Rofelewand 3354m im Hochsommer


Publiziert von Cubemaster , 9. Februar 2018 um 22:49.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum: 2 August 2017
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m

Die Rofelewand ist mit ihren schroffen und nach allen Seiten steil abfallenden Flanken einer der charakteristischen Gipfel des Kaunergrates. Die Nordwand ist eine der gewaltigsten Erscheinungen der Ostalpen und wirkt für den Normalbergsteiger völlig unbezwingbar. Obwohl die Südseite deutlich flacher ist, wird beim bloßen Anblick sofort klar, dass dieser Berg hohe Anforderungen an seine Besteigung stellt.

Der Weg der Erstbesteiger führte über die Südschulter und den in den östlichen Teil der Südwand eingelagerten Gletscher, diese Route scheint aber in den letzten Jahren aufgrund des Gletscherschwundes immer schwieriger geworden zu sein. Der heute gängige Normalweg ist die sogenannte Eisrinne, die im westlichen Teil der Südwand herabzieht und bis in den Spätsommer hinein mit Schnee und Eis gefüllt ist. Diese wird normalerweise im Frühsommer begangen, solange man noch in solidem Firn aufsteigen kann. Später im Jahr nimmt insbesondere die Steinschlaggefahr durch Ausaperung immer mehr zu, einige tragische Unfälle in den letzten Jahren und Jahrzehnten mahnen hier zu besonderer Vorsicht.

Natürlich hatte ich auf diesen tollen Gipfel schon lange ein Auge geworfen, aber was tut man, wenn man beruflich bedingt immer erst im Spätsommer in die Berge fahren kann? Nachdem ich nun einige Jahre die verschiedenen Anstiegsmöglichkeiten studiert hatte und nichts wirklich optimal erschien, gab ich letztlich dem Anstieg von der Verpeilalpe den Vorzug gegenüber demjenigen aus dem Pitztal, einfach weil dort weniger Höhenmeter zurückzulegen sind. Dies bedeutete, dass ich es auf die ein oder andere Weise mit der Eisrinne versuchen musste, ich wollte mir die Sache erstmal selbst aus der Nähe anschauen.

Trotz des "Forstweg"-Schildes darf man mit dem privaten Pkw von Feichten aus zum Parkplatz kurz vor der Verpeilalpe fahren. Wer (wie ich) ein nicht-geländegängiges Fahrzeug hat, muss schon sehr langsam und vorsichtig dort hinauffahren. Ich startete etwa gegen 7 Uhr und erreichte nach ca einer halben Stunde die Verpeilhütte. Eigentlich hatte ich gehofft, dort ein paar Auskünfte über alternative Routen zu bekommen, doch leider kannte man dort auch nur den Normalweg. Also ging es weiter und etwa gegen 9 Uhr erreichte ich den großen See unterhalb des Schweikertferners.

Nach einer kurzen Pause vor einer wirklich atemberaubenden Kulisse umrundete ich den See auf der rechten Seite entlang einer Wegspur. Der Hauptteil des Gletschers muss hier gar nicht mehr betreten werden, ich steuerte direkt auf den kleineren, abgetrennten, nördlichen Teil des Schweikertferners zu. Dieser war fast komplett blank, ist aber nicht allzu steil, und so stieg ich mit Steigeisen und Pickel erstmal gemütlich hinauf. Am obersten Ende des Eises beginnt ein großes Band, das nach links Richtung Eisrinne hinaufzieht, dies war also das eindeutige Ziel. Dort angekommen stand ich dann auch schon vor der ersten Schlüsselstelle.

Erstens hat sich das Eis soweit gesenkt, dass eine mehrer Meter hohe, sehr sandig-brüchige Stufe überwunden werden muss, zweitens hat es eine nicht unerhebliche Randspalte, die ich unter dem Restschnee schlecht einschätzen konnte. So kam es leider keinesfalls in Frage die Eisausrüstung noch auf dem Schnee abzulegen und an der bröseligen Wand ging es erst recht nicht mehr. So kämpfte ich mich halt mit dem ganzen Zeug nach oben bis es flacher wurde und ich erstmal durchatmen konnte. (Eine Angabe des Schwierigkeitsgrades ist in dem Sand völlig obsolet.)

Weiter ging es dann erstmal über Geröll hinauf entlang des Bandes. Dieses steilt kurz auf und wird etwas rinnenartig (hier gibt es einen schönen kleinen Riss an der linken Seite, der sich wunderbar ersteigen lässt), dann wird es wieder sehr flach und breit. Von hier aus konnte ich die Eisrinne erstmals vollständig sehen, welche sich in einem katastrophalen Zustand befand: Nur im sehr steilen und engen Mittelteil waren noch Schneereste (oder besser: blankes Eis) der Rest war komplett ausgeapert. Das überraschte mich natürlich nicht besonders, immerhin war schon August. Je mehr ich mich dem breiten Auslaufbereich der Eisrinne näherte, desto mehr hielt mich links. Während die Felsen an der linken Seite einen recht stabilen und vertrauenerweckenden Eindruck machen, sieht die rechte, viel steilere Wand äußerst bröcklig aus.

