Das Geheimnis des Wanderns
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Beim Wandern denke ich ständig irgendeinen Unsinn, zum Beispiel diesen: Wenn es irgendetwas auf unserem Planeten nicht gibt, dann ist das die Zeit. Die Zeit gibt es nicht. Denn wenn es die Zeit gäbe, dann gäbe es den Augenblick nicht, weil der Augenblick das Gegenteil der Zeit ist.
So wie ich es sehe, ist der Augenblick die kleinste Zeiteinheit, die man sich vorstellen kann, und so wie ich informiert bin, hat die kleinste Zeiteinheit, die es gibt, auch eine Zahl. Alles was eine Zahl hat, ist statisch, bewegungslos. Der Augenblick ist also bewegungslos.
Dann frage ich mich natürlich sofort, wie es kommt, dass ein bewegungsloser Augenblick in einen anderen Augenblick hinüber wechselt. Denn etwas, was sich nicht bewegt, kann sich ja nicht in etwas anderes - in diesem Fall nicht in einen nächsten Augenblick - verwandeln. Denn dazu müsste sich etwas Unbewegtes in das nächste Unbewegte bewegen. Aber das ist völlig unmöglich.
Oh mein Gott, das ist schwierig. Ich beginne zu schwitzen....das hingegen ist zwar nicht schwierig, denn heiss ist es heute sowieso im Val di Lodrino.
Mittels einem Foto kann ich (und andere Leute auch, schon klar) zwar beweisen, dass es den Augenblick gibt. Aber dass es die Zeit gibt - das konnte bisher, soviel ich weiss, noch niemand beweisen. Warum nicht? Ganz einfach. Weil die Zeit entweder bereits vergangen ist, oder erst noch kommt. Die Zeit ist immer damit beschäftigt, entweder zu kommen oder zu gehen - nur stehen bleiben kann sie nicht, die Zeit, dieser elende und verantwortungslose Vagabund, und genau das ist die Schwäche der Zeit. Sie kann nicht stehenbleiben.
Darüber habe ich mich schon oft geärgert, auf meinen Wanderungen, wenn es schön war, dass die Zeit nicht stehenbleiben kann. Dabei weiss ich immer noch nicht ganz genau, ob die Zeit nicht stehenbleiben will oder ob sie einfach unfähig ist, stehenzubleiben. Das Tragische ist, dass nicht einmal der Augenblick fähig ist, stehen zu bleiben. Sogar der Augenblick ist in ständiger Bewegung - von einem Augenblick zum andern, obwohl das - logisch gesehen - völlig unmöglich ist, weil jeder Augenblick statisch ist - also bewegungslos.
Und trotzdem fliesst ein Augenblich irgendwie in einen anderen Augenblick hinüber, und ich frage mich (und andere Leute auch), wie das überhaupt möglich ist. Denn zwischen einem Augenblick und dem nächsten Augenblick ist ein Abgrund, den die Zeit überspringen muss. Wie macht sie das nur, die Zeit? Aber eben, kümmert sich die Zeit um irgendwelche Widersprüche? Nein. Die Zeit steht über der Logik und über den Widersprüchen des Verstandes. Nur durch ein Foto kann ich beweisen, dass ich in Bergnauri war. (Aber ein Foto von Bergnauri werde ich erst in meinem nächsten Bericht hochladen, weil ich heute Nacht einfach nicht mehr mag.)
Aber eben - was ich eben gerade vorher erzählt habe, ist natürlich ein totaler Unsinn, denn in 500'000 Jahren werden meine Fotos verschwunden sein, und niemand wird sich mehr an sie erinnern - was natürlich ebenfalls ein Unsinn ist, denn das weiss ich ja gar nicht. Ich weiss ja nicht, was in 500'000 Jahren sein wird. Ja, so ist das, und während ich diesen Gedanken über die Illusion der Zeit nachgrüble, bin ich unterwegs von Pronzolo nach Bergnauri.
