Kleiner Hexenkopf (3194m) - ganz im Schatten seiner Nachbarberge


Publiziert von BigE17 , 11. Mai 2020 um 10:09.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum: 7 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:16 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Matrei in Osttirol. Nun im Virgental bis Wallhorn - kurz vor Prägraten - fahren. Über die Bergstraße nach oben, wobei man beim letzten Bauernhof das Parkticket kaufen muss. Danach geht es noch einige Kehren höher bis zum Parkplatz Bodenalm.
Unterkunftmöglichkeiten:Eisseehütte

Das Timmeltal befindet sich nördlich von Prägraten am Großvenediger. Nicht nur im Sommer eignet sich dieses Tal hervorragend für diverse Unternehmungen im Hochgebirge - sondern auch im Frühjahr. Die wohl bekannteste Skitour in diesem Gebiet ist die Weißspitze. Doch auch die beiden Seeköpfe kommen sehr häufig dran. Ganz in der Nähe von diesen Bergen gibt es noch einen genauso einfach erreichbaren Gipfel - den Kleinen Hexenkopf. Dieser wird - wohl wegen der bekannteren Nachbargipfel - deutlich seltener bestiegen. Und das eigentlich vollkommen zu Unrecht. Ich und ein Tourenpartner hatten beschlossen, diesen zu besteigen. Die Frage war: Schneeschuhe oder Ski? Wir dachten, es würde bereits recht wenig Schnee im unteren Teil liegen, daher wählten wir erstere.

Da die Ausgangssperre endlich vorbei war, ging es am 7. Mai um 5:30 beim Parkplatz Bodenalm los. Wir machten leider den Fehler, kein Mountainbike mitzunehmen. Deshalb mussten wir zu Fuß zur Bodenalm und weiter bis ins Timmeltal marschieren. Hier stellten wir allerdings fest: Es lag doch mehr Schnee, als erwartet. Über gefrorene Lawinenkegel wanderten wir flach ins Tal hinein. Schließlich erreichten wir die Überreste vom Aufzugshüttl der Materialseilbahn der Eisseehütte. Es war im Winter von einer Lawine zerstört worden.

Nun wurde es endlich steiler. Teils über harten Schnee (Schneeketten brauchten wir aber nicht), teils über Grashänge, stiegen wir zur Eisseehütte auf. Wir gingen in nordöstliche Richtung weiter, mittlerweile fanden wir fast nur noch Schnee vor. Es war nach wie vor super zu gehen. Irgendwann erreichten wir in der Nähe des gewaltigen Westgrates vom Großen Hexenkopf eine Geländekante. Kurz vorher wurden wir leider von einem kalten, böigen Wind überrascht. Diesen würden wir erst wieder beim Abstieg loswerden...

Weiters stellten wir fest, dass wir zu weit östlich aufgestiegen waren. Deshalb hatten wir nun 2 Möglichkeiten: Entweder 50 Hm ins flache Kar absteigen, oder einen steilen Hang über eine recht lange Strecke queren. Wir entschieden uns für die Querung, wobei uns ganz besonders hier der Sturm das Leben schwer machte. Gottseidank war der Schnee am Hang recht weich. Als es dann endlich wieder flach wurde, zogen wir die Schneeschuhe an. Ab hier konnten wir auch endlich unser Gipfelziel erkennen, noch 300 Hm fehlten. Wir hielten nur kurz auf die Seekopfscharte zu, dann begannen wir, nach rechts durch die bis zu 30° steile Flanke aufzusteigen. Unser Ziel war dabei die Scharte zwischen Großem und Kleinem Hexenkopf. An dieser Stelle war der Schnee ein wenig weicher, weshalb die Steilheit kein Problem darstellte. Schließlich wurde das Gelände flacher. Wir erkannten nun, dass es 2 Scharten gab, wir entschieden uns für die linke. Wegen der starken Windböen ließen wir kein Material zurück, sondern nahmen alles mit auf den Gipfel. Der unschwierige Schlussanstieg erfolgte durch die Flanke links vom SW-Grat. Steigspuren erleichterten das vorwärtskommen im gefrorenen Schutt erheblich, bis wir nach kurzer Zeit den Gipfel erreichten.

