Cima delle Cicogne, Marmontana und Toresella - dem Regenwetter entfliehen


Publiziert von boerscht , 3. November 2020 um 17:00.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Misox
Tour Datum:10 Oktober 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Portola-San Jorio   CH-GR   CH-TI   I   Gruppo San Jorio-Monte Bar 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2080 m
Abstieg: 2080 m
Strecke:24,5 km
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Schon wieder ein verregnetes, bzw. eher verschneites Herbstwochenende in den nördlichen Alpen und am Alpenhauptkamm. Schnee bis in tiefere Lagen macht so manch geplante Wanderung diesen Herbst unmöglich. Zum Glück gibts eben auch noch die Alpen Südseite. Im Tessin und Misox liegt derzeit bis auf 2300 m kaum Schnee, da lassen sich noch einige tolle Herbsttouren bei bestem Wetter machen. Also ab über den San Bernadino in wärmere Gegenden.

Tag 1:

Stausee Val Roggiasca - Val Albionasca - La Pila - Rifugio Albion Bass - Mot de la Cros - Alp d´Albion - Bochetta di Cugn T3; 3,5 h:


Schon die Anfahrt hinauf zum Stausee im Val Roggiasca ist spannend. Über ein schmales Sträßchen gehts durch tollen Kastanienwald hinauf. Die fahrt nimmt gute 20 Minuten in Anspruch. Am Abzweig des Wanderwegs ins Val d´Albionasca legen wir unsere Rucksäcke ab, fahren dann jedoch bis zum Stausee weiter, da wir hier morgen wieder rauskommen werden und wir so die Rucksäcke nicht noch heute die Straße über tragen müssen. Am Stausee gibt es platz für ein paar Autos, viel los sein wird hier ohnehin wohl nie.
Die Fahrstraße entlang gehts nun bis zu unseren Rucksäcken und dann ausgeschildert hinauin ins Val d´Albionasca. Der Weg führt schön angelegt bis zum Rifugio La Pila. Ich wundere mich immer wieder wer die Wege so angelegt hat, muss eine wahnsinns arbeit gewesen sein. Ab hier dann steil durch Laubwald hinauf zum Rifugio Albion Bass. Auf der ganzen Runde kommen wir an etlichen solcher kleinen Rifugios vorbei, welche alle frei zugänglich sind, über Matratzen, Holz und fließend Wasser verfügen. Alleine der Besuch so eine Hütte wäre eigentlich schon eine Tour in der Gegend wert.Von hier aus den Hang querend richtung Prodlo, wo sich der Laubwald in goldenen Lärchenwald verwandelt und etwas lichter wird. Herrlich hier und dann noch dieses geniale Herbstwetter mit besten Wandertemperaturen für T-Shir und kurze Hose. Vorbei an der Felsnadel Corno di Cadin mit einigen gebohrten Kletterrouten geht es weiter durch den goldenen Wald. Den Corno di Gesero schenken wir uns heute, wir wollen lieber nicht allzu spät auf die Hütte kommen und gegen Abend soll das Wetter etwas schlechter werden.
Über weitere schön gelegene Alpen und vorbei an Kunstwerken am Wegrand gehts über die Alp d´Albion und Mot Paleta in die Bocchetta di Cugn. Gegen Ende hin liegt hier noch etwas hart gefrorener Schnee, welcher jedoch gut zu begehen ist.

