Viel Sandstein an einem Tag
Nicht ganz alltäglicher Besuch in der Sächsischen Schweiz mit drei Klettergipfeln...
Nachdem ich schon im vergangenen Jahr nicht dort gewesen war, wollte ich unbedingt mal wieder zu den Sächsischen Sandsteintürmen. Notfalls auch nur für einen Tag. Denn auch an einem einzelnen Tag kann man eine Menge erleben...
In der genauern Planung schmilzt der eine lange Tag freilich noch zusammen. Denn 300 km - pro Strecke - mit dem Auto brauchen ihre Zeit. Und mitten in der Nacht soll es auch nicht losgehen. Letztlich bleiben sieben Stunden übrig. 420 Minuten, die gut angelegt werden wollen.
7 Uhr
Auf gehts zur Autobahn. Die halbe Strecke fahre ich durch dichten Nebel. Aber etwa an der Grenze zwischen Thüringen und Sachsen klart es auf und das versprochene Traumwetter beginnt.
10 Uhr 30
Bekomme noch einen Top-Parkplatz bei Ostrau. Den kurzen, erstaunlicherweise einsamen Abstieg über den Klüftelweg hinunter zur Schrammsteinbaude nehme ich gerne in Kauf. Es ist ja nicht wie in den Alpen, wo manchmal jeder zusätzliche Höhenmeter wehtut. Ganz klassisch wandere ich via Lattengrund zum Schrammtor und weiter zum Abzweig der beiden Aufstiege in Richtung Schrammsteinaussicht. Der Wildschützensteig - und nur dieser - scheint recht überlaufen. Also nehme ich den kleinen Umweg über den Jägersteig. Die Turnerei an den (harmlosen) Leitern und Treppen macht Spaß. Tolles Feeling am Schrammsteingratweg - bei solchem Traumwetter war ich noch nie hier. Klar, dass dort einiges los ist. Aber keine Hektik, sondern eine ganz entspannte Stimmung. Die ersten machen es sich schon mit Bier & Sekt auf den Felsen gemütlich...
Fast wäre ich der Versuchung erlegen, aber ich habe ja noch was vor. Dazu gehe ich bis kurz vor die Schrammsteinaussicht und verlasse dann den Wanderweg "nach vorne" in Richtung Frühstücksplatz. Der Pfad unterquert die Aussicht westlich auf einer Terrasse, die bald in einen Rücken übergeht. Dort gibt es eine eine kurze, einfache und nicht ausgesetzte Kletterstelle. Es fühlt sich gut an, mal wieder im Sandstein zu kraxeln. Ich will mehr!
Dieses "Mehr" gibt es wenig später. Nach einem Rechtsknick ist bald der Frühstücksplatz direkt unter dem Mittleren Torstein erreicht. Und genau dort beginnt der leichsteste Aufstieg auf den Gipfel, der Alte Weg, ein Ier. Der Einstieg ist ein bisschen komisch. Man muss über ein Band in eine Art Rinne und dort hoch. Vor Jahren bin ich hier schonmal bei ungemütlich kaltem Wetter gescheitert. Heute klappt es aber auf Anhieb, obwohl die Rinne weder Fisch (Kamin) noch Fleisch (Wand) ist. In dem Loch dahinter klettere ich auf die Blöcke und durchspreize dann den rechten Kamin. Juhu, ich kann es noch! Die Wegführung klingt kompliziert, ist aber vor Ort logisch. Die liegenden Wandpartien nach dem Kamin kann man an diversen Stellen hochklettern. Ich mache es mir nicht schwerer als nötig und quere ziemlich viel hin und her. Es gibt immer einen leichten Durchstieg.
Oben wird es nochmal etwas kompliziert, weil der eigentliche Gipfel weit nach Norden versetzt ist. Die Spalten zwischen den Vorgipfeln könnte man überspringen, ich finde es aber einfacher, den Kamin mittig unterhalb dieser Kuppen durchzuspreizen. Vom letzten Vorgipfel ist endlich das Gipfelbuch zu sehen. Aber wie kommt man dahin? In die Scharte geht es fast ohne Kletterei über einen erdigen Hang. Dann klettere ich eine gestufte Kante hoch. Zu allerletzt wird es plötzlich luftig. Ohne lange nachzudenken wage ich den (wirklich kleinen) Übertritt, obwohl ich sowas sonst eher hasse.
