Überschreitung Strahlegghorn bei strahlendem Sonnenschein


Publiziert von N_Altitude , 26. August 2019 um 21:33.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:25 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:Pfingstegg - Bäregg - Schreckhornhütte - Obers Ischmeer - Gaagg - Strahleggpass - Strahlegghorn - alte Strahlegghütte - obers Ischmeer - Bäregg - Pfingstegg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:BOB bis Grindelwald, Geranien-Seilbähnli bis Pfingstegg :)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:BOB bis Grindelwald, Geranien-Seilbähnli bis Pfingstegg :)
Unterkunftmöglichkeiten:Bäregg, Schreckhornhütte

Die Jungfrauregion kenne ich schon gut - habe ich doch die Jungfrau, das Walcherhorn, das Gross Grünhorn und viele weitere wunderschöne Gipfel hier bereits besucht. Sehr hoch oben auf meiner "da will ich mal hin"-Liste stehen schon seit langem die Glecksteinhütte und die Schreckhornhütte, natürlich am besten verbunden mit einer schönen Tour. Bei der Glecksteinhütte ist das eine eher schwierige Sache, ist diese doch meist schon Wochen im Voraus jeden Samstag voll ausgebucht. Ein Besuch ist für mich so eher schwierig.

Anders sieht es aus bei der Schreckhornhütte, da scheint es meist noch ein paar Plätze zu geben. Doch, Schreck- und Lauteraarhorn sind gleichermassen noch minimum 1, wenn nicht 2 Nummern zu gross für mich, auch wenn ich schon verschiedentlich Tourenbeschriebe zu diesen zwei spannenden Viertausendern gelesen (und schon fast verinnerlicht?) habe :-D  Also geschaut, was es denn noch so "zu tun" gibt um die Schreckhornhütte. Das Strahlegghorn sollte eigentlich prima in meine Liga passen. Schlussendlich hat sich sogar herausgestellt, dass es mir fast ein bisschen "zu wenig Arbeit" war :) 

Mein Hallen-Kletterpartner Frangge, brachte denn auch kürzlich die Idee für die Tour auf. Zu gemeinsamen Touren mit ihm sage ich grundsätzlich niemals nein, da seine Zeit sehr rar ist. Also haben wir uns darauf geeinigt; Strahlegghorn ab Schreckhornhütte.

Den Hüttenaufstieg begingen wir separat, da ich es gemütlich nehmen wollte. So kam ich um 10:30 in Grindelwald an und kürzte noch mit der Pfingsteggseilbahn ab. Der Weg bis zur Bäregg ist gut ausgebaut und unterwegs trifft man den ein oder anderen Touristen, der die Bäregg als Tagesziel hat. Ist doch schön, wie jung und alt wandern geht und die Natur geniesst. Auf der Bäregg habe ich mir dann ganz in "Gemütlich-Manier" ein feines Zmittag gegönnt und die herrliche Aussicht von der Terrasse genossen. Hier wird sehr liebevoll und freundlich bewirtet.

Der Weiterweg bis Bänisegg ist von hier bereits einsehbar, so auch die mächtigen Erdrutsche, die die Stieregg und auch Teile des Wegs wegradiert haben. So ist denn der Weg auch mit etwas auf und ab garniert, damit man die tiefe Furche, der den Erdrutsch hinterlassen hat, passieren kann. Nach einer guten Dreiviertelstunde ist die Bänisegg erreicht. Der Weg zwischen Bäregg und Bänisegg ist mit viel Kraut und Gestrüpp eher mühsam zu begehen und teils etwas ausgesetzt, aber nicht schwierig. Ab der Bänisegg öffnet sich dann der Blick zur nächsten Geländekammer mit dem kümmerlichen Rest des Unders Ischmeer. Der Weiterweg bis zum roten Gufer ist dann sehr gemütlich, durch die südliche Ausrichtung nun aber auch schweisstreibend.