Bocchetta di Cugn - Cima delle Cicogne - Bocchetta di Cugn - Rifugio San Jorio T4; 1,5 h:

An der Bochetta di Cugn entscheiden wir uns noch einen Abstecher auf die Cima delle Cicogne zu machen. Das Wetter sollte noch 2 Stunden halten und Abendessen gibts eh erst um 19 Uhr, ist also noch reichlich Zeit übrig.
Wir versuchen es zunächst direkt ab der Bocchetta auf dem Grat, dies ist zwar spaßig über schöne kraxelei, die endet jedoch bald im Gestrüpp, also doch lieber erstmal dem Wanderweg folgen. Etwas vor P.2068 zweigt ein wenig ersichtlicher Pfad auf den Grat ab. Hier hängt ein kleines Plastikschild an einem Baum, welches die Cima delle Cicogne mit T3 beschildert. Hatten also den richtigen Riecher. Durch etwas Gestrüpp gehts auf den Grat hinauf und diesen auf sehr schwachem Pfad vorbei an einer ersten Geschützsstellung zum Gipfel der Cima delle Cicogne. Auch hier steht auf dem Ostgipfel eine verlassene Geschützsstellung. Hinter dem eigentlichen Gipfel befindet sich ein größeres, modernes Bauwerk mit Helikopterlandeplatz, welcher gerade doch tatsächlich auch mit einem Heli belegt ist.
Über den selben Weg gehts zurück auf den Wanderweg und diesem folgend einfach in den Passo San Jorio. Mittlerweile zieht der Himmel zu und es wird kalt, windig und düster. Zeit für die Hütte, welche vom Pass in ein bis zwei Minuten erreicht ist. Pünktlich mit den ersten Regentopfen erreichen wir das Rifugio San Jorio.
Auch wenn wir beide kein Wort Italienisch können klappt es irgendwie mit der Verständigung. So wirklich warm in der Hütte ist es nicht, auch wenn die Öfen gut angefeuert werden. Das Abendessen ist mega lecker und reichhaltig. Nicht zu vergessen der leckere italienische Wein für sage und schreibe 5€/ Liter. Da wird zugeschlagen. Der nette Hüttenwart gibt noch Schnaps und Kekse aus, wirklich sehr nett hier. Mit uns sind nur noch zwei andere Gäste auf der Hütte.

Tag 2:

Rifugio San Jorio - Cima di Cugn - Marmontana T3; 1 h:


Zum Sonnenaufgang wollen wir auf die Marmontana, kein Problem wir konnten dem Hüttenteam ganz nach unserem Wunsch sagen wann wir gerne Frühstücken würden. Dass wir über die Toresella wollen und noch ganz hinab zum Stausee, in einem Tag fanden sie ziemlich spannend. Kommt anscheinend nicht so oft vor, dass hier Leute sind die abseits der wenigen Wanderwege gehen. Typisch italienisch, karges Hüttenfrühstück mit Zwiback und Marmelade, dann gehts ab ins Dunkle. Es ist zapfig kalt draussen und ziemlich windig. Der Regen der letzten Nacht ist zum Glück flüssig geblieben und es hat nicht noch geschneit.
Hinter der Hütte gehts in den Passo San Jorio hinauf und den Grat entlang zur Cima di Cugn. Von hier aus einfach weiter den Grat entlang zum höchsten Gipfel unserer Runde, der Marmontana.
Der Gipfel bietet eine geniale Aussicht zu den Walliser 4000ern und dem Comer See. Der Sonnenaufgang hier oben ist wirklich toll.

Marmontana - Bocchetta del Lago - Toresella T5, I; 2 h:

Weiter gehts nach vielen Fotos und Drohne fliegen den Grat der Marmontana hinab zur Bocchetta del Lago. Wir halten uns alles an der Gratschneide, man könnte aber auch auf einem Pfad unterhalb gehen, ob das jedoch schneller ist bin ich mir nicht sicher. Weniger aussichtsreich ists auf jeden Fall.
Ab der Bocchetta del Lago wirds nun spannend. Wir verlassen die ausgeschilderten Wege und es geht nun Weglos den Grat zur Toresella entlang. Die meisten Berichte hier auf hikr halten sich an die deutliche Pfadspur auf der Ostflanke des Grates. Wir versuchen es jedoch alles direkt über den Grat anzugehen. Zu Beginn ist das recht einfach im Gras, bald wird es schmaler und felsiger. Immer wieder müssen kurze Kletterstellen überwunden werden und es geht viel auf und ab. Man kommt gefühlt nur sehr langsam voran und der Gipfel will nicht wirklich näher kommen. Macht nix, der Fels ist fest und die Kraxelei macht richtig Spaß. Einzig der starke, kalte Wind nervt etwas. Etwas Geschick in der Routenfindung benötigt es an einigen Aufschwüngen. Ein recht hoher Gratturm wird etwa in der Mitte des Grates direkt erklommen um dann in einer Rinne etwas ausgesetzt abzuklettern. Bei Nässe eher ungut. Wirklich schwierig wird der Grat nirgendwo, man sollte jedoch die ganze Zeit konzentriert bleiben. Die Ausgesetztheit ist meist nicht sonderlich stark. Kletterstellen würde ich mit I - je nach Routenwahl II einschätzen.
Um Stijn zu Zitieren " Climbing the Toresella is a slow, frustrating and energy consuming business " dem kann ich durchaus zustimmen.
Glücklich erreichen wir nach mehr als einer Stunde am Grat den Gipfel.

Toresella - Rifugio Cortin - Val di Roggiasca - Stause Roggiasca T5, I; 2,5 h:

Nach kurzer Pause gehts auch schon an den Abstieg. Hier halten wir uns an den von Delta hier beschriebenen Nordgrat. Im oberen Teil liegt noch etwas hart gefrorener Schnee, mit Trailrunnern als Schuhwerk nicht gerade ideal, aber geht schon. Wenn der Grat nach dem Gipfelaufschwung flacher wird, findet sich eine gute Wegspur, welche meist etwas auf der Ostseite des Grates verläuft. Dieser folgen wir bis zu einer unüberwindbaren Kletterstelle. Delta hat die Stelle rechts umgangen. Das sieht uns mit dem harten Schnee allerdings ziemlich ungut aus. Wir entscheiden uns daher lieber direkt vor dem senkrechten Aufschwung nach Westen (links) abzusteigen. Hier findet sich eine gut begehbare Rinne welche recht einfach abzuklettern ist (I). So kommen wir also nicht ganz zur Bocchetta di Braghec. Weglos queren wir unterhalb zum Wanderweg etwa bei P.1969 zurück. Das geht schnell und einfach. Hier folgen wir nun einem wirklich seehr schlecht markiertem Pfad zum besser ausgebauten Wanderweg der Alta Via del Lario. Der Pfad von der Bocchetta hinab zu diesem Weg ist recht abenteuerlich, zugewachsen und ohne Spürsinn nur schwer zu verfolgen. Spannend! Wiederum nicht ausgeschildert und wenig markiert gehts steil hinab zum Rifugio Cortin. Wow, eine wirklich tolle Hütte. Grillplatz, Gewächshaus, Kunst, perfekt eingerichtet. Hier könnte man glatt ne Weile bleiben. Ein wirklicher Geheimtipp.
Und weiter gehts über schwachen Pfad mit teilweise orangenen Punkten markiert steil durch den Wald hinab ins Val di Roggiasca. Im Talboden muss der Fluss gequert werden. Heute problemlos. Bei mehr Wasser wird das jedoch zu einer schweren Aufgabe, daher liegt eine lange Leiter parat, die man im Notfall als Brücke verwenden kann. Echt faszinierend diese kleinen Pfade. Wudnerbar gehts nun durch das Tal hinab zum Stausee, wobei auch hier eine kleine Leiter und Brücke mit Stahlseil überwunden werden muss.

Wow. Eine spannende, einsame Tour in toller Landschaft. Die Pfade und Hütten am Wegrand sind wahrlich etwas besonderes, was es wohl nicht in vielen Gegenden der Alpen so gibt. Ich komme wieder!
Wir haben auf der gesamten Tour keine einizge Person angetroffen geschweige denn in der Ferne gesehen, das will was heißen.


Tourengänger: boerscht
Communities: Photographie


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»