Der Ausblick vom Mittleren Torstein ist fantastisch und toppt sogar noch die berühmte Schrammsteinaussicht. Erstaunlicherweise wird der Gipfel nicht oft besucht - das Gipfelbuch liegt schon mehr als zehn Jahre und hat noch genug Platz für neue Einträge. Beim Blick rüber zur Aussicht wird mir plötzlich bewusst, dass ich wohl so an die hundert Zuschauer habe.
Diese möchte ich natürlich nicht enttäuschen und deshalb strenge ich mich an, im Abstieg eine gute Figur zu machen. Also immer schön flüssig klettern... Der Alte Weg eignet sich gut dazu. Die Einstiegsrinne kommt mir runterwärts sogar leichter vor als hochwärts.
Zum Ausklang besuche ich im Anschluss noch die Schrammsteinaussicht. Eine Nummer ziehen muss man dort nicht, Schlange stehen schon. Aber gerade von dort aus sieht der eben bestiegene Gipfel schön fotogen aus. Für den Rückweg zum Parkplatz benutze ich den Abstieg vom Gratweg nach Norden, Mittelwinkel genannt. Ebenfalls eine interesante Stiege mit ein paar Eisenleitern. Der Gegenanstieg nach Ostrau lässt sich vermeiden, indem man etwas nach Norden ausweicht und den Malerweg (und nicht den Schießgrund oder den Wenzelweg) benutzt.
Wanderwege & Stiegen: maximal T3.
Frühstücksplatz: T3+ / I
Alter Weg am Mittlereren Torstein: T5 / II
Zwischenfazit - ein "Traumweg" im I. Sachsengrad
13 Uhr 45
Abfahrt in Richtung Papststein. Dort gibt es so einen länglichen Parkplatz. Jemand gibt mir ein Zeichen, dass ganz hinten noch eine Lücke frei sein. Prima. Dort angekommen und den Untergrund gesehen legt sich die Freude etwas. Geht gerade noch so ohne aufzusitzen. Und einen Parkschein brauche ich ja auch noch. Also laufe ich gefühlt einen halben Kilometer zum Automaten. Dort ist zu lesen, dass eine Stunde gratis sei - mit Parkscheibe. Daran habe ich natürlich nicht gedacht. Also wieder zurück, Scheibe rein und endlich los!
14 Uhr 15
Um zum Papst zu gelangen, muss ich nicht nach Rom und noch nicht einmal ganz hoch auf den Papststein. Nach der großen Kehre des Wanderwegs knickt dieser bald nach links ab. Dort laufe ich einfach geradeaus weiter und folge dem unmarkierten, aber deutlichen Pfad in südliche Richtung. Eine Biegung später ist auch schon der Fuß des Papstes erreicht.
Der Einstieg zum Alten Weg (sächsisch I) befindet sich etwa in der Mitte der Bergseite. Es ist ein breiter Kamin, in den man einfach so lange hineingeht, bis er zu schmal wird und dort etwa fünf Meter hochklettert. Und dann ist auch schon die Hochfläche erreicht. Den Gipfelturm selbst kann man entweder über eine Wandstufe oder durch einen zweiten kurzen Kamin ersteigen. Ich entscheide mich für den Kamin, der sehr gut gestuft , aber (im Gegensatz zum Einstieg) auch etwas luftig ist.
Beim Gipfelbucheintrag auf dem Papst werde ich wieder mal beobachtet, dann gegenüber auf dem Papststein gibt es einen Aussichtpunkt, von dem man die Kletterer perfekt im Blick hat.
Das Abklettern dauert höchstens drei Minuten und auch den Rückweg zum Auto kann man fast noch in Sekunden abzählen. Umso besser, denn beim dritten und letzten Programmpunkt ist wieder eine längere Wanderstrecke angesagt!
Alter Weg am Papst: T4+ / I
Zwischenfazit - ein sonniges, warmes & liebliches Intermezzo
14 Uhr 50
Um ins Bielatal zu gelangen, benutze ich die wenig befahrene Strecke via Cunnersdorf. Ab dem Brausenstein ist die Talstraße zur Zeit gesperrt, sodass ein kleiner Umweg über Rosenthal nötig ist, um zur Ottomühle zu gelangen. Dafür ist dort eine ideal gelegene Parklücke frei. Und bezahlen muss ich gar nichts, weil der Ticketautomat ausgefallen ist.
