Cima della Laurasca (2193 m) - zwei Tage im Nationalpark Val Grande


Publiziert von 83_Stefan , 18. Januar 2020 um 11:25.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:13 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Malesco auf schmaler Asphaltstraße hinauf ins Val Loana. Kostenfreier Parkplatz am Ende der Fahrstraße vor dem Sperrschild.
Unterkunftmöglichkeiten:Biwakschachtel Bivacco Bocchetta di Campo (CAI Sezione Verbano Intra, 1994 m); optional Bivacco Alpe Scaredi (CAI Sezione Verbano Intra, 1841 m).
Kartennummer:CAI-Karte 14 - Val Grande.

Das Val Grande im gleichnamigen Nationalpark nahe des mediterran anmutenden Lago Maggiore steht für unberührte Wildnis wie vielleicht kein zweites Gebiet in den Alpen. In den 1970er-Jahren wurden dort die letzten Almen aufgelassen und die Menschen haben sich zurückgezogen. Zwar hat sich mittlerweile ein bescheidener Wandertourismus etabliert, auf weiten Strecken geht es aber immer noch sehr ruhig zu. Hier beschrieben ist eine Zweitagestour mit Überschreitung der Cima della Laurasca, einer Besteigung des wilden Monte Pedum sowie einer Übernachtung in der Biwakhütte an der Bocchetta di Campo. Der zweite Tag hat einen rustikalen Abstieg über einen kaum noch erkennbaren Almsteig zur verfallenen Alpe Campo di sopra und einen Abstecher zum Cimone di Straolgio im Programm.

Am letzten Parkplatz im Val Loana (vor dem Sperrschild) geht es los. Man überquert den Bach auf einer Brücke und wandert vorbei an den Häusern von Le Cascine taleinwärts, die Cima della Laurasca ist bereits vom Parkplatz aus zu sehen. Am Ende des Hochtals wird es steiler und auf gepflastertem Weg geht es nach oben zu einem Aussichtspunkt. Der Weg quert einen kleinen Bach und führt mit besten Aussichten ins Tal sowie zum Gipfelziel hinauf zur schön gelegenen Alpe Cortenuovo.

Von hier ist es nicht mehr weit zur Alpe Scaredi, auf der sich auch das gleichnamige Biwak befindet. Man folgt hierzu dem nicht zu verfehlenden Weg hinauf zum Sattel zwischen Cima della Laurasca und Cimone di Straolgio, wo sich die Alm am Rande eines begrünten Kars befindet.

Der Anstieg führt direkt auf die Cima della Laurasca zu. Die anfangs etwas undeutlichen Spuren werden bald eindeutig, zudem weisen Farbmarkierungen den Weg. An einem kleinen Seeauge vorbei, leitet der Steig nun deutlich steiler in der Gipfelflanke aufwärts und erreicht eine Verzweigung, an der man sich rechts hält. Nach ein paar Metern folgt bereits die nächste Kreuzung, hier geht es links weiter. Die deutlichen Spuren sind nunmehr hauptsächlich durch Steinmänner markiert und leiten zunächst direkt hinauf, später queren sie nach rechts hinüber (kurzes Stück mit Kette versichert) zum Südwestkamm der Cima della Laurasca. Ihm folgt man in wenigen Minuten zum sensationell aussichtsreichen Gipfel - kein Wunder, denn die Cima della Laurasca ist weit und breit der höchste Gipfel. Von den vergletscherten Walliser Alpen bis hinaus in die Poebene reichen die Ausblicke.