Was passiert eigentlich, während ich wandere. Ich setze einen Fuss vor den andern. Ich mache einen Schritt vorwärts und dann kommt der nächste Schritt. Aber was passiert zwischen den Schritten? Nichts? Geht nicht, denn nichts gibt es nicht, sonst wäre es nicht nichts. Aber zwischen den einzelnen Schritten muss etwas sein, sonst gäbe es ja nicht viele Schritte nacheinander, sondern nur einen einzigen, riesengrossen, weltumspannenden Schritt.
Aber was ist das, was zwischen den einzelnen Schritten ist? Das Vakuum? Der leere Raum? Die Leere des Buddha? Oder vielleicht sogar ein Zeitloch? Ist es möglich, dass einige der Personen, die jedes Jahr auf unserem Planten verschwinden und nie mehr auftauchen, in einen leeren Raum zwischen den Schritten hineingeplumpst sind und nun in einem Paralleluniversum weiterleben? Kein noch so genialer Wissenschaftler hat das bisher herausgefunden, und darum ist das Wandern ein Geheimnis - und zwar seit seinen Anfängen (also ungefähr seit den Völkerwanderungen der Indogermanen nach Osten und Westen, oder schon vorher) bis heute.
Niemand weiss, was das Wandern ist. Und genau darum wird das Wandern immer beliebter. Warum? Weil das Wandern eines der letzten Rätsel ist, die uns Erdenbewohnern - ausser dem Leben und dem Tod - noch geblieben ist zu lösen. Sobald wir das Rätsel des Wanderns gelöst haben werden, wird kein müder Knochen mehr wandern gehen, weil es nur noch langweilig sein wird.
Wir Menschen lieben das Neue, die Zukunft, die Rätsel, die Geheimnisse. Und wo kann man die Geheimnisse besser erfahren als beim Wandern? Na ja - eben nirgendwo sonst.
Wegbeschreibung:
Von Lodrino steigt man hinauf nach Pronzolo und dann wandert man dem Weg entlang nach Pianascio und dann nach Bergnauri. (Von Bergnauri werde ich aber erst in meinem nächsten Bericht ein Foto hochladen, weil es heute schon spät ist und ich im Moment einfach nicht mehr mag.) (Das habe ich zwar schon gesagt.) (Ist ja egal, oder nicht?)
So wie ich es sehe, ist der Augenblick die kleinste Zeiteinheit, die man sich vorstellen kann, und so wie ich informiert bin, hat die kleinste Zeiteinheit, die es gibt, auch eine Zahl. Alles was eine Zahl hat, ist statisch, bewegungslos. Der Augenblick ist also bewegungslos.
Dann frage ich mich natürlich sofort, wie es kommt, dass ein bewegungsloser Augenblick in einen anderen Augenblick hinüber wechselt. Denn etwas, was sich nicht bewegt, kann sich ja nicht in etwas anderes - in diesem Fall nicht in einen nächsten Augenblick - verwandeln. Denn dazu müsste sich etwas Unbewegtes in das nächste Unbewegte bewegen. Aber das ist völlig unmöglich.
Oh mein Gott, das ist schwierig. Ich beginne zu schwitzen....das hingegen ist zwar nicht schwierig, denn heiss ist es heute sowieso im Val di Lodrino.
Mittels einem Foto kann ich (und andere Leute auch, schon klar) zwar beweisen, dass es den Augenblick gibt. Aber dass es die Zeit gibt - das konnte bisher, soviel ich weiss, noch niemand beweisen. Warum nicht? Ganz einfach. Weil die Zeit entweder bereits vergangen ist, oder erst noch kommt. Die Zeit ist immer damit beschäftigt, entweder zu kommen oder zu gehen - nur stehen bleiben kann sie nicht, die Zeit, dieser elende und verantwortungslose Vagabund, und genau das ist die Schwäche der Zeit. Sie kann nicht stehenbleiben.
