Gleggwand Südrampe - Schwarzhorn
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Schwarzhorn über Südrampe ("Strasse")
Update:
Zwei Jahre ist es her, dass ich diese Route erkundete. Nun wollten wir es nochmals wissen und kletterten die Tour in Seilschaft. Dabei hinterliessen wir ein paar Normalhaken, die meisten davon an Standplätzen. Leider ignorierten wir die kleinen Schneeflecken weit oben in der Wand, mit steinschlägigen Konsequenzen, sobald die tageszeitbedingte Erwärmung weit genug fortgeschritten war. Zum Vergleich: vor zwei Jahren war die Wand schneefrei, und ich kann mich an keinen einzigen Stein erinnern, der während der Kletterei gefallen wäre.
Folgendes Material hatten wir dabei:
- Kleines Keilset
- Camalot 0.75 bis 3
- Kleines Hakenset
- 1x60m Halbseil
- Helm
Obwohl einige Normalhaken stecken kann es dennoch nützlich sein, ein kleines Set dabei zu haben. Es ist ja nicht garantiert, dass man die vorhandenen Haken überall findet. Es empfielt sich auch, etwas mehr Friends mitzunehmen, da beim Ausstiegskamin auch der Stand davor sowie derjenige danach selber abgesichert werden muss.
Wer kennt sie nicht, die markanten Berge, die zwischen Landquart und Sargans hoch über dem Rheintal thronen? Falknis, Schwarzhorn, Glegghorn… Dass zwischen dem Schwarz- und dem Glegghorn südseitig eine Aufstiegsmöglichkeit (unter Kennern "d Strass" genannt) existiert, wusste ich schon länger. Nun habe ich mich endlich einmal getraut, mir diese genauer anzuschauen.
Vorweg sei gesagt, dass diese Tour nicht nur eine gute Trittsicherheit (T6) und das Gefühl für die optimale Routenfindung voraussetzt, sondern auch die Beherrschung des dritten oder vierten Schwierigkeitsgrades im Klettern. Mit wenigen Bohrhaken könnte die Tour zu einer „Modetour“ entschärft werden. Momentan allerdings praktisch nie begangen (Aussage vom Enderlinhüttenwart). Der Fels ist – eigentlich unglaublich – fast überall sehr fest. Es liegt aber viel Geröll auf den Bändern und der Einstieg ist teilweise unangenehm kiesig.
Falls man die Tour mit Seilsicherung angeht, dürften Friends und Klemmkeile sowie ein kleines Hakensortiment angemessen sein. Ob und wie gut sich diese mobilen Sicherungsmittel einsetzen lassen, habe ich aber natürlich nicht so genau überprüft!
Ausgangspunkt ist, von der Schweizerseite her kommend, kurz unterhalb der St. Luzisteig der Abzweiger Richtung Enderlinhütte/Falknis. Momentan ist dort eine Baustelle. Da ich ausnahmsweise ein Auto zur Verfügung habe, fällt mir die Entscheidung, den Weg von Sargans bis zur Luzisteig per Fahrrad zurückzulegen, besonders schwer. Irgendwie gelingt es mir aber, den inneren Schweinehund zu überwinden.
Ab der St. Luzisteig führen anfangs mindestens zwei Wege durch den Wald. Ich erwische den unteren (da ich gerade keine Wanderkarte des Gebietes finden konnte, bin ich auf meine Erinnerung und aufs Bauchgefühl angewiesen) Weg. Dieser ist biketauglich, und so nehme ich mein Gefährt mit bis zum Enderlinstein (Pt. 974m; hier zweigt links der Enderlinhüttenweg ab). Wie ich merken musste, gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man das Gleggtobel hinauf kommt. Am einfachsten lässt man den Enderlinstein links liegen und folgt der guten Kiesstrasse bis Pt. 1325m, wo rechts ein mässig deutlicher Pfad abzweigt (ca. 50m nach Pt.1325 endet die breite Strasse sowieso). Dieser führt weiter durch das einsame Tal hinauf. Auf rund 1600m hat man einen guten Einblick in die „Strasse“ genannte Rampe, welche eine absolut logische Linie durch die Gleggwand (Südwestwand des Schwarzhorn-Glegghornmassivs) bildet. Es lohnt sich, rechtzeitig nach links zum Einstieg hinüber zu halten, solange man nur unangenehmes, aber einfaches Gras überwinden muss (siehe Bild 2).