Um zur Biwakschachtel an der Bocchetta di Campo zu gelangen, steigt man am einfachsten am Aufstiegsweg bis zur oberen Verzweigung ab und folgt dann dem markierten Weg nach links. Viel schöner ist es aber, direkt dem Grat zu folgen. Dies gestaltet sich anfangs auf schwachen Trittspuren problemlos, bis man über eine geneigte Felsplatte absteigen muss (Schlüsselstelle, wenige Meter T4+, I+). Es folgt wieder ein gutmütiger Abschnitt, dann verlässt man den Grat nach rechts und steigt auf dürftigen Spuren hinunter zum unterhalb querenden Weg. Auf diese Weise wird ein Gratabbruch umgangen. Am markierten Steig wird an der Bocchetta di Scaredi gleich wieder der Kamm erreicht, auf dem man weiter zur Punta Binà wandert. Der Weg umgeht den Gipfel knapp unterhalb. Wer einen Abstecher zum höchsten Punkt machen möchte, der zweigt dort vom Weg ab, wo er wieder zu fallen beginnt (Kette) und steigt über Blockwerk ohne Schwierigkeiten hinauf. Der Weg leitet über eine unbedeutende Zwischenerhebung hinunter zur Biwakhütte an der Bocchetta di Campo, wo die Nacht verbracht wird; kurze Stellen sind mit einer Kette versichert.

Der offizielle Weg endet an der Hütte. Wer den recht exklusiven, abweisenden Monte Pedum zum Ziel hat, folgt den deutlichen Spuren nach Südwesten durch die Grasflanke hinab zum Bach. Die Spuren queren hinüber zum Gipfelaufbau, wo man sich steil und felsdurchsetzt durch die steile Latschenflanke nach oben schraubt. Man quert eine Schlucht (felsiger Abbruch, I+), steigt auf der anderen Seite über eine plattige Rinne hinauf in eine Scharte (I) und hält sich rechts. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Gipfel, der über unschwieriges Felsgelände erreicht wird. Am Monte Pedum erwartet einen ein großartiges Panorama von Mailand bis zum Monte-Rosa-Massiv, dutzende Gipfelsteinmänner und eine Gipfelbuchkassette mit Buch, für die passionierten Heimwerker ist sogar ein Hammer vorhanden. Der Nationalpark Val Grande zeigt sich hier aus einzigartiger Perspektive - man kann schön hinunter zur abgelegenen Biwakhütte In La Piana sowie ins Val Grande selbst schauen - und im Südwesten erblickt man die oberitalienischen Seen um Lago Maggiore, Lago di Varese und Lago d'Orta aus der Vogelperspektive. Ausgesprochen schön ist es hier oben und meist wird man am Monte Pedum alleine sein.

Am Aufstiegsweg steigt man wieder hinab zur Biwakhütte an der Bocchetta di Campo, günstigerweise füllt man am Bach noch die Wasservorräte für die Nacht auf. Die Hütte besteht aus zwei getrennten Teilen: Links befindet sich ein Stützpunkt der Corpo Forestale dello Stato, rechts der öffentlich zugängliche Teil. Im Erdgeschoss finden sich Sitzgelegenheiten und ein Holzofen mit Holzlager, darüber sind zwei Geschosse zum Schlafen mittels Leiter erreichbar; Schlafsack und Unterlage sind mitzubringen. Man sollte nicht verpassen, sich Sonnenunter- und Sonnenaufgang anzusehen - der Anblick des rot erleuchteten Monte Pedum und die im tiefstehenden Abendlicht herausmodellierte Skyline von Mailand bleiben im Gedächtnis.

Am nächsten Tag hat man die Qual der Wahl. Wer es einfach und bequem haben möchte, der wandert am Aufstiegsweg zurück zur Alpe Scaredi. Für den Abenteurer bietet sich dagegen die Möglichkeit, auf einem uralten, verfallenen Almsteig zu den Ruinen der Alpe Campo di sopra hinab und von dort wieder 300 Höhenmeter auf gutem Weg hinauf zum Sattel zwischen Cima della Laurasca und Cimone di Straolgio zu steigen. Hierzu geht es in Richtung Monte Pedum nach Südwesten zum Bach hinunter. Diesem folgt man abwärts, bis vereinzelte Markierungen und Steinmänner auf undeutliche Spuren hinweisen, die rechts des Bachs abwärts führen. Der teilweise kaum noch erkennbare Wegverlauf quert einen Graben und führt anschließend nach rechts über eine unbedeutende Zwischenerhebung aus dem Kar hinaus. Auf der anderen Seite geht es durch eine Schuttzunge unterhalb steiler Felswände bergab. Anschließend quert man entlang der Felswände, bis die Freifläche der verfallenen Alpe Campo di sopra erreicht wird. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein - ein schöner Platz für eine Pause in absoluter Einsamkeit.

