Großvenediger (3662m)


Publiziert von Kottan , 27. Juni 2017 um 19:14.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum: 7 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Unterkunftmöglichkeiten:Kürsingerhütte

Der Großvenediger übt auf viele Bergsteiger eine starke Faszination aus, sei es der klingende Name, sein hoher Stellenwert im Alpinismus oder die grandiose Kulisse bei einer Besteigung. Auch ich wollte damals unbedingt auf den Gipfel, da sich meine Erfahrung zu dieser Zeit aber noch sehr in Grenzen hielt, griff ich auf ein Angebot der Bergführer der Kürsingerhütte zurück, die Gruppenbesteigungen zum Gipfel anbieten. Ich schreibe den Bericht dennoch aus heutiger Perspektive und mit einem besseren Beurteilungsvermögen für diese Tour, weshalb die Beschreibungen objektiv herangezogen werden können.

Los ging es in Neunkirchen am Großvenediger, wo sich die Gruppe sammelte und in einen Kleinbus stieg, um die sehr weite Strecke durchs Obersulzbachtal stark zu verkürzen. Sonst müsste man ab 1000m laufen und mehrere Km Distanz zurücklegen, das wollte man uns wohl ersparen. An der Talstation der Materialseilbahn der Kürsingerhütte stiegen wir in Richtung ehemaliger Türkischer Zeltstadt, so lautet der Name für den heute nichtmehr vorhandenen Gletscherbruch des Obersulzbachkees. Über noch recht frischen Gletscherschliff liefen wir zum Gletschersee und an seinem linken Ufer auf die glatte Wand zu, über der die Hütte steht. Der alternative Hüttenaufstieg, den wir begingen, beinhaltet auch einen Klettersteig, dessen Schwierigkeit aber nicht an einen "normalen" Klettersteig herankommt, hier sind höchstens Passagen im Bereich (A/B) zu bewältigen. So erreichten wir nach dem Steig pünktlich zum Abendessen die Hütte, kurz vor dem Schlafengehen wurden noch zwei Gruppen gebildet, also waren wir zwei Dreierseilschaften für den nächsten Tag.

Schon sehr früh, um 4 Uhr gab es Frühstück, dass ich mir herunterwürgte, normalerweise esse ich nie vor Touren, aber wenn es denn schon inklusive war, wollte ich mich auch nicht enthalten. Danach gingen wir in den Gruppen auf einem markierten Pfad etwas um die Bergflanken des Keeskogels herum, bis wir, bis dahin ohne großen Höhengewinn, zum Gletscher etwas abstiegen und am Anseilplatz unsere Ausrüstung anlegten. Der Gletscher war aper, weiter oben hatte es nachts zuvor ca. 10cm Neuschnee gegeben, weshalb am Vortag viele Gruppen umdrehen mussten. Erst ging es noch ohne Spalten, dann aber recht kompliziert irgendwie durch eine Spaltenzone hindurch, alles aber ohn große Gefahren und Probleme. Danach begann der bedeckte Teil des Gletschers, in einem nach links ausladendem Bogen ging es unter dem Kleinvenediger hindurch in Richtung Venedigerscharte. Zur rechten hatte man immer die Serac-überwölbte Nordwand des Großvenedigers im Blick, während man so langsam über alle Gipfel im Norden blicken konnte. Kurz vor der Scharte war der oft sehr weit klaffende Bergschrund komplett überdeckt, im September im Gegensatz zum Frühsommer aber absolut kein Vorteil sondern sehr gefährlich. Die Brücken waren nur extrem dünn von kleineren Schneefällen und Winden in der Scharte entstanden, ein Durchbrechen war leicht möglich, weshalb wir sehr vorsichtig über den bis zu 3m breiten Schrund stiegen. Als alle drüber waren, gelangten wir auf das obere Gletscherdach des Großvenedigers, ein überwältigendes Gefühl so weit oben über allen anderen Gipfeln in dieser Eiswüste zu gehen. In der Ferne reckte sich der Gloßglockner 600m über alle Gipfel der Granatspitzgruppe. Nun ging es nocheinmal etwas steiler einen immer enger werdenden Hang hinauf, bis dieser in den berühmten Gipfelgrat übergeht, das letzte Hindernis vor dem Gipfel. Noch einmal war volle Konzentration angesagt, der Grat war keinen Meter breit und zumindest rechts ging es ziemlich nach unten. Dann waren wir oben: ein für mich damals überwältigendes Gefühl, soweit über allen Gipfeln zu stehen, die Fernsicht war exzellent und durch nichts eingeschränkt! Im Osten der Glockner, im Westen von den Zillertaler Alpen bis zur Beninagruppe keine Wolke und kein Schleier, Im Südosten war sogar der Triglav zu sehen, im Norden ging die Sicht bis weit nach Deutschland hinein, wir hatten wirklich ziemliches Glück.

Im Abstieg mussten wir dann nocheinmal über die heikle Spalte an der Venedigerscharte, dann aber ging es flott hinunter zum Abseilplatz und nach dem letzten kleinen Gegenanstieg wieder zurück zur Hütte. Den weiteren Abstieg machten wir dann über den normalen Hüttenweg, der beeindruckend in die Wand gehauen wurde.

Der Großvenediger ist eine absolute Königstour, technische Schwierigkeiten gibt es eigentlich kaum, der Gletscher ist aber mit teils großen Spalten ausgestattet und sollte trotz der vielen Begehungen absolut nicht unterschätzt werden. Einen Bergführer brauche ich aus heutiger Sicht nichtmehr für diesen Berg, Unerfahrene sollten aber nicht ohne über den Gletscher aufsteigen.

Tourengänger: Kottan


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