Eine Eloge auf den Spaziergang


Publiziert von ZvB , 13. Februar 2021 um 16:28.

Region: Welt » Deutschland » Alpenvorland
Tour Datum:13 Februar 2021
Wegpunkte:

Spazieren kann man lernen. Die Desease bzw. das Desaster, das mit ‚C‘ anfängt und mit 19 aufhört, gibt einem reichlich Gelegenheit dazu. Deshalb präsentiere ich an dieser Stelle einmal nicht einen Tourenbericht, sondern einen Sammelbericht über die Spaziererfahrung eines ganzen Jahres.

Hätte man mich früher gefragt, ob ich noch auf einen Spaziergang raus vor die Tür möchte, dann hätte ich ostentativ begonnen zu gähnen. Vor die Tür geht man nur zum Sport, also zum Laufen und das möglichst flott. Oder man fährt zum hiken oder climben in die Berge. Aber Spazieren, nee, geht gar nicht! Das klingt ja noch schlimmer als Golf spielen … außer vielleicht Golf GTI spielen, brumm, brumm. Nach Spazieren kommt gleich schon tot…

Und dann kam Corona, zuhause Arbeiten und die täglich wiederkehrende Frage, wie man die Zeit zwischen Dienstschluss und Nachtmahl überbrücken soll. Fünfmal die Woche zum Laufen, womöglich noch morgens und abends? Gut ich könnte mich auch einfach ca. 45 Minuten an der Pole Dance-Stange festhalten und so die U-Bahnfahrt simulieren. Zweimal pro Woche gäb's dann auch noch eine Verspätung...

Nein, es hilft alles nichts, ich muss mal vor die Tür. Und so fängt es an.
Gleich auf dem ersten Spaziergang entdecke ich etwas, laufe sofort zurück nachhause und hole den Fotoapparat. Der geht jetzt auf jedem Spaziergang mit. Immer wenn man denkt, die Knipse wird heute vielleicht gar nicht mehr benötigt, dann überrascht einen die sonst so langweilig erscheinende Welt direkt vor der Haustüre.

Mittlerweile spaziere ich auch einfach gerne die sonst üblichen Laufstrecken ab. Wenn man langsam geht, dann sieht man mehr (klingt wie ein Spruch aus dem Glückskeks). Erst neulich habe ich einen riesigen alten Baum entdeckt. An dem bin ich bestimmt schon einige hundert Male vorbeigelaufen bzw. genau dort abgebogen. Üblicherweise bin ich an dieser Abbiegestelle immer total fokussiert – also völlig außer Atem, mit Tränen in den Augen und kurz vor dem Kollaps – aber jetzt konnte ich zum ersten Mal den wunderschönen Baum erkennen. Gleich mal ein Foto von dem neuen Baum…

Als Spaziergänger erlebt man auch viel weniger Konflikte mit Gassigehern und ihren Besitzern. Der Spaziergänger weckt im Hund nicht den Jagdinstinkt, oder war es der Spieltrieb, egal, wo war ich  stehen …

Spazieren tut der Seele gut. Spazieren bedarf keiner Planung. Spazieren kostet nichts. Es sollte Sparzieren heißen!.

Ich glaub ich werde auch noch zum Spazieren gehen, wenn Corona einmal vorbei sein wird und alle endlich geimpft sind, und bis dahin kann ich ja noch öfter zum Spazieren.

Und was ist jetzt eine Eloge? Tja, hab ich auch erst googeln müssen. Ich wollte ja schon von der Ode an den Spaziergang schreiben. Aber für eine Ode braucht man einen Chor und das geht wegen Chorona ja auch nicht.

Vielleicht ist der Spaziergang gerade deshalb so unpopulär, weil man ihn noch nicht durch einen geeigneten Anglizismus ersetzt hat. Schließlich wandern wir nicht, sondern heiken, wir klettern nicht, sondern kleimben, wir fahren nicht Fahrrad, sondern beiken.

Also ich geh jetzt noch mal zum Strollen - ah, klingt jetzt irgendwie seltsam...

Tourengänger: ZvB


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Kommentare (4)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 13. Februar 2021 um 17:04
Liest sich sympathisch, deine Eloge. Und das "Entdecken" während des Unterwegsseins (in welcher Fortbewegungsart auch immer) mögen wir ja Alle hier.
Schönen Gruß, Frank

georgb hat gesagt:
Gesendet am 13. Februar 2021 um 17:07
Bravo Zing,
irgendwann muss ich wohl eine Eloge über ZvB schreiben!

ZvB hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Februar 2021 um 17:52
Eloge kommt möglicherweise von erstunken und erlogen! :-D
Also Schorsch, danke, aber lieber nicht...

Nyn hat gesagt:
Gesendet am 13. Februar 2021 um 21:38
Eine schöne Hommage, deren Quintessenz ich voll und ganz teile.
Es warten noch soooooooooooooooo viele "Kleinigkeiten" am Weg darauf, von uns entdeckt zu werden.


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