Das Gomser Wasenhorn (3447m) bleibt zäh


Publiziert von rosenzweig , 27. Juli 2021 um 11:35.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:21 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m

An anderer Stelle auf Hikr ist zu lesen, das Gomser Wasenhorn sei ein zäher Brocken. Dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen. Jedenfalls gilt dies auch für meinen Versuch, bei dem mehrere Zähigkeiten letztlich zum Abbruch wenig unter dem Gipfel führte. Trotzdem will ich ein paar aktuelle Hinweise für Aspiranten hier lassen.

Die Anreise aus dem süddeutschen Flachland von knapper Meereshöhe nach Biel dauerte mit dem frühesten Zug rund 6h, sodass erst am frühen Mittag der Aufstieg begonnen wurde. Eine Eintagestour schied somit nicht zuletzt aufgrund der praktisch nicht vorhandenen Akklimatisierung direkt aus und das Zelt war im Rucksack.

Die Wegfindung am Biel ist etwas tricky, da es einige unbeschriftete Wegweiser gibt. Spätestens ab Reschti kann man aber nicht mehr viel verkehrt machen. Über Obere Staffel steigt es dann sanft bis zur Frutt an, von wo aus es mehr oder weniger ohne Wegspuren das Tal hoch geht. Aktuell führt der Selkigerbach sehr viel Wasser. Etwas oberhalb von P2316 kann man über große Blöcke queren, ansonsten wird´s schwierig.
Bis zur Abbuchkante des Plateaus Unnerbärg ging es zunehmend steil hinauf. Der schwere Rucksack in Kombination mit dem dünnen Blut lässt mich hier auf knapp  2700m mein Lager aufschlagen. 

Der ganze Unnerberg bis hoch zur Bieligerlücke ist noch mehrheitlich mit schlechtem Schnee voll. So brauchte es einige Zeit, bis ich eine ausreichend große Fläche im nassen Schnee platt getreten habe - nicht ohne immer wieder bis zu den Knien einzubrechen - um das Zelt aufzustellen. Wenigstens finde ich in der Nähe ein kleines Rinnsal und muss kein Schnee schmelzen. 

In der Nacht zieht ein Gewitter auf und setzt sich über dem Gebiet des Blinnenhorns fest. Mit etwas mulmigem Gefühl - den Wetterbericht kann ich wegen des kaum vorhandenen Netzes nicht laden - stapfe ich gegen halb fünf in der Dunkelheit los. Am Vorabend entschied ich mich, im Uhrzeigersinn den Unnerbärg zur Bieligerlicke abzuschreiten, um den bodenlosen Schnee mit seinen versteckten Bächen und Seen im Plateau zu umgehen. Leider wird auch mit zunehmender Höhe der Schnee nicht besser. Immer wieder breche ich zu den Knien, mal bis zur Hüfte ein. Kostet Zeit und noch mehr Kraft. Kurz nachdem ich loskam zieht eine Wolkendecke das Bieligertal hinauf und flutet den Unnerbärg. Die Vorstellung eingehüllt und in den weitläufigen und steilen Schneeefeldern die Sicht zu verlieren trug nicht gerade zur Entspannung bei. Mit dem nahenden Sonnenaufgang endete der Spuk ab. Ich querte oberhalb der Felsinseln unter der Lücke nahe an der Steilwand. Ein paar frische anmutende Steinschläge mahnen zur Eile bis es die letzten 20m im weichen Schnee dann sehr steil bis zum Einstieg in die Wand geht. Von unten ist der nur zu erahnen, wird jedoch je höher man steigt immer klarer und ein paar Steinmänner helfen bei der Orientierung. Kaum vom Schnee runter durchbricht ein ohrenbetäubendes Grollen die Stille und und eine respektable Steinlawine bricht aus der Gipfelregion des Wasenhorns in den Unnerbärg hinab genau dorthin, wo ich von 30 Minuten noch durchschritt... 

Die Kletterei zur Oberlicke ist dann nicht ganz ohne, aber der Fels mehrheitlich fest. Tatsächlich gibt es direkt im Sattel einen netten Biwakplatz für eine Person. Bei besseren Bedingungen ist das eine schöne Option mit 1a Ausblick, auch für den Weg ins oder aus dem gegenüberliegenden Gletschergebiet. Nur Wasser gibt es hier nur in Form von Schnee und der dürfte im Hochsommer gegebenenfalls zum Mangel werden.

Der Grat gibt die weitere Route vor. Leider liegt hier auch noch immer viel weicher Schnee in der steilen Nordflanke, sodass das Fortkommen immer mehr zur Kopfsache wird. Etwa bei P3301 offenbart sich der Blick auf die zweite Grathälfte und wird mir zum Zeichen des Abbruchs: Ich erkenne keine offensichtliche Linie zwischen Fels und Schnee, die mir verantwortbar scheint. Mit dem nagenden Gefühl, zwar das Richtige zu tun aber doch so knapp zu scheitern, drehe ich um. 

Der Abstieg über die andere Talseite des Unnerbärgs hat zwar mehr Schnee, aber die Steinlawine sitzt noch im Nacken. Das Stapfen und Einbrechen kostet die letzten Reserven bis ich schließlich wieder am Zelt ankomme und quasi sofort einschlafe. Den Rest des Tages verbringe ich mit Faulenzen und steige am frühen Morgen des 3. Tages ab und in den Zug nach Hause.

Die Situation dürfte sich mit der Hitze des Sommers rasch verbessern. Mit den aktuellen Schneemassen und deren Qualität bleibt das Wasenhorn vorerst ein besonders zäher Brocken.     

Tourengänger: rosenzweig


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