Auf den Wildstrubel mit Ausflug in eine Gletscherspalte


Publiziert von DanyWalker , 31. August 2018 um 14:59.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Mittelwallis
Tour Datum:28 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2009 m
Abstieg: 1643 m
Strecke:34 Km

Zu fünft von der Lämmerenhütte auf den Wildstrubel. Dies wurde bereits viele Monate im Voraus geplant. Während unsere drei Freunde (Andrea,Helena und Oli) am ersten Tag den Daubenhorn Klettersteig bewältigten, machten meine Freundin und ich uns von Sunnbüel auf den Weg zur Lämmerenhütte.

1. Tag

Unser Start war bestimmt um einiges gemütlicher als derjenigen, welche bereits in der Wand am Klettern waren. Relativ spät laufen wir bei der Bergstation Sunnbüel los. Den Weg kennen wir eher anders. Viel Schnee und andere Richtung.
Schon bald erreichen wir ohne nennenswerte Ereignisse das Berghotel Schwarenbach. Wir befinden, dass eine Einkehr noch etwas verfrüht wäre. Somit laufen wir an den einladenden Tischen vorbei und weiter zum Daubensee.
Etwas oberhalb des Sees und Windgeschützt machen wir erst mal Pause. Wir beobachten gar einen Wahnsinnigen, der es wagt von einer auf die andere Seite des Daubensees zu schwimmen. Ich weiss nicht wie hoch, resp. wie tief die Temperatur des Daubensees war, aber als ich etwas später mit der Hand nachfühlte, würde ich sagen kaum im zweistelligen Bereich.

Den See zur linken, führte unser Weg weiter und immer höher. Bis zur Stelle bei der Verzweigung zur Gemmi oder Richtung Engstligenalp/ Rote Chumme. Nicht nur die Wege teilten sich, sondern auch die Meinung zum weiteren Verlauf. Meine Freundin wäre für den Aufstieg via Lämmerenboden, ich via Rote Chumme/Rote Totz.
Auf getrennten Wegen will meine Partnerin dann aber auch nicht, und entschliesst sich für meine Variante. Freude herrscht - nicht bei allen. Der Aufstieg bis zur Rote Chumme ist dann relativ happig. Was meine Freundin jedoch mehr Kopfzerbrechen macht ist, dass nirgends Lämmerenhütte angeschrieben ist. Als dies bei der Roten Chumme und nach 15.00 Uhr immer noch der Fall ist, ist ihre längst verloren gegangene gute Lauene definitiv im Arsch.

Es gibt einen Weg zur Lämmerenhütte. Es muss einen geben. So meine Argumentation. Auch wenn ich langsam an mir zweifle, richtig geplant zu haben.
Noch wiederwilliger als bis anhin, wandern wir hinunter von der Roten Chumme, in Richtung Rote Chumme Pass. Mir ist bewusst, würden wir wieder oben beim Chindbettipass ankommen ohne einen Weg zur Lämmerenhütte wärs wohl vorbei mit der Tour.
Doch dann ist plötzlich der Weg auf einem grossen Stein markiert. Abzweigung zur Lämmerenhütte, uff...
Aus dem Schneider bin ich aber aus der Sicht meiner Freundin noch lange nicht. Die Wegfindung über die Mondlandschaft zum Täligletscher ist auch nicht ohne weiteres erkennbar. Zumal das Wort "Gletscher" meine Freundin auch nicht gerade milder stimmt. Aufmunternde Sprüche werden jedenfalls mit bösen blicken erwiedert.
Erschwerend kommt hinzu, dass entgegenkommende Wanderer von einem schwierigen Weg erzählten, plus eine fortgeschrittene Uhrzeit. Meine Aktien standen auch nicht besser, als wir dann den Täligletscher ohne grösseren Schwierigkeiten passiert hatten. Denn etwas weiter oben wartete noch ein Schneefeld das etwas steiler war. Aber auch das wurde gut gemeistert. Und so kämpften wir uns immer höher bis zur Roten Totz Lücke.
Meine Freundin, etwas milder gestimmt, für weiter zum Roten Totz zu bringen ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Für sie gibt es noch genau einen Weg, und der führt hinunter zur Lämmerenhütte. Als verständnissvoller Partner sehe ich das natürlich ohne Einwände ein. Zumal ich auch auf keinen Fall dorthin will. Mit einem kleinen und scheuen Blick zum Roten Totz  zurück, laufen wir hinunter zur Lämmerenhütte.

Ihre Laune verbessert sich dann zunehmends, besonders als wir noch ein Gämsi und einen Steinbock vor uns sichten. Das Gämsi bringe ich noch aufs Foto, der Steinbock ist leider schneller als ich.
Ich kann nur betonen wie gut es war diesen Weg einzuschlagen. Ansonsten hätten wir niemals Gämsi und Steinbock gesehen. Wird mit einem lächeln gutiert. Schwein gehabt.
Definiv bessere Laune stellt sich dann ein, als wir die Lämmerenhütte erblicken. Inzwischen 18.00 Uhr und nach über sechs Stunden Wanderzeit bin auch ich froh unser Nachtquartier erreicht zu haben.

Unsere Kollegen sind aber noch nicht eingetroffen. Ich erkundige mich bei ihnen per Telefon, und erfahre das sie gegen 19.00 Uhr eintreffen würden.
Etwas geschafft sitzen wir dann etwas verspätet beim sehr feinen Abendessen. Danach gesellt sich unser Bergführer Clemens noch zu uns, um mit uns die morgige Route zu besprechen. Noch ein kleiner Schlummertrunk und dann endet der erste Tag.