Sobald man die grosse und recht steile (!) Geröllhalde erreicht, empfielt es sich, den Helm anzuziehen und das Geröll zügig zu überqueren, bis man die gerölldurchsetzte Grasflanke unter dem Einstieg erreicht (als ich am Einstieg stehe, kann ich gerade beobachten, wie mehrere grosse Steine meinen eben zurückgelegten Weg in hohem Tempo kreuzen und, wegen der Steilheit des Gerölls, kaum an Geschwindigkeit verlieren).
Von hier kann ich nur vermuten, wo es hochgeht (siehe Bild 5). Zum Glück habe ich die Wand schon von weitem studiert. Obwohl ich weiss, dass die Route im oberen Teil einfacher sein soll, habe ich dennoch ziemlichen Respekt, nicht zuletzt vor dem felsigen mittleren Teil. Vorsichtig steige ich in einfachem, aber etwas heiklem Gelände (hart gepresstes Kies! vermutlich T6) aufwärts, zwei Meter müssen kletternd zurückgelegt werden (ca. 3. bis 4. Schwierigkeitsgrad). Dort wo die von mir vermutete Linksquerung beginnt, bin ich nahe dran, umzukehren. Ich habe keine Ahnung, ob ich hier richtig bin, ich weiss nur, dass ich jeden Meter, den ich weiter gehe, im Notfall auch wieder absteigen können muss. Das schlägt auf die Psyche: „Wie weit darf ich noch gehen, habe ich mich evtl. schon überschätzt, was wenn…?“. Nach einigem Überlegen möchte ich dennoch soweit queren, dass ich wenigstens einen Einblick in den weiteren Routenverlauf habe. Vielleicht wird’s ja einfacher?! Das harte Kies ist heimtückisch, deshalb gehe ich unmittelbar darüber, wo ich mich dank einigen Graspolstern schon viel sicherer fühle. Nach einigen Metern wird das Gelände tatsächlich einfacher! Ich überquere das trockene Bachbett und gelange mit viel Zickzack und vereinzelten Kletterstellen zu der Steilstufe in halber Wandhöhe. Diese Stufe trennt mich noch vom einfacheren Gelände im oberen Teil der Rampe. Bis hierher habe ich mir zwei Stellen mittels kleinen Steinmännchen für einen eventuellen Rückzug markiert.
Ein kurzer Abstecher nach links aufwärts beweist mir, dass der einfachste Aufstieg im Bachbett liegen muss (siehe Bild 4 und Bild 6). Es scheinen hier plattige Kletterstellen auf mich zu warten. Ich möchte von nichts überrascht werden und mich stets sicher fühlen. Deshalb greife ich hier zu meinem Joker: die Kletterschuhe. Mit diesen an den Füssen scheint alles nur noch halb so ernst, und ich kann die Kletterpassagen geniessen. Ein glatter Kamin verlangt Vorsicht, geht aber gut und könnte evtl. rechts umgangen werden.
