Tagestour Piz Kesch vom Parkplatz Punt Granda und zurück


Publiziert von J_Rekowski , 15. August 2021 um 08:39.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Albulatal
Tour Datum:14 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Keschhütte 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1225 m
Abstieg: 1225 m
Strecke:Parkplatz Punt Granda - Piz Kesch - Parkplatz Punt Granda
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Albulapassstraße
Unterkunftmöglichkeiten:Chamanna d'Es-cha CAS 2594 m

Da wir selten Bergsteigen gehen war dieser Berg schon eine besondere Erfahrung und Herausforderung, da wir prinzipiell keine Ausrüstung mitnehmen und alles "alpin erwandern" wollen. Da wir den zweiten Grad beherrschen und am Gletscher ja gespurt ist hatten wir uns gedacht, das wir das locker hinbekommen. Ich nahm jedoch ein Helm mit (wegen den Berichten über Steinschlaggefahr bei Hikr) und probierte mal zum Spaß meine Steigeisen aus, die aber nicht nötig waren. Zurück nutzte ich nur Grödel, eigentlich wäre es ganz ohne gegangen, so wie meine Wanderpartnerin es machte.

Wir halten uns immer an folgende Prinzipien:
  1. Später aufstehen anstatt um 5 mit dutzenden Leuten loszurennen
  2. Möglichst die letzten am Gipfel sein
  3. Keine Hüttenübernachtungen (was die Touren meist um einiges länger macht)
  4. keine Ausrüstung (maximal Grödel oder wenn wirklich nötig Steigeisen) für das echte unbeschmutzte Bergerlebnis, pures Ich und der reine Berg.
Unser Ziel war also der Piz Kesch den wir alpinwandernd und frei kletternd erreichen wollten, und der sich in die Liste der 3000er eintragen sollte die man ohne Ausrüstung so erreichen kann als ambitionierter Wanderer. Ich muss aber hier schon zugeben das es doch bisher der herausfordernste Berg für uns war.

Vom Parkplatz aus ging es zunächst gegen 10:15 los Richtung Fuorcla Gualdauna. Schön leicht im Anstieg aber doch schon recht warm. Von dort sieht man dann auch schon die Hütte Chamanna d'Es-cha die wir kurz vor 12 Uhr erreichten. Also Zeit für ein paar Wienerle/ Suppe zum stärken. Positiv: Man kann dort mit Karte zahlen, wow! Für uns Vorarlberger ohne Franken in der Tasche perfekt.

12:15 dann ging es etwas steiler einen steinigen Grat Richtung Porta d'Es-cha. Erst direkt auf dem unsteilen hügeligen Grat in eine riesige Moränenlandschaft, dann links gut markitert blau-weiß unterhalb vom Grat entlang um ihn dann zu überschreiten und am Hang Richtung Porta zu gehen. Plötzlich wird es sehr steil (Schotter) und das Ende einer Kette blickt uns entgegen. Die Kette liegt zwar nicht immer ideal aber wir sind froh das es dort eine gibt, ganz schön steil dort! Die erste Hürde für diesen Tag. Oben auf 3008 m angekommen können wir nun unser Tagesziel erblicken. Wir sehen wie erwartet den gespurten Pfad auf Firn den Gletscher hoch zum Einstiegspunkt zur Felskletterei. Dabei heißt es nun erst mal runter von der Porta, was trotz der Steilheit aber noch gut geht. Unten angekommen probiere ich das erste mal meine Steigeisen aus und bin doch ab und zu froh welche zu haben, da es doch wenige Stellen gab wo blankes Eis zum Vorschein kam. Da es aber irgendwie zur späten Stunde auch schon etwas matschig war ging es tatsächlich auch da ohne wie mir meine Wanderpartnerin zeigte. Zudem ist es nicht gerade ein steiler Gletscher.

