Großer Hexenkopf (3313m) über Westgrat


Publiziert von BigE17 , 17. Januar 2020 um 10:09.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:27 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1650 m
Abstieg: 1650 m
Strecke:20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Matrei in Osttirol. Nun im Virgental bis Wallhorn - kurz vor Prägraten - fahren. Über die Bergstraße nach oben, wobei man beim letzten Bauernhof das Parkticket kaufen muss. Danach geht es noch einige Kehren höher bis zum Parkplatz Bodenalm.
Unterkunftmöglichkeiten:Eisseehütte

Die südliche Venedigergruppe ist der ideale Ort für Bergsteiger, die nur ungern Gletscher begehen, denen leichte Kletterei aber nichts ausmacht. Denn kaum irgendwo anders gibt es so viele Dreitausender, die man so einfach besteigen kann. Natürlich gibt es da auch Ausnahmen (z.B Eichhamturm). Der Große Hexenkopf ist einer der höheren Gipfel in der südlichen Venedigergruppe, nur leider steht er im Schatten des mächtigen Hohen Eichham. Dabei sieht insbesondere der lange Westgrat imposant aus. Außerdem trägt dieser 2 benannte Nebengipfel. Weil Georg Zlöbl in seinem Buch "Die Dreitausender Osttirols" nur Gutes über diesen Grat sagt, mussten ich und ein Tourenpartner den natürlich begehen. Wir waren uns bewusst, dass dieses Unterfangen nicht ganz so einfach werden würde.

Ende Juli war das Wetter sicher genug, um diese Tour zu unternehmen. Wir starteten trotzdem um 5 in der Früh am Parkplatz Bodenalm, am späten Nachmittag waren dann doch Gewitter gemeldet. Den ersten Teil der Tour meisterten wir am Mountainbike. Der Weg zur Bodenalm war nicht allzu steil, der Weiterweg ins Timmeltal war sowieso flach. Kurz nach dem Seilbahnhüttl zur Eisseehütte endete der Fahrweg und es ging zu Fuß weiter. 

Wir folgten nur noch kurz dem markierten Steig in Richtung Eisseehütte, dann verließen wir ihn, um nach rechts ins Kar zwischen dem Großen Hexenkopf und dem Hohen Eichham aufzusteigen. Die Grashänge waren nie zu steil und damit angenehm zu begehen. Zwischendurch kreuzten wir auch den Venediger Höhenweg, den wir aber links liegen ließen. Erst auf über 2700m gelangten wir ins Kar und das Gelände wurde ein wenig felsiger. Nun erkannten wir auch zum ersten Mal unseren ersten Gipfel, den Westlichsten Hexenkopf.

Noch waren wir uns nicht ganz sicher, wie wir aufsteigen sollten. Deshalb wühlten wir durch steilen Schutt nach oben, um nach einer geeigneten Möglichkeit Ausschau zu halten. Schon recht weit oben, entdeckten wir ein sehr steiles Grasband, das schräg ansteigend die Südflanke des Westlichsten Hexenkopfes quert. Es war stellenweise unterbrochen, das könnte spannend werden. Es war dann doch einfacher als gedacht (I-II), aber höllisch ausgesetzt. Das steile Gras war aber dann doch sehr unangenehm. Schließlich erreichten wir den Grat westlich des Gipfels, in ausgesetzter Kletterei gelangten wir zu diesem. Hier legten wir nur eine kurze Pause ein, denn wir hatten noch einiges vor uns.

Die Scharte, zu der wir nun absteigen mussten, war dann doch tiefer als gedacht. Der Grat dorthin war zwar nicht steil, aber ein sehr ausgesetzter Reitgrat (II+). Nun stellte sich ein steiler, brüchiger Zacken in den Weg. Diesen wollten wir dann doch lieber südseitig umgehen. Der Abstieg war nicht schwierig (I), dann konnten wir den Zacken recht weit unten im Schutt umgehen. Dann hieß es, sich wieder zurück zum Grat zu wühlen. Das war brutalst anstrengend, weil es 45° steil war und wir bei jedem Schritt einen halben wieder zurückrutschten. Nun standen wir vor dem steilen Aufschwung zum Westgipfel. Dieser wirkte sehr abschreckend, aber nördlich des Grates war eine breite Rinne versteckt. Im unteren Teil von dieser hieß es erneut bei ähnlicher Steilheit wühlen, weiter oben verließen wir sie nach rechts (I-II), um wieder auf Grathöhe zu gelangen. Nun befanden wir auf einem flachen Plateau, das mit Blöcken übersäht war. So konnten wir mühsam bis auf den Westgipfel steigen (I).

Der Übergang zum Hauptgipfel des Großen Hexenkopfes sah sehr schwierig aus. Einige senkrechte Aufschwünge warteten auf uns, die Flanken fallen steil ab. Doch das erste Problem war, vom Westgipfel zur Scharte abzusteigen. Es war durchgehend schwierig, einmal mussten wir uns vorsichtig entlang der steilen Kante nach unten hangeln (II-III). Das war dann auch die Schlüsselstelle der ganzen Tour. Vorbei war es aber noch lange nicht. Nur kurz konnten wir am Grat bleiben, dann waren wir beim ersten Aufschwung. Den mussten wir südseitig umgehen. Wir mussten recht weit im ausgesetzten Gelände abklettern (II+), bis wir endlich nach Osten queren konnten. Bald versperrte uns eine Platte den Weg und wir kletterten wieder zurück zum Grat. Den erreichten wir unmittelbar vor dem nächsten steilen Aufschwung. Eine südseitige Umgehung war wegen der Brüchigkeit unmöglich, deshalb mussten wir in die noch ausgesetztere Nordflanke ausweichen. Wir querten leicht absteigend in die Flanke hinein (I-II), bevor uns ein Riss entlang einer Platte wieder zum Grat zurück führte (II+).

