Elferkofel 3092m - La Mensola


Publiziert von georgb , 17. August 2020 um 09:29.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:15 August 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Sexten-Fischleintal
Kartennummer:tabacco Sextener Dolomiten

Wer sich über den Elferkofel in Sexten informiert, kommt an den Mascabroni und dem ihnen zu Ehren aufgestellten, gleichnamigen Biwak nicht vorbei. Anders gesagt, er kommt eben gerade daran vorbei, vorausgesetzt er will über den Normalweg auf den Südgipfel.
Sucht man nach deutschsprachigen Wegbeschreibungen, kommt man auch am bergteufel nicht vorbei! Wir haben seinen Bericht und alle verfügbare Führerliteratur studiert und sind trotzdem nicht schlau daraus geworden, am Übergang zum Hauptgipfel werden drei unterschiedliche Varianten beschrieben!? Wir sind gespannt, wohin uns unser alpiner Spürsinn am Ende führen wird. Doch bis zum Vorgipfel ist es noch ein weiter Weg.
Wir starten im Fischleintal, mit unserem Spürsinn finden wir zwar eine Abkürzung östlich am Hochleist vorbei ins Innere Loch, trotzdem werden es am Ende 200 Höhenmeter mehr als in unserem italienischen Führer angegeben!? Schon hier können wir das bivacco "Ai Mascabroni" erkennen. Dort, wo einst die Alpini ihren Handstreich zur Eroberung der Sentinellascharte vorbereitet haben, hat man in den 60er Jahren ein modernes Biwak errichtet. La Mensola, die Konsole, wird der Sockel genannt, wo die Mascabroni in ihrer hölzernen Baracke hausten.
Doch vom ersten Blick bis zum Lokalaugenschein fehlen noch vier Stunden, denn es braucht einen beachtlichen Umweg über den Zsigmondygrat und dazwischen steht eine knackige Wand im Weg!
Am Ende des Inneren Lochs zweigen wir an einem markanten Felsen links ab und sichten das alte Drahtseil, an dem sich vor über 100 Jahren schon die Mascabroni hochgezogen haben!? Inzwischen hat man es mit einem modernen Kletterseil verlängert, entsprechend der verkürzten Schneezunge am Einstieg. Skurril, wir greifen nach einem lapprigen, verknoteten Kletterseil und später nach verrostetem Eisen aus dem Ersten Weltkrieg, einzigartig.
Die sogenannte De Zolt-Wand lässt sich frei klettern, durchgehend im 2er Gelände über ca. 80 Meter und wer sich solches Gelände auch im Abstieg zutraut, braucht bei geschickter Wegwahl für den Elfer kein Seil mitzuschleppen, doch dazu später mehr! Vorläufig ist der Aufstieg eindeutig, die Markierungen führen auf den Zsigmondykopf und auch wieder 100 Meter hinunter, an der gleichnamigen Scharte vorbei und hinüber zur Mensola mit dem Biwak.
Darüber strotzt der legendäre riesige Klemmblock, wir folgen den Steinmännern und schon stehen wir über ihm in der Kavernenscharte. Hinter uns nähern sich zwei flotte Bergsteiger von der guardia di finanza und schwenken direkt in die Ostflanke. In meinem italienischen Führer ist diese Variante als gefährlich und psychologisch sehr fordernd beschrieben, auch Goedeke rät von dieser Seite ab! Also folgen wir zunächst der Spur von Rudi bergteufel und queren in die Westflanke. Ein Kamin (III), ein Spreizschritt, ein ausgesetzter Zug (III+), wir stehen auf dem südöstlichen Vorgipfel und richten das Seil. Die 3. Variante, eine auf halber Strecke absteigende Querung über ein schottriges Band direkt zur Scharte vor dem Hauptgipfel ist haarsträubend ausgesetzt, wird in meinem Führer von vie normali trotzdem als "weniger gefährliche" Variante beschrieben! Allenfalls gesichert machbar, Rudi hat sie als Rückweg gewählt.
Während wir den Klettergurt anlegen und die neu angebrachte! Seilschlinge checken, marschieren unten die zwei Kollegen schon auf den Gipfel zu, sie haben uns auf der Ostseite mal ganz locker überholt!? Mit 60 Meter sind wir gut bedient und nach ein wenig Verspätung stehen auch wir am Elfersüdgipfel. Sofort interviewen wir die italienischen Bergfreunde und beschließen den Rückweg über ihre Variante!? Es gibt eine uralte Öse am Einstieg und mindestens einen neuen Spit zur Zwischensicherung, die sie aber beide nicht genutzt haben, das klingt machbar!?
Ein wenig lassen wir den Gipfel noch wirken, der Elfer gehört schließlich zu den ganz exclusiven Dolomitendreitausendern, auch wenn er erstaunlich viel besucht wird in letzter Zeit. Sogar cubemaster steht im Gipfelbuch, alle Achtung! Auf seinen Bericht und seine Variante sind wir gespannt!
Kurz werfen wir einen respektvollen Blick in die Westflanke, wo einst Rudi zurückgestiegen ist und werfen den nächsten respektvollen Blick in die Ostseite. Die Kollegen von vie normali haben zwar dick aufgetragen, aber die Querung ist tatsächlich mental herausfordernd. Übelster Bruch in ausgesetztem, bodenlosen Geläuf, technisch nicht mehr als I, aber heikel und nur bei besten Bedingungen halbwegs vertretbar. An der Kavernenscharte atmen wir durch und der Puls erreicht wieder Normalwerte. Wer weiß, wie sich das Gelände entwickelt, früher gab es hier Firn, inzwischen bröselt es nur so und möglicherweise ist diese Umgehung in einigen Jahren nicht mehr begehbar!? Wir sind froh, alle Varianten gesehen zu haben, empfehlen können wir keine ;-)
Hurtig steigen wir zum Biwak ab und besichtigen den ordnungsgemäßen Zustand. Sehr gepflegt, sauber und aufgeräumt. Sogar Kanister mit Trinkwasser stehen bereit, vorbildlich! Trotzdem kann ich dem Blechkasten nicht viel abgewinnen, vor allem, weil ich weiß, wie die ursprüngliche Kriegsbaracke ausgesehen hat, nur noch zwei vermoderte Balken erinnern an sie und ihre Bewohner!? Dunkle Wolken mahnen uns zur Eile, der Gegenanstieg zum Zsigmondygrat steht noch an und die Wand ins Innere Loch haben wir lieber in trockenem Zustand.
Die Regentropfen bleiben unergiebig und so beschließen wir frei abzusteigen. Weiter unten hilft das "kombinierte" Seil und schon stehen wir im Inneren Loch, der Rest ist Spaziergelände. Trotzdem tut der Abstieg weh, die Füße brennen von den vielen Höhenmetern und gut 20 Kilometern Gehstrecke. Wieder finden wir eine Abkürzung, diesmal westlich des Hochleist und sehnen die Talschlusshütte herbei.
Die ersten "Ferragosti" verabschieden sich, ein Tisch wird frei und schon dampft der Kaiserschmarrn. Oben auf der Mensola herrscht Ruhe, niemand von den Besuchern hier unten ahnt etwas von ihr und der Heldentat der legendären  Mascabroni am 16. April 1916.

Tourengänger: Manuel, georgb


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Kommentare (2)


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bergteufel hat gesagt:
Gesendet am 18. August 2020 um 14:07
Lieber Georg,
gratuliere dir und dem Manuel. Das freut mich so richtig für dich, daß du jetzt wieder einen der Großen Sextner gschnappt hast. Ganz starke Leistung. Und auch noch vom Tal aus. Respekt.
A vogelwuide Tour ist des scho. Und... die Normalwegfrage bleibt.
Bastelst jetzt an der Sonnenuhr? Füllt sich das Gipfelbuch langsam?
Den Cubemaster hast du auch entlarvt, klasse.
Pass auf auf dich, herzliche Grüße
Rudi


georgb hat gesagt: Danke Rudi
Gesendet am 19. August 2020 um 20:45
Der wahre Uhrmachermeister bist und bleibst du! Deine Berichte werden zur Standardliteratur für die Uhrmacherlehrlinge ;-)


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