Jagdhausspitze (3165m) - einsamster Gipfel im Defereggental
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Nördlich oberhalb der Jagdhausalm beginnt ein langer Grat, der über einige Gipfelchen hinweg nach Norden zieht und dabei immer höher wird. Die letzten 3 Gipfel sind über 3000 Meter hoch. Die Kleine Jagdhausspitze, der Südgipfel von der Jagdhausspitze und die Jagdhausspitze. Es gäbe dann noch die unscheinbare Vordere Jagdhausspitze mit einer Höhe von 2997m, die aber nur ein Nebengipfel von der Kleinen Jagdhausspitze ist. Eines haben alle 4 Gipfel gemein: Sie werden alle nur äußerst selten bestiegen. Beim Hauptgipfel der Jagdhausspitze ist der Grund offensichtlich. Denn am Schlussanstieg fühlt man sich wie "auf einem gotischen Kirchendach". So beschreibt es Georg Zlöbl in seinem Buch "Die Dreitausender Osttirols" - und er übertreibt nicht...
Ich und ein Tourenpartner wollten diesen Tag ausnutzen, um einen schönen, hohen Gipfel zu erklimmen. Dabei fiel die Wahl nach einigem hin und her auf die Jagdhausspitze. Anfangs hatten wir geplant, alle 3 Dreitausender zu besteigen, doch auf die Kleine mussten wir auf Zeitgründen verzichten. Start war um 5:30 beim Oberhaus. Mit dem Rad konnten wir ohne Schneekontakt bis fast zur Jagdhausalm fahren. Hier trafen wir auf wenige kleine Lawinenkegel, die den Weg für wenige Meter bedeckten. Wir fuhren jedoch nicht ganz zur Alm, sondern folgten dem Schotterweg weiter bis zur Arventalalm, unterhalb vom Klammljoch. Hier deponierten wir die Fahrräder, weil ab nun zumindest ein bisschen mehr Schnee lag.
Wir gingen noch 10 Minuten taleinwärts, dann überquerten wir den Bach über eine Schneebrücke - aus Sicherheitsgründen an der dicksten Stelle. So erreichten wir dann einen einen Grashang, der von unten brutal steil ausgesehen hatte. Der Anblick täuschte gottseidank. Das Gelände war viel flacher, als wir geglaubt hatten. Nach einiger Zeit legte sich das Gelände zurück und wir hielten auf den Südgipfel der Jagdhausspitze zu, der bereits zu erkennen war. Hier erkannten wir einerseits, dass uns zum Schluss ein steilerer Firnhang erwarten würde. Wir hatten zwar Steigeisen dabei, aber keinen Pickel, da wir nur mit kurzen Steilstücken gerechnet hatten. Und diesen hätten wir hier definitv gebraucht... Andererseits sahen wir auch, dass wir die Schneeschuhe umsonst dabei hatten, denn bis kurz unter Flanke führte ein aperer Streifen. So konnten wir also noch bis auf 2800m über angenehmes Wiesengelände ansteigen.
Ab nun fanden wir dann doch eine großteils geschlossene Schneedecke vor. Wir wechselten auch gleich auf die Steigeisen, da der Schnee bereits vor der Flanke hart war, und Steigung immerhin 20° betrug - ohne Ausrüstung nicht mehr machbar. Schließlich wurde das Gelände immer steiler, bis zu 40°. Hier ohne Eispickel, nur mit Skistöcken und Steigeisen zu gehen, war keine besonders gute Idee - Ausrutschen war allerstrengsten verboten, da es keine Möglichkeit mehr gegeben hätte, zu bremsen. Zuerst stiegen wir geradewegs auf den Grat auf. Doch das funktionierte nicht besonders gut: Schon auf den ersten Metern war der Fels bröselig, der Grat war sehr ausgesetzt - mit Steigeisen nicht schaffbar. Also wieder ein paar Meter in der steilen Flanke zurück, dann querten wir links im steilen Firn aus der Flanke hinaus - und es wurde flacher. Gleich darauf wurde es noch einmal steil (40°) und wir konnten nur ganz links gehen, weil da der Firn ein bisschen weicher war. In der Mitte konnten wir nicht gehen, da der Firn steinhart war. So gelangten wir mühselig zum Südgipfel der Jagdhausspitze.
