Rotenmannspitze, Totenkarspitze und Panargenspitze (3117m) - Überschreitung mit Hindernissen


Publiziert von BigE17 , 7. Oktober 2021 um 17:32.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum: 1 Oktober 2021
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:45
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Huben. Hier führt eine Straße nach Westen ins Defereggental. Man fährt bis Erlsbach, dann zweigt rechts die mautpflichtige Straße zum Alpengasthaus Oberhaus ab. Über diese erreicht man das Oberhaus, wo sich ein großer Parkplatz befindet.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Das Rotenmanntörl ist ein gelegentlich genutzter Übergang vom Hinteren Defereggental zur Neuen Reichenberger Hütte bzw. zur Clarahütte. Mitten im Törl steht ein markanter, großer roter Felsen - daher der Name Rotenmanntörl. Das Törl selbst liegt bereits auf fast 3000 Metern Höhe und wird von 2 Dreitausendern flankiert. Da wäre zum einen die Rotenmannspitze. Sie sieht recht unspektakulär aus, die Grate und Flanken sind nicht allzu steil, der Gipfelaufbau ist sehr breit. Im Gegensatz dazu ist die südöstlich vom Törl liegende Totenkarspitze ein steiler Felsgipfel ohne offensichtliche Schwachstelle. Der NW-Grat vom Törl aus soll der beste Weg sein, diesen Gipfel zu erreichen. Ich und ein Tourenpartner wollten diese beiden Gipfel an diesem schönen Herbsttag besteigen. Um eines vorweg zu nehmen: Es kam ganz anders, als wir die Tour eigentlich geplant hatten.

Start war um 6:30 beim Oberhaus. Obwohl der Fahrweg bis zur Seebachalm recht lang ist, verzichteten wir heute auf ein Mountainbike - was sich noch als sehr gut herausstellen sollte. Ein Wegweiser markierte dort den Beginn des markierten Steiges zum Rotenmanntörl. Wir rechneten eigentlich mit einem spärlich markierten Steig, doch gottseidank täuschten wir uns. Der Steig war von Anfang an gut markiert, sodass wir ihn kaum verfehlen konnten. Wir stiegen durch einen schönen Zirbenwald auf, erst auf über 2200 Meter Höhe war die Baumgrenze erreicht. Der Steig gewann nun über mäßig steile Wiesen weiter an Höhe, wobei das Vorankommen nie sehr mühevoll war. Irgendwann tauchte dann auch die steile Totenkarspitze auf, während die Rotenmannspitze noch lange verdeckt war. 

Wir erreichten schließlich ein Flachstück, wo wir auch zum ersten Mal den "Roten Mann" im Törl sahen. Weit konnte es also nicht mehr sein. Wir konnten noch kurz über Wiesen weiter aufsteigen, ehe wir auf bereits 2900m zum ersten Mal auf felsiges Gelände trafen. Hier führte der Steig über einige Blöcke hinweg, aber alles halb so wild. Es folgte dann noch der letzte sandige Steilhang hoch zum Rotenmanntörl

Hier erlebten wir jedoch eine böse Überraschung. Der NW-Grat hoch zur Totenkarspitze war total vereist. Sofort war klar, dass der heute nicht machbar wäre. Doch zuerst wollten wir die Rotenmannspitze erreichen. Wir folgten dem markierten Steig Richtung Clarahütte noch ein paar Meter am SO-Grat aufwärts. Sobald wir den Gipfel erkennen konnten, verließen wir den Steig und stiegen über einen nicht allzu steilen Schutthang Richtung Gipfel auf. Ohne Probleme konnten wir den breiten Gipfelkamm der Rotenmannspitze erreichen, der höchste Punkt liegt ganz im Süden. Hier konnten wir nun eine wirklich phänomenale Fernsicht genießen - erst zum 2. Mal in diesem Sommer. Sogar einige Gipfel aus der Ortlergruppe waren heute erkennbar. Doch auch in der Nähe befanden sich zahlreiche sehenswerte Berggipfel, z.B. Hochgall, Daberspitze, Großvenediger, Dreiherrenspitze,...

Nach der Gipfelrast stellten wir uns die Frage, ob wir die Tour noch fortsetzten könnten, oder wieder ins Tal absteigen sollten. Wegen des tollen Wetters beschlossen wir, die Totenkarspitze nordseitig zu umgehen, um durch die Nordflanke auf den SO-Gipfel der Totenkarspitze zu gelangen. Hier könnten wir uns dann den unangenehmen Verbindungsgrat zum Hauptgipfel ansehen, doch auch da erkannten wir bereits von hier aus vereiste Felsen. Wir stiegen also durch die angenehme Schuttflanke zum markierten Weg ab. Wir folgten nun dem Steig weiter Richtung Clarahütte, wobei wir hier über eine kurze Leiter abklettern mussten. Auf ca. 2850m verließen wir nun den Steig, um hinüber zur Aufstiegsflanke zu queren. Dabei hielten wir uns möglichst nahe an der Totenkarspitze auf, wodurch wir teilweise über rutschigen, mit Neuschnee bedeckten Schutt marschieren mussten. 

