Chärpf Trilogie


Publiziert von Bergamotte , 31. Januar 2016 um 19:23.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:30 Januar 2016
Ski Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Chärpfgruppe 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 2220 m
Abstieg: 2220 m
Strecke:22.5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Elm, Steinibach, PP vorhanden
Unterkunftmöglichkeiten:Skihütte Obererbs (mit Brunnen) / Leglerhütte
Kartennummer:246S / 247S (R. 308a, 307e)

Gesetzt war heute nur der Gross Chärpf. Doch angesichts des herrlichen Wetters entschied ich mich vor Ort für eine grössere Zusatzschlaufe zum Hanenstock. Und da lag der Chli Chärpf ohnehin am Weg. Schliesslich gilt es in diesem durchzogenen Winter zuzuschlagen, wenn immer die Verhältnisse stimmen. Um diesbezüglich flexibel zu sein, startete ich sehr früh. Das hatte natürlich auch mit dem erwarteten Grosskampftag im Gebiet zu tun. Tatsächlich bestiegen heute über zwanzig Türler den Gross Chärpf, am kleinen Bruder dürften es zehn Mal mehr gewesen sein.

Um sieben Uhr laufe ich im Halbdunkeln in Unter Erbs los. Mal abgesehen von zwei Campern, die auf dem Parkplatz übernachtet haben, herrscht Ruhe vor dem Sturm. Zunächst noch mit der Stirnlampe folge ich dem bestens ausgetretenen Hüttenweg Richtung Ober Erbs. Im Burstwald reicht die Schneedecke noch knapp für den Aufstieg, doch alternativ kann immer auf die planierte Forststrasse ausgewichen werden, welche auch die Winterwanderer benutzen. Bald öffnet sich der Blick auf den