Hochfrottspitze Südwestgrat-Westgrat und die Berge der Guten Hoffnung


Publiziert von quacamozza , 9. September 2017 um 15:27.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:30 August 2017
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1800 m
Strecke:Alpe Eschbach-Einödsbach-Waltenberger Haus-Bockkarscharte-Hochfrottspitze-Berge der Guten Hoffnung-Waltenberger Haus-Einödsbach-Alpe Eschbach (20 km)
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 4 1:25 000 Hochvogel, Krottenkopf

Die Hochfrottspitze ist der dritthöchste Gipfel der Allgäuer Alpen. Im Gegensatz zu den anderen höchsten Gipfeln (Krottenkopf, Hohes Licht, Mädelegabel) wird der Berg selten bestiegen.

Das dürfte daran liegen, dass seine Besteigung einerseits deutlich anspruchsvoller ist als die der übrigen genannten Gipfel und andererseits, weil seine behäbige und wenig markante Gipfelgestalt keine optische Herausforderung für Bergsteiger darstellt. Da sind die nebenan stehende, schlanke Trettachspitze und die leichter zu erreichende, über einen ähnlichen Rundblick verfügende Mädelegabel eher interessant.


Am schönsten ist die Hochfrottspitze in Kombination mit der Mädelegabel zu besteigen. Diese tolle, höchst gelegene Gratüberschreitung der Allgäuer Alpen habe ich im Rahmen einer großen Runde bereits 2011 kennenlernen dürfen. *Tourenbericht hier

Nach dem bekannten und sehr lohnenden Aufstieg über den Südwestgrat sollte es dieses Mal über den Westgrat hinunter zu den Bergen der Guten Hoffnung gehen. Auf diesem Grat zeigt sich der Berg allerdings von seiner rustikalen Seite. Der Hauptdolomit ist abwärtsgeschichtet, die Stufen, Rinnen und großen Platten mit haufenweise Geröll bedeckt. Eine im Abstieg sehr unangenehm zu begehende Route, da permanente Konzentration gefordert ist. Man bewegt sich ständig im Absturzgelände, es gibt kaum mal ein paar Meter, auf denen man es locker angehen lassen kann, und jeder losgetretene Stein gefährdet die Wanderer auf dem Bockkarschartenweg. Leider wird es sich selbst bei größter Vorsicht kaum vermeiden lassen, dass man hin und wieder etwas lostritt. Hier hilft nur vorsichtiges Klettern. Im GB des Westlichen Bergs der Guten Hoffnung haben sich einige bereits für ihre losgetretenen Steine entschuldigt. Ein passender Ort dafür.
Ich empfehle die Tour daher in umgekehrter Richtung, wie sie ein 2er-Team einen Tag vor mir durchgeführt hat. 
Auch wenn sich die technischen Schwierigkeiten mit gelegentlicher IIer Kletterei in Grenzen halten, so sind doch diese gut 250 Höhenmeter als der in Summe anspruchsvollste Teil der Tour zu bewerten. 


Die Berge der Guten Hoffnung sind die Hausberge des Waltenberger Hauses. Man kann sie direkt von der Hütte oder eben vom Westgrat der Hochfrottspitze erreichen. Beide sind aber keine leichten Wandergipfel. Schon der Westliche Berg fordert Erfahrung im steilen Geröll und völlige Trittsicherheit. Der Östliche Berg ist von der Schwierigkeit mit der Trettach vergleichbar, also nur was für Kletterer, die sich auch bei ausgesetzter Kletterei im Abstieg zwischen II und III noch souverän bewegen.  



Zur Schwierigkeit:

Hochfrottspitze Südwestgrat: II+ (ca. 10 Meter), II und I (alternativ durch die Rinne III, brüchig)
Hochfrottspitze Westgrat: T 6- und mehrere Stellen II
Östlicher Berg der Guten Hoffnung: kurz III-, meist II+ und II
Westlicher Berg der Guten Hoffnung: Abstieg durch die Rinne T 5 und I-II, dann T 4-5 und I
Hüttenaufstieg Waltenberger Haus: T 3-4



Zum Zeitbedarf:

Alpe Eschbach-Einödsbach: 25 min
Einödsbach-Waltenberger Haus: 1 Std 35 min
Waltenberger Haus-Bockkarscharte: 45-50 min
Bockkarscharte-Hochfrottspitze: 30 min
Hochfrottspitze-Östlicher Berg der Guten Hoffnung: 1 Std 25 min
Östlicher Berg der Guten Hoffnung-Westlicher Berg der Guten Hoffnung: 40 min
Westlicher Berg der Guten Hoffnung-Waltenberger Haus: 35 min
Waltenberger Haus-Einödsbach: 1 Std 10 min
Einödsbach-Alpe Eschbach: 15-20 min



Wie letzte Woche zur Trettach geht's auch dieses Mal wieder mit dem ersten Bus zur Alpe Eschbach (965m) und auf der Fahrstraße nach Einödsbach (1114m). Alternativ mit dem Bike von der Fellhornbahn bis nach Einödsbach. 

