Wanderung auf historischen Pfaden - Näfelser Fahrt


Publiziert von PStraub , 7. April 2016 um 15:13.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 7 April 2016
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Oberseegruppe 
Zeitbedarf: 3:00

Glarner hängen an alten Zöpfen. Bei uns geben Schüler den Lehrern noch die Hand. Und die politischen Entscheidungen werden im offenen Handmehr an der Landsgemeinde getroffen. Was oft genug zu weit moderneren Lösungen führt, als sie an der Urne je möglich wären (zB. die radikalste Gemeindefusion der Schweiz).
 
Meine heutige "Wanderung" folgte den Spuren einer weit über 600 Jahre alten Tradition: der Näfelser Fahrt. 
 
Am 9. April 1388 schlugen die Glarner ein zahlen- und waffenmässig haushoch überlegenes Aufgebot der Habsburger. Im Folgejahr gelobten die Landleute, jedes Jahr einen Bittgang durchzuführen, um dem Himmel für Hilfe und Rettung zu danken und für das Seelenheil der Gefallenen zu beten. Dieses Versprechen wurde im "Fahrtsbrief" schriftlich festgehalten, denn „des Menschen Gedenken und Sinn sind von Natur aus krank und blöde". Letzteres hat sich (nur bei uns?) bis auf den heutigen Tag nicht geändert.
 
Die Fahrt war und ist also keine Schlacht- oder Siegesfeier, sondern ein religiöser Anlass. Welcher jedoch von der Regierung ausgerichtet wird. Was heute befremden mag, war im Mittelalter selbstverständlich: Eine Trennung von Kirche und Staat hätte sich damals niemand vorstellen können.
Sie ist übrigens der älteste, in alt-überlieferter Form durchgeführte Staatsanlass der Schweiz. 
Das "Gesetz betreffend die Feier der Näfelser Fahrt" von 1835 regelt "neuerdings" ihren Ablauf. Das war damals erforderlich, da Katholiken und Reformierte eifersüchtig auf ihre althergebrachten Rechte schauten.
 
Die Fahrt beginnt in Schneisingen. Dort treffen sich die Delegationen der verschiedenen "Kirchhöris" mit Kreuz und Fahnen. Noch heute machen sich die Träger eine Ehre daraus, selbst von Linthal her zu Fuss dorthin zu kommen. Wenn die Regierungskutschen angekommen sind, hält dort ein Politiker eine "weltliche" Rede. Dann zieht die Prozession von einem Gedenkstein zum nächsten, wo es jeweils einen kurzen Halt für ein Gebet gibt.
 
Die nächste Station ist auf dem Fahrtsplatz. Hier verliest mein Schulkollege Josef Schwitter den "Fahrtsbrief". Dessen Inhalt stammt aus dem 15. Jhd., der Text wurde nur vorsichtig modernisiert. Grundsätzlich geht es darum, den Anwesenden das ursprüngliche Gelöbnis in Erinnerung zu rufen. Weil Menschen eben "blöde" (= vergesslich) sind.
 
Dann hält ein Geistlicher die Fahrtspredigt, jährlich abwechselnd ein evangelischer und ein katholischer. Das oben erwähnte Gesetz legt in Art. 3 sogar fest: "In der Predigt soll von beiderseitigen Geistlichen bei persönlicher Verantwortlichkeit und Ahndung allem ausgewichen werden, was den andern Glaubensgenossen anstössig sein könnte."
 
Dann geht der Zug quer durchs Dorf zum Schlachtdenkmal, einer Kuriosität aus dem 19. Jhd., und schliesslich zu einem Gottesdienst in der Dorfkirche.
Letzteres habe ich mir geschenkt, schliesslich war ich auch zum anschliessenden Regierungsbankett nicht eingeladen ..

PS: Die ersten paar Fotos stammen von der Fahrt 2011 (Sonne = bessere Farben). 

Tourengänger: PStraub


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»