15 Uhr 10
Diese Etappe wird mich zur Grenzplatte führen, einem ganz offiziell ausgewiesenem Aussichtspunkt. Natürlich steht aber auch ein Klettergipfel mit auf dem Programm! Es ist der Castello, welcher ziemlich weit hinten im Bielatal steht.
Also wandere ich ganz gemütlich taleinwärts. Einige Kletterer, die sich für heute wohl genug verausgabt haben, kommen mir entgegen. Kurz nach der alten Quelle "Singeborn" kommt eine Kreuzung, an der ein Weg aus Rosenthal herunterkommt und eine Schneise nach Westen abzweigt. Ich gehe geradeaus weiter. Bald würde die Mündung der Dürren Biele erreicht sein und dann wäre es nicht mehr weit...
Aber - oh je, der Weg ist ja gesperrt - Waldarbeiten. Und die arbeiten tatsächlich noch am Samstagnachmittag. Ich sehe ein, dass es stört, wenn da einer durchgeht. Aber es gibt ja noch einen parallelen Pfad westlich der Biela. Der ist nicht gesperrt. Aber blöderweise auch nicht begehbar, weil überall gefällte Bäume liegen.
Was nun? Ich entscheide mich, mich weglos nach Westen auf das Plateau durchzuschlagen. Das klappt einigermaßen, denn in diesem Bereich versperren kaum Felsen den direkten Aufstieg. Trotzdem ist die Stimmung schlecht, denn oben an der Kante ist selbst in meiner Böhm-Wanderkarte kein durchgehender Pfad verzeichnet und erfahrungsgemäß fällt es oft schwer, einen bestimmten Klettergipfel von oben kommend zu finden.
Erstaunlicherweise gibt es oben aber doch einen Pfad, der genau in die richtige Richtung geht. Er ist mit sogar mit Farbstrichen markiert, die neu aussehen und wird rege begangen. Dass Wege gesperrt werden, kommt bekanntlich vor, aber mit einer neuen Route - noch dazu so schön zu gehen - hätte ich absolut nicht gerechnet!
So weit, so gut, aber der Castello muss noch gefunden werden. Wieder habe ich Glück, denn ich entdecke ohne große Probleme seine Nachbargipfel Goliath und Titan, die von oben auffallend ähnlich aussehen. Dem Castello selbst sind bergseitig zwei Pfeiler vorgelagert, von denen der mächtigere als eigener Klettergipfel Cima gilt. Der andere ist die sogenannte Keule, welche direkt neben dem Alten Weg steht und letzte Zweifel ausräumt, vielleicht doch falsch zu sein.
Der Alte Weg am Castello (sächsisch I) wird manchmal als sehr leicht oder gar als leichtester Gipfel im Bielatal bezeichnet. Sollte also kein Problem sein - oder etwa doch?
Gut, die Kletterei ist nicht sehr hoch (etwa 10 m) und auffällig gestuft. Wer sich allerdings in irgendeiner Form eine Treppe vorstellt, wird enttäuscht. Bis zur Hälfte geht es gut, dann schon schwieriger und zuletzt stehe ich vor einer - ja, hm - senkrechten Drei-Meter-Stufe, schon recht weit vom sicheren Boden entfernt. Hier bin ich vor Jahren mal umgekehrt. Soll ich es lieber lassen?
Ach was, rechts hat es einen Spalt, in den mal sich zwängen kann, und links gibt es zwei, drei kleine Tritte. Also hoch. Oben! Natürlich gibt es ein Gipfeluch und einen etwas schaurigen Tiefblick.
Nach dem Aufstieg kommt der Abstieg. Ja, ähm, wo waren jetzt die tollen Tritte in der senkrechten Stelle? Neben mir lächelt mich die Abseilöse an. So ginge es doch irgendwie einfacher. Aber ohne Seil kein Abseilen...
Wo man hochklettert, kommt man auch wieder runter. Stimmt. Mit etwa Konzentration und Ruhe geht es dann doch ganz gut. Es ist wirklich nur ein komischer Kletterzug. Der Rest ist auch im Abstieg kein großes Problem mehr.