Nun begann der Übergang zum Hauptgipfel. Weil der Grat aper war, deponierten wir Rucksack und Steigeisen. Zuerst mussten wir in die Scharte abklettern. Teils direkt am Grat, teils links, kletterten wir in brüchigem Fels ab (II) - es war aber nur bedingt ausgesetzt. Schnell waren wir am tiefsten Punkt zwischen den beiden Gipfeln, und der Charakter der Grattour änderte sich abrupt: Ab nun sanken die Schwierigkeiten (max. I-II), aber der Fels wurde bröselig und der Grat erinnerte wirklich an ein gotisches Kirchendach. Gleich zu Beginn kam die Schlüsselstelle (I-II). Die kleinen Tritte waren mit Sand bedeckt, und ich musste mich doch ein wenig verrenken, um mich währenddessen an der Gratkante festhalten zu können. Immerhin war die Stelle nur ca. 3 Meter lang. Dann wechselten sich unproblematische Aufschwünge mit kurzen Reitgratpassagen ab (I, Stellen I-II).
So erreichten wir den Hauptgipfel der Jagdhausspitze - auf dem sogar ein Steinmann steht. Wir fragten uns woher die Steine kommen könnten - alles in der näheren Umgebung zerbröselte beim Anfassen. Wir genossen das Panorama mit Rötspitze, Reichenspitze, Großvenediger, Hochfeiler,... , betrachteten aber auch den Nordgrat und den Ostgrat. Beide scheinen wegen des brüchigen Felses unbegehbar zu sein. Irgendwann begannen wir mit dem Rückweg über den Grat. Die Schlüsselstelle war beim Abstieg noch unangenehmer, der Rest war aber auch überraschend problemlos machbar. Der Aufschwung zum Südgipfel bereitete uns auch keine Schwierigkeiten. Die Kleine Jagdhausspitze wäre eigentlich auch noch auf dem Programm gestanden. Da jedoch der Verbindungsgrat nicht begehbar gewesen wäre, hätten wir 200-300 Extrahöhenmeter einplanen müssen. Das war - angesichts des Wetterberichtes - zuviel des Guten.
Nun zogen wir die Steigeisen wieder an und begannen mit dem Abstieg über die steile Firnflanke. Nach dem obersten Hang, der noch immer nur am Rand überwindbar war, folgten wir nicht mehr den Aufstiegsspuren. Wir hielten uns rechts, um kurz über eine mäßig geneigte Schneeflanke abzusteigen. Doch dann wurde es wieder um die 40° steil. Hier war der Schnee wegen der südseitigen Lage des Hanges bereits weich und daher war die Absturzgefahr viel geringer. So gelangten wir wieder in flacheres Gelände und legten die Steigeisen weg, sobald wir wieder im Wiesengelände waren. Wir stiegen auf demselben Wege wieder ins Arvental ab, überquerten den Bach über dieselbe Brücke und kehrten zu den Fahrrädern zurück. Damit fuhren wir über den langen Weg wieder zurück bis zum Oberhaus, wo wir um 13:00 eintrafen.
Erwähnenswertes:
1. Bis zum Südgipfel ist der Aufstieg problemlos. Wenn man im Frühjahr ausreichend ausgerüstet ist, dann ist der Anstieg auch zu dieser Jahreszeit einfach. Zumindest der Südgipfel ist im April/Mai auch als Skitour machbar.
2. Der Übergang zum Hauptgipfel ist an sich nicht besonders schwierig. Allerdings ist der 2. Teil des Grates ein sehr ausgesetzter Balanceakt. Dass die Felsqualität hundsmiserabel ist, ist hier relativ egal - außer an der Schlüsselstelle. Diese 3 Meter sind ziemlich unangenehm. Beim Abstieg vom Südgipfel in die Scharte ist der Fels gerade noch akzeptabel.
3. Sichern am Grat ist eigentlich nicht möglich.
4. Der Gratübergang zur Kleinen Jagdhausspitze ist nur schwer machbar - wegen des bröseligen Felses. Daher muss man bis auf ca. 2800m absteigen und dann vermutlich durch die Westflanke auf den obersten Südgrat aufsteigen. Die Vordere Jagdhausspitze scheint auf demselben Weg einfach erreichbar zu sein.
5. Es gibt keine gute alternative, um Süd- und Hauptgipfel zu erreichen - der Nordgrat vom Hauptgipfel soll zwar "nur" ein 3er sein, aber der Fels ist einfach zu brüchig.
6.. Ein Übergang zum Glockhaus ist sehr zeitaufwendig und daher schlichtweg zum Vergessen.
7. Die Arventalalm ist mit dem Rad bequem vom Oberhaus oder auch von Rein in Taufers erreichbar. Ohne Rad verlängert sich der Zustieg jedoch deutlich.
