Eisengrund und Raabstein


Publiziert von lainari , 28. Januar 2021 um 18:44.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum: 2 Januar 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 695 m
Abstieg: 695 m
Strecke:19,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder RVSOE-Bus der Linien 205, 207 oder 214 bis Breitenau (verkehren nicht am Wochenende/feiertags)
Kartennummer:1:20.000, SK Nr. 94 Bad Gottleuba-Berggießhübel und Umgebung

Unterwegs im Bahretal
 
Während am Ende des alten Jahres die Wetterküche noch einmal so richtig durchgewirbelt wurde, herrschte die erste Woche des neuen Jahres eine sogenannte Dunkelflaute. Das hieß trübes, windstilles Wetter, nicht besonders einladend zum Wandern aber die Ansprüche sind dieser Tage nicht allzu hoch. So machte ich mich auf den Weg zu einer Tour, die so einige Tage zuvor geplant war.
 
Dazu fuhr ich in den hochliegenden Bad Gottleuba-Berggießhübeler Ortsteil Breitenau. Ich parkte nicht ganz konform auf dem Parkplatz des einstigen Gasthauses, welches nicht mehr regulär geöffnet hat. Eine der gelegentlich noch stattfindenden Sonderveranstaltungen dürfte momentan wegen Corona ohnehin nicht zu erwarten sein. Um meine Absicht deutlicher zu machen, stellte ich das Auto nahe der Wanderorientierungstafel am Rand des Platzes ab.
Nun lief ich entlang der Dorfstraße bis zum Ortsende und bog nach rechts auf einen Flurweg ein. Vorbei an einem beschäftigungslosen Windrad ging ich in eine flache Talmulde hinab. Hier verließ ich den Weg und folgte dem Talboden über Wiesenland abwärts. Nach einem Stück kam ich an der in einem Gehölz versteckten Quelle der Bahre vorbei. Der obere Teil des von ihr durchflossenen Tales wird Eisengrund genannt. Der Name soll sich von einem einst dort entlangführenden Eisenerz-Transportweg von Berggießhübel zu den Eisenhämmern in den wald- und wasserreichen Gebirgstälern ableiten. Diese Erklärung halte ich aber noch nicht für vollständig erwiesen, da sich wichtige Handelswege, Post- und Königsstraßen in der Historie stets auf den Höhenrücken befanden und die Täler bestenfalls querten. Gerade im oberen Bahretal verlaufen alle Fluren, Lesesteinrücken und Wege quer zum Tal. Nach einiger Zeit machte ich im Voraus eine große Mufflonherde aus, die rasch die Flucht ergriff, ohne dass ich eine brauchbare Fotoentfernung erreicht hatte. Nach einem Uferwechsel passierte ich einen kleinen Teich und einen alten Schafstall. Voraus zeichnete sich nun das Waldstück Heidenholz ab.
Das Areal hat eine interessante Geschichte aufzuweisen. Im Umfeld des Waldes befanden sich früher die beiden Siedlungen Heidenholz (im Eisengrund) und Lindenknoch (westlich des Waldes). Beide dürften spätestens mit dem Dreißigjährigen Krieg wüst gefallen sein. Am 21. April 1945 stürzte am Heidenholz beim Versuch notzulanden eine Junkers 352 ab, die persönliche Gegenstände des Führers in die Alpenfestung bringen sollte. Das Transportgut wurde damals eilends geborgen und weggeschafft und die getöteten neun Insassen wurden in Börnersdorf begraben. Darunter befanden sich auch drei unbekannte Personen, was auch heute noch Spekulationen befeuert. Dorfbewohner sollen damals auch Wrackteile mitgenommen haben. 1983 wurden dem Stern von einem gewissen Herrn Kujau angeblich aus dieser Quelle stammende Hitlertagebücher angeboten. Der Rest ging durch die Presse und wurde später verfilmt. Nichtsdestotrotz hat das Ereignis einige Glücksritter vor Ort gelockt und auch die Staatssicherheit auf den Plan gerufen. Heute geht es hier ruhiger zu - obwohl: An der talquerenden Straße fand ich ein frisch ausgebranntes Autowrack vor!
Zuvor machte ich jedoch einen Abstecher ins Waldgebiet und versuchte einige historische Punkte aufzufinden. Aber ich bekam weder das Holz- oder das Steinkreuz noch Carlowitzsche Kleeblattgrenzsteine zu Gesicht. Vor dem steinernen Mord- oder Sühnekreuz muss ich laut verschiedenen Karteneinträgen unmittelbar davorgestanden haben. Möglicherweise wurde es durch jüngst durchgeführte vollmaschinelle Käferbaumentnahme von Geäst oder Holzstämmen verdeckt. Das werde ich im Nachgang auf jeden Fall noch einmal abklären. Nach diesem Zeitverlust beschoss ich, die Tour rasch fortzusetzen.
 
