Némesis 2755m - Jedem wird das ihm Gebührende zugeteilt


Publiziert von georgb , 1. August 2018 um 07:05. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Italien » Venetien
Tour Datum:28 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Cortina-Rifugio Dibona
Kartennummer:tabacco Cortina d´Ampezzo

Das ist die wörtliche Übersetzung von Némesis, bekannter ist sie als die Göttin der Rache oder auch des gerechten Zorns. Und Zorn spielt auch heute schon zu Beginn der Tour eine Rolle!? Doch dazu später.
Nach vielen erfolglosen Versuchen ist es gero und mir endlich gelungen, einen Termin für eine Georg-Georg-Tour zu finden. Natürlich in den Dolomiten, noch besser im Tofanamassiv, das hat es uns beiden besonders angetan. Wir einigen uns auf die Piccola Tofana, ein strategisch wichtiger Punkt im Ersten Weltkrieg und zu diesem Anlass von dem legendären K.und K.- Hauptmann Emanuel Barborka in Némesis umgetauft!?
Wir verabreden uns am Rifugio Giussani, Georg ist schon ein Stück vor mir gestartet. Um ihn nicht unnötig warten zu lassen, eile ich ihm zügig nach, noch vor der Hütte hole ich ihn ein und mir schwant Übles. Sein Tritt ist auffällig schwer, irgendwie läuft er nicht rund!?
Statt Vorfreude begrüßt er mich mit den ersten Flüchen, es zwickt im Kreuz und die Beine wollen nicht richtig arbeiten, Georg ist zornig und will sich schon beinahe wieder verabschieden. Mit Mühe kann ich ihn zu einem Kaffee am Giussani überreden und mit zwei Cappuccini gedopt zieht er mit mir der Forcella del Vallon entgegen. "Wir machen uns prinzipiell unabhängig!" höre ich heute schon zum zweiten Mal und Georg schickt mich voraus, die Némesis wird er heute nicht schaffen!?
So wühle ich mich alleine durch das Geröll und er lässt sich zurückfallen. Der Altschnee ist komplett geschmolzen und übrig bleibt instabiles Gelände, ein Gewaltakt, die Tritte halten kaum und der Schotter bewegt sich unter jedem Schritt. An der Scharte atme ich durch, der Hauptanstieg wäre geschafft, fehlt nur mein Kollege!? Georg ist ein Beißer und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, so springe ich auf die nahe Punta Giovannina und gebe ihm und mir 10 Minuten. Zurück an der Forcella werfe ich hoffnungsvolle Blicke in die Tiefe, von Georg ist noch nichts zu sehen!?
Also gut, dann mache ich mich eben unabhängig und ziehe alleine weiter auf der Cengia Grohmann-Lacedelli Richtung Némesis. Die von Weitem haarsträubend aussehenden Abhänge sind erstaunlich einfach begehbar, es findet sich ein deutlicher Steig und Steinmänner auf den Spuren der Erstbesteiger. Unter der Tofanascharte zweige ich auf ca. 2900m ab, eine schwache Steigspur zieht Richtung Ricovero Carugati, von wo die Italiener damals die Némesisstellung eingenommen haben. Für meine Eroberung fehlt jetzt nur noch ein saftiger Abstieg bis auf 2680m und ein paar Meter im Einsergelände zum Némesisgipfel.
Ein magischer Ort, weit abseits der Massen um die großen Tofane, die Reste der Kriegsbaracken erzählen ihre unglaublichen Geschichten und ich lausche ihnen ergriffen. Fast hätte ich dabei Freund gero vergessen, aber prompt erreicht mich die SMS "Bin an der Forcella Vallon, ich gehe weiter". Was für ein Kämpfer!
Ich schleiche ein wenig um die Némesis herum, lasse den zauberhaften Ort wirken und steige Georg entgegen. Der wilde Geröllanstieg zurück auf 2900m zwickt ein wenig in den Beinen und tatsächlich winkt von oben ein Männlein, gero hat sich bis zum Ricovero Carugati durchgebissen, ich staune. Für die Némesis ist er allerdings nicht mehr zu motivieren, sowieso ein Wunder, wie er es in seinem angeschlagenen Zustand bis hierher geschafft hat!
Gemeinsam schleichen wir uns zurück und beschließen den Abstecher zum Jaze de Tofana, eine ehemalige Gletschermulde mit einem See auf ca.2965m. Georg lässt ein Bierchen zischen und plötzlich ist die Bestie in ihm erwacht, er will unbedingt weiter zur Tofana di Mezzo, was für eine wundersame Heilkraft doch Gerstensaft haben kann ;-) Für mich keine Option, auf Seilbahntouristen und Klettersteigmaxen habe ich keine Lust, die beiden Georgs trennen sich und machen sich wieder unabhängig. So wird jedem das ihm Gebührende zugeteilt.
Während er sich auf die Mezzo hocharbeitet hier, arbeite ich mich zurück zur Punta Giovannina. Das lose Geröll unter der Forcella del Vallon ist ein Abfahrtsgenuss, ich stapfe durch den weichen Schotter und in wenigen Minuten stehe ich 500 Meter tiefer auf dem Touristensteig. Schnell hüpfe ich weiter zum Dibona und verabschiede mich eilig, das Gewusel ertrage ich nicht. Stattdessen steige ich schnell in den Wagen und lasse die gewaltigen Eindrücke der Némesis auf der Fahrt nachwirken. Zornig machen mich nur noch die dahinzockelnden Sonntagsfahrer und die Göttin des gerechten Zorns erteilt mir zum Abschluss noch eine gebührende Lektion.


Tourengänger: gero, georgb


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