es auf nunmehr deutlich über 1000 m um einiges wärmer als unten im Tal und der Waldboden somit nicht mehr vereist. Der viele Schnee ist aber hilfreich, während zu andern Jahreszeiten das Passieren dieses Weges recht mühsam sein dürfte.

Tief verschneit empfängt mich die Winterseiten, diese nach Norden abfallende grosse Lichtung, die von weitem sichtbar ist, z.B. auch von den heimischen Hängen des Worbberges. Oft ist sie noch weiss, wenn im Mittelland bereits der Frühling Einzug gehalten hat. Nach kurzem Waldstück erreiche ich in Aebersold wieder die Krete und mit 1109 m die höchste Stelle für heute. Und für einmal herrscht doch etwas mehr Betrieb, aber hierhin gelang man schliesslich sowohl von Konolfingen wie auch von Linden bequem mit dem Auto. Dennoch ist diese Anhöhe weit davon entfernt, überlaufen zu sein, und die Besucher vergnügen sich vor allem mit Schlitten und ähnlichen «Gefährten» auf den allseits sanft abfallenden Hängen.

Ganz und gar nicht sanft geht es für mich nun in den Wildeneygraben hinunter. Da gibt es eine bunte Vielzahl von Wegen und weil sich diese nordseitigen Hänge teilweise ganztags im Schatten befinden, liegt dort sogar noch mehr Schnee als weiter oben. Die Strecke durch das Änggrebli ist zwar gelb markiert, aber steil, nass und sehr steinig, entspricht also eher einem T2. Gemächlicher führt der Weg ab Pt. 882 talwärts, vorbei am sehr einsam gelegenen Restaurant Wildeneybad, das ich aber links liegen lasse. In Längeney schliesst sich der Kreis und bei schon recht tief stehender Sonne erreiche ich wieder den Bahnhof, wo bald die S2 aus Langnau angefahren kommt. Ein Traumtag in winterlicher Mittelgebirgslandschaft geht zu Ende, ein Jahresauftakt nach Mass!

Tourengänger: ABoehlen


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