Zurück auf dem Wanderpfad freue ich mich. Alle meine Kletterziele habe ich erreicht. Und ich bin auch noch einigermaßen im Zeitplan. Nur ein kurzes Wegstück trennt mich von der Grenzplatte. Diese Aussicht in Richtung Böhmen gehört für mich zu den lohnensten im Bielatal. Umso mehr bei diesem Traumwetter und mit der schon recht tief stehenden Sonne, welche die Herbstfarben so toll leuchten lässt.
Von der Grenzplatte gibt es einen aüßerst direkten Rückweg zur Ottomühle. Es ist der Wormsbergweg, welcher die Hochfläche in Süd-Nord-Richtung durchschneidet. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell man dort vorankommt. Schließlich endet er Fahrweg an einer Art Wendeschleife und geht in einen alten, steilen Fußweg über. Unterhalb der Felsen an der großen Wiese gibt es nochmal eine gute Aussicht zu den Kletterfelsen in diesem Bereich. Kurz darauf ist die Wanderung endgültig zu Ende.
Wanderwege zur Grenzplatte: T1 bis T2
Alter Weg am Castello: oberer IIer nach UIAA
Kleiner Hinweis: ich kenne mindestens drei Gipfel im Bielatal, die leichter sind: Raupe, Zerklüftete Wand, Nasser Stein...
Letztes Fazit - ein tolles Gefühl, alles geschafft zu haben, was man sich so vorgenommen hatte
17 Uhr 45
Der Abschied von der Sächsischen Schweiz ist kurz und schmerzlos, denn ich benutze gleich die erste Straße, die beim Brausenstein nach Westen aus dem Bielatal herausführt. Via Markersbach lässt sich die Autobahn A17 stressfrei & ohne Stau in Pirna erreichen. Und dann geht es flott. Kein Nebel behindert die Rückfahrt, sodass ich die 300 Kilometer in etwa 2 Stunden und 30 Minuten ohne irgendwelche Probleme hinter mich bringe...
Zwei der drei Klettereien sind auch von rele sehr gut beschrieben. Danke dafür.
Nachdem ich schon im vergangenen Jahr nicht dort gewesen war, wollte ich unbedingt mal wieder zu den Sächsischen Sandsteintürmen. Notfalls auch nur für einen Tag. Denn auch an einem einzelnen Tag kann man eine Menge erleben...
In der genauern Planung schmilzt der eine lange Tag freilich noch zusammen. Denn 300 km - pro Strecke - mit dem Auto brauchen ihre Zeit. Und mitten in der Nacht soll es auch nicht losgehen. Letztlich bleiben sieben Stunden übrig. 420 Minuten, die gut angelegt werden wollen.
7 Uhr
Auf gehts zur Autobahn. Die halbe Strecke fahre ich durch dichten Nebel. Aber etwa an der Grenze zwischen Thüringen und Sachsen klart es auf und das versprochene Traumwetter beginnt.
10 Uhr 30
Bekomme noch einen Top-Parkplatz bei Ostrau. Den kurzen, erstaunlicherweise einsamen Abstieg über den Klüftelweg hinunter zur Schrammsteinbaude nehme ich gerne in Kauf. Es ist ja nicht wie in den Alpen, wo manchmal jeder zusätzliche Höhenmeter wehtut. Ganz klassisch wandere ich via Lattengrund zum Schrammtor und weiter zum Abzweig der beiden Aufstiege in Richtung Schrammsteinaussicht. Der Wildschützensteig - und nur dieser - scheint recht überlaufen. Also nehme ich den kleinen Umweg über den Jägersteig. Die Turnerei an den (harmlosen) Leitern und Treppen macht Spaß. Tolles Feeling am Schrammsteingratweg - bei solchem Traumwetter war ich noch nie hier. Klar, dass dort einiges los ist. Aber keine Hektik, sondern eine ganz entspannte Stimmung. Die ersten machen es sich schon mit Bier & Sekt auf den Felsen gemütlich...
