Zwölferkofel 3094 m - Draschvariante mit Bergführer


Publiziert von Cubemaster , 17. Oktober 2020 um 10:21.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 1 August 2019
Hochtouren Schwierigkeit: S-
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m

Der Zwölferkofel! Definitiv eine der ganz großen Herausforderungen meines Projektes "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Nach Studium aller verfügbaren Literatur (Bergteufelbericht auf hikr.org...) war die Entscheidung, dass das allein eine Nummer zu groß wäre, schnell und eindeutig getroffen. Nun bin ich inzwischen aber relativ pingelig geworden, was Touren mit Bergführer betrifft. Wenn der nämlich einfach nur seine Arbeit runterspult, mein bescheidenes, aber durchaus vorhandenes Können am Berg komplett ignoriert und mich hochzieht wie einen gewöhnlichen Touristen, dann macht mir die Tour am Ende eigentlich keinen Spaß.

Also wenn schon mit Bergführer, dann musste es auch der richtige sein. So kontaktierte ich Bergführer Diddi, welcher mich ein Jahr zuvor bereits auf die Hohe Gaisl geführt hatte. Er schien sich auch ehrlich zu freuen, dass ich den Zwölfer anfragte, das kommt wohl tatsächlich eher selten vor... Als das Wetter dann passte, trafen wir uns morgens sehr früh und fuhren ins Fischleintal. Ein erster enormer Vorteil an der Tour mit Bergführer war, dass wir bis zur Talschlusshütte fahren konnten. Dort starteten wir so gegen 5 Uhr noch im Dunkeln. In der kühlen Morgenluft kamen wir schnell voran und waren so gegen 7 Uhr an der Zsigmondy-Comici-Hütte.

Ein weiterer Vorteil machte sich nun immer mehr bemerkbar: Da ich kaum etwas schleppen musste (Klettergurt, Helm, sonst nix), konnte ich ein zügiges Tempo gut halten. Wir erreichten schnell die Zwölferscharte, kurz darauf leiten Wegspuren links hinauf zum Einstieg unterhalb eines markanten Überhangs. Dort seilten wir an und um ziemlich genau 8 Uhr ging es los. Ich muss gestehen, dass ich mir die Route im unteren Teil nicht so genau gemerkt habe. Es geht ein bisschen im Zickzack über moderat schwieriges Gelände nach oben (hauptsächlich II am kurzen Seil, eine Seillänge III).

Man steht schließlich auf einem Schuttband vor wahnsinnig hohen und steilen Wänden, rechterhand zieht die riesige Eisrinne herunter. Egal, welche Route man wählt, ab hier wird es sehr ernst. Diddi hatte mir schon im Vorfeld erklärt, dass die Draschroute bzw. Draschvariante der gängige Normalweg auf den Zwölfer ist. Diese beginnt bei einer markanten Schuppe in der Wand unmittelbar links neben der Eisrinne und zieht sehr direkt nach oben bis zum oberen Band (man bleibt dabei immer knapp neben der Eisrinne). Möchte man den klassischen Normalweg gehen, geht es auf dem Schuttband nach links (siehe dazu den Bericht vom Bergteufel).

Wir wandten uns aber auf dem Schuttband nach rechts und standen kurz darauf am Einstieg der Draschvariante. Und was Diddi nun ablieferte, war Bergsteigen par excellence, das kann man wirklich nicht anders sagen. Er sprintete immer eine Seillänge ohne jegliche Zwischensicherung voraus und war dabei derart schnell, dass ich jeweils kaum zu Atem gekommen war, wenn er oben schon wieder rief, dass ich nachkommen kann. Die Stände der Draschroute, an denen Diddi mich sicherte, sind übrigens gebohrt (aber immer nur ein einzelner Haken!) und mit Schnappkarabiner sehr bequem zum Abseilen geeignet (das Seil muss also nicht durchgezogen werden!).

