Gerettet von einer Armee


Publiziert von rojosuiza , 14. November 2018 um 11:28.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 6 November 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 11:00
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Kandersteg B L S
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Ferden, Postauto. Goppenstein B L S
Unterkunftmöglichkeiten:Kandersteg, Lötschenpass-Hütte, Ferden

Beim letzten Mal habe ich Hilfe von der Schweizer Armee erhalten. Geschlaucht von meiner Überquerung des Lötschbergpases im winterlichen Frühjahr schenkten sie mir das lange Stück durch das Gasteretal. Man hielt Schiessübungen im Gelände. rojosuiza wurde in einer Gefechtspause im Pinzgauer an allem vorbeigefahren. Viele Kilometer und geschenkte Stunden.
 

Die Armee schleicht auch dieses Mal in Kandersteg herum. Der Wanderweg zum Eingang der Kanderschlucht ist aus nicht ganz begreiflichen Gründen etwas verlegt. Also wartet weiter oben wohl der Pinzgauer auf mich... Das tut er aber nicht, leider. Dafür bekomme ich am Anfang des Gasteretales einen Vorgeschmack von dem, was mich weiter hinten im Tal erwartet: von der Gemmi herab stürtzt sich ein Schwall von Luft, es rauscht, tobt,  und schüttelt die Bäume. Den ganzen übrigen Marsch durchs Gasteretal ist es dann wieder fast windstill, dem Ba!mhorn sei Dank.
 

Ein paar Mal versprechen Gasthäuser labenden Trunk; alles Lüge. Die Lokalitäten sind zu und vernagelt. Nirgends ist etwas zu wollen.
 

Das Gasteretal geht noch weiter. In einem Bogen führt es entsclossen nach links. rojosuiza aber steigt jetzt, rechts aus dem fast ebenen Tal hinaus. Bei Groppi schwingt der Weg sich hinauf zur Gfelalp. Verheissung auch hier, geschlossen auch hier. Die Sonenterrasse ist aber für jeden frei vefügbar, sagt das Schild,  wenn man sich zu benehmen weiss. Man muss aber in erster Linie  eine windgeschutzte Stelle ausmachen, sonst ist derAufenthalt unmöglich.
 

Der Wanderer befindet sich jetzt genau über dem Lötschbergtunnel.  Der Wind nimmt so sehr zu, dass beide Stöcke nötig sind, damit er nicht umgeworfen wird. Die Mütze will nicht auf dem Kopf bleiben und die Kaputze muss verschnürt werden, damit sie gegen den Wind schützen kann. So vermummt kämpft die einsame Gestalt sich aufwärts. Der Gletscher ist erreicht. Etwa in der Mitte, bei einigen Querrillen verlässt der Held ihn wieder und steigt am Felssockel paralell zum Gletscher weiter auf. Auf 2600m weiss er die Lötschbergpas-Hütte. Die möchte er jetzt endlich einmal sichten. Es graupelt recht heftig, das Wetter verschlechtert sich. Zum Glück bläst der Wind hier etwas  weniger heftig. rojosuiza wünscht sich die Hütte herbei. Kurz auf Atem will er kommen, eine Lage Kleidung will er unter der Windjacke anziehen. Auf freiem Feld ganz und gar ausgeschlossen, wegen Wind und Graupelgestöber.
 

Da ist etwas, aus dem Grau tritt eine Konstruktion hervor. Es ist die Hütte nicht, aber es ist die Lastseilbahn. Jetzt wird der Untergrund von Schutt und Eis zu festerem Fels. Über dem Wanderer taucht darauf die herbeigewünscht Hütte auf. - Was ist das? Geräusche bringt der Wind: eine Motorsäge. rojosuiza ist nicht mehr allein. Oben bei der Hütte sieht er Gestalten, es wird gesägt, es werden Scheiter gespalten.
 

rojosuiza hat sich einen Winterraum gewünscht. Den gibt es hier nicht. Dafür ist ganz überraschend die Hütte offen. rojosuiza bekommt eine grosse Tasse Kaffee. Die Hüttenwartin will das Tagesziel wissen. Für Ferden wird es recht spät, hat der 'Patient' wenigstens eine Lampe? Die hat das Gebrannte Kind, ganz natürlich. Der Rat der Hüttenwartin ist klar, mach vorwärts: carpe diem. Die Wegfindung in diesem Gebiet ist ohne Tageslicht nahezu unmöglich. Ab der Kummenalp kennt rojosuiza das Gelände von eheren Wanderungen; dort fühlt er sich im Dunklen eher sicher.
 

Es schlägt der Zweifel zu. Klüger, hier oben zu bleiben, in der Hütte, die man bei diesem Hudelwëtter auch nur mit Mühe gefunden hat, oder doch hinab? Hinab, mit dem Risiko, den Weg zu verlieren, und im unwegsamen Gebiet zu stranden, in Nässe und Schnee?
 

Wohin sich wenden, damit man den Schnellgang einlegen kann? - Jetzt braucht es dringend der Hilfe, damit der Bergheld so schnell wie möglich absteigen kann.  Die Rettung kommt sogleich, sie kommt von einer Armee. Es ist die Steinmann-Armee!  In Reih und Glied stehen sie da:  keine mickrigen Steinmännchen,  sondern veritable Stein-Männer!  Sie sind an die zwei Meter hoch. Ihre Reihe gibt deutlich die Richtung an über die Felsen-Einöde.  rojosuiza folgt ihrem Fingerzeig. Sie geleiten ihn sicher über die Steinflächen, bis er aus dieser schrägen Felsebene heraus ist und er sich auf einem mehr oder weniger deutlich erkennbaren Weg bergab befindet.
 

Von Kälte spürt rojosuiza nichts mehr. Der Wind ruht, es ist warm. Er ist ruhig von innen, alles wird gut gehen. Es regnet leicht, aber rojosuiza bleibt trocken. Weit, weit hinab geht es mit dem Rest von Tageslicht, ganz ohne Lampe. Bis weit unterhalb der Kummenalp komme er so. Beim Eintritt in den Wald wär's aber aus; hier ginge ohne Lampe gar nichts mehr.
 

Um 18:30 ist der Bergheld unten in Ferden. Minuten später holt ihn sein Postauto ab, und die BLS bringt ihn unverzüglich zurück nach Brig.
 

In allem eine ganz vorzügliche Wanderung. Es reut rojosuiza nur, dass er sich in der Furcht, den Weg im unübersichtlichen  Gebiet zu verlieren, dass er sich die Zeit nicht genommen hat, seine Helfer am Pass zu fotografieren... Die Steinmänner-Armee, wie sehr fehlt ihr Foto jetzt in diesem Bericht!


Tourengänger: rojosuiza


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