Hallsteinklippe und Lohmgrund


Publiziert von lainari , 5. April 2021 um 13:45.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:28 März 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 475 m
Abstieg: 475 m
Strecke:16,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Ottendorf oder RVSOE-Bus Linie 219 nach Cotta, Heidekrug
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 17 Sächsisch-Böhmische Schweiz

Zentren der sächsischen Sandsteingewinnung I
 
Der Märzwinter ist endlich vertrieben. Ich starte zu einer Erkundungstour in eine der Schlüsselregionen der sächsischen Sandsteingewinnung. Dazu fahre ich nach Ottendorf und parke am oberen Ortsende an einer Wegeinfahrt. Von hier aus laufe ich ein Stück den Ort hinunter. Kurz hinter einer Bushaltestelle biege ich auf eine Anliegerstraße ein, umlaufe in der Folge ein Gewerbeobjekt und überquere auf einer Brücke den Autobahnzubringer. Dann gehe ich auf einem Flurweg durch Feldfluren und biege an der nächsten Möglichkeit nach links ab. Dieser Weg führt mich an ein Gehölzstück heran. An dessen Kante gehe ich weglos bis zur Talkante des Bahretales. Dort folge ich einem Pfad talabwärts an der Kante entlang. Nach kurzer Zeit komme ich zum Hallstein/Hallsteinklippe. Dies ist eine etwa 50 m hohe Felswand aus rotem Quarzitgestein. Dahinter folge ich dem Pfad weiter talwärts, zuletzt scheint es nur noch ein Wildwechsel zu sein. Nach einer Weile biege ich nach rechts und gehe entlang eines Gehölzstreifens in die Talmulde des Dohmaer Wassers hinab. Am nächsten Flurweg halte ich mich zunächst rechts und besichtige ein Mord- oder Sühnekreuz. Nun drehe ich wieder um und laufe links des Baches talwärts bis zur alten Bahntrasse der Strecke Pirna - Großcotta (sä. PGc-Linie). Diese normalspurige Sekundärbahn wies eine wechselvolle Geschichte (siehe unten) auf und erlebte ihre Blüte vor allem im Sandsteintransport.
 
Auf der alten Trasse laufe ich in den Ort hinein. Gleich am Ortsrand befand sich die Haltestelle Dohma mit Ausweich- und Ladegleis (Bahn-km 6,3). Die Hochbauten sind heute alle entfernt und das Gelände wurde überformt. Kurz danach folgen die Widerlager der einstigen talquerenden vierfeldrigen Stahlbrücke. Die Überbauten wurden entfernt und die drei Mittelpfeiler abgerissen. Dahinter wandere ich auf der Trasse aus dem Ort heraus und komme als nächstes zur einstigen Steinsäge des Grafen Rex. Diese war von 1896-1937 durch ein Zweiggleis an die Bahn angeschlossen. Der hier verarbeitete Sandstein wurde auf Transportbahnen mit 650 mm Spurweite aus zwei eigenen Steinbrüchen sowie aus dem Steinbruch Mix & Spitzbart herangeführt. Wenige Meter weiter bestand ab 1945 ein Zweiggleis der Firma Kohl & Co. in die mittlerweile aufgelassenen Steinbrüche. Diese Tarnfirma der NS-Bauorganisation Todt lagerte hier geschützt vor Fliegersicht Kessel und Röhren der IG Farben ein. Die Akten dazu verschwanden bei Kriegsende. Nachdem der Zweck des Gleises bekannt wurde, hat man es 1947 wieder abgebaut. Diese Steinbrüche besichtige ich vorsichtig (Nicht zu nahe an die Bruchwand treten! Von oberhalb werden Gartenabfälle verklappt.). Zurück auf der Trasse laufe ich nun bis zur Haltestelle Großcotta (Bahn-km 8,2). Das dortige Gelände ist als Privatgrund nur teilweise begehbar. Hinter dem eigentlichen Endbahnhof folgte der nur im Güterverkehr betriebene Abschnitt in den Lohmgrund. Der Höhenzug mit der Peterswalder Chaussee wurde dazu in einem 256 m langen Tunnel unterfahren. Im Dezember 1944 und im April 1945 gegen Kriegsende, wurden im Tunnel in einer Baracke und in einem Güterwagen Bilder aus der Dresdner Gemäldegalerie eingelagert. Durch Unterbrechung der Stromversorgung geriet die provisorische elektrische Heiz- und Belüftungsanlage außer Betrieb und die Kunstwerke nahmen Schaden. Mitte Mai 1945 wurden sie in die Sowjetunion gebracht. Ein großer Teil der Bilder kehrte 1955 nach Dresden zurück. Heute ist der Tunnel von beiden Seiten verschlossen.
 