Die erste Seillänge ist für meine Begriffe direkt die schwierigste (offiziell IV), es geht ein paar Meter an der recht glatten Wand hinauf (fiel mir sehr schwer mit den Bergschuhen, hätte ich eher eine V- vergeben...), dann kann man rechts die Schuppe greifen und es wird leichter (für mich aber immer noch IV). Zwischen Schuppe und Wand schob ich mich nach oben, schwierig und anstrengend, aber toprope gesichert auch alles entspannt. Oben ein flaches Podest zum Verschnaufen, dann kommen zwei leichtere Seillängen, es geht im IIIer-Gelände schräg nach rechts oben bis unter einen Überhang.

Der Überhang stellt die zweite Schlüsselstelle dar (IV), ist allerdings deutlich kürzer als die erste und kam mir auch generell einfacher vor. (Das mag aber vielleicht auch daran liegen, dass mir die Kletterei dort besser lag als an der glatten Wand unten.) Mit ein bisschen spreizen, mit vollem Körpereinsatz hochdrücken und meiner generell ganz guten Armkraft war die Stelle schnell überwunden. Über wieder etwas leichteres Gelände (III) erreicht man ein ausgewaschenes, zur gähnenden Tiefe der Eisrinne hin abschüssiges Plateau.

Die nächste Seillänge ist offiziell wohl auch mit III bewertet, kam mir aber eher wieder etwas schwieriger vor. Man kann hier generell in einem Kamin nach oben klettern, dieser war aber dummerweise pitschnass. Also kletterte Diddi daneben an der Wand hoch und erzählte mir dabei ganz locker, dass in dieser Seillänge ein Bergführerkollege tödlich abgestürzt sei. (Das ist natürlich genau das, was man hören möchte, wenn man sich mitten in seiner technisch schwierigsten Bergtour überhaupt befindet, technisch und konditionell ziemlich am Limit ist, und jetzt gerade diese Seillänge vor sich hat!)

Glücklicherweise bin ich nicht so zimperlich und konnte die Seillänge mit der gleichen Ruhe und Gelassenheit wie die vorherigen angehen (sehr steil, relativ kleingriffig und etwas ausgewaschen, ich hätte mindestens III+ gesagt). Danach kam die letzte Seillänge in immer noch recht kleingriffigem, aber flacher werdendem Gelände (immer noch knapp III würde ich sagen), und schließlich standen wir auf dem oberen Band bzw. Ringband (hier mündet von links der klassische Normalweg ein). Die Hauptschwierigkeiten waren damit geschafft.

Nun ging es auf dem Ringband hinüber auf die Ostseite und dort den einfacheren Schlussteil hinauf (hauptsächlich IIer Gelände). Hier wurde mir eine große Ehre zuteil, als Diddi mich dieses letzte Stück großteils vorausgehen ließ. Und so erreichte ich dann tatsächlich um 10 Uhr als Seilerster den Gipfel des wohl schwierigsten Dolomiten-Dreitausenders. Und zwar ziemlich genau zwei Stunden ab Einstieg. Verdammt nochmal, das war schnell!

Wir blieben eine ganze Weile oben (bis 10.45 Uhr, wir hatten ja Zeit...) und genossen die mystische Atmosphäre zwischen wild ziehenden Wolkenfetzen und Ausblicken in die zackige Bergwelt der Dolomiten. Dann ging es auf dem gleichem Weg zurück. Das Abseilen über die Draschroute ging zügig und nach zwei Stunden, um 12.45 Uhr waren wir wieder am Einstieg. Von der Zwölferscharte sind wir direkt den Geröllhang abgefahren, dann gab es noch ein kühles Getränk auf der Zsigmondy-Comici-Hütte.

Ich nutzte noch die Gelegenheit, Diddi so gut wie möglich über den Normalweg zum Elfer auszuquetschen, der jetzt durch die Besteigung des Zwölfers in der Prioritätenliste ganz nach oben gerutscht war. Schließlich ging es gemütlich hinunter zur Talschlusshütte, wo wir nicht mehr hinauslatschen mussten, sondern gemütlich mit dem Auto rausfahren konnten. Eine super Tour! Vielen Dank an Diddi für die tolle Führung!

Der Zwölferkofel war Gipfel Nr. 156 / 163 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.

Tourengänger: Cubemaster


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