Entschenkopf - Gundkopf - Nebelhorn - Geißfuß - Geißalphorn - Rubihorn


Publiziert von Manu81 , 6. Juni 2020 um 23:59.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:30 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 2125 m
Abstieg: 2125 m
Strecke:22
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Gaisalpe (Reichenbach)

In diesen Zeiten sind die Tourenmöglichkeiten ja bekanntermaßen sehr eingeschränkt. Dadurch konzentrieren sich die nach "Freiheit"  lechzenden Alpinisten an den wenigen alpinen Zielen, welche ohne Grenzübertritt machbar sind. Schnell werden eigentlich stille Touren zu gut bevölkerten Rundwanderwegen. Und wenn der Entschenkopf schon "rubihorneske Verhältnisse" aufweist - um Gottes Willen: wie gehts dann am Rubihorn zu?!? Aber: man sollte ja tunlichst die eigene Klappe halten - wir haben uns ja auch frühzeitig aus dem Schwabenland aufgemacht, um Bergluft zu schnuppern...

Los gehts um 6:30 am Parkplatz der Gaisalpe. Der Parkplatz ist fast voll. Um 6:30 Uhr. Sechs! Uhr! Dreissig! Wahnsinn... Aber durch die große Vielfalt an unterschiedlichen Tourenmöglichkeiten verläuft es sich tatsächlich recht schnell. Wir haben heute vor eine ausgedehnte Runde vom Entschenkopf über´s Nebelhorn Richtung Geißfuß, Geißalphorn und Rubihorn zu drehen. Dabei wollen wir unbedingt den Nordwestgrat des Nebelshorns ab dem Gängele inspizieren und - wenn wir´s uns zutrauen - diesen dann auch begehen.

Vom Parkplatz (859 m) steigen wir zügig über den Tobelweg  an der Gaisalpe (1.149 m) vorbei Richtung Rubihütte (1.476 m). Die Abzweigung zum Entschenkopf lassen wir zunächst rechts liegen und wollen noch schnell zum Falkenjoch hoch. Das Falkenjoch (1.667 m) ist für mich ein wunderschöner Platz, den ich schon recht häufig, auch im Winter, besucht habe. Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis nach dem anstrengenden Waldanstieg aus ebenjenem Wald herauszutreten, die letzten Meter die Weide hochzustapfen und dann unvermittelt die Hintersteiner Bergwelt vor einem liegen zu haben. Die Ausblicke sind wirklich fantastisch!

Nach einer kurzen Pause gehts dann gleich wieder die paar Meter runter, und am Wegzeiger nach links Richtung Entschenkopf. Zunächst führt der Weg gemütlich bergan - zunächst auf dem hier noch sanften Rücken, teilweise auch in der Flanke. Allmählich tritt man dann in den Latschengürtel ein welcher im oberen Bereich dann zunächst in Schrofen, dann in einen kurzen felsigen Gipfelaufbau übergeht. Die Schwierigkeiten halten sich wirklich in Grenzen. Erst zum Schluss müssen die Hände aus den Hosentaschen und man darf ein paar schöne Ier in festem Fels klettern. Man hat jedoch auch alle Möglichkeiten freiwillig in schönem IIer-Gelände hochzukraxeln. Alles in allem aber vergleichsweise unkritisch, da sich auch die gefühlte Ausgesetztheit in Grenzen hält. Zügig - eigentlich fast zu zügig - hat man diese spannende Passage hinter sich und geht dann über den Gratweg die letzten Meter zum Gipfel des Entschenkopf (2.043 m).

Der Entschenkopf ist ein 1a-Aussichtsgipfel. Zum einen überzeugt er durch ein sehr weitläufiges Panorama ins Alpenvorland, das Walsertal, die Allgäuer Hochalpen. Zum anderen aber auch durch die tollen Nahblicke auf die Gaisalpseen, das Rubihorn und das Nebelhorn/Wengenköpfe. Wir genießen die Aussicht und machen dann einige Meter unterhalb des Gipfels Frühstückspause. Die nachfolgende Grattour zum Gängele ist größenteils einfach (T4), teilweise leicht ausgesetzt, aber vor allem: Landschaftlich grandios! Teils führt der Weg direkt auf dem Grat, teils in der Westflanke. Vor dem Gängele (1.847 m) muss eine kleine Steilstufe abgestiegen werden (maximal I), und eine nachfolgende Steilstufe links an einem Drahtseil umgangen werden.

