Kraxeln und dabei baden gehen in Ostrov, Böhmische Schweiz


Publiziert von Simon_B , 22. Juni 2021 um 07:27.

Region: Welt » Tschechien » České Švýcarsko
Tour Datum:19 Juni 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 2:00
Aufstieg: 50 m
Abstieg: 50 m
Strecke:1 Kilometer

Schon lange geplant und nach der zermürbenden Coronazeit lang ersehnt - unser kindfreies Wochenende in der Böhmischen Schweiz. Eigentlich wären wir bei dem vorhergesagten Wetter - Temperaturen bis 34 Grad, kaum Gewitterwahrscheinlichkeit - nur baden gegangen. Aber da wir unser Hotel in der Böhmischen Schweiz bereits verbindlich gebucht hatten, wollten wir uns ein wenig klettern auch nicht verwehren, wenn wir einmal hier waren (eigentlich gehen wir bei 30 Grad und mehr nicht mehr klettern...). Der Plan lautete also: erst ein, zwei leichte Gipfel bei Ostrov erklimmern und dann schnell in den nahen Badesee.

Beim Start in Ostrov erfreuten wir uns, dass die Sonne von einer kleinen Wolke verdeckt wurde und der leichte Schatten das Klettern doch wirklich entgegen unserer Erwartungen ganz angenehm werden lassen müsste. Schnell waren wir auf dem Plateau zwischen den Kletterzielen Masiv trampu/Tramperwand und Babinec/Weibertreff angekommen. Da ich wirklich ein Angsthase beim klettern bin - insbesondere beim Vorstieg - machen wir immer nur leichte, übersichtliche und gut gesicherte Weglein - dazu möglichst nicht allzu ausgesetzt. So starteten wir zum Einstieg mit dem wirklich leichten Normalweg auf die Tramperwand - Schwierigkeit böhmisch I. Oben genossen wir die schöne Aussicht auf das Tal und ich ärgerte mich einmal mehr über das in der Talwand installierte Gipfelbuch (im Gebiet häufiger üblich), dessen Erreichen eine eigene Klettertour dargestellt hätte.

Da frage ich mich dann immer über den Sinn solcher Gipfelbücher. Ja - Gipfelbücher werden auch geklaut und verunstaltet. Ob das aber nur bei leicht erreichbaren Gipfeln passiert, wage ich zu bezweifeln - insbesondere wertvolle alte Bücher wurden wohl auch schon von sehr schweren Gipfeln geklaut. Ein Gipfelbuch soll ja auch dokumentieren, wer alles da war - hier wird der Inhalt des Buches sicher nur einen Bruchteil der Gipfelstürmer wiedergeben und die Leichtkletterer wie wir werden ausgeschlossen. Es kann ja auch nicht gewollt sein, dass man sich dann zu waghalsigen Manövern verleiten lässt, denen man eigentlich nicht gewachsen ist, nur um das Buch zu erreichen. Wir verzichteten jedenfalls auf den Bucheintrag...

Nach dem Abseilen ging es zum Nachbargipfel Weibertreff. Der von uns gewählte Aufstieg, der Birkenweg, war deutlich anspruchsvoller, aber hier dennoch nur mit böhmisch II bewertet. Aufgrund des überhängenden Einstieges würde ich das Ganze UIAA III bewerten. Ohne die gut sichtbare Sicherungsmöglichkeit hätte ich den Vorstieg wohl schon nicht mehr gewagt.

Bis hier her war das Wetter für uns eigentlich nur in so weit ein Thema, als dass wir uns über das diffuse Licht freuten, was die Hitze erträglicher machte. Aber nun spürten wir einzelne Tropfen auf unserer Haut. Das hört gleich wieder auf - ist doch überall rings herum hell - sagte ich und kletterte los. Zügig kam ich oben an und baute die Sicherung auf, um Anne nachzuholen. Als Anne in etwa der Hälfte des Weges meine Schlinge abbaute, fing es plötzlich richtig an mit regnen - dicke weise Tropfen! "Willst du noch hoch?" - "ja klar - hört gleich wieder auf, oder?" "Bestimmt, ist doch gar keine richtige Wolke da". Und so sicherte ich Anne hoch. Nun fing es richtig mit Schütten an. Einzelne Hagelkörner waren dabei. Einerseits war es angenehm - da wir wegen der Hitze nur minimal Kleidung an hatten, empfanden wir den Sommerregen als angenehme Erfrischung. Andererseits waren wir auf dem Gipfel in soweit gefangen, dass wir eben doch eine kurze Zeit brauchten, um die Abseilpiste aufzubauen. Hagel und Donner sind da nicht gut. Der Hagel hielt sich in Grenzen, aber es fing nun auch an mit rumpeln... Jetzt Ruhe bewahren und keine Fehler beim Abseilen machen - der mittlerweile klatschnasse Fels und die triefenden Kletterschuhe machen das Alles auch nicht einfacher. Aber irgendwie kamen wir runter, suchten hastig unsere Sachen zusammen und fanden gleich um die Ecke eine kleine Höhle, wo wir etwas geschützt die Verluste begutachten konnten.

Kletterführer - ein nasser Lappen, Klamotten, Kletterzeug, Rucksäcke, Schuhe - alles durch. Schön, wenn man wie ich nur ein paar Schuhe mitnimmt - dann geht es heute eben barfuß zum Abendessen ins Hotel. Doch das Schlimmste: Meine Kamera hat sich verabschiedet - trotz Fototasche...

Nach einer halben Stunde erlangte die Sonne wieder die Oberhand. Die im Fels gespeicherte Wärme lies den Sandstein nun in der Sonne dampfen und die Temperaturen waren kurzzeitig deutlich erträglicher. Wir patschten mit triefenden Schuhen zum nur 500m entfernten Auto zurück, sparten uns das Baden und fuhren ins Hotel.

Fazit:
Kann man 500m vom Auto entfernt an einem 10m hohen Felsen vom Wetter überrascht werden?

Ja, man kann!

Der Wetterbericht sagte für die Region keine Gewitter vorher. Die Wolke über uns spielte für uns lediglich die Rolle eines angenehm, diffusen Schattenspenders (kein "Blumenkohl" erkennbar, keine "schwarze Wand", ringsum überall hell).

Ich kann es mir nur so erklären: Das Gewitter ist genau über unseren Köpfen entstanden. Es gab keine Vorwarnung.

So hatten wir einfach nur Pech gehabt! Oder wegen der Erfrischung vielleicht doch Glück? Wäre da nicht die kaputte Kamera, hätte ich mich vielleicht doch für letzteres entschieden...


Tourengänger: Simon_B


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