Auf dem nicht zu verfehlenden Weg durch das Bacherloch und über eine seilversicherte Felsstufe (ca. 1760m) zum neu erbauten Waltenberger Haus (2084m). 

Wie so viele Wanderer und Bergsteiger möchte ich mir natürlich auch in der ersten Saison ein Bild von der neuen Hütte machen. Der überwiegenden Meinung kann ich mich anschließen. Die Hütte ist wirklich gut gelungen, modern, hell und freundlich eingerichtet, gut bewirtet. Endlich ist der Aufenthaltsraum groß genug für alle Gäste, die Sanitäranlagen zeitgemäß und das ständige Engegefühl im Umfeld der Hütte Vergangenheit. 


Nach der ausgiebigen Frühstückspause geht's auf gut markiertem Weg (oben Seilversicherungen) hinauf in die Bockkarscharte (2523m), genauer gesagt noch vor der tiefsten Einsattelung auf den Südwestgrat, der sofort mit einem ersten Aufschwung wartet.
Man kann ausgesetzt an der Kante klettern (II) oder (meine Variante heute) etwas rechts daneben (II). Die Felsqualität ist gleichermaßen gut.
An einem kleinen Zacken rechts vorbei zum zweiten Aufschwung (Steinmann). Auch dieser bietet kurze, anregende Kletterei im II.Grad. Etwas in eine Lücke absteigend (Steinmann) vor den letzten und höchsten Aufschwung. Hier entweder a) rechts queren in eine steile Rinne und in dieser hinauf (III) oder besser b) direkt steil in gutem Fels aufwärts (II), in der Mitte kurz nach links zur Umgehung eines kleinen Überhangs (II+) und weiter gerade hinauf (II). Oben über flachere Platten und Geröll aufwärts zum Westgipfel.

In 5-10 min über den brüchigen Verbindungsgrat (I-II) auf den Gipfel der Hochfrottspitze (2648m). 

Das GB ist leider entwendet worden. Stattdessen muss man sich mit einem kleinen, in Mitleidenschaft gezogenen Heftchen begnügen. Den im Heft zum Ausdruck gebrachten Ärger eines Bergsteigers über diese Tat kann man nachvollziehen. Gipfelbücher sind nun wirklich nicht als Sammlertrophäe für daheim gedacht.


Auf dem Gipfel träume ich von der tollen Überschreitung zur Mädelegabel. Gegenüber grüßt die Trettach. Und was steht mir jetzt bevor? Ich habe ja beim Aufstieg in die Bockkarscharte schon eine Vorahnung gehabt, was da kommt. 
Nach kurzem Abstieg in die erste Lücke wird der Grat nach links in die Flanke verlassen. Zunächst bin ich mir nicht sicher, ob dies der richtige Weg ist, aber ich treffe schnell auf die Fußspuren meiner Vorgänger. Also quäle ich mich durch den Steilschutt und griesbedeckte Absätze (einige Stellen II und T 6-) zunächst direkt hinunter, dann links hinüber. Scheinbar senkrecht unterhalb auf dem gegenüberliegenden Absatz steht ein Steinmann. Um zu diesem zu gelangen muss weiterhin ganz nach links an den Abbruch gequert werden. Dann erst wird das Gelände einfacher (T 4), und es geht in eine kleine Lücke. Der Westgrat ist damit erreicht. Einige Höhenmeter wieder hoch zum Steinmann. Naja, wenigstens bin ich auf dem richtigen Weg, aber Spaß ist wirklich was anderes.

Was jetzt folgt ist eine endlose Abfolge aus abwärtsgeschichtetem Gestein, Rinnen und kurzen Geröllfeldern. Da werden Erinnerungen an den Dreischartlweg an der Freispitze wach. Der Grat ist nirgendwo ausgeprägt, ähnelt mehr einer glatten Flanke. Ausrutschen ist verboten, Steine schmeißen auch keine gute Idee. In diesem Gelände muss man sich wirklich zusammenreißen und immer konzentriert sein. Alle 50-80 Höhenmeter finden sich Steinmänner. Nur da, wo es angebracht wäre, gibt's keine Hilfestellung. Den besten Weg muss man sich selbst suchen. Es gibt nach wie vor vereinzelte leichte Kletterstellen (I-II). Die Brüchigkeit und Ausgesetztheit des Wandergeländes (immer zwischen T 5 und T 6) ist aber deutlich fordernder.

Im unteren Bereich stellt sich ein markanter Gratzacken in den Weg. Dieser wird ab Scharte auf schmalen Bändern leicht ansteigend links umgangen. Nach einem kurzen Abstieg ist der Schuttschinder in der Scharte vor dem Östlichen Berg der Guten Hoffnung zu Ende.