Wir umgingen einen Gratsporn und hatten uns dazu entschlossen, jetzt sofort aufzusteigen. Besser wäre es gewesen, noch eine Weile weiterzuqueren und dann aufzusteigen. Anfangs war das Gelände noch angenehm zu begehen und auch aper. Doch mit der Zeit wurde rutschiger Neuschnee immer häufiger, das Gelände immer steiler. An der steilsten Stelle war dann Schluss mit lustig. Der Boden war durchgehend sehr rutschig, und es mussten einige Kletterstellen überwunden werden (Stellen II, großteils I). Hier war das Aufsteigen schon sehr unangenehm, ein Ausrutschen hätte bei dem ganzen Schnee schlimme Folgen gehabt. Das war heute definitv die Schlüsselstelle. Noch dazu dauerte es eine ganze Weile, bis sich das Gelände wieder zurücklegte. Erst hier konnten wir wieder durchatmen. Es fehlten nun nur noch wenige unschwierige Höhenmeter bis zum SO-Gipfel der Totenkarspitze.

Auch wenn nun deutlich mehr Wolken den Himmel zierten und die Fernsicht nicht mehr ganz so optimal war, machten wir auch hier eine längere Gipfelrast. Schließlich wollten wir den Übergang zum Hauptgipfel probieren, wobei der plattige Aufschwung zum Hauptgipfel sehr einschüchternd wirkte. Doch so weit kamen wir gar nicht, das Abklettern entlang der eisigen Felsen in die Scharte wäre einfach zu gefährlich gewesen. Die Totenkarspitze müssen wir wohl ein anderes Mal besteigen. Hier beschlossen wir spontan, stattdessen den gesamten Grat bis zur Panargenspitze zu begehen.

Zuerst stiegen wir über den Ostrücken des Totenkarspitze SO-Gipfels unschwierig ab. Den nächsten, leichten Aufschwung umgingen wir leider in der nordseitigen Flanke, wobei uns der rutschige Schnee stark behinderte. Bei aperen Verhältnissen wäre die Umgehung mühsames Gehgelände, doch nun war durchaus Vorsicht geboten. Daher kehrten wir schließlich zum unschwierigen Grat zurück. Wir stiegen entlang des Grates bis auf den nächsten Gratkopf auf, wobei hier ein paar Kletterstellen warteten (I). Wir stiegen nun auf der Ostseite wieder ab, wobei hier über einige Riesenblöcke zu klettern war (I). Im unteren Teil mussten wir eine steile Schneide in der Südflanke umgehen, wobei hier ein ausgesetztes Band zu begehen war (I). 

Gleich nach der Scharte standen wir vor einem kurzen, steilen Aufschwung, der wieder südseitig umgangen und anschließend steil erklettert werden musste (II). In weiterer Folge hätten wir besser am Grat bleiben sollen, allerdings querten wir wieder in die Südflanke, wo wir nach einiger Zeit im leichten Gelände eine steile, brüchige Rinne erklettern mussten. Das war sehr unangenehm (II), Ausrutschen war nicht drinnen. Nach diesen heiklen Metern wurde das Gelände endgültig einfach. Wir querten über angenehm flache Platten hinüber zum letzten Grataufschwung zur Panargenspitze. Diesen überwanden wir dann auch im Nu, die Kletterstellen waren hier nicht schwierig (I).

Damit hatten wir heute bereits unseren 3. Gipfel bestiegen. Der Rückblick über den langen Grat zur Totenkarspitze war spektakulär, genauso der Ausblick zu den umliegenden Gipfeln. Nach der für heute letzten Gipfelrast begannen wir dann doch mit dem Abstieg. Dazu wählten wir den Südgrat. Im oberen Teil stellten sich steile Blöcke in den Weg, der Fels war aber fest und das Gelände nur wenig ausgesetzt (I+). Bei erster Gelegenheit stiegen wir über eine Rinne in das ostseitige Kar ab. Im oberen Teil konnten wir die Rinne ein wenig im Schutt abrutschen, bald konnten wir über angenehme Blöcke und Platten wandern. Wir kamen sehr gut voran, nach einer weiteren kurzen Steilstufe gelangten wir auf eine Wiese. Über diese stiegen wir flach zum schönen, von weitem sichtbaren Eggsee ab. Von diesem ging es nun in bekanntem Gelände hinab zu einem großen markanten Steinmann. Von diesem führte uns ein Steig zum Ochsenhof, ein Schotterweg half uns, die letzten 450 Höhenmeter bis zum Oberhaus zu überwinden, wo wir um 16:15 eintrafen. 