Fast wäre ich der Versuchung erlegen, aber ich habe ja noch was vor. Dazu gehe ich bis kurz vor die Schrammsteinaussicht und verlasse dann den Wanderweg "nach vorne" in Richtung Frühstücksplatz. Der Pfad unterquert die Aussicht westlich auf einer Terrasse, die bald in einen Rücken übergeht. Dort gibt es eine eine kurze, einfache und nicht ausgesetzte Kletterstelle. Es fühlt sich gut an, mal wieder im Sandstein zu kraxeln. Ich will mehr!
Dieses "Mehr" gibt es wenig später. Nach einem Rechtsknick ist bald der Frühstücksplatz direkt unter dem Mittleren Torstein erreicht. Und genau dort beginnt der leichsteste Aufstieg auf den Gipfel, der Alte Weg, ein Ier. Der Einstieg ist ein bisschen komisch. Man muss über ein Band in eine Art Rinne und dort hoch. Vor Jahren bin ich hier schonmal bei ungemütlich kaltem Wetter gescheitert. Heute klappt es aber auf Anhieb, obwohl die Rinne weder Fisch (Kamin) noch Fleisch (Wand) ist. In dem Loch dahinter klettere ich auf die Blöcke und durchspreize dann den rechten Kamin. Juhu, ich kann es noch! Die Wegführung klingt kompliziert, ist aber vor Ort logisch. Die liegenden Wandpartien nach dem Kamin kann man an diversen Stellen hochklettern. Ich mache es mir nicht schwerer als nötig und quere ziemlich viel hin und her. Es gibt immer einen leichten Durchstieg.
Oben wird es nochmal etwas kompliziert, weil der eigentliche Gipfel weit nach Norden versetzt ist. Die Spalten zwischen den Vorgipfeln könnte man überspringen, ich finde es aber einfacher, den Kamin mittig unterhalb dieser Kuppen durchzuspreizen. Vom letzten Vorgipfel ist endlich das Gipfelbuch zu sehen. Aber wie kommt man dahin? In die Scharte geht es fast ohne Kletterei über einen erdigen Hang. Dann klettere ich eine gestufte Kante hoch. Zu allerletzt wird es plötzlich luftig. Ohne lange nachzudenken wage ich den (wirklich kleinen) Übertritt, obwohl ich sowas sonst eher hasse.
Der Ausblick vom Mittleren Torstein ist fantastisch und toppt sogar noch die berühmte Schrammsteinaussicht. Erstaunlicherweise wird der Gipfel nicht oft besucht - das Gipfelbuch liegt schon mehr als zehn Jahre und hat noch genug Platz für neue Einträge. Beim Blick rüber zur Aussicht wird mir plötzlich bewusst, dass ich wohl so an die hundert Zuschauer habe.
Diese möchte ich natürlich nicht enttäuschen und deshalb strenge ich mich an, im Abstieg eine gute Figur zu machen. Also immer schön flüssig klettern... Der Alte Weg eignet sich gut dazu. Die Einstiegsrinne kommt mir runterwärts sogar leichter vor als hochwärts.
Zum Ausklang besuche ich im Anschluss noch die Schrammsteinaussicht. Eine Nummer ziehen muss man dort nicht, Schlange stehen schon. Aber gerade von dort aus sieht der eben bestiegene Gipfel schön fotogen aus. Für den Rückweg zum Parkplatz benutze ich den Abstieg vom Gratweg nach Norden, Mittelwinkel genannt. Ebenfalls eine interesante Stiege mit ein paar Eisenleitern. Der Gegenanstieg nach Ostrau lässt sich vermeiden, indem man etwas nach Norden ausweicht und den Malerweg (und nicht den Schießgrund oder den Wenzelweg) benutzt.
Wanderwege & Stiegen: maximal T3.
Frühstücksplatz: T3+ / I
Alter Weg am Mittlereren Torstein: T5 / II
Zwischenfazit - ein "Traumweg" im I. Sachsengrad
13 Uhr 45
Abfahrt in Richtung Papststein. Dort gibt es so einen länglichen Parkplatz. Jemand gibt mir ein Zeichen, dass ganz hinten noch eine Lücke frei sein. Prima. Dort angekommen und den Untergrund gesehen legt sich die Freude etwas. Geht gerade noch so ohne aufzusitzen. Und einen Parkschein brauche ich ja auch noch. Also laufe ich gefühlt einen halben Kilometer zum Automaten. Dort ist zu lesen, dass eine Stunde gratis sei - mit Parkscheibe. Daran habe ich natürlich nicht gedacht. Also wieder zurück, Scheibe rein und endlich los!
