Tödi/Piz Russein (3614m)
|
||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
Nach ausgiebigem, gutem Schlaf und einem gemütlichen Zmorge wankten wir um 6.15 Uhr aus der Fridolinhütte (dorthin kamen wir am Vortag über den Gemsfairenstock). Ab 4.30 Uhr gab es Frühstück, was den Vorteil hatte, dass sich das Gewusel in Grenzen hielt und sich die Tourengänger etwas verteilten. Wir gingen davon aus, dass wir schnell unterwegs sein würden und blieben etwas länger in den Federn.
Der Beginn der Tödi-Tour war nicht ganz nach meinem Geschmack: Eine steile, pickelharte Abfahrt auf Fellen. Höchste Konzentration war also gefragt, bevor's überhaupt richtig los ging. Vom Talboden wandten wir uns der Ostseite des unteren Gletscherbruchs zu. Die Variante durch die Mitte war mangels Schnee nicht möglich – und das wird diese Saison wohl auch so bleiben. Ziemlich steil ging es in die Höhe, Harscheisen beruhigten die Nerven. Bald war gemütlicheres Gelände erreicht und über dem ersten Abbruch steuerten wir die Schneerus an, denn auch der zweite Gletscherbruch ist dieses Jahr nicht passierbar.
Glücklicherweise konnten wir noch vor der Schneerus einige grössere Gruppen überholen. In diesem steilen, langen Couloir hinter 20 Leuten aufzusteigen wäre wohl etwas ungemütlich geworden. Mit Steigeisen (wäre auch ohne gegangen), Pickel und aufgebundenen Ski stiegen wir in die Höhe. Die Schneerus ist ähnlich steil wie das Y-Couloir am Pizzo Rotondo und durchaus fahrbar. Allerdings ragten an der engsten Stelle ziemlich viele Felsen aus dem Schnee und schaute auch sonst recht ruppig aus, weshalb wir uns bereits im Aufstieg entschlossen, die Schneerus auf dem Rückweg nicht abzufahren.
Nach insgesamt zwei Stunden erreichten wir den Ausstieg der Schneerus. Hier gönnten wir uns eine Znünipause. Wir waren zwar schnell, für unsere Verhältnisse aber gemütlich unterwegs und wollten daran auch nichts ändern. Wir erwarteten eine ruppige, ungemütliche und lange Abfahrt, für die wir noch genügend Saft in den Beinen haben wollten.
Kaum an der Sonne, floss der Schweiss. So ging es im T-Shirt weiter – und zwar bis auf den Gipfel. Ausnahmsweise wäre etwas Wind gar nicht mal so unwillkommen gewesen. Auf ca. 3300m gönnten wir uns erneut eine Pause. Auch diese war mehr präventiver Art. Bald erreichten wir den Steilhang unter dem Gipfel und nach insgesamt viereinhalb Stunden das Skidepot. Nach wenigen Schritten standen wir glücklich auf dem Tödi. Und das ohne Handschuhe und im T-Shirt! Und vor allem: Putzmunter und nach wie vor mit viel Kraft in den Beinen. Die Bächenstock-Traverse eine Woche zuvor hatte mich deutlich mehr geschlaucht.
Nun, wenn man schon mal auf dem Tödi ist, sollte man es geniessen. Wir liessen uns deshalb viel Zeit und verbrachten mehr als eine Stunde auf dem Tödi. Irgendwie mutete es seltsam an, auf Schärhorn, Clariden oder Oberalpstock runterzuschauen. Schon so oft hatte ich von dort zum Tödi hochgeblickt.
An die Abfahrt hatten wir eigentlich nur negative Erwartungen. Zu unserer Überraschung und Freude trafen wir aber bis zur Schneerus auf eine Art Skipiste. Aus der antizipierten Qual wurde ein Genuss. Weiter neben der „Piste“ wäre man aber schnell im Windharsch gelandet. Wie erwähnt, bewältigten wir den Abstieg durch die Schneerus zu Fuss (wie die allermeisten Tourengänger an diesem Tag). Unten erfreuten wir uns erneut über pistenähnliche Verhältnisse. Bis zum Munggenplänggli war die Abfahrt eine wahre Freude, wie wir sie nie erwartet hätten.
Danach folgte schliesslich doch noch der erwartete Windharsch, was unsere Abfahrt deutlich verlangsamte. Mit so vielen Höhenmetern in den Beinen und Gewicht auf dem Rücken sollte man Derartiges gemütlich angehen, um sich nicht noch unnötig zu verletzen. Das Gestrüpp im Gebiet Rietlen war wiederum gut zu fahren, das nächste Teilstück nach Hinter Sand wieder etwas mühsamer. Die kurze Steilstufe bewältigten wir zu Fuss. Zurzeit liegt noch genügend Schnee in diesem Bereich.
Nach Hinter Sand folgte der mühsame Teil der Abfahrt. Bis kurz vor Ober Sand ist es nämlich zu flach bzw. geht es leicht aufwärts, sprich: Die Ski werden ein erstes Mal getragen. Vor der Sandwiti folgt erneut ein Flachstück. Nach P. 1042 war – wie so oft – eine kurze Passage aper. So oder so ist es dort aber zu flach, um auf Ski zu bleiben. Eine letzte Tragpassage zwängt sich im Tunnel nach der Pantenbrugg auf. Um 15.15 Uhr – und damit neun Stunden nach Tourenstart in der Fridolinhütte – erreichten wir Tierfehd.
An dieser Stelle noch ein Wort zur Schwierigkeitsbewertung. Umgeht man die beiden Gletscherabbrüche und bewältigt man die Schneerus zu Fuss, würde ich die Tour bloss mit ZS bewerten und nicht mit S (wie im SAC-Führer).
SLF: mässig (Triebschnee oberhalb 2000m, nasse Lawinen im Tagesverlauf)

Kommentare (7)