Kurz vor dem roten Gufer (bei P. 1987) liegen Steine wie eine Schwelle auf dem Weg. Komisch, aber ich dachte mir nichts dabei. Dann kam nochmal so eine "Barriere". Jetzt wurd ich gwundrig. Und siehe da: vor mir sehe ich, wie der Weg im "Nichts" endet. Auch hier hat ein Rutsch eine tiefe Furche durch die Bergwiese gezogen. Die Barrieren sollen einen darauf hinweisen, weiter oben sind Steinmännchen, die die Umgehung markieren. Hier gibts bei der Bachquerung zum ersten Mal nasse Füsse. Gleich nochmal nasse Füsse gibts dann beim dritten Bach beim rots Gufer, es ist hier nicht möglich, trockenen Fusses auf die andere Seite zu gelangen, es sei denn, man kann fliegen :)  bei dem heutigen Wetter ist es aber nicht weiter schlimm (sofern das Schuhwerk stimmt) - schon bei meiner nächsten Pause oberhalb des roten Gufer ist schon fast alles wieder (sonnen-)getrocknet. Nach gut 5 Stunden erreiche ich nun die Fahnenstange, die etwas unterhalb der Hütte so platziert ist, dass man sie schon ab der Bänisegg sehen kann. Kurz vor der Fahnenstange, wo der Weg auf die Moräne zweigt, die zur Hütte führt, sehe ich Wegspuren, die hinab zum Oberen Ischmeer führen. Ich platziere meinen Rucksack und steige der Pfadspur nach etwas nach unten, hier sehe ich, dass dies der Abstieg zum Gletscher ist. Ziemlich steil und geröllig, typisch "läbigs Moräne-Wägli" halt...

In der Hütte angekommen gibts ein Rivella, die Anmeldung muss allerdings warten, bis der Hüttenwart Zeit hat. Die Gehilfen scheinen dies nicht übernehmen zu dürfen, das ist hier Schef-Sache. Kein Problem, wird halt überall anders gehandhabt - so setze ich mich in die Sonne und geniesse mein erfrischendes Rivella auf der Hüttenterrasse. Ein paar Minuten später werde ich vom Hüttenwart zur Hütte gepfiffen, ich habe mich jetzt anzumelden und einzutragen. Wirklich willkommen fühlte ich mich nicht und sehr freundlich empfand ich das auch nicht, aber das ist meine ganz subjektive Auffassung - andere sehen das bestimmt anders. Nachdem also nun eingecheckt wurde und ich meine Sachen verstaut und den Schlafplatz 'bezogen' habe (mach ich immer gerne gleich wenn ich ankomme, dann ist das Bett nach dem Znacht schon "parat"), setze ich mich wieder nach draussen, platziere meine Schuhe in der Sonne und geniesse einfach die wunderschöne Aussicht. Ich vergleiche nochmal die Routenbeschreibung und Fotos mit dem Gelände und konnte gut die Stelle erspähen, wo sich der Einstieg befindet - die "grossen Blöcke" aus dem SAC-Tourenbeschrieb glaube ich exakt zu sehen (was sich tags darauf auch als korrekt bestätigt).

Mein Gspähnli wollte "gegen 17 Uhr" in der Hütte sein. Aufgrund meiner Einschätzung war ich mir aber sicher, dass es etwas später wird. Der Hüttenweg zieht sich! Als er um 18 Uhr noch nicht hier ist, mache ich mir schon langsam Sorgen. 15 Minuten vor dem Znacht beschliesse ich, dass ich der Sache nur noch 5 Minuten gebe und dann würde ich dem Hüttenwart bescheid sagen, dass ich jetzt leider nicht essen kommen kann, sondern nun nach meinem Kollegen suchen gehe. Just in dem Moment kam er ums Eck :) Ich habe mir wieder mal zu schnell Sorgen gemacht, aber das war ganz umsonst. Ich lief ihm entgegen und nahm ihm den Rucksack ab. Er ist um ca. 13:30 in Grindelwald (ohne Seilbähnli-Abkürzung) gestartet und hat sich im ersten Abschnitt wohl etwas übernommen. Ich bin aber trotzdem froh, dass er heil angekommen war und sogleich gabs dann auch Znacht. Die hausgemachte Polenta war ein Gedicht! Wir gingen dann aber relativ früh schlafen, kurz vor neun lagen wir schon in den Betten.

