Bächenstock 3011m und Zwächten 3079m


Publiziert von Bergamotte , 19. September 2016 um 17:27.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:14 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:17km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Gitzichrummenflue od. Hüttenparkplatz P. 1613
Kartennummer:1211 Meiental

Der Herbst steht vor der Tür. So zog es mich an diesem letzten Sommertag ein weiteres Mal Richtung Hochalpen, genauer ins Meiental. Der Bächenstock erhält das ganze Jahr hindurch regelmässig Besuch, ohne überlaufen zu sein. Im Sommer bietet er eine tolle, einfache Hochtour. Wobei, sehr bald wird man den Gipfel als Alpinwanderung erreichen. Bereits heute kann der arg dezimierte Gletscher grösstenteils umgangen werden.

Der Zwächten war eigentlich nicht geplant, doch als ich ihn vom Bächenstock erblickte, konnte ich nicht widerstehen. Im Winter eine beliebte Skitour wird er im Sommer bloss sporadisch besucht. Das ist erstaunlich. Denn er lässt sich von mehreren Seiten unschwierig begehen und kann ideal mit dem Bächenstock und/oder dem Krönten kombiniert werden. Und die Aussicht auf die Spannörter ist einmalig. So darf ich diesen prächtigen Spätsommer mit einer ebenso prächtigen Hochtour beschliessen.


Um 7:30 laufe ich vom Hüttenparkplatz hinter Gorezmettlen los. Der Aufstieg zur Seewenhütte SAC (2150m) verläuft steil und ohne grosse Schnörkel, so dass man schnell an Höhe gewinnt. In der wbw-markierten Traverse in den Kessel von Seewenstöss liegt dann etwas Durchatmen drin. Eindrücklich, wie man hier auf drei Seiten von wilden Klettergipfeln umgeben ist. Im Aufstieg zum Seewenzwächten wird die Wegführung wilder und ausgesetzter, eine typische T4 eben.

Am Fuss des Gletschers verlasse ich den Alpinwanderweg, dieser zieht hoch zum nahen Spitzplanggenstock. Wobei, der Begriff "Gletscher" ist für den Seewenzwächten reichlich anmassend. Mittlerweile kann er auf der Westseite fast gänzlich umgangen werden, bloss unterhalb des Couloirs muss der Firn kurz betreten werden. Die Normalroute direkt drüber ist natürlich angenehmer, vorausgesetzt man hat die Steigeisen dabei. Denn der Gletscher ist Ende Sommer völlig aper und man läuft fast durchgehend auf Blankeis. Guten Gewissens kann ich deshalb behaupten: Der Seewenzwächten ist komplett spaltenlos.

In angenehmer Neigung peile ich die markante Schneezunge unterhalb des Gipfels an. Ich folge ihr bis zum obersten Ende und klettere dann rechterhand wenige Meter auf ein Schuttband hoch. Ab dort führt ein Seil sicher ein Schuttcouloir hoch. Noch bevor das Couloir den Grat erreicht (Steinmann), zieht das Seil rechts weg. Ich folge ihm, wobei auch der Grat selber begehbar wäre. Auch in der Westflanke sind verschiedene Varianten möglich. Zuletzt einige Meter dem Grat entlang erreiche ich nach 2:45 den Bächenstock (3011m).

Eigentlich wär nun Mittagsrast angesagt, doch der Zwächten - 1km nördlich gelegen - hat offenbar andere Pläne mit mir... Wie er so dasteht mit seinem weissen Firnkleid kann ich ihm tatsächlich nicht widerstehen. Über den Verbindungsgrat zwischen den Gipfeln habe ich keine Informationen, auch eine schnelle Internetrecherche hilft nicht weiter. Potenzielle Schwierigkeiten kann ich mit einer Ausnahme aus der Distanz aber keine ausmachen. Also vom Bächenstock kurzer Abstieg in die Westflanke (T5), wobei es heute pickelharte Firnfelder zu beachten galt. Die folgende Gratpassage nach Norden geht bis zum Sattel P. 2913 problemlos (max. T5, meistens einfacher), auch die Westflanke ist begehbar. Man steht nun vor einem kleineren Aufschwung. Theoretisch könnte man vom Sattel auf den Bächenfirn absteigen und ihn damit ostseitig umgehen. Aber im Hochsommer bei aperen Verhältnissen wäre das ein unnötiger Umweg. Ich folge also weiter dem Grat auf den Aufschwung, Gehgelände. Anspruchsvoll wäre hingegen der folgende Abstieg über den plötzlich scharfen Grat in die kleine Scharte am Fuss des Zwächtens. Lösung: westseitige Umgehung durch feuchten Schutt, T5+. Der Rest ist geschenkt: Über Gehgelände erreicht man den "Zwächtenfirn" und zum Schluss über die schuttige Flanke den Gipfel vom Zwächten (3079m).

Was für eine wunderbare Aussichtsplattform inmitten der hochalpinen Glattfirnarena! Blickfang #1 sind natürlich die gegenüberliegenden Spannörter, aber auch Titlis, Schlossberg und Krönten machen eine gute Figur. Ich überlege sogar einen Moment, ob ich letzteren ebenfalls noch besuchen soll. Das wär dann wohl eine der schönsten Hochtouren der Zentralschweiz geworden. Doch schlussendlich siegt die Vernunft. Das Gipfelbuch bestätigt übrigens die fehlenden Internetberichte: bloss fünf Sommereinträge in diesem Jahr (inkl. meinem).

Nach einer längeren Mittagspause ziehe ich zurück zum Bächenstock, wobei ich den Gipfel auf der Westseite unschwierig umgehen kann und direkt die vorhin erwähnte Gratscharte (mit Steinmann) erreiche. Da ich weiterhin fit bin und sich die prognostizierten Quellwolken im Urnerland Zeit lassen, beschliesse ich noch weitere Gipfel anzuhängen. Vom südlichen Ende des Seewenzwächtens quere ich über Geröllgelände an den Fuss vom Spitzplanggenstock, welchen ich schliesslich durch eine markante Rinne erreiche (T5+). Hinweis: Die wbw-markierte Route gewinnt den Gipfel von Süden. Ich folge ihr einige Meter im Abstieg und quere anschliessend durch Geröll auf die Westseite des Miesplanggenstocks. Das Gelände hier ist von unten ziemlich unübersichtlich, so dass ich die erstbeste Rinne hochsteige. Das Gelände wird rasch anspruchsvoll, T5+ bis T6. Schliesslich erreiche ich die Scharte zwischen dem zweiten und dritten Turm (Dem Miesplanggenstock sind auf der Nordseite drei Türme vorgelagert). Den dritten Turm überklettere ich, teilweise direkt dem Grat folgend, teilweise in die schrofige Westflanke ausweichend (T6-). Aus der Scharte nach dem drittem Turm klettere ich direkt dem Grat entlang zum Hauptgipfel vom Miesplanggenstock (2874m). Die untersten Meter sind äusserst ausgesetzt, aber immerhin gutgriffig (II+, Topo).

Das war genug Nervenkitzel für heute, weshalb ich mich im Abstieg an die "Normalroute" halte. Man wählt hier die Rinne direkt südlich des Gipfels und erreicht so ein breites Schuttband (T5 bis T5+). Dieses verlässt man unschwierig nach unten (sprich Westen) durch eine von mehreren harmlosen Rinnen (T4, Topo). Anschliessend Querung zurück nach Norden zum Alpinwanderweg oder direkt zu P. 2614. Nach einem Kuchenhalt auf der Hütte - hier herrscht heute tote Hose - ist der Schlussabstieg schnell geschafft. 


Zeiten
2:45  Bächenstock
0:45  Zwächten
1:25  Spitzplanggenstock
0:40  Miesplanggenstock
1:40  Gorezmettlen

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


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