2. Tag

Tagwach 5.15, Morgenessen 5.30 und Abmarsch 6.15 Uhr. So der Zeitrahmen am morgen für den Aufstieg zum Wildstrubel Mittelgipfel.
Herrlich schöne Morgenstimmung herrscht, und wir geniessen auf dem leichten Wanderweg zum Gletscher diese Idylle.
Nach kurzer Zeit bemerke ich, dass ich meine Sonnenbrille in der Hütte habe liegen lassen. Ohne Sonnenbrille auf einen Gletscher geht normalerweise nicht. Da unser Bergführer noch eine vorrätig dabei hat, erbleibt mir der Weg zurück erspart. Da sich sonst keine anderen Kandidaten mit ähnlichen Problemen melden, heimse ich mir den Peinlichkeitspreis für mich ein.

Ankunft beim Wildstrubelgletscher. Anseilen, Steigeisen montieren und kurze Routeninfos. Dann gehts los. Zum ersten mal bewege ich mich mit Seteigeisen vorwärts. Ein grosser Schritt für mich, ein kleiner für die Menschheit....
Ohne Schwierigkeiten und Zwischenfälle bewältigen wir den ersten Abschnitt. Die grossen Spalten bei den wir zum Teil nahe vorbei oder gar drüber springen müssen, halten uns wach und konzentriert.

Clemens erklärt uns, dass nun der Abschnitt kommt, wo etwas Schnee liegt und die Spalten verdeckt, jedoch uns nicht tragen würde. Wie wahr wie ich nur zehn Minuten später erfahren würde.
An einer Stelle laufen Clemens und Oli  normal durch, während bei mir der Untergrund nach gibt und sich ein gähnendes Loch öffnet. Ich probiere mit den Armen noch zu retten was zu retten ist. Aber es nutzt nichts im Geringsten. Und somit wirds Tatsache, ich verschwinde mit Haut und Haar im Gletscher. Oben wird gezogen und gehalten was geht, und ich finde mit einem Fuss Halt an der eisigen Wand. Auf der anderen Wandseite ist es leider weniger eisiger, und somit kann ich auch kaum Halt finden.
Unter mir ist ein gähnendes Loch. Es geht extrem weit hinunter. Wie weit weiss ich nicht, und ich hab auch wenig Lust dies herauszufinden. Ein Ende kann ich jedenfalls nicht sehen(abgsehen von meinem persönlichem).
Etwas beruhigter fühle ich mich dann, als mir Clemens zuruft, dass sie mich oben gut gesichert haben. Plötzlich erscheint über mir den Kopf des Bergführers. Welch Wohltat. Er erkundigt sich wies mir geht. Hab mich schon besser gefühlt, aber habe keine Verletzungen.
Allzuweit unten bin ich glücklicherweise nicht. Mit etwas Mühe kann ich mich vom Rucksack befreien und nach oben geben. Somit ist das herauszien für alle beteiligten etwas einfacher. Clemens vergrössert das Loch oben an mir noch etwas. Was für mich Kopf einziehen bedeutet.
Und dann gehts Stück für Stück hoch, bis ich endlich wieder festen Gletscher unter meinem Rücken spüre. Ein Gefühl wie neu geboren. 
Ein Schluck aus der Pulle, kurz durchatmen und weiter gehts. Zuerst gleich mal mit einem Sprung über dieses Loch das mich gerade verschluckt hat. Es reicht gerade bis zur rettenden anderen Seite. Abgesehen von Oli,der sich vor mir befand, steht dieser Sprung jedem bevor. Bei allen klappt der Sprung, und wir können den Aufstieg zum Wildstrubel ohne weiteren Zwischenfälle fortsetzen.

Als wir dann die letzten Meter erreichen, die aus Geröll bestehen, und wir uns somit abseilen und den Steigeisen entledigen können bin ich ehrlich gesagt ziemlich erleichtert.
Noch wenige Meter trennen uns vom Gipfel. Und dann haben wir es alle geschafft. Ein unbeschreibliches Panorama dürfen wir hier geniessen. Das Wetter erlaubt einen ungetrübten Rundumblick.
Wir geniessen die Pause, obwohl ein unangenehmer Wind um die Ohren pfeifft.

Der Abstieg über den Gletscher verläuft anschliessend zügig und ohne Zwischenfälle. Und somit erreichen wir alle wieder den festen Boden unter uns. Noch wartet eine Stunde Wanderzeit auf uns bis zur Lämmerenhütte. Wir trinken noch etwas, bevor wir uns auf den Weg via Lämmerenboden zur Gemmi machen. Das Wetter verschlechtert sich beinah von Minute zu Minute. Gerade noch rechtzeitig vor dem grossen Regen erreichen wir die Bergstation bei der Gemmi.

Fazit: Eine unvergessliche Hochtour zum Wildstrubel, und für mich mit tiefen Einblicken in die Gletscherwelt.

Daten:
Sunnbüel - Lämmerenhütte: 17 Km; 1185/650 Höhenmeter 6.15 Stunden
Lämmerenhütte - Wildstrubel Retour: 12.5  Km; 750/750 Höhenmeter 5.15 Stunden
Lämmerenhütte - Gemmi: 4.5 Km; 75/245 Höhenmeter; 1.15 Stunden



Tourengänger: DanyWalker


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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 7. September 2018 um 08:05
witzig und ausführlich beschrieben - mit weniger erfreulichem Intermezzo, welches wieder einmal auf die Gefahren von Gletscherbegehungen hinweist.

lg Felix


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