Erwähnenswertes:

1. Die Rotenmannspitze ist ein leichter Dreitausender. Ein markierter Weg führt von 2 Seiten auf über 3000 Meter. Oberhalb des Rotenmanntörls kann man dann über eine einfache Schuttflanke den Gipfel ohne Kletterei erreichen. Das macht sie sogar zu einem der einfachsten Osttiroler Dreitausender. Man kann auch knapp nördlich vom Aufstiegsweg auf den Nordgrat aufsteigen und so den Gipfel erreichen. Der gesamte Gratübergang von der Weißen Ader aus ist hingegen sehr unangenehm (II).

2. Es soll 2 Wege geben, den Hauptgipfel der Totenkarspitze zu erreichen: Den NW-Grat (III-) und den Verbindungsgrat vom SO-Gipfel (II, heikel). Bei trockenen Verhältnissen sind beide Grat schaffbar, bei Nässe, Schnee oder Eis nicht mehr. Besonders der NW-Grat soll eine sehr schöne Klettertour sein.

3. Der SO-Gipfel von der Totenkarspitze ist einfacher zu erreichen, als der Hauptgipfel. Bei geschickter Routenwahl kann man durch die NO-Flanke mit wenigen Stellen im 1. Schwierigkeitsgrad zum Gipfel gelangen. Dasselbe gilt für Anstiege von Süden, wobei man durch eine der Rinnen den Sattel östlich vom SO-Gipfel erreicht - wobei dort die Steinschlaggefahr höher sein dürfte. Ohne Klettern wird wohl keine der Rinnen schaffbar sein.

4. Der Verbindungsgrat vom SO-Gipfel der Totenkarspitze zur Panargenspitze ist nicht sonderlich schwer (bei geschickter Routenführung wenige Stellen II). Allerdings ist er ca. 1,3 km lang und daher benötigt man fast 2 Stunden für den Grat.

5. Auch die Panargenspitze ist ein leichter Dreitausender. Am besten steigt man ins Kar westlich von der Panargenspitze auf und zum Schluss über den Westgrat (I). Der Südgrat ist ein wenig schwieriger, aber immer noch gut machbar (I+). Scheinbar ist sie auch von der Reichenberger Hütte erreichbar, dieser Anstieg ist aber sicherlich unangenehmer (vermutlich II). Ein Übergang zum Keeseck ist sehr schwierig (IV).

6. Die Tour wird nur dann lang, wenn man 2 oder 3 dieser Gipfel hintereinander besteigt. Jeder einzelne dieser Gipfel ist nämlich schnell vom Tal aus erreichbar - wir benötigten z.B. 3h 15min bis zur Rotenmannspitze, von der Panargenspitze aus waren wir in 2h 15min wieder im Tal.

7. Im Winter sind Rotenmannspitze und beide Gipfel der Totenkarspitze nur schwer erreichbar. Die Panargenspitze ist auch ein geeignetes Ziel für Ski- bzw. Schneeschuhtouren, wobei lediglich der untere Abschnitt im Wald unangenehm ist.

8. Anstiege vom Umbaltal oder der Reichenberger Hütte sind wesentlich länger und daher ist der Anstieg vom Oberhaus vorzuziehen.

9. Obwohl die Rotenmannspitze sehr einfach ist, und ein markierter Weg bis knapp unter den Gipfel führt, ist sie interessanterweise ein sehr einsamer 3000er. Auch der Weg übers Rotenmanntörl wird überraschenderweise nicht sehr oft begangen, und nicht jeder, der den Steig begeht, besteigt auch diesen Gipfel. Totenkar- und Panargenspitze sind noch einsamer. Doch auch die Panargenspitze ist weder schwierig noch allzu anstrengend.

10. Die Rotenmannspitze kann - im Gegensatz zu Totenkar- und Panargenspitze - auch von Anfängern bestiegen werden.

11. Alle 3 Gipfel sind sehr schön gelegen, und allein daher ist ein Besuch mehr als lohnend. Bei gutem Wetter ist die Aussicht während des gesamten Aufstiegs klasse, nach oben hin wird sie immer besser.

Tourengänger: BigE17


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Kommentare (2)


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hannes80 hat gesagt:
Gesendet am 7. Oktober 2021 um 21:58
Klasse Tour! Du solltest langsam mal ein Buch rausbringen. Arbeitstitel: „Anspruchsvolle Ziele in der Venedigergruppe“! Schöne Grüße, Hannes

BigE17 hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Oktober 2021 um 22:23
Vielen Dank.
LG


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