Darüber habe ich mich schon oft geärgert, auf meinen Wanderungen, wenn es schön war, dass die Zeit nicht stehenbleiben kann. Dabei weiss ich immer noch nicht ganz genau, ob die Zeit nicht stehenbleiben will oder ob sie einfach unfähig ist, stehenzubleiben. Das Tragische ist, dass nicht einmal der Augenblick fähig ist, stehen zu bleiben. Sogar der Augenblick ist in ständiger Bewegung - von einem Augenblick zum andern, obwohl das - logisch gesehen - völlig unmöglich ist, weil jeder Augenblick statisch ist - also bewegungslos.
Und trotzdem fliesst ein Augenblich irgendwie in einen anderen Augenblick hinüber, und ich frage mich (und andere Leute auch), wie das überhaupt möglich ist. Denn zwischen einem Augenblick und dem nächsten Augenblick ist ein Abgrund, den die Zeit überspringen muss. Wie macht sie das nur, die Zeit? Aber eben, kümmert sich die Zeit um irgendwelche Widersprüche? Nein. Die Zeit steht über der Logik und über den Widersprüchen des Verstandes. Nur durch ein Foto kann ich beweisen, dass ich in Bergnauri war. (Aber ein Foto von Bergnauri werde ich erst in meinem nächsten Bericht hochladen, weil ich heute Nacht einfach nicht mehr mag.)
Aber eben - was ich eben gerade vorher erzählt habe, ist natürlich ein totaler Unsinn, denn in 500'000 Jahren werden meine Fotos verschwunden sein, und niemand wird sich mehr an sie erinnern - was natürlich ebenfalls ein Unsinn ist, denn das weiss ich ja gar nicht. Ich weiss ja nicht, was in 500'000 Jahren sein wird. Ja, so ist das, und während ich diesen Gedanken über die Illusion der Zeit nachgrüble, bin ich unterwegs von Pronzolo nach Bergnauri.
Was passiert eigentlich, während ich wandere. Ich setze einen Fuss vor den andern. Ich mache einen Schritt vorwärts und dann kommt der nächste Schritt. Aber was passiert zwischen den Schritten? Nichts? Geht nicht, denn nichts gibt es nicht, sonst wäre es nicht nichts. Aber zwischen den einzelnen Schritten muss etwas sein, sonst gäbe es ja nicht viele Schritte nacheinander, sondern nur einen einzigen, riesengrossen, weltumspannenden Schritt.
Aber was ist das, was zwischen den einzelnen Schritten ist? Das Vakuum? Der leere Raum? Die Leere des Buddha? Oder vielleicht sogar ein Zeitloch? Ist es möglich, dass einige der Personen, die jedes Jahr auf unserem Planten verschwinden und nie mehr auftauchen, in einen leeren Raum zwischen den Schritten hineingeplumpst sind und nun in einem Paralleluniversum weiterleben? Kein noch so genialer Wissenschaftler hat das bisher herausgefunden, und darum ist das Wandern ein Geheimnis - und zwar seit seinen Anfängen (also ungefähr seit den Völkerwanderungen der Indogermanen nach Osten und Westen, oder schon vorher) bis heute.
Niemand weiss, was das Wandern ist. Und genau darum wird das Wandern immer beliebter. Warum? Weil das Wandern eines der letzten Rätsel ist, die uns Erdenbewohnern - ausser dem Leben und dem Tod - noch geblieben ist zu lösen. Sobald wir das Rätsel des Wanderns gelöst haben werden, wird kein müder Knochen mehr wandern gehen, weil es nur noch langweilig sein wird.
Wir Menschen lieben das Neue, die Zukunft, die Rätsel, die Geheimnisse. Und wo kann man die Geheimnisse besser erfahren als beim Wandern? Na ja - eben nirgendwo sonst.
Wegbeschreibung:
Von Lodrino steigt man hinauf nach Pronzolo und dann wandert man dem Weg entlang nach Pianascio und dann nach Bergnauri. (Von Bergnauri werde ich aber erst in meinem nächsten Bericht ein Foto hochladen, weil es heute schon spät ist und ich im Moment einfach nicht mehr mag.) (Das habe ich zwar schon gesagt.) (Ist ja egal, oder nicht?)
Tourengänger:
mong

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Kommentare (25)