Nach einem wirklich anstrengenden Aufstieg (Wir hatten nun schon über 1000 Höhenmeter hinter uns) ging es in den letzten Abschnitt. Meine Stöcke und Steigeisen ließ ich da, um etwas Gewicht zu sparen. Nun wartete Kletterei im II. Grad, sowie bröseliges Gestein auf uns. Am ganzen Berg kamen uns nur noch zwei Bergsteiger entgegen die von Richtung Keschnadel kamen und eine Überschreitung hinter sich hatten, es war mittlerweile kurz vor 15:30. Diese beiden lösten einen faustgroßen Stein aus, warnten uns und 1 Sekunde später schoss dieser keinen halben Meter an uns vorbei. Die Legenden um die Steinschlaggefahr sind also wahr und ich kann jedem nur einen Helm empfehlen. Hier würde ich nicht gleichzeitig mit mehreren Gruppen auf den Berg!!! Auch ich löste später einen kopfgroßen Stein aus. Zum Glück war unter uns niemand mehr.

Der Weg gestaltete sich eigentlich recht einfach. Wir folgten  immer den roten Markierungen. Mal ging es eher links vom Grat bröselig und steil, mal direkt am Grat noch steiler (II bis II+) aber deutlich griffiger da direkt am Fels. Dort machte das Klettern auch richtig Spaß, und sichern ist hier gerade so noch nicht nötig (wenn man sich das denn zutraut), auch im Abstieg nicht. Hingegen unserer Befürchtung ging es doch besser als erwartet. Es ist aber nachvollziehbar wenn man es doch tut, vor allem für Unerfahrene mit einem Erfahrenen sehr empfehlenswert da. Für uns die wir das erste mal an diesem Berg waren und gewissen Vertrauen in unsere Fertigkeiten hatten ging das gut ohne ortserfahrene Begleitung.

Nach den ca. 3 bis 4 Schlüsselstellen standen wir dann kurz vor 16 Uhr am Gipfel. wir hielten uns dort nicht lange auf. Ich machte schnell ein paar Fotos, trank ein Red Bull und schon ging es wieder runter. Denn wir wussten nicht wie lange wir für den Abstieg bräuchten den wir noch nicht ganz einschätzen konnten von der Schwierigkeit her. Zudem wollten wir vor der Dunkelheit wieder am Auto sein.

Der Abstieg entwickelte sich allerdings wie schon erwähnt einfacher als gedacht. Entgegen des Üblichen empfand ich es fast einfacher als den Aufstieg. Normal ist ja andersrum der Fall. Für uns als Bergwanderer aber trotzdem gerade so noch machbar ohne das man gesichert ist (auf das wir ja bewusst immer verzichten wollen) vor allem in Bezug auf diese rutschigen brösligen Geröllpassagen z.B. in dieser Art Kamin.

Zurück bei der Porta empfand ich den Abstieg an der Kette als kleine Herausforderung, viel Kraft in den Armen habe ich nicht, und so wurde dieses "Abseilen" an der Kette ein bisschen zum Kraftakt. Zum abklettern war das gar nicht ohne. um 19 Uhr waren wir dann wieder zurück bei der Hütte und meine Wanderpartnerin nahm noch einen heißen Kakao. Nun war die Sonne auch schon hinter den Bergen verschwunden und wir machten uns zurück zum Parkplatz. Gegen 20:20 erreichten wir das Auto und konnten die wirklich zum fahren unschöne Albulapassstraße noch im Dämmerlicht zurück Richtung Chur fahren. 22:15 kamen wir dann schließlich an, was für ein Tag!