Immer in einem gebührenden Abstand zum Rinnengrund kraxelte ich also links durch die Felsen, welche aber immer plattiger und kleingriffiger wurden. Eine sehr unangenehme (weil eben sehr plattige), recht ausgesetzte Stelle ließ sich meines Erachtens nicht umgehen, ich würde da schon den unteren Grad III ansetzen (zweite Schlüsselstelle). Dann ging es erstmal einfacher weiter bis ein paar Meter vor dem Ausstieg, wo ich eine weitere schwierige, sehr plattige Stelle überwinden musste, um wieder in die Rinne hineinzuqueren. (Die Stelle war für mich auch nochmal III, ist aber überhaupt nicht ausgesetzt, da die Rinne im oberen Bereich wieder recht flach ist. Zur Not könnte man vielleicht sogar springen...) Die letzten Meter aus der Rinne heraus waren mühsam, aber nicht mehr schwierig und ich erreichte den Gipfelgrat der Rofelewand um ca. 12 Uhr.

Das letzte, kurze Stück ist dann relativ einfach. Ich kraxelte über den Vorgipfel und weiter über den Grat bis zum Kreuzgipfel. (Der Vorgipfel ist meines Erachtens deutlich der höchste Punkt des Berges, aber man überschreitet diesen ja sowieso...) Ich machte ein paar Fotos, setzte mich und genoss meine Gipfelrast. Nachdem ich gemütlich etwas gegessen hatte, nahm ich meine Kamera noch einmal zur Hand um mehr Bilder zu machen. Ich drehte mich um und der Schreck fuhr mir in alle Glieder! Wo zum Teufel kam diese riesige dunkle Gewitterwolke her? Die war doch vor 15 Minuten noch nicht dagewesen...

Ich dachte an die plattige Schlüsselstelle und schätzte, dass ich mindestens 20 Minuten bis dahin brauchen würde. Wäre es möglich, diese bei Nässe abzuklettern? Erstmal nahm ich mir eine Minute Zeit zum Durchatmen, um so ruhig und gelassen zu werden wie möglich. Dann packte ich zügig meine Sachen zusammen und kletterte zurück. Die obere plattige Stelle war schon nervig, weil in der Rinne ja noch Schneematsch lag, der hartnäckig an meinen Schuhen klebte. Irgendwie schaffte ich es aber dennoch recht schnell, mich dort hinaufzuschieben. Ich kraxelte dann weiter über die Felsen nach unten und kurz bevor ich besagte Schlüsselstelle erreichte, fing es an zu tröpfeln...

Jetzt bloß nicht hektisch werden... Vorsichtig ließ ich mich über den Vorsprung hinunter und kletterte ohne zurückzublicken die restlichen Platten hinunter bis in den Auslaufbereich der Rinne. Im einsetzenden Regen setzte ich mich hin und beendete erstmal gemütlich meine Gipfeljause. Der große Regen blieb aus. Es gab ein paar kurze, leichte Schauer, aber als ich unten am See ankam, war alles schon wieder vorbei und die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel. Gemütlich stieg ich zur Hütte ab, wo ich die Tour schließlich mit einem durchaus interessanten Grapefruit-Radler ausklingen ließ.

Die Rofelewand war Gipfel Nr. 124 / 163 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.

Tourengänger: Cubemaster


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Kommentare (4)


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DHM123 hat gesagt: Mutig !
Gesendet am 9. Februar 2018 um 23:26
Du gibst es dir ja echt. Erschütternd, wie die Eisrinne jetzt ausschaut, schaut ziemlich gefährlich für mich aus. Naja, wenn den Strahlkogel alleine gemeistert hast, Respekt, alles Gute aus München, Detlev

Cubemaster hat gesagt: RE:Mutig !
Gesendet am 9. Februar 2018 um 23:50
Danke schön,
ich gehe schon seit vielen Jahren unter dem Motto in die Berge, dass man auch schwierige und wilde Touren durchaus versuchen kann, solange man immer die Möglichkeit eines Rückzuges im Kopf hat.

Der Grund der Eisrinne dürfte bei solchen Verhältnissen wirklich gefährlich sein. Da könnte jederzeit etwas abgehen und alles abräumen, was sich darunter befindet. Der Umweg über die Felsen war meiner Ansicht nach aber in Ordnung, sonst hätte ich es nicht gemacht.

ADI hat gesagt:
Gesendet am 10. März 2018 um 09:22
Gratuliere zu diesem echt schönen 3000er.......
Wenn ich das so sehe, dann ist mir die Ski/Wintervariante doch 150 Mal lieber.....
Manche Berge machen da als Skitour großen Sinn....

Beste Grüße!

ADI

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. März 2018 um 18:03
Danke schön!

Ja, natürlich habe ich deinen Bericht gelesen, sieht wirklich nach einer herrlichen Skitour aus! (Das Stück Kletterei durch die Felsen war aber auch sehr interessant...)

Leider hat es für mich in der Vergangenheit wenig Sinn gemacht, Skifahren abseits der Pisten zu lernen, weil ich so weit weg von den Alpen wohne. Aber hoffentlich ändert sich das bald mal...


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