Dazu nutzte ich einen unscheinbaren Flurweg am rechten Ufer der Bahre. Der Weg war offenbar seit längerem ungenutzt und begann teilweise zu verbuschen. Kleine Waldabschnitte und Gehölzstreifen wechselten mit Offenland ab. Später verlor sich der Weg und ich konnte von Weitem wieder eine große Mufflonherde sichten. Die Talflanken waren hier teilweise felsdurchsetzt. Der talquerende Wanderweg von Göppersdorf nach Bad Gottleuba bildete schließlich den nördlichen Kehrpunkt der Tour. Ich stieg auf ihm an der rechten Talflanke aus dem Tal heraus. Parallel zum Wegverlauf befindet sich in etwa die Kontaktlinie der Mittelsächsischen Überschiebung, einer geologischen Störungszone an der sich im Untergrund verschiedenste Gesteinsarten begegnen. Die geologische Spezialkarte des Königreiches Sachsen verzeichnet hier mehrere Eisenerzgänge. Die aktuellen Laserabtastungen lassen aber keine Bergbautätigkeiten erkennen, so dass ich für heute aus Zeit- und Erfolgsgründen auf eine Flurbegehung verzichtete. Erst nach dem zweiten Anlauf gelangte ich wegen irreführender Beschilderung auf die Höhe des Raabsteines, der aus einzelnen pittoresken Sandsteinfelsen besteht. Diese entstammen der Verwitterung eines herausgehobenen Meeresbodens und setzen sich nicht in die Tiefe fort. Salopp könnte man die Felsen als Streusel auf dem Kuchen bezeichnen. Historisch wurde der Berg meist in der Einzahl benannt, heute verwendet man vielfach die Bezeichnung Raabsteine. Nach einigen Haken kam ich danach zum Helleberg, dessen Aussichtspunkt heute von hohen Lärchen völlig verdeckt wird. Der Berg besteht interessanterweise aus Turmalingranit. Am Rande des Geländes der Kurklinik lief ich nun steil abwärts. Am Hang treffen obiger Granit und Quarzphyllit auf schmale Streifen von Hornfels und Quarzitschiefer. Die geologische Spezialkarte weist hier eine Reicher Trost Fundgrube aus, die auf Eisenerz gebaut haben dürfte. Eventuelle Spuren sind durch eine alte Teichanlage und eventuellen Aufhaldungen vom Klinikbau verwischt.
 
Am Abhang bog ich nach rechts auf das asphaltierte Sträßchen „Waldweg“ auf, welches mich nach Hartmannsbach führte. Dort ging ich entlang der Hauptstraße den Ort hinauf. Auf der Anhöhe bog ich nach links auf einen Flurweg ab, der durch einen Landwirtschaftsbetrieb führte. Als dieser dann unterwegs rechtwinklig abknickte, ging ich weglos über Wiesenflächen weiter und folgte dabei in etwa dem in der Karte ausgewiesenen, nicht mehr existenten Alten Königsweg. Dabei suchte ich immer geeignete Durchgänge durch die quer zur Bewegungsrichtung verlaufenden Lesesteinwälle und Gehölzstreifen. Zum Schluss war wieder ein Flurweg vorhanden, der über die Anhöhe des Pfarrberges zurück nach Breitenau führte.
 
Die Gehzeit betrug 5 h 30 min. Die Wanderung ist mehrheitlich unmarkiert, hat aber auf weiten Strecken T1-Charakter. Weglose Waldabschnitte im Bahretal, die Pfade am Raabstein und am Helleberg sind abweichend T2. Auf Grund der hohen Weglosanteile über Wiesenflächen sollte man die Tour nur im Winter absolvieren.

Tourengänger: lainari


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