14 Uhr 15
Um zum Papst zu gelangen, muss ich nicht nach Rom und noch nicht einmal ganz hoch auf den Papststein. Nach der großen Kehre des Wanderwegs knickt dieser bald nach links ab. Dort laufe ich einfach geradeaus weiter und folge dem unmarkierten, aber deutlichen Pfad in südliche Richtung. Eine Biegung später ist auch schon der Fuß des Papstes erreicht.
Der Einstieg zum Alten Weg (sächsisch I) befindet sich etwa in der Mitte der Bergseite. Es ist ein breiter Kamin, in den man einfach so lange hineingeht, bis er zu schmal wird und dort etwa fünf Meter hochklettert. Und dann ist auch schon die Hochfläche erreicht. Den Gipfelturm selbst kann man entweder über eine Wandstufe oder durch einen zweiten kurzen Kamin ersteigen. Ich entscheide mich für den Kamin, der sehr gut gestuft , aber (im Gegensatz zum Einstieg) auch etwas luftig ist.
Beim Gipfelbucheintrag auf dem Papst werde ich wieder mal beobachtet, dann gegenüber auf dem Papststein gibt es einen Aussichtpunkt, von dem man die Kletterer perfekt im Blick hat.
Das Abklettern dauert höchstens drei Minuten und auch den Rückweg zum Auto kann man fast noch in Sekunden abzählen. Umso besser, denn beim dritten und letzten Programmpunkt ist wieder eine längere Wanderstrecke angesagt!
Alter Weg am Papst: T4+ / I
Zwischenfazit - ein sonniges, warmes & liebliches Intermezzo
14 Uhr 50
Um ins Bielatal zu gelangen, benutze ich die wenig befahrene Strecke via Cunnersdorf. Ab dem Brausenstein ist die Talstraße zur Zeit gesperrt, sodass ein kleiner Umweg über Rosenthal nötig ist, um zur Ottomühle zu gelangen. Dafür ist dort eine ideal gelegene Parklücke frei. Und bezahlen muss ich gar nichts, weil der Ticketautomat ausgefallen ist.
15 Uhr 10
Diese Etappe wird mich zur Grenzplatte führen, einem ganz offiziell ausgewiesenem Aussichtspunkt. Natürlich steht aber auch ein Klettergipfel mit auf dem Programm! Es ist der Castello, welcher ziemlich weit hinten im Bielatal steht.
Also wandere ich ganz gemütlich taleinwärts. Einige Kletterer, die sich für heute wohl genug verausgabt haben, kommen mir entgegen. Kurz nach der alten Quelle "Singeborn" kommt eine Kreuzung, an der ein Weg aus Rosenthal herunterkommt und eine Schneise nach Westen abzweigt. Ich gehe geradeaus weiter. Bald würde die Mündung der Dürren Biele erreicht sein und dann wäre es nicht mehr weit...
Aber - oh je, der Weg ist ja gesperrt - Waldarbeiten. Und die arbeiten tatsächlich noch am Samstagnachmittag. Ich sehe ein, dass es stört, wenn da einer durchgeht. Aber es gibt ja noch einen parallelen Pfad westlich der Biela. Der ist nicht gesperrt. Aber blöderweise auch nicht begehbar, weil überall gefällte Bäume liegen.
Was nun? Ich entscheide mich, mich weglos nach Westen auf das Plateau durchzuschlagen. Das klappt einigermaßen, denn in diesem Bereich versperren kaum Felsen den direkten Aufstieg. Trotzdem ist die Stimmung schlecht, denn oben an der Kante ist selbst in meiner Böhm-Wanderkarte kein durchgehender Pfad verzeichnet und erfahrungsgemäß fällt es oft schwer, einen bestimmten Klettergipfel von oben kommend zu finden.
Erstaunlicherweise gibt es oben aber doch einen Pfad, der genau in die richtige Richtung geht. Er ist mit sogar mit Farbstrichen markiert, die neu aussehen und wird rege begangen. Dass Wege gesperrt werden, kommt bekanntlich vor, aber mit einer neuen Route - noch dazu so schön zu gehen - hätte ich absolut nicht gerechnet!
