Grenzwanderung Schweiz * Chiasso - Bruzella


Publiziert von laurentbor , 12. September 2017 um 20:11.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum:11 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Monte Generoso   I   CH-TI 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 1127 m
Abstieg: 762 m
Strecke:17, 3 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zürich - Lugano - Chiasso
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bruzella - Mendrisio - Lugano - Zürich

Das Valle di Muggio wurde 2014 von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz zur Landschaft des Jahres gekürt. Kein Wunder, gibt es doch zwischen der zersidelten Ebene von Chiasso und dem bekannten Monte Generoso eine lebendige Kulturlandschaft zu entdecken. Ich durchquere das Tal in meinen nächsten beiden Etappen und freue mich endlich diese unbekannte Gegend zu durchstreifen. 

Chiasso - der Unort an der Grenze! Welche Schande, dass so ein hässlicher Ort die Menschen begrüsst welche von Süden her in die Schweiz reisen. Aber vielleicht ist Chiasso doch besser als sein Ruf. Ich schlendere durch den Ort und kann mich trotz ein paar alten Palazzi und einer kunstvoll verzierten Fussgängerzone nicht wirklich erwärmen. Zugegeben, wir sind auch ein wenig verwöhnt mit all diesen pittoresken Orten. Auch ein stinknormaler Ort wie Chiasso braucht ein Land. Geschichtlich erklärbar ist die fehlende Schönheit der südlichsten Stadt des Landes allemal. Die Lage an der Grenze und die Eisenbahn förderten früh die Industrie und somit mussten schnell viele Wohnungen geschaffen werden. Bei der Autobahnüberquerung nach Vacallo liegt dann doch noch eine architektonische Perle. Das "silberne Ei", wie das Einkaufszentrum Centro Ovale im Volksmund genannt wird, wurde 2011 eröffnet und 2015 bereits wieder geschlossen. Zu nah ist das preisgünstige Italien - da reicht auch eine ausserordentliche Architektur nicht weiter - irgendwie passt dies zu diesem Ort.

Schnell weiter nach Vacallo. Dieser wohlhabende Ort liegt bereits etwas oberhalb am Hang und schon kommen die ersten Rebhänge ins Sichtfeld. Der Ortskern bei der Chiesa San Simone ist recht hübsch. Doch so richtiges Tessin-Flair will auch hier noch nicht aufkommen - zu sehr stört der Blick hinunter in die zersiedelte Landschaft um Chiasso und dem Nachbargrenzort Ponte Chiasso (Italien).

Hinter Vacallo wird es ländlicher - erst noch über Asphalt doch schon bald über Stock und Stein führt ein Zick Zack weg hoch über die Poebene. Ja - Chiasso zählt geographisch bereits zur ansonsten italienischen Poebene, auch wenn der Fluss Po einige hundert Kilometer weiter südlich liegt. Der Blick schweift über den Hügel von Pedrinate weit in die Lombardei - die Hochhäuser von Mailand sind zu erkennen und im Westen der See von Varese. In Sagno angekommen strecke ich die Glieder bei der hübschen Chiesa San Michele. Hier wohnte und arbeitete der berühmteste Tessiner Dichter und Schriftsteller Francesco Chiesa (1871-1973).

Ich bin bereits auf knapp 700 Metern doch jetzt geht es erst richtig hoch - durch den Wald zur Landesgrenze und dann dieser entlang über einen waldigen Grat bis zu den Alpweiden von Bedòla. Hier hoch über dem Valle di Muggio ist es ratsam zu rasten - denn die Sicht ist phantastisch und sogar besser als vom höheren Monte Bisbino. Comersee, die Städte Como, Mailand und Varese sowie die Tessiner Alpen sind zu bewundern. Selbstverständlich auch der nahe Monte Generoso und ein kurios geformter Berg im Osten den ich nicht kenne.

Weiter über den Grat geht es bis zur Sella Cavazza wo sich die Wege kreuzen. Nach rechts geht nun der Pfad an einer weiteren Alp vorbei Richtung Italien. Ich folge dem Pfad und merke, dass der Weg plötzlich weniger gut unterhalten ist. Nach dem Kartenstudium wird klar, dass ich soeben die Grenze überquert habe. Nach zehn weiteren Minuten stehe ich auf dem Monte Bisbino, mit 1325 Metern der Höhepunkt für heute. Ehrlich gesagt ist der Gipfel ziemlich enttäuschend. Die Aussicht ist nicht besser als von unten, ausserdem führt eine Strasse von italienischer Seite her auf den Berg. Das Oratorium und Refugio sind lieblos grau in grau mitten auf dem Gipfel platziert und eine Armada von Antennen zeigt die militärische Bedeutung dieses Gipfels für die Italiener.

Zurück an der Weggabelung Sella Cavazza muss ich mich entscheiden. Entweder direkt nach Bruzella absteigen oder in einem weiten Bogen durch das Val della Crotta zurück. Zum Glück nimmt mir der Verlauf der Landesgrenze solche Entscheidungen immer schnell ab. Der weite Bogen solls also sein. Durch den Wald geht es steil hinunter auf eine Lichtung überhalb der Alpe Loasa. Hier offenbart sich ein seltener Blick in das hintere Val della Crotta - eine der wohl am dünnsten besiedelten Gebieten in den Voralpen. Das ebenfalls noch zur Schweiz gehörende Valle di Rema ist ein undurchdringbarer Wald ohne einen einzigen Weg. Auf der interessanten Homepage der Alpe Loasa lese ich, dass es durchaus einmal eine Alp gab im Tal, seit dessen Aufgabe jedoch hier niemand mehr entlanggeht. Überhaupt ist die Alpe Loasa welche ich wenig später passiere ein spannender Ort. 1984 kauften ein paar 68er aus der Deutschweiz die verfallene Alp um ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Auch heute noch ist der Hof als Genossenschaft organisiert und beherbert ab und zu Schulklassen aus der Deutschschweiz. 

Nun folgt der Weg der Breggia - einem Bach mit dem selben Namen wie der Fluss Breggia in den diese Breggia mündet. Alles klar? Auf jeden Fall begegnen mir hier unzählige Wildschweine und das Herbstlaub hat sich bereits auf den Talboden gelegt. Ich wandere durch das Val della Crotta und bemerke wie ruhig es hier ist. Wunderbar entspannt komme ich kurz vor Bruzella noch auf einen Kirchhügel. Die kleine Kapelle Zöch wird von einem schönen Kreuzweg flankiert. In Bruzella - einem der hübschen traditionellen Tessiner Orte im Muggiotal nehme ich den Bus zurück ins Mendrisiotto.

Hier geht es zur nächsten Etappe


Tourengänger: laurentbor


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