Der höchste Punkt war ein ausgesetzter Block, der ohne Schwierigkeiten erreicht werden konnte. Zum Rasten bot sich dieser aber nicht an, also rasteten wir 3 Meter vorher. Hier erwartete uns auch eine imposante Wechte nach Süden. Von dieser sollte man sich aber besser fernhalten! Wir genossen nun das Panorama mit Großem Hexenkopf, Eichham und Großvenediger in der Nähe, weiter weg waren der Großglockner, die Schobergruppe und sogar die Marmolada. Hier hatten wir zumindest für kurze Zeit Ruhe vor dem Sturm. Als dieser wieder losging, begannen wir dann doch mit dem Abstieg. Während der Wind beim Aufstieg sehr böig war, bließ uns der eiskalte Wind nun durchgehend entgegen.

Im Nu waren wir wieder in der Scharte und zogen die Schneeschuhe wieder an. Der Abstieg durch die 30° steile Flanke war ebenfalls kein Problem, schließlich erreichten war das flache Kar unterhalb der Seekopfscharte. Hier ließ der Wind endlich nach. Während unseres Abstiegs blieben wir stets im Kar, das Gelände war ziemlich flach, lediglich ein kurzer Hang musste überwunden werden. Das letzte Flachstück bis zur Geländekante zog sich dann noch ordentlich in die Länge. Während es im Kar noch angenehm kühl war, wurde es ab der Kante unerträglich heiß.

Denn nach der Geländekante begann der südseitige Abstieg zur Eisseehütte. Von Anfang an war der Schnee weich und die Schneeschuhe waren hier sehr hilfreich. Kurz unterhalb von der Hütte zogen wir sie dennoch aus. Die Schneefelder waren schon recht weich, wir brachen immerhin noch nicht ein. Danach ging es flach das ganze Tal hinaus. Schließlich war es dann doch vorbei mit dem Schnee und wir marschierten wieder zurück zum Parkplatz, den wir um 13:00 erreichten.

Erwähnenswertes:

1. Der Kleine Hexenkopf ist genauso einfach zu erreichen wie die benachbarten Seeköpfe und die Weißspitze. Trotzdem ist er viel unbeliebter. An diesem Tag waren nämlich einige Skitourengeher auf der Weißspitze, ein weiterer versuchte, auf die Seeköpfe zu steigen, drehte aber wegen des Sturmes um.

2. Es gibt auch exotischere Skitouren-/ Schneeschuhtourenziele im Timmeltal: Die Hohe Achsel kann über die Seekopfscharte bestiegen werden. Ein Anstieg auf die Gastacher Wände oder die Kuhhaut sollte auch möglich sein (ohne Gewähr). Ein Bergsteiger war an diesem Tag sogar auf der Wunspitze und am Hohen Eichham! Diese beiden Gipfel sind nur den allerbesten Skibergsteigern vorbehalten!

3. Man kann den Kleinen Hexenkopf sowohl mit Ski als auch mit Schneeschuhen besteigen. Mit den Ski hat man das Problem, dass man diese recht weit tragen muss, und man relativ lange mit Harscheisen aufsteigen muss. Dafür kann man dann durch das ganze Timmeltal im Firn abfahren.

4. Unternimmt man diese Tour im März oder früher, kann man nicht zum Parkplatz Bodenalm fahren. Dann verlängert sich die Tour um ca. 200 Hm. Außerdem ist das Timmeltal in den Wintermonaten sehr lawinengefährlich.

5. Im Frühsommer ist der Kleine Hexenkopf über ein steiles Firnfeld auf demselben Weg besteigbar. Im Spätsommer ist dieser weg kaum begehbar, weil dann aus dem Firnfeld ein Blankeisfeld wird. Dann muss man über den Nordgrat aufsteigen (I, brüchig).

6. Wie bei allen Frühjahrstouren, muss man natürlich eine vollständige Lawinenausrüstung mitnehmen!

7. Die Bedingungen für eine Besteigung sind Ende April / Anfang Mai am besten. Bei schönem Wetter erwartet einen eine tolle Tour auf einen wenig bestiegenen Gipfel. Die Aussicht ist auch super. Der Kleine Hexenkopf ist ein Geheimtipp für alle Skitouren- und Schneeschuhtourengeher.

Tourengänger: BigE17


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