8. Trotz ihrer Nähe zur Jagdhausalm und zum Klammljoch wird die Jagdhausspitze nur sehr selten bestiegen - ich tippe auf 5 Besteigungen pro Jahr. Daher ist die Jagdhausspitze für jene Bergsteiger geeignet, die Menschenmassen meiden möchten. Oder für all jene, die es lieben, auf schmalen Graten zu balancieren. Ansonsten wird man sie eher nicht besteigen. Trotzdem ist sie ein sehr schöner Gipfel, den man durchaus als Geheimtipp bezeichnen kann.
Ich und ein Tourenpartner wollten diesen Tag ausnutzen, um einen schönen, hohen Gipfel zu erklimmen. Dabei fiel die Wahl nach einigem hin und her auf die Jagdhausspitze. Anfangs hatten wir geplant, alle 3 Dreitausender zu besteigen, doch auf die Kleine mussten wir auf Zeitgründen verzichten. Start war um 5:30 beim Oberhaus. Mit dem Rad konnten wir ohne Schneekontakt bis fast zur Jagdhausalm fahren. Hier trafen wir auf wenige kleine Lawinenkegel, die den Weg für wenige Meter bedeckten. Wir fuhren jedoch nicht ganz zur Alm, sondern folgten dem Schotterweg weiter bis zur Arventalalm, unterhalb vom Klammljoch. Hier deponierten wir die Fahrräder, weil ab nun zumindest ein bisschen mehr Schnee lag.
Wir gingen noch 10 Minuten taleinwärts, dann überquerten wir den Bach über eine Schneebrücke - aus Sicherheitsgründen an der dicksten Stelle. So erreichten wir dann einen einen Grashang, der von unten brutal steil ausgesehen hatte. Der Anblick täuschte gottseidank. Das Gelände war viel flacher, als wir geglaubt hatten. Nach einiger Zeit legte sich das Gelände zurück und wir hielten auf den Südgipfel der Jagdhausspitze zu, der bereits zu erkennen war. Hier erkannten wir einerseits, dass uns zum Schluss ein steilerer Firnhang erwarten würde. Wir hatten zwar Steigeisen dabei, aber keinen Pickel, da wir nur mit kurzen Steilstücken gerechnet hatten. Und diesen hätten wir hier definitv gebraucht... Andererseits sahen wir auch, dass wir die Schneeschuhe umsonst dabei hatten, denn bis kurz unter Flanke führte ein aperer Streifen. So konnten wir also noch bis auf 2800m über angenehmes Wiesengelände ansteigen.
Ab nun fanden wir dann doch eine großteils geschlossene Schneedecke vor. Wir wechselten auch gleich auf die Steigeisen, da der Schnee bereits vor der Flanke hart war, und Steigung immerhin 20° betrug - ohne Ausrüstung nicht mehr machbar. Schließlich wurde das Gelände immer steiler, bis zu 40°. Hier ohne Eispickel, nur mit Skistöcken und Steigeisen zu gehen, war keine besonders gute Idee - Ausrutschen war allerstrengsten verboten, da es keine Möglichkeit mehr gegeben hätte, zu bremsen. Zuerst stiegen wir geradewegs auf den Grat auf. Doch das funktionierte nicht besonders gut: Schon auf den ersten Metern war der Fels bröselig, der Grat war sehr ausgesetzt - mit Steigeisen nicht schaffbar. Also wieder ein paar Meter in der steilen Flanke zurück, dann querten wir links im steilen Firn aus der Flanke hinaus - und es wurde flacher. Gleich darauf wurde es noch einmal steil (40°) und wir konnten nur ganz links gehen, weil da der Firn ein bisschen weicher war. In der Mitte konnten wir nicht gehen, da der Firn steinhart war. So gelangten wir mühselig zum Südgipfel der Jagdhausspitze.
Nun begann der Übergang zum Hauptgipfel. Weil der Grat aper war, deponierten wir Rucksack und Steigeisen. Zuerst mussten wir in die Scharte abklettern. Teils direkt am Grat, teils links, kletterten wir in brüchigem Fels ab (II) - es war aber nur bedingt ausgesetzt. Schnell waren wir am tiefsten Punkt zwischen den beiden Gipfeln, und der Charakter der Grattour änderte sich abrupt: Ab nun sanken die Schwierigkeiten (max. I-II), aber der Fels wurde bröselig und der Grat erinnerte wirklich an ein gotisches Kirchendach. Gleich zu Beginn kam die Schlüsselstelle (I-II). Die kleinen Tritte waren mit Sand bedeckt, und ich musste mich doch ein wenig verrenken, um mich währenddessen an der Gratkante festhalten zu können. Immerhin war die Stelle nur ca. 3 Meter lang. Dann wechselten sich unproblematische Aufschwünge mit kurzen Reitgratpassagen ab (I, Stellen I-II).
