Piz Morteratsch über Spraunzagrat


Publiziert von rhenus , 27. September 2020 um 10:51.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:13 Juli 1975
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Piz Bernina   Bernina-Gruppe 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1900 m

Der Piz Morteratsch wurde am 11. Sept. 1858 (d.h. 8 Jahre nach dem Piz Bernina) durch Christian G. Brügger (1833 - 1899) Peter Gensler (Samedan) mit den Führern Revierförster Karl Emmermann (Samedan) und Angelo Klainguti (Bever, 1835 - 1901) erstmals über die heutige Normalroute bestiegen. Der Morteratschgletscher reichte damals bis zur heutigen Bahnstation Morteratsch, seither hat er sich um ca. 3 km zurückgezogen. Der Piz Morteratsch ist ein sehr schöner und leicht zu besteigender Aussichtsberg in der Berninagruppe. Er zeigt zwei völlig unterschiedliche Gesichter: Von der Tschiervaseite aus erscheint der Gipfel ausschliesslich felsig und weniger eindrucksvoll. Von der Bovalseite hingegen bildet das Gipfeleisfeld einen mächtigen Eisbalkon mit zwei ausgeprägten Felsgraten, wovon der südliche Ost-Nordostgrat, begrenzt durch den Vadret Prievlus, den spektakulären Spraunzagrat bildet. Unter Leitung von Severin Schneider bestieg ich als JO-ler in der Seilschaft zusammen mit Felix N. im Jahre 1975 den Piz Morteratsch über den sehr lohnenden "Crasta da la Spraunza" von der Bovalhütte aus. Hier der leicht angepasste, schwärmerische und fast schon "historische" Tourenbericht, von dem ich nur noch 1 Originalfoto besitze und der in der Sarganserländer Lokal-Zeitschrift "Terra Plana" abgedruckt wurde (Heft 3/1975, S. 48):

"Es mochte so gegen halb vier gewesen sein, als es in der Bovalhütte lebendig wurde. Wir drehten uns noch ein letztes Mal, standen dann aber langsam auf und wuschen uns hinterm Haus mit eiskaltem Wasser, nahmen ein kräftiges Frühstück ein, und nachdem wir alle unsere Siebensachen im Rucksack verstaut hatten, standen wir abmarschbereit vor der Hütte.
Noch halb schlaftrunken tappten wir über eine mit Steinen und kantigen Blöcken übersäte, stark ansteigende Weide Richtung Fuorcla Prievlusa, um nach dem Überqueren eines noch hartgefrorenen Schneefeldes zum Einstieg zu gelangen. Dort wurde das Klettergeschirr aus dem Rucksack gefischt und wir seilten uns an. Derweil einherrlicher Tag erwachte und die Spitzen des Palü, der Bellavista und der Bernina die ersten wärmenden Strahlen der aufgehenden Morgensonne erhielten, gegann eine traumhaft schöne Kletterei. Auf dem im unteren Teil breiten Grat stiegen wir Meter um Meter himmelwärts. Wer noch nie ins Granit geklettert war, erfuhr jetzt, wie herrlich griffig dieses rauhe, stahlharte Gestein war. So erreichten wir die Abseilstelle, wo wir auch den Znüni assen. Erst jetzt merkten wir, wie schnell die Stunden verflossen waren, doch konnten wir uns trösten, noch etwa die Hälfte der Kletterei vor uns zu haben. 
Diese zweite Hälfte wurde noch schöner, da der Fels noch fester, der Grat noch schmaler, luftiger und umso ausgesetzter wurde. Über die ganze Länge genossen wir die Aussicht: Im Süden der dreigipflige, eisgepanzerte Palü mit seinen imposanten Pfeilern und den herabstürzenden Hängegletschern, die an seinen Wänden angeklebt zu sein schienen; hinter uns die lange, fast lotrechte Wand der Bernina, tief unter uns der Vadret da Morteratsch, mit unzähligen Blöcken übersät und von langen, tiefen Querspalten durchfurcht. Und weiter die Bellavista-Terrasse mit ihren lieblichen, von gleissendem Weiss überzogenen Gipfeln.
Um zwölf Uhr erreichten auch die gemütlicheren Seilschaften die Eiskuppe des Morteratsch und genossen die Aussicht auf die andere Seite: Piz Roseg, die Sella-Gruppe, und, alles überagend, die Walliser Riesen. Zu schnell verging die Zeit und nur zu gerne wäre man noch länger auf dem Gipfel verweilt, aber man hatte eben noch den Abstieg vor sich. Dieser währte länger als vermutet, denn ausser einer steilen Eisflanke hatten wir noch die mit Schutt bedeckte Ostflanke der Fuorcla da Boval zu überwinden, die vor allem wegen der losen Steine Vorsicht erheischte. Nach einem erfrischenden Trunk in der Boval-Hütte verabschiedeten wir uns vom freundlichen Hüttenwart, und nach einem letzten Blick durch die Heckscheiben auf die herrllichen Berge der Berninagruppe gings heimwärts."





Tourengänger: rhenus


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