Von der Alm geht es auf meist gut erkennbarem Steig zunächst eben nach Nordwesten und dann hinunter zum Rio Portaiola. Auf der anderen Seite des Bachs trifft man wieder auf einen markierten Weg, dem man aufwärts folgt. An der ersten Verzweigung hält man sich rechts, an der zweiten links und erreicht nach anstrengendem Aufstieg durch aussichtsreiches Gelände schließlich die Capella di Terza, wo vermutlich erstmal eine Pause fällig ist.

Der Gipfel des zweiten Tages lautet Cimone di Straolgio und ist nicht viel niedriger als die bereits am Vortag besuchte, deutlich auffälligere Cima della Laurasca, die sich auf der anderen Seite erhebt. Man folgt unmarkierten Spuren, die durch freies Gelände am Kamm hinauf zum Vorgipfel leiten. Dort trifft man auf den markierten Weg zum Pizzo Stagno. Wo der Weg hinunter in die Flanke leitet, verlässt man ihn und steigt weglos am Kamm hinüber zum höchsten Punkt des Cimone di Straolgio, wo sich nochmals ein freier Rundumblick bietet. Die am Vortag besuchte Cima della Laurasca tut sich im Felsenrund besonders hervor.

Am Kamm geht es zurück zum markierten Steig, dem man auf dem wenig ausgeprägten Südwestrücken durch freies Gelände bergab folgt. Man erreicht den Almweg, der die Verbindung zwischen Alpe Straolgio und Alpe Scaredi herstellt, hält sich links und erreicht bald wieder die Capella di Terza.

Von der Kapelle wandert man nach Nordosten hinunter zur Alpe Cortenuovo, wo sich der Kreis endgültig schließt. Auf bereits bekanntem Weg geht es wieder hinab zum Ausgangspunkt.

Schwierigkeiten:
Via Alpe Scaredi zur Cima della Laurasca: T3 (stellenweise beim Gipfelanstieg).
"Diretissima" über Punta Binà zum Bivacco Bocchetta di Campo: T4+, I+ (nur wenige Meter, sonst meist T2 und T3).
Abstecher zum Monte Pedum: T4, I+ (bei Nässe gefährlich, da sehr rutschig).
Abstieg vom Bivacco Bocchetta di Campo zur Alpe Campo di sopra: T4- (technisch nicht sonderlich schwierig, aber wegen relativ anspruchsvoller Wegfindung und rutschiger Hangquerungen durchaus ernster Charakter).
Gegenanstieg zur Capella di Terza: T2 (markierter Steig).
Am Kamm zum Cimone di Straolgio: T3 (stellenweise steiles Gelände).
Abstieg zur Capella di Terza auf markiertem Steig: T3 (wenige Stellen, sonst T2).
Abstieg zur Alpe Cortenuovo: T2 (problemlos).

Fazit:
Ein eindrucksvolles, zweitägiges 5*-Abenteuer im Nationalpark Val Grande mit vier aussichtsreichen Gipfeln verschiedenen Charakters, einer rustikalen Nacht in der weltabgeschiedenen Biwakhütte an der Bocchetta di Campo und ein Abstieg auf den Spuren der Vergangenheit zu einer verfallenen Alm - was will man mehr von einer Bergtour erwarten?!? Bis zur Cima della Laurasca ist die Unternehmung relativ rege besucht, danach wird es rasch einsam.

Mit auf Tour: Francesca (außer Monte Pedum).

Kategorien: Tessiner Alpen, Mehrtagestour, Biwak, 5*-Tour, 2100er, T4.

Tourengänger: 83_Stefan


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