So erreichten wir den Hauptgipfel der Jagdhausspitze - auf dem sogar ein Steinmann steht. Wir fragten uns woher die Steine kommen könnten - alles in der näheren Umgebung zerbröselte beim Anfassen. Wir genossen das Panorama mit Rötspitze, Reichenspitze, Großvenediger, Hochfeiler,... , betrachteten aber auch den Nordgrat und den Ostgrat. Beide scheinen wegen des brüchigen Felses unbegehbar zu sein. Irgendwann begannen wir mit dem Rückweg über den Grat. Die Schlüsselstelle war beim Abstieg noch unangenehmer, der Rest war aber auch überraschend problemlos machbar. Der Aufschwung zum Südgipfel bereitete uns auch keine Schwierigkeiten. Die Kleine Jagdhausspitze wäre eigentlich auch noch auf dem Programm gestanden. Da jedoch der Verbindungsgrat nicht begehbar gewesen wäre, hätten wir 200-300 Extrahöhenmeter einplanen müssen. Das war - angesichts des Wetterberichtes - zuviel des Guten.
Nun zogen wir die Steigeisen wieder an und begannen mit dem Abstieg über die steile Firnflanke. Nach dem obersten Hang, der noch immer nur am Rand überwindbar war, folgten wir nicht mehr den Aufstiegsspuren. Wir hielten uns rechts, um kurz über eine mäßig geneigte Schneeflanke abzusteigen. Doch dann wurde es wieder um die 40° steil. Hier war der Schnee wegen der südseitigen Lage des Hanges bereits weich und daher war die Absturzgefahr viel geringer. So gelangten wir wieder in flacheres Gelände und legten die Steigeisen weg, sobald wir wieder im Wiesengelände waren. Wir stiegen auf demselben Wege wieder ins Arvental ab, überquerten den Bach über dieselbe Brücke und kehrten zu den Fahrrädern zurück. Damit fuhren wir über den langen Weg wieder zurück bis zum Oberhaus, wo wir um 13:00 eintrafen.
Erwähnenswertes:
1. Bis zum Südgipfel ist der Aufstieg problemlos. Wenn man im Frühjahr ausreichend ausgerüstet ist, dann ist der Anstieg auch zu dieser Jahreszeit einfach. Zumindest der Südgipfel ist im April/Mai auch als Skitour machbar.
2. Der Übergang zum Hauptgipfel ist an sich nicht besonders schwierig. Allerdings ist der 2. Teil des Grates ein sehr ausgesetzter Balanceakt. Dass die Felsqualität hundsmiserabel ist, ist hier relativ egal - außer an der Schlüsselstelle. Diese 3 Meter sind ziemlich unangenehm. Beim Abstieg vom Südgipfel in die Scharte ist der Fels gerade noch akzeptabel.
3. Sichern am Grat ist eigentlich nicht möglich.
4. Der Gratübergang zur Kleinen Jagdhausspitze ist nur schwer machbar - wegen des bröseligen Felses. Daher muss man bis auf ca. 2800m absteigen und dann vermutlich durch die Westflanke auf den obersten Südgrat aufsteigen. Die Vordere Jagdhausspitze scheint auf demselben Weg einfach erreichbar zu sein.
5. Es gibt keine gute alternative, um Süd- und Hauptgipfel zu erreichen - der Nordgrat vom Hauptgipfel soll zwar "nur" ein 3er sein, aber der Fels ist einfach zu brüchig.
6.. Ein Übergang zum Glockhaus ist sehr zeitaufwendig und daher schlichtweg zum Vergessen.
7. Die Arventalalm ist mit dem Rad bequem vom Oberhaus oder auch von Rein in Taufers erreichbar. Ohne Rad verlängert sich der Zustieg jedoch deutlich.
8. Trotz ihrer Nähe zur Jagdhausalm und zum Klammljoch wird die Jagdhausspitze nur sehr selten bestiegen - ich tippe auf 5 Besteigungen pro Jahr. Daher ist die Jagdhausspitze für jene Bergsteiger geeignet, die Menschenmassen meiden möchten. Oder für all jene, die es lieben, auf schmalen Graten zu balancieren. Ansonsten wird man sie eher nicht besteigen. Trotzdem ist sie ein sehr schöner Gipfel, den man durchaus als Geheimtipp bezeichnen kann.
Tourengänger:
BigE17

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