Ich nehme den Weg über den Höhenrücken und gehe im Lohmgrund ans andere Ende des Tunnels. Im Lohmgrund wurde im großen Ausmaß kreidezeitlicher Cottaer Sandstein (auch Mittelquader), der in Schichtstärken zwischen 50-80 m ansteht, gewonnen und teilweise verarbeitet. Der Name des Tales leitet sich vom slawisch/tschechischen lom = Steinbruch ab. Wegen dem Gefälle des Tales zum Gottleubatal hin, wurden in dieser Richtung nur kleinere Mengen Material abtransportiert. Der Hauptanteil wurde über die Sammelstelle Lohmgrund am Tunnelende der PGc-Linie abgefahren. Direkt an der Sammelstelle gab es zwei private Zweiggleise, ein drittes Gleis der Firmen Hüniche und Sächsische Sandsteinwerke Rottwerndorf AG erschloss 1899-1924 auf 900 m Länge die nordwestliche Talseite. Dabei wurde es an vielen Stellen schienengleich oder von Wippbrücken schmalspuriger Feldbahnen gekreuzt. Der natürliche Talboden mit dem Lohmgrundbach wurde auf etwa 650 m Länge von bis zu 30 m hohen Abraumhalden verschüttet. Wie der Bach darunter hindurchgeführt wird, konnte ich noch nicht herausfinden. Heute gibt es noch einen (momentan?) stillgelegten und einen in Betrieb befindlichen Steinbruch. Fast das gesamte übrige Areal ist lose mit Wohn- oder Freizeitgrundstücken überbaut. Ich drehe eine Runde durch das Tal und laufe an der gegenüberliegenden Seite wieder bergwärts. Unterwegs lege ich eine Mittagsrast ein. Durch den sehenswerten, naturbelassenen oberen Teil des Kerbtals des Lohmgrundbaches komme ich nach Großcotta. Hier gehe ich zunächst bis zur Kirche. Eine gesuchte mittelalterliche Grabplatte finde ich auch nach zweimaliger Umrundung nicht. Schließlich wende ich mich Richtung Heidekrug am anderen Ortsende. Um nicht weiter an der Straße entlanglaufen zu müssen, schlage ich noch über Flurwege einen kleinen Bogen in südliche Richtung und komme direkt am Auto in Ottendorf heraus.
 
Fakten zur Bahnstrecke Pirna - Großcotta (- Lohmgrund)
Spurweite: 1435 mm
Länge: 8,9 km
Inbetriebnahme: 1894
Personenverkehr: 1894-1935 und 1945-1957
Einstellung des Güterverkehrs:
Pirna-Zehista - Lohmgrund 1963

Pirna - Pirna-Zehista 1998
Stilllegung:
Pirna-Zehista - Lohmgrund 1963

Pirna - Pirna-Zehista 1999
Rückbau:
Pirna-Zehista - Lohmgrund ab 1978

Pirna - Pirna-Zehista 2002
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h. Die Wanderung ist teilweise unmarkiert, hat aber auf weiten Strecken T1-Charakter. Der Bereich an der Hallsteinklippe und weglose Erkundungen sind abweichend T2.

Tourengänger: lainari


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 52363.kml Manuell gezeichnete Wegstrecke

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