Nun bin ich in einfachem Gelände. Genusskletterei vom feinsten (ca. I-II) leitet mich in mässig steilem Fels aufwärts. Der psychische Druck ist weg, der Weg nach oben ist so gut wie frei und ich habe Zeit für eine Aufnahme mit Selbstauslöser. Nur noch eine einzige Wandstufe trennt mich vom erfolgreichen Durchstieg. Diese Stufe sah aber schon von unten problemlos links umgehbar aus, und auch jetzt glaube ich an diese Möglichkeit. Ich fühle mich siegessicher und muss nicht mehr an einen möglicherweise heiklen Abstieg denken. Deshalb habe ich den Kopf wieder frei, um mich neuen Herausforderungen stellen zu können. Die Wandstufe, die ich eben noch links umgehen wollte, weist einen interessanten Kamin auf. Vielleicht…? Wenig später liegen ca. 10m Kaminkletterei (welche mit Friends bis Grösse 3,5 resp. Camalot 3 gut absicherbar wären) unter mir und ich quere auf ein paar Reibungstritten, die Hände im Gras fest verankert, ein paar Schritte nach links. Die Schwierigkeiten sind endgültig vorbei. An einem gemütlichen Platz mache ich Pause und tausche die Kletterfinken wieder gegen die Bergschuhe. Noch einige steile Meter im Gras (T5) und ich stehe oben im "Tüf Furgga" (Pt. 2242) genannten Sattel zwischen Glegg- und Schwarzhorn. Um nicht ohne Gipfel nach Hause zu gehen, nehme ich das Schwarzhorn quasi im Vorbeigehen mit (Achtung, wenn man vom Sattel direkt über den Grat aufs Schwarzhorn möchte, muss man eine vermutlich heikle Stufe abklettern; ich bin in die Nordflanke ausgewichen), bevor es über den mir bestens vertrauten weiss-blau-weiss markierten Bergweg Via Enderlinhütte zurück zum Enderlinstein (wo mein Fahrrad liegt) geht. Der Abstieg auf dem genannten Bergweg dürfte T4 bis T5 sein (also bei Nässe heikel) und ist bei einem Hitzetag wie diesem ein wahrer Glutofen.
Das Highlight des Tages kommt aber noch. Als ich beim Enderlinstein ankomme und mich auf die verbleibenden 500 Höhenmeter Velo-Abfahrt freue, muss ich feststellen, dass das Vorderrad eine Platte hat. Natürlich habe ich als „Nur-zur-Not-Velofahrer“ weder Flickzeug noch Pumpe dabei. So stosse ich also meinen platten Begleiter neben mir talwärts…bis es mir zu blöd wird und ich trotz Platte runter zu fahren versuche. Vorsichtig langsam – aber immer noch schneller als zu Fuss – geht das recht gut. Als ich gerade die Passstrasse überquere, um die Strasse nach Fläsch runterholpern, kommt mir ein Radfahrer entgegen. Er hält an und ich frage ihn, ob er vielleicht eine Velopumpe dabei habe, mit der ich mein Vorderrad notdürftig aufpumpen könnte. Tatsächlich hat er eine dabei, und nicht nur das, sondern gleich noch einen passenden Ersatzschlauch. Diesen empfielt er mir anzunehmen (obwohl ich ihm sage, dass ich kein Geld dabei habe). Seine Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit versetzt mich ordentlich ins Staunen, damit habe ich nicht gerechnet! Er hätte mir ja auch einfach nur meine Bitte erfüllen und mir kurz seine „Rucksackpumpe“ ausleihen können.
Wäre ich ein klein wenig früher oder später gekommen, hätten wir uns nicht getroffen. Da er von der Passhöhe nach Maienfeld hinunter fuhr, kreuzten sich unsere Wege nur auf wenigen Metern und in einem sehr kurzen Zeitfenster. Wenn das ein Zufall gewesen ist, dann ein wirklich grosser! Vielleicht hat Gott einen Engel geschickt.
Als ich zuhause den kaputten Schlauch zu flicken versuche merke ich, dass dieser (vermutlich vom Abwärtsfahren) mehrere Löcher hat und die Luft so schnell entweicht, dass man auch bei schnellem Pumpen kaum weiter als bis zur Hälfte kommt… und: der neue Schlauch ersetzt nicht nur den alten, sondern er hat auch noch ein besseres Ventil als der vorherige…wow!
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