So weit, so gut, aber der Castello muss noch gefunden werden. Wieder habe ich Glück, denn ich entdecke ohne große Probleme seine Nachbargipfel Goliath und Titan, die von oben auffallend ähnlich aussehen. Dem Castello selbst sind bergseitig zwei Pfeiler vorgelagert, von denen der mächtigere als eigener Klettergipfel Cima gilt. Der andere ist die sogenannte Keule, welche direkt neben dem Alten Weg steht und letzte Zweifel ausräumt, vielleicht doch falsch zu sein.
Der Alte Weg am Castello (sächsisch I) wird manchmal als sehr leicht oder gar als leichtester Gipfel im Bielatal bezeichnet. Sollte also kein Problem sein - oder etwa doch?
Gut, die Kletterei ist nicht sehr hoch (etwa 10 m) und auffällig gestuft. Wer sich allerdings in irgendeiner Form eine Treppe vorstellt, wird enttäuscht. Bis zur Hälfte geht es gut, dann schon schwieriger und zuletzt stehe ich vor einer - ja, hm - senkrechten Drei-Meter-Stufe, schon recht weit vom sicheren Boden entfernt. Hier bin ich vor Jahren mal umgekehrt. Soll ich es lieber lassen?
Ach was, rechts hat es einen Spalt, in den mal sich zwängen kann, und links gibt es zwei, drei kleine Tritte. Also hoch. Oben! Natürlich gibt es ein Gipfeluch und einen etwas schaurigen Tiefblick.
Nach dem Aufstieg kommt der Abstieg. Ja, ähm, wo waren jetzt die tollen Tritte in der senkrechten Stelle? Neben mir lächelt mich die Abseilöse an. So ginge es doch irgendwie einfacher. Aber ohne Seil kein Abseilen...
Wo man hochklettert, kommt man auch wieder runter. Stimmt. Mit etwa Konzentration und Ruhe geht es dann doch ganz gut. Es ist wirklich nur ein komischer Kletterzug. Der Rest ist auch im Abstieg kein großes Problem mehr.
Zurück auf dem Wanderpfad freue ich mich. Alle meine Kletterziele habe ich erreicht. Und ich bin auch noch einigermaßen im Zeitplan. Nur ein kurzes Wegstück trennt mich von der Grenzplatte. Diese Aussicht in Richtung Böhmen gehört für mich zu den lohnensten im Bielatal. Umso mehr bei diesem Traumwetter und mit der schon recht tief stehenden Sonne, welche die Herbstfarben so toll leuchten lässt.
Von der Grenzplatte gibt es einen aüßerst direkten Rückweg zur Ottomühle. Es ist der Wormsbergweg, welcher die Hochfläche in Süd-Nord-Richtung durchschneidet. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell man dort vorankommt. Schließlich endet er Fahrweg an einer Art Wendeschleife und geht in einen alten, steilen Fußweg über. Unterhalb der Felsen an der großen Wiese gibt es nochmal eine gute Aussicht zu den Kletterfelsen in diesem Bereich. Kurz darauf ist die Wanderung endgültig zu Ende.
Wanderwege zur Grenzplatte: T1 bis T2
Alter Weg am Castello: oberer IIer nach UIAA
Kleiner Hinweis: ich kenne mindestens drei Gipfel im Bielatal, die leichter sind: Raupe, Zerklüftete Wand, Nasser Stein...
Letztes Fazit - ein tolles Gefühl, alles geschafft zu haben, was man sich so vorgenommen hatte
17 Uhr 45
Der Abschied von der Sächsischen Schweiz ist kurz und schmerzlos, denn ich benutze gleich die erste Straße, die beim Brausenstein nach Westen aus dem Bielatal herausführt. Via Markersbach lässt sich die Autobahn A17 stressfrei & ohne Stau in Pirna erreichen. Und dann geht es flott. Kein Nebel behindert die Rückfahrt, sodass ich die 300 Kilometer in etwa 2 Stunden und 30 Minuten ohne irgendwelche Probleme hinter mich bringe...
Zwei der drei Klettereien sind auch von rele sehr gut beschrieben. Danke dafür.
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