Doch jetzt waren alle schwierigen Stellen geschafft. Den nächsten Aufschwung umgingen wir südlich des Grates (I), dann folgten wir der Schneide bis vor den allerletzten Aufschwung zum Gipfel. Den mussten wir südseitig umgehen. Hier änderte sich dann ganz plötzlich die Gesteinsart: Während der Fels bisher recht fest war, hatte er ab jetzt eine bräunliche Farbe und wurde sehr brüchig. So erreichten wir den Gipfel des Großen Hexenkopfes in leichter Kletterei (I-II). Der Hohe Eichham schränkte die Fernsicht nach Süden ein, war aber mit Abstand der spektakulärste Gipfel, der von hier aus sichtbar war. Doch auch die Venedigerkrone und die Gipfel weit im Osten bzw. Westen waren nicht zu verachten.

Nach einer doch recht langen Rast begann der Abstieg über den Normalweg. Hier war der Fels ziemlich brüchig, nach einer ersten Kletterstelle (I) war der weitere Abstieg über den Südgrat dann erstmal Gehgelände. Wir hielten uns immer in Gratnähe auf. Weiter unten wurde es dann wieder etwas steiler, es folgten Kletterstellen (I-II) entlang von brüchigen Platten. Schließlich erreichten wir eine Scharte, von der auf beiden Seiten furchtbar steile Schuttrinnen nach unten stürzen. Und hier muss man durch die rechte westseitig absteigen. Im oberen Teil war die Rinne mit Sand gefüllt, wir konnten sie leider trotzdem nicht mehr aufrecht abrutschen, weil sie einfach zu steil war (ca. 50°). Auf halber Höhe verzweigte sich die Rinne, wir folgten dem linken Arm weiter nach unten. Hier wurde es felsiger und die eine oder andere brüchige, aber ungefährliche Kletterstelle (I) war zu überwinden.

Nach der steilen Rutschpartie gelangten wir wieder ins Kar zwischen Hexenkopf und Eichham. Im recht angenehmen Gelände gingen wir nach Westen und erreichten so nach einiger Zeit wieder den Aufstiegsweg. Entlang von diesem stiegen wir über die Grashänge zum Venediger Höhenweg und weiterhin weglos bis zu den Fahrrädern ab. Die Abfahrt am eher flachen Weg dauerte dann auch nicht mehr lange und wir erreichten um 13:30 den Parkplatz.

Erwähnenswertes:

1. Im Aufstieg haben wir nur den oberen Teil Westgrates begangen. Wenn man den gesamten Grat begeht, benötigt man natürlich deutlich länger. Außerdem ist der Schwierigkeitsgrad im ersten Teil deutlich höher (zahlreiche heikle Stellen III).

2. Man darf auch am oberen Teil die Schwierigkeiten nicht unterschätzen. Die Schlüsselstelle lauert beim Abstieg Großen Hexenkopf Westgipfel und ist sehr ausgesetzt. Auch die Flanken darf man nicht unterschätzen.

3. Der Fels ist am Aufstiegsweg fast durchwegs fest. Brüchig ist nur die nordseitige Rinne hoch zum Westgipfel, sowie die Querung in die Nordflanke zwischen West- und Hauptgipfel. Auf den letzten Metern zum Hauptgipfel wird es ebenfalls noch mal kurz brüchig.

4. Am Normalweg sieht das schon ganz anders aus: Schon am Grat ist es recht brüchig, in der steilen Rinne an den Kletterstellen ist die Felsqualität hundsmiserabel! Ein Helm ist hier wegen der Steinschlaggefahr Pflicht! Am Westgrat sollte man aber auch auf alle Fälle einen Helm am Kopf haben.

5. Ambitionierte Bergsteiger können diese ganze Route seilfrei begehen. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass zahlreiche schwere Stellen zu überwinden sind, die man im Falle eines unerwarteten Rückzuges nochmal bezwingen muss. Erst nach dem nordseitigen Riss wird es deutlich einfacher. 

6. Einen Übergang zum Eichhamturm oder Hohen Eichham kann man vergessen. Diese Route wird zu recht auf gipfeltreffen.at als "Selbstmordroute" bezeichnet (brüchig, IV, schlechte Sicherungsmöglichkeiten). Das Gratstück zwischen Nördlicher Eichhamscharte und dem Schartl, von dem die Abstiegsrinne abfällt, ist auch nicht besser.

6. Den Normalweg im Aufstieg zu begehen, davon sei wirklich jedem abgeraten. Die Rinne ist wegen der brutalen Steilheit sehr mühsam und zeitraubend. Es gibt in der Nähe sehr viele schönere Touren mit deutlich weniger Mühsal. Deshalb wird dieser Gipfel nicht allzu oft bestiegen, Einsamkeit ist aber nicht garantiert (wir haben aber niemanden getroffen).

7. Während der Normalweg im Aufstieg nur etwas für Masochisten ist, ist der obere Teil des Westgrates ein wirklich toller Anstieg. Hier trifft man auf Genusskletterei vom Feinsten. Im Buch "Die Dreitausender Osttirols" wird sicher nicht zu viel versprochen. Im Abstieg ist der Normalweg dann auch nicht schlimm. Also auf jeden Fall ein toller Geheimtipp. 

8. Eine interessante Alternative ist der NO-Grat (laut Internet III-IV, toller Fels). 

Tourengänger: BigE17


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