Letzter Mohikaner am Simplon


Publiziert von lorenzo , 1. Juli 2019 um 21:22.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:24 März 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Ski Schwierigkeit: S-
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 2025 m
Abstieg: 2025 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Simplon Dorf, Eggen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Fletschhorn in Simplon Dorf; Biwak auf Rossbodestafel oder Bivacco Piero de Zen, SAC Brig
Kartennummer:LK 1309 Simplon; www.camptocamp.org

Als unscheinbare Firnkuppe steht die Senggchuppa am Beginn des NNW-Grats des mächtigen Fletschhorn, und schon das 500m südlicher auf diesem Grat gelegene Senggjoch ist fast 10m höher als sie. Trotzdem verzeichnet die Skitourenkarte insgesamt sieben Aufstiege und Abfahrten vom Saastal, der Simplon Passtrasse und durch das Nanztal: so die Aufstiege von der Alpstrasse ob Saas Balen über die Fletschhornhütte, von Chlusmatte über den Sirwoltesattel oder -see über den Gamsagletscher oder von Egga über den Rossbodepass, und die Abfahrten über den Mattwaldgletscher und das Bergenerloch oder den Rothorngrat, oder durch das Nanztal hinunter nach Glis. Nur die meines Erachtens interessantesten beiden Routen sind nicht eingezeichnet: jene über die NE Flanke und - noch etwas schwieriger, dafür kürzer - jene über die SE-Flanke, beides gewissermassen kleinere Schwestern der bekannteren Fletschhorn N-Wand. Die Gipfelkuppe ist zwar - v.a. im Winter oft abgeblasen und blank, dass Rundumpanorama lässt sich aber durchaus sehen...

Am Karfreitag 2003 stieg ich zum ersten Mal von Matt ob Saas Baalen über die Fletschhornhütte auf die Senggchuppa, wobei ich zuoberst die Steigeisen benutzte. Für den angeblich leichten NNW-Grat zum Fletschhorn - der doch nicht so leicht sein soll - war ich aber zu müde, so dass ich über das Bergenerloch und Heimischgartu zurückfuhr. Beim zweiten Mal im Februar 2007 startete ich in Egga, deponierte - da ich mir damals eine Abfahrt noch nicht zutraute - die Ski beim Bivacco Piero de Zen und stieg über zwei NE-Rippen und  die NE-Flanke auf den Gipfel und über die NE-Flanke hinunter zum Biwak, und fuhr von dort mit Ski zurück nach Egga. Aber wer weiss, villeicht würde sich irgendwann doch noch eine günstige Gelegenheit für eine Abfahrt über die NE-Flanke ergeben?

Ende März diese Jahres fühlte ich mich für eine dritte Runde gut vorbereitet, und auch die Wetterprognose und das SLF-Bulletin waren günstig. In Brig füllte sich das Postauto Richtung Simplon mit vielen wie ich hoffnungsvollen SkitouristInnen, von denen wenige bereits in Ganter- oder Rothwald, der grösste Teil beim Hospiz, und die letzten im Engiloch ausstiegen, so dass ich schliesslich mit dem Chauffeur alleine im Bus sass. Schon zeigte das Chrummbachtal auf beiden Seiten der Passstrasse auf verdächtige Art und Weise eine zum glitzernden Weiss auf der Passhöhe auffallend konstrastierende ocker-grüne Farbe, was sich auf der Weiterfahrt naturgemäss nicht mehr ändern sollte...

Den letzten beissen die Hunde - oder vielleicht sogar der Wolf? - dachte ich, als ich mich in Egga vom Chauffeur verabschiedete und ausstieg. Auf dem Bergweg durch angenehm duftenden Lärchenwald und - so schlimm wie befürchtet war es dann mit dem Schneemangel doch nicht - den Skispuren weiter oben fand ich aber bald meinen Rhythmus und gelangte über Rossbodestaffel und den Griessernugletscher zügig zum Bivacco Piero de Zen. Weniger Verbissene würden hier vielleicht den Namen zum Programm machen und an diesem Kraftort eine Zen-Meditation einschalten, mich - dem dies erst recht nicht schaden würde - drängte es aber unverzüglich zum Weiteraufstieg über die NE-Flanke. Auch hier kam ich dank verblasenen Trittspuren gut vorwärts, und schon bald winkte vor dem Fletschhorn das eigentümliche Gipfel-T. Bei milden Temperaturen genoss ich die Aussicht auf die zum greifen nahe Fletschhorn N-Wand und das sich unter dem strahlend blauem Himmel unendlich ausbreitende Gipfelmeer, vergass aber vor lauter Aufregung wegen der bevorstehenden Abfahrt, ein Foto Richtung Südwesten zu machen...zum Glück haben sich die Bilder jedoch unvergesslich in mein Gedächtnis eingeprägt.