Während des gesamten Abstiegs vom Entschenkopf hat man dann den Nordwestgrat des Nebelhorns, welcher direkt am Gängele ansetzt, direkt vor der Nase. Sicherlich ist die frontale Perspektive auf den Grat schon irreführend - aber  vor allem die Gipfelwand sind schon brutal steil aus. Wir sind uns einige, dass wir uns die ersten beiden Aufschwünge schon zutrauen würden - aber die Gipfelwand erscheint uns zu heftig. Daher entscheiden wir uns statt dem Nordwestgrat halt den wunderschönen und spannenden Südwestgrat über den Gundkopf aufs Nebelhorn zu steigen.

Somit gehts vom Gängele zunächst leicht bergab am oberen Gaisalpsee vorbei bis in den Geißfußsattel (1.927 m). Dort setzt der Südwestgrat an. Eine wunderschöne Genusskraxelei, die leider auch sehr schell vorbei ist. Vor einigen Jahren bin ich diesen Grat schonmal gegangen - da kam er mir tatsächlich anspruchsvoller vor. Mittlerweile würde ich von einer T4+ (I+) ausgehen. Nach dem kurzen Gratstück geht es über Steilschrofen zunächst auf den Gundkopf (2.062 m) und dann auf den Vorgipfel des Nebelhorns (2.180 m). Ungläubig schauen wir die steile Nord/Nordwestwand runter: und da soll irgendwo der Nordwestgrat hochkommen??? Wir sind uns sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben... Zügig geht´s dann noch auf den schrecklich verbauten Gipfel des Nebelhorns (2.224 m), der an diesem Tage unser mit Abstand einsamster Gipfel sein wird. Wir sind grademal zu viert (!) am Nebelhorn (!).

Über den etwas unterhalb der Grathöhe verlaufenden Wanderweg im Großen Gund steigen wir dann vom Nebelhorn ab in Richtung Geißfußsattel. Hier erleben wir tatsächlich auch die kritischsten Situationen der Tour: mehrere teils steile Schneefelder die gequert werden müssen und einen Steinschlag von einer Kletterwand runter (ob von nem Kletterer oder ner Gemse... keine Ahnung).

Nach dem kleinen Aufstieg in den Geißfußsattel (1.927 m) geht es über den sanften Ostrücken auf den Geißfuß (1.981 m) und danach gleich weiter in Richtung Geißalphorn. Zunächst steigen wir über eine leicht schrofige Flanke auf steilem Pfad bergan, queren dann schmal und etwas abschüssig die Nordflanke und drehen einen kleinen Schlenker hoch zum Gipfel des Geißalphorn (1.953 m). Dieser ist stark bevölkert - deshalb steigen wir gleich weiter über den "Mini-Klettersteig" (kurze Leiter und kurze Drahtseilpassage) runter zum Niedereck (1.862 m).

Und somit zurück zur eingangs gestellten Frage: Wenn schon Entschenkopf, Geißfuß und Geißalphorn übermäßig bevölkert sind - wie siehts dann erst am Rubihorn aus? Nun. Am Niedereck trifft ja der Weg vom Geisalphorn auf den Normalweg zum Rubihorn. Aber ohne entsprechende Vorfahrtsregel ("rechts vor links" zum Beispiel) haben wir kaum eine Chance, uns in die Rubi-Karawane einzureihen. Nachdem wir dann erfolgreich eingeschert sind, winden wir uns als Teil des illustren Rubihornaspiranten-Lindwurms die Serpentinen hoch und die Querung rüber zum Gipfel (1.959 m). Am Kreuz werden wir dann noch von einer Drohne empfangen. Ach wie sehr wünscht man sich in so einer Situation, dass der Steinadler vom Schrecksee mal vorbeischaut und die Drohne geschmeidig im Gaisalpsee versenkt :-)

Also, schnell wieder weg und runter zu den Gaisalpseen. Wir fragen uns, ob hier die freien Liegeplätze am Ufer schon mit Handtüchern belegt sind. Nun ja - nicht unbedingt abwegig... Und "schnell" geht es nun auch nicht gerade, da der Lindwurm speziell im Abstieg etwas fußkrank erscheint. Aber wie auch immer: wir kommen irgendwann am Gaisalpsee an und gehen nach einer kurzen Pause weiter runter nach Reichenbach.

Alles in allem war´s eine wunderschöne, nicht zu schwierige und landschaftlich atemberaubende Runde mit wenigen einsamen Abschnitten und einem Kulturschock am Ende.


Tourengänger: Manu81


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