Nach diesem mühsamen Abschnitt freue ich mich richtig auf den schönen, steilen Turm. Die Gesteinsqualität kann ja nur noch besser werden. Außerdem sieht's gar nicht so wild aus wie gedacht. Da überall von einem steilen Einstieg gesprochen wird, hatte ich bei der Planung den Berg mit der *Saubuckelspitze verglichen. Letztere ist aber steiler und brüchiger. 
Aus der Lücke geht es über etwas plattige Stufen (II+) von links her auf die Kante. Danach wird das Gelände vorübergehend einfacher (I-II). Aufgrund des nicht immer festen Felses muss aber dennoch mit Bedacht geklettert werden. Nach einer halben Seillänge stellt sich eine schräge Platte in den Weg. Diese kann man direkt erklettern (III) oder hart links sehr ausgesetzt, aber einfacher (II+, gute Griffe) umgehen. Auch eine Rechtsumgehung in sehr brüchigem Fels (II) ist wohl möglich, aber für mich heute keine Option. In einem Riss der Platte steckt sogar ein alter Normalhaken. Sodann wird kurz in eine Minilücke abgestiegen.
Aus dieser setzt die Schlüsselstelle an, eine Verschneidung, die viel Ähnlichkeit mit der Verschneidung am Nordostgrat der Trettach hat. Der untere Teil ist am anspruchsvollsten (bis III-), die Griffe und Tritte sind recht gut, einer der Henkel allerdings nicht zu gebrauchen. Es gibt aber genügend Alternativen.
Eine echte IIIer Stelle ist hier meiner Meinung nach nicht zu finden. Die Verschneidung wird oben einfacher (II+) und lässt sich auch recht gut abklettern, ohne dass man Ängste durchstehen muss. Das sieht an der Saubuckelspitze oder am Widderstein Ostgrat mit den IIIer Abkletterstellen ganz anders aus. 
Schließlich wird ein vorgelagerter Kopf überstiegen. Über den Verbindungsgrat bzw. knapp rechts daneben (T 5; I) geht es vollends hinauf zum Gipfel des Östlichen Bergs der Guten Hoffnung (2415m). 

Der Berg ist ein exklusives Ziel und ein besonders schöner Aussichtsplatz. Vor allem die Trettach zeigt sich von ihrer Schokoladenseite. Die Tendenz geht allerdings dahin, dass mit häufigeren Besteigungen zu rechnen ist. Ich bin immerhin schon der 7.Eintrag in diesem doch recht verregneten Jahr. In den Vorjahren blieb es bei maximal 6 Einträgen. Das GB der festivaltour-Jungs ist von Oktober 2013. Hoffentlich bleibt es auch weiterhin hier oben an seinem Platz. 


Nach Rückkehr in die Scharte geht es einige Meter zurück auf den Westgrat, dann rechts im Bogen hinunter (oben Steinmann) durch eine enger werdende Geröllrinne und brüchige Felsen (T 5; I-II). Am Ende der Rinne erreicht man nahe einer markanten Scharte mit Zacken ein ebenfalls auffälliges Schuttband, das von hier durch die Südflanke zum Sattel zwischen den Bergen der Guten Hoffnung zieht.  
Diesem Schuttband folgt man nun nach Westen aufwärts. Zwischendurch wird es einmal von Felsen unterbrochen. Besonders dort sind Trittsicherheit und auch leichte Kletterei gefordert. Ich treffe auf zwei neue Bohrhaken. Unter der Scharte wird es etwas steiler bzw. mühsamer, danach geht es in recht sanfter Steigung mit etwas leichter Kraxelei über einen Vorgipfel zum Kreuz auf dem Westlichen Berg der Guten Hoffnung (2388m; GB). 

Leider ist der Gipfelschnaps seit einigen Wochen ausgetrunken. Vielleicht wird ja schnell ein neuer zur Verfügung gestellt. Auf Holzbalken lässt sich gut pausieren. Unter mir kommen immer mehr Leute vom Heilbronner Weg herunter, um im Waltenberger Haus einzukehren.

Über das Schuttband steige ich wieder zurück zum markanten Gratzacken und der Lücke. Rechts dran vorbei und geradeaus über eine Platte hinunter auf den nun ausgeprägten Weg. Dann durch steiles Geröll rechts hinunter auf den Wanderweg (Steinmann an der Abzweigung auf ca. 2240m) und in einer knappen Viertelstunde runter zum Waltenberger Haus (2084m).

Wie bekannt gibt es die beiden Abstiegsmöglichkeiten über die Märchenwiese (schöner, aber eine Stunde länger) oder den normalen Hüttenweg. Ich entscheide mich heute für den Normalweg, den ich trotz zahlreicher Besuche des Waltenberger Hauses noch nie abwärts gegangen bin.


Fazit: Eine lohnende Tour mit kleinen Fehlern. Wenn der Westgrat der Hochfrottspitze kompakt wäre könnte man sicher von einer der schönsten Allgäu-Runden sprechen. Ein abschließendes Bild ergibt sich, wenn die Tour in umgekehrter Richtung abgelaufen worden ist. 








Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (1)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 9. September 2017 um 20:26
Schöne Runde! Erstaunlich, dass der wohl doch recht anspruchsvolle Östliche Berg der guten Hoffnung so oft Besuch erhält. Auf einem deutlich einfacheren und sehr lohnenden Lechtaler waren wir gestern der erste Eintrag in diesem Jahr. Das soll mal einer verstehen...!?

Grüßle Nico


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