Das SE-Couloir (Canale diretto), mit dem ich einen Moment lang liebäugelte, lag schon wieder im Schatten und machte keinen einladenden Eindruck. So gelangte ich 
auf griffigem Presspulver in genussreichen, wenn auch bisweilen von Windgangeln gegängelten Schwüngen über die NE-Flanke hinunter zum Biwak und zum Gletscher, und auf Sulz entlang der Aufstiegsroute, bzw. ab Rossbodestafel rechts davon zurück nach Egga, die letzten Meter wieder zu Fuss durch lichten Lärchenwald. Ein junges Splitboardpärchen, das vermutlich vom Homuttapass hierher gefunden hatte, genoss wie ich die wärmende Frühlingssonne an der Haltestelle, und gemeinsam stiegen wir in das von Domodossola kommende Postauto, das entlang der Passstrasse auch die anderen Skitouris wieder einsammelte.

Egga-Bivacco Piero de Zen

Von der Postautostation Egga (1580m) gelben Markierungen folgend hinauf ins Dorf, dann dem weiss-rot markierten Bergweg folgend (ev. Portage bis Schneegrenze) hinauf nach Rossbodestafel (1930m). Auf der Alpstrasse hinunter zum Senggibach, zwischen diesem und der Moräne Gäli Egga hinauf und in einem weiten Linksbogen über P. 2607, zuletzt nach SW auf den Griessernugletscher. Über diesen nach SW und ab ca. 2700m nach S (30-35 Grad) hinauf zum Bivacco Piero de Zen (3014m), 3h, WS (Skitourenskala).

Senggchuppa NE-Flanke
Vom Bivacco Piero de Zen (3014m) kurz auf dem Grat nach SW, dann in der NE-Flanke nach W leicht ansteigende Querung oberhalb einer Felsinsel zu einer schrägen Rinne, die oberhalb eines Felsbollwerks zur eigentlichen Firnflanke ab ca. 3150m führt. Über diese (40-45 Grad) bis ca. 3370m gerade hinauf, dann über den NE-Rücken oder die NNW-Flanke (bis 40 Grad, oft Blankeis) auf den Gipfel (3607m), 2h, 600Hm, WS+ (Hochtourenskala).

Abfahrt NE-Flanke-Griessernugletscher-Gäli Egga-Chatzustafel-Gletschersturz
Vom Gipfel (3607m) der Aufstiegsroute folgend hinunter und entweder über das Bivacco Piero de Zen (3014m) oder direkt über die untere NE-Flanke rechts der Felsen hinunter auf den Griessernugletscher. Nun wieder der Aufstiegsroute folgend bis vor Rossbodestafel (1930m) und N dem Senggibach entlang hinunter nach Chatzustafel (1788m). Zwischen dem Senggibach und der Alpstrasse nach NE hinunter und durch die langgezogene Waldlichtung SE der Moräne entlang über Gletschersturz zum gelb markierten Strässchen und auf diesem zurück, 1h 30min, S- (Skitourenskala)

Verhältnisse: Wetter wolkenlos und mild. Schnee im Aufstieg ab ca. 1700m, bei der Abfahrt bis ca. 1600m. Unten hart oder Sulz, oben verblasener, aber griffiger Press- und Schaumpulver (z.T. Windgangeln), NE-Flanke Trittschnee und griffig, NE-Rücken z.T. blank (bei der Abfahrt kurz mit Pickel abgerutscht). Aufstiegs- und Abfahrtsspuren, oben z.T. verblasen.

Material: zusätzlich Helm, Steigeisen und Pickel.

Fahrplan: Start 8.15, Biwak 11.15, Gipfel 13.15, retour 15 Uhr.

Tourengänger: lorenzo


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