Fazit: den Piz Kesch kann man alpin erwandern, wenn man es sich denn zutraut, ganz ohne Ausrüstung, auch auf dem Gletscher (wenn die Bedingungen es hergeben und gespurt ist) und wenn man den zweiten Grad im Aufstieg sowie Abstieg beherrscht. Entscheidend ist hier das man dann geht wenn andere nicht gehen, also am besten spät, wegen der Steinschlaggefahr oder sonst auf jeden Fall einen Helm trägt (also doch ein bisschen Ausrüstung). Gut ist auch wenn man Erfahrung im sehr steilen bröseligem Gelände hat. Für mich ein absolut herausragender Berg, da nichts in der Umgebung höher ist. Der Blick auf die Bernina ist wunderbar, der Blick von der Porta auf den Kesch einfach nur traumhaft. Das Personal in der Hütte ist überaus freundlich und man kann mit Karte zahlen. Als Tagestour von der Passtraße machbar, aber anstrengend. Man kommt auf seine Kosten was konditionelle Herausforderung, aber auch techschnische Herausforderung betrifft. Orientieren konnten wir uns immer recht gut durch die roten Markierungen. Für uns eine der herausragendsten alpinen Wandertouren bisher!


Noch ein Beitrag meiner Wanderpartnerin zur Tour (kurz zusammengefasst):

- Der Aufstieg bis zur Porta d'Es-cha ist nur im letzten Stück (wenn man das Moränengebiet hinter sich gelassen hat) etwas ausgesetzt. Die letzten Meter bis zur Kette sind nicht schwer aber mühsam weil der Weg wenig Halt den eigenen Tritten bietet. Die Rinne selbst ist schon steil und mit einer Kette abgesichert. Das erfordert natürlich etwas Kraft in den Armen das eigene Körpergewicht hochzuziehen aber es gibt auch Stellen wo es ohne Kette gut geht.

 

- Der Weg über den Gletscher war einfach aber, Aufgrund der sulzigen Schneeauflage, auch körperlich anstrengend. Stöcke empfehlen sich sehr. Sehr willkommen ist auch eine bereits vorhandene Spur. Wenn der Gletscher aper ist gibt es ohne Grödel oder Leichtsteigeisen aber kein Fortkommen mehr.

 

- Der Schlussaufstieg im schottrigen Gelände und Fels hat Schwierigkeiten bis UIAA II+. An vielen Stellen ist ein Pfad sichtbar. Die Orientierung am Berg ist weniger schwierig. Da wo Abseilstellen eingerichtet wurden ist es meist sehr ausgesetzt. Es kann alles abgeklettert werden aber dann muss jeder Tritt und Griff sitzen. Abseits des Grates ist es oft brüchig, von kleinen Griffen bis zu großen Steinen. Die Steinschlaggefahr am Kesch hängt primär von anderen Alpinisten ab und von einem selbst wenn unter einem andere Berggänger sind.

 

Woran man zumindest im Minimum denken sollte:

 

Was im Gelände, am Gletscher und bis zu den Kletterstellen hilfreich sein kann: Stöcke (um die Beine zu entlasten)

Was am Gletscher nötig ist: Grödel oder Leichtsteigeisen (wenn aper)

Was am Fels nötig ist: Helm (wenn man nicht alleine unterwegs ist), Erfahrung im Klettern bis UIAA II

Was für Touren in dieser Höhe immer nötig ist: gutes Wetter, passende Bekleidung, stabile Schuhe, ausreichend Zeit und Kondition, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, alpine Erfahrung

 

Natürlich kann man auch mehr mitnehmen wenn es hilft.

Tourengänger: J_Rekowski


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Kommentare (1)


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flohof hat gesagt:
Gesendet am 7. August 2023 um 14:02
Hi und danke für den Tourenbericht. Auch wenn ich euren Ansatz verstehe und ich selbst auch gerne alternative Ansätze verfolge (z.B. Nachmittagstouren auf 4000er), muss ich euch doch vehement dazu raten auf einem solchen Gletscher ein Seil zu benutzen INSBESONDERE, wenn ihr spät geht. Trotz eingespurtem Weg können Schneebrücken brechen. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt am Nachmittag durch den weicheren Schnee zusätzlich stark an. Auf Gletschern, die Spalten haben, wie diesem, ist eure Vorgehensweise ein reines Gambeln - man kann Glück haben oder nicht, aber der Einsatz ist sehr hoch. Liebe Grüße, Flo


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