Um 04:30 gab es für die Strahlegghorn-"Wanderer" Frühstück. Nebst uns war nur noch eine weitere Seilschaft mit von der Partie. Das selbstgemachte Birchermüesli war sehr fein, Brot, Confi und Käse gab es auch. Noch etwas schlaftrunken habe ich mich umgesehen und sah immer nur eine Thermoskanne wo "Kaffee" draufstand, aber sonst nichts. Ich fragte die anderen, ob sie irgendwo Tee oder Milch, oder Orangenjus, irgendetwas anderes als Kaffee gesehen haben, alle begannen, sich umzusehen, doch da war nichts. Nur eine Kanne mit Kaffee, der schon mit Milch angereichert war. Was für ein Frust. Ich hätte alles getrunken, aber ich mag und ertrag keinen Kaffee. Ich hätte jetzt alles gegeben sogar für eine kalte Milch aus Milchpulver, aber alles abgeschlossen und niemand da, den ich um etwas bitten konnte. Das war sehr, sehr ärgerlich - ich hatte ja nichts ausser meinem Tee für die Tour. Sowas habe ich noch nie in einer Hütte erlebt, und derer habe ich über die Jahre hinweg nun doch schon sehr viele besucht. Nun gut, ein Schluck aus dem Wasserhahn (wo natürlich gross "kein Trinkwasser" draufsteht) muss nun einfach sein, komme was wolle. Ich war aber sehr enttäuscht und konnte es nicht verstehen, wie ein Hüttenwart nur vorgemischten Kaffee hinstellen konnte. Hätte ich das am Vorabend gewusst, hätte ich sogar etwas gekauft, damit ich nicht durstig auf Tour gehen muss...

Nun gut, was soll's, um 5 Uhr sind wir dann halt los. Der Abstieg zum Gletscher verlief tip top. Auf selbigem sind wir dann auch zügig vorangekommen und zielgerade auf den Findling mit dem weissen Helm gestossen, während wir die andere Seilschaft noch viel zu früh im Hang zu unserer Linken herumwuseln sahen...  Hier also nach links oben in den (gemäss SAC Tourenbeschrieb "unangenehmen") Geröllhang. Ja, unangenehm ist der wirklich. Mittlerweilen hat auch die andere Seilschaft den Weg hierher gefunden und so sind wir für einen Moment zu viert nahe beieinander den Hang rauf, um uns nicht gegenseitig zu 'bombardieren'. Irgendwann sahen wir denn auch die winzigen Reflektoren an den "grossen Blöcken", bei welchen man auf eine kleine Rampe, die rechts den Hang raufführt. Jetzt gings gäbig, schon bald standen wir beim Fixseil, dass über eine kurze Platte führt. Ab hier ging es nun flott den gut ausgetretenen Pfad dem "Gaagg" entgegen (wie betont man das eigentlich? Mehr wie "Haag" in Garte-Haag, oder mehr wie.... haha) naja, egal. Wir kamen gut voran. Bald erreichten wir die leichten Kraxelfelsen, die uns nun zum Firnfeld zwischen Gaagg und Strahleggpass führten. Das Firnfeld ist aper, also Eis. Pickelhart. So zogen wir unsere Steigeisen an und machten uns unangeseilt auf den Weg zum Pass. Nach rund 20 Minuten waren wir denn auch auf dem Strahleggpass und die Sonne lachte uns an. Der Ausblick von hier schon jetzt ein Träumli.

Nachdem die andere Seilschaft ein Stück den Grat rauf war, seilten auch wir uns an und machten uns auf den Weg. An vielen Stellen kann der Grat etwas rechterhand (im Aufstiegssinn) in der Flanke umgangen werden. Einige Male jedoch muss man über den Grat. Ich wollte eh lieber alles auf der Gratschneide klettern, es war mir fast ein bisschen zu wenig "Arbeit". Nach etwa 40 Minuten waren wir bereits auf dem Gipfel. Bei geschickter Routenwahl übersteigt das eine ll in der Tat nicht, aber der bombenfeste Fels auf dem Grat ist natürlich viel schöner. Man kann es sich an einigen Stellen ganz gut aussuchen, was man will. Auf dem Gipfel geniessen wir den Rundblick, die andere Seilschaft begibt sich direkt bei unserer Ankunft auf den Abstieg, so haben wir den Gipfel für uns allein und geniessen fast eine halbe Stunde den tollen Moment und den wunderschönen Rundblick zu Schreck- und Lauteraarhorn, Oberaarhorn, Finsteraarhorn, Fieschergrat, Fiescherhörner, Mönch, Eiger and allem was sich dazwischen und dahinter befindet, um die Aufzählung nicht unendlich werden zu lassen :)

Auch wir machen uns nun an den Abstieg, wir bleiben so lange wie möglich alles auf dem Grat. Es ist hier am wenigsten "gröllig" und lässt sich prima und zackig absteigen. Schätzungsweise auf ca. 3100m wird der Grat (auf der Swisstopo Karte mit "Strahlegg" benannt) etwas steiler und zwingt einen, etwas süd-östlich auszuweichen. Es ist (aufgrund des Silbernagel Topos und auch aufgrund der SAC-Beschreibung) nicht ganz klar, wie weiter. Wir sind uns aber sicher, dass man hier etwas süd-östlich ausholt um dann neben dem Grat weiter abzusteigen (also auf der Karte zwischen dem Grat "Strahlegg" und dem eingezeichneten Bachlauf). Das geht ganz gut, manchmal muss man ein bisschen steileren Abbrüchen ausweichen, hier ist viel Gletscherschliff und es ist nicht überall möglich, über die glatten Platten abzusteigen. Irgendwie erreichen wir aber die aus dem Beschrieb erwähnte "Terrasse" auf rund 2800m und finden dort auch einen kleinen Steinmann und Wegspuren führen nun über die alte Strahlegghütte zurück zum Aufstiegsweg, den wir morgens zum Gaagg hoch nahmen. Den Rest bis zur Hütte zurück gehen wir gemütlich an. Auf dem Gletscher machen wir noch einmal ausgiebig Rast und geniessen den Moment und die wunderschöne Landschaft, bevor wir in Richtung Hütte zurück aufsteigen. 

Der Abstieg hat es nun definitiv in sich. Es ist doch schon fast 13:30 Uhr als wir den Abstieg über den Hüttenweg unter die Füsse nehmen. Die steilen Passagen beim roten Gufer fordern nochmals unsere Konzentration. Nach 3 Stunden erreichen wir die Bäregg, wo wir uns sofort einig sind, dass wir hier eine Rast einlegen und etwas trinken. Coci und Zitro bitte! Der sympathische Wirt fragt uns gleich, wo wir waren und wie's uns gefallen hat und ob wir die Überschreitung gemacht haben und hätte uns sogar noch einen Happen angeboten, aber wir wollten schauen, dass wir in der Pfingstegg noch zu einem Glacé kommen. Unsere letzte 'gäbige' Verbindung würde dort um 18:15 Uhr abfahren, so dass wir gegen 22 Uhr in Zürich zurück sind. Also drückten wir etwas aufs Gaspedal, auch wenn mein Gspähnli nun schon einige Blasen an den Füssen hatte. Der Aufstieg vom Vortag hat ihm nasse Schuhe beschert und diese wiederum haben ihn heute mit ein paar Souvenirs an den Füssen ausgestattet - autsch! Kurz nach halb sechs passieren wir den Abzweig nach Grindelwald und ich spute etwas vor, um unsere Coups schon mal zu bestellen :) Das klappt super und kurz später sitzen wir auf der Terrasse der Pfingstegg und geniessen unser wohlverdientes Glacé und treten danach unseren Heimweg an.

Fazit: Die Tour auf das Strahlegghorn empfanden wir als sehr leichte Hochtour, maximal WS (kein "+") - vorausgesetzt dass der Fels trocken und ohne Schnee ist, so wie wir dies angetroffen haben. Der Kletteranteil ist sehr kurz. Geübte können das vermutlich seilfrei - bis auf eine etwas heikle Hangel-passage, wo wir definitiv froh um das sichernde Seil waren. Die Hauptschwierigkeit lag unserer Ansicht nach in der Wegfindung beim Abstieg über den SW-Grat. Landschaftlich ist die Tour fabelhaft, der Rundblick ist genial und macht Lust auf mehr :) Die Schreckhornhütte ist eine klassische SAC-Hütte. Unsere Erfahrung da war nicht so positiv, aber das ist zu einem Teil geschmackssache. Den Faux-Pas mit dem Frühstück fand ich allerdings gar nicht lustig und ich werde wohl künftig, wenn das Frühstück "rausgestellt" wird, mich vorab erkundigen, obs denn auch Tee oder Milch (oder sonst was anderes als Kaffee) gibt. Schade, ich dachte, das gehört zu den "Basics"... ein bisschen heiss Wasser wäre doch nicht zu viel verlangt gewesen.

Ich wünsche Euch weiterhin viele schöne Touren!

Tourengänger: Frangge, N_Altitude


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4 WS II
5 Aug 19
Strahlegghorn (3461 m) · beppu
WS+ II
1 Jul 18
Strahlegghorn 3461m ü.M. · amphibol
WS II
8 Jul 18
Strahlegghorn · Spez
ZS+ III
7 Jul 20
Schreckhorn · Matthias Pilz
T4 ZS+ III
11 Aug 18
Schreckhorn · xaendi
T5 ZS+ III
28 Jul 20
Schreckhorn SW-Grat · garaventa
T4+ WS II
10 Aug 11
Strahlegghorn Überschreitung · Tasaio

Kommentar hinzufügen»