Bretterspitz-Westgrat


Publiziert von Manu81 , 8. September 2016 um 23:05.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 4 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto via Reutte nach Hinterhornbach. Parken an dem mittlerweile (freiwillig) kostenpflichtigen Parkplatz am Trafohäuschen in Hinterhornbach.

Schon viel gelesen und viel gehört... der Bretterspitz-Westgrat! Schönste einfache Gratkletterei im Allgäu! Traumhafte Ausblicke! Einfache Kletterstellen, selten ausgesetzt, alles ganz easy!

Easy war´s nicht, aber dennoch eine absolute Traumtour und definitv ein ganz großes Highlight meines bisherigen, bescheidenen Alpinistendaseins...

Wir laufen kurz nach Sonnenaufgang, gegen 6:45 von Hinterhornbach aus los. Unsere weglose Tour beginnt ungewollt schon 10 Minuten nach dem Start in Hinterhornbach. Durch einen ersten Versteiger landen wir in steilen Wiesen- und Waldhängen, etwa 500 Meter zu weit östlich. Wir merken das leider erst recht spät, versuchen eine erfolglose, steile Querung durch dichtes Unterholz, und steigen dann wieder frustriert bis zur Hornbachbrücke ab. Augen aufgesperrt: eigentlich ist das Schild "Kaufbeurer Haus" nicht zu verpassen... Demnach der Tip: wer zu Beginn, nach der Hornbachbrücke über eine zweite, recht morsche Brücke steigt, ist falsch!

Der weitere Aufstieg ist schnell beschrieben: durch den Wald geht es recht direkt und steil, an den 5 Ruhebänkchen vorbei in Richtung Kaufbeurer Haus (2.005 m). Dieses liegt wunderschön und aussichtsreich im unteren Urbeleskar. Wir holen uns noch wertvolle Tips vom Hüttenwirt ("Den Grat immer direkt machen. Im Zweifel bissl nach rechts, aber maximal 10 Meter! Da waren neulich welche unterwegs, welche 30 Meter in die Südflanke ausgewichen sind!") und laufen dann über sanfte Matten und weiter über Schutt ins hintere Urbeleskar.

Am Abzweig zum Bretterspitz-Normalweg wenden wir uns auf Pfadspuren nach rechts auf den Ostrücken der Gliegerkarspitze. Die Spur verliert sich immer wieder, aber der Weg ist klar definiert: direkt auf dem Ostrücken aufsteigen, im Zweifel eher etwas rechts halten. Wir sind dann bis direkt an die Ostwand der Gliegerkarspitze aufgestiegen und sind dort auf die alten Eisensicherungen getroffen. Diesen sind wir über Bänder bis in die Gliegerscharte (2.450 m) gefolgt. Eine verlockende Querung etwas weiter unten (kurzer Abstieg und Wiederaufstieg in einer Schrofenrinne) haben wir angetestet, dann aber verworfen, da uns hier das Gestein zu bröselig aussah.

Aus der Gliegerscharte (2.450 m) ist dann der Ostgipfel der Gliegerkarspitze (2.551 m) schnell und problemlos bestiegen. Meiner Ansicht nach tut man sich direkt am Grat (südlich) etwas leichter als in der rechts anschließenden Schuttrinne.  An der GKS genießen wir den atemberaubenden Blick über die Hornbachkette, das Allgäu und bis in die hohen Ötztaler zur Wildspitze. Der Hauptgipfel der GKS beeindruckt. Der ist definitv zu kriminell für uns ;-).

So. Dann ist Umdrehen angesagt. Blick zur Bretterspitze. Westgrat. Wow. Und da wollen wir rauf? T4, II??? Naja. Steigen wir mal ab und testen den Grat an. Wenn´s nicht geht (und das scheint uns ziemlich sicher), vereinbaren wir umzudrehen.

Der Beginn des Grates ist waagerecht und einfach. Die ersten Klettermeter fallen leicht. Das geht ja recht gut! Die ersten einfachen Ier-Aufschwünge sind gemeistert. Immer wieder kommen wir jedoch auch an luftige IIer-Stellen. Eine Umgehung erscheint uns meistens nicht sehr sinnvoll, da sowohl Nord- als auch Südflanke extrem schuttbeladen und abschüssig sind. Daher nehmen wir die meisten Aufschwünge direkt. So geht es höher und höher - und eigentlich macht das doch alles verdammt viel Spaß! Den IIer-Aufschwung im Mittelteil nehmen wir etwas umständlich zunächst von der Südflanke aus, queren in die Nordflanke und steigen von dort aus direkt zum Grat auf.

Die bauchige IIIer-Steilstufe kurz vor dem Gipfel umgehen wir über eine schuttige IIer-Rinne in der Südflanke. Machbar. Und nach gut einer dreiviertel Stunde stehen wir oben am Hauptgipfel der Bretterspitze. Wow, was für ein Aufstieg!

Eigentlich war eine längere Gipfelrast geplant, aber es scheint als seien Regenwolken im Anmarsch. Der Wind frischt auch unangenehm auf, sodass wir uns entscheiden abzusteigen. Über Schrofen und einzelne einfache Ier gehts runter in die Schwärzerscharte (2.433 m). Der Abstieg über die Schutthalde zum Karboden ist deutlich einfacher als es von unten schien, und so sind wir bald wieder am Kaufbeurer Haus.

Noch hin und weg vom zurückliegenden Grataufstieg genehmigen wir uns eine wirklich hervorrragende Gulaschsuppe und steigen dann zügig nach Hinterhornbach ab.

Nun noch ein paar Worte zu meinem subjektiven Empfinden der Schwierigkeiten: Die Schwierigkeiten beginnen recht moderat mit dem Aufstieg über den Ostrücken der Gliegerkarspitze zur Gliegerscharte und zum Ostgipfel der Gliegerkarspitze. Meiner Ansicht nach alles im Bereich T4 (wenn überhaupt), maximal I. Gleiches gilt auch für den Abstieg von der Bretterspitze über den Normalweg.

Der Westgrat der Bretterspitze ist jedoch eine ganz andere Kategorie. Der Grat wird auf hikr häufig mit T4/I-II bewertet, was ich etwas irreführend finde. Es gibt nur wenig Gehgelände, im Prinzip klettert man mehr oder wenig konstant I/I+ und mehrere Stellen II. Dazwischen sind vereinzelt kurze, aber z.T. auch ausgesetzte Gehpassagen. T4 hört sich so ein bisschen nach Hochvogel, Widderstein,  Biberkopf und Co. an. Diese haben aber grundsätzlich einen anderen, weniger ernsten Charakter. Der Westgrat der Bretterspitze ist unmarkiert und weglos. Das Auffinden der einfachsten Route ist nicht immer trivial. Die finale IIIer-Stelle kann zwar umgangen werden, dennoch sind es mindestens eine Hand voll IIer, welche geklettert werden müssen (dürfen ;-)), da eine Umgehung meist nur durch Ausweichen in die geröllige und sehr abschüssige Flanke denkbar wäre.


Es war eine traumhafte, anspruchsvolle 5-Sterne-Tour!






Tourengänger: Manu81


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