Hinteregger Grat mal anders


Publiziert von Nyn , 16. Juni 2020 um 08:37.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Bregenzerwald-Gebirge
Tour Datum:12 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 14:30
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:ca 25km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Egg-Bezau-Talstaion der Bergbahn
Unterkunftmöglichkeiten:vor Ort

Hinteregger? Nie gehört! Wo ist denn das? So werden die Allermeisten sich fragen. Für den mit bestem Wetter angesagten Tag scheint mir diese lauschige Kette gegenüber des Winterstaudenkamms mit mehreren Gipfeln dank der sehr lange Tageshelligkeit hervorragend für meinen Besuch geeignet zu sein. Alle mir bekannten Tourenbeschreiber starten in Schönenbach. Ich beginne meine Rundtour bewusst in Bezau. Es besteht dabei u.a. die Option, nach meiner Begehung des Hinteregger Grates von West nach Ost eventuell den Winterstaudenkamm, an dem ich mein alpines Tun als Kind begonnen habe, als Rückweg zu benutzen. Nun, ich würde sehen.

Ich parkiere nahe der Talstation der Bergbahn in Bezau. Es ist kurz vor 6 Uhr. Los gehts! Die Anstiege auf den Hählekopf von Süden her, ebenso wir der "letzte" Gipfel, die Sienspitz, verfügen über eine markierte Steiganlage. Eine detaillierte Routenbeschreibung des über weite Abschnitte am Grat oben weglosen Teils dazwischen habe ich nicht. Aber klar ist: Fast immer am Grat, Ausweichen nötigenfalls bevorzugt rechts (südlich).

Im Einzelnen:
Zuerst geht es hinüber zu den letzten Häusern, dann linkerhand auf einem zunächst asphaltierten Fahrweg (nur für Berechtigte) in Kehren, mal etwas steiler, dann auch mal flacher hinan zum Vorsäß Fegg. Das mit etlichen verstreuten Hütten wunderschön gelegene Areal bietet bereits tolle Ausblicke zur Kanisfluh und der Kette der Damülser Mittagsspitze, sowie ins LQG zwischen Zitterklapfen und Hochkünzel. Schließlich erreiche ich die herrlich gelegene Alpe Stenn, bei der ich eine Brotzeit einlege und auf "Kurze Hose" umsteige.

Strahlend blauer Himmel um mich herum, ein recht kühles, aber angenehmes Lüftchen weht. Ge- und bestärkt wende ich mich dem Weiterweg zu, der zuerst einige Kehren hinauf, dann mit etwas Höhenverlust hinüber zur Seefluhalpe führt. Diese Alpe ist auch von Bizau her auf Wanderweg zugänglich.

Danach führt (m)ein Steiglein zuerst über eine Wiese, dann hangentlang zum Abzweig unterhalb des Hählekopfes. Der Gipfelanstieg ist steil, aber sonst problemlos (ca. T3), zuletzt kurz ausgesetzt am schmalen Gipfelgrat auf den wie einen Schiffsbug hinausgebauten, bekreuzten Gipfel.

Einen direkter Abstieg ab Gipfel nach Osten zur Fortsetzung des Grates verwehrt die überhängende Felswand, dessen krasse Exposition mir erst später so richtig ersichtlich wird. Ich steige deshalb brav zurück bis zur vorigen Abzweigung. Ein paar Meter traversiere ich auf dem Querweg, dann kann ich weglos über recht steiles Gras und schütteren Wald etwas mühsam wieder hinauf zur Grathöhe steigen, welcher ich dann treu bleibe. (Mehrfach und immer wieder auch T4,  am Grat fast durchgehende Pfadspuren, nicht markiert, wenige Stellen I, die Restfeuchtigeit von gestern am Boden heischt an etlichen Stellen Vorsicht)

Bis zum Hinteregger Sattel vor der Sien- oder Sihaspitze bleibe ich auf der Grathöhe, wo immer es geht. Teilweise zwingen mich umgestürzte Bäume oder Verengungen bei Dickichten zum Ausweichen oder gar artistischen Verrenkungen. Ganz ungeschoren komme ich selbst damit nicht davon, so hole ich mir Kratzer an den Armen und Beinen, zudem rutsche ich auf einem noch feuchten Baumstamm derbe aus, glücklicherweise folgenlos. Nördlich bricht der Grat vielerorts senkrecht ab, an wenigen Stellen ist er ziemlich schmal.

Am Hinteregger Sattel sind die Schwierigkeiten vorüber, so gönne ich mir im Schatten eines Baumes eine herrliche und längere Rast. Ohne jeglichen Zeitdruck nehme ich den markierten Anstieg auf den Sienspitz ohne Rucksack unter die etwas müden Füße. Das Gepäck deponiere ich an meinem Rastplatzl, an dem ich eh wieder vorbei komme. Oben genieße ich die grandiosen Ausblicke und widme mich genußvoll einigen botanischen Aufnahmen.

Zurück am Pausenplätzle nehme ich den Rucksack wieder auf und kann wenig später an der nahen Alpe bei sehr freundlichen Leuten meine doch gehörig dezimierten Wasserflaschen auffüllen und mich etwas erfrischen. Das tut soooo gut! Daaaanke!

Der Abstieg jenseits des Hinteregger Sattels in das Hochtal des Helbockstobel ist noch erstaunlich feucht und ziemlich rutschig. Ich muss mich gehörig konzentrieren, um nicht auszugleiten und bin zudem nach etwa 9-10h Wandern schon ordentlich geplättet, so daß ich die Option Winterstaudenkamm als Rückweg leichten Herzens streiche. Das wären sonst nochmal mindestens 6-700hm Anstiege. Zudem habe ich die Länge und das Auf und Ab am Hinteregger Grat doch ziemlich unterschätzt.

So mache ich mich denn an den einfacheren Rückweg via Schreibersattel nach Bezau, der ab dem Wegkreuz (ca.  1320m) immer noch mit 3h angegeben ist. Püh, da habe ich selbst ohne Winterstaude+Co noch eine ordentliche Strecke vor mir.

Zum Glück gibt es noch jede Menge Brünnelis, an denen ich mein Käppi zwecks Kühlung eintauchen kann, tolle Ausblicke und etliche wunderschöne Fotomotive am Weg, die mir denselben versüßen.

Das letzte Stück ab Wildmoosalpe hinab ist im unteren Abschnitt durchgehend asphaltiert, aber gehörig steil und fordert meine letzten Reserven. Zum lokalen Sunset erreiche ich leicht abgekämpft, aber insgesamt in euphorischer Stimmung meinen Ausgangspunkt. Perfekt!

Fazit: Technisch weitgehend unschwierige, sehr aussichtsreiche, in meiner Kombination jedoch sehr lange Überschreitung mit gewissem Überraschungspotential. Etliche Abschnitte im Dickicht und je nach jahreszeitlicher Bewuchslage ausgedehnten Heidelbeerfeldern kosten zwar wenig Findigkeit, aber auf Dauer doch gehörig Kraft. Meine Zeitangabe ist wie immer incl. Rasten und ausgiebigem Fotografieren. Dieselbe Route mit Rückweg "obenrum" über den Winterstaudenkamm wäre etwas für unsere Monstertourenprofis :D
Hinweis für den Winterstaudenkamm: Die Bezauer Bahn zur Niedere fährt, wenn überhaupt, ab 9 Uhr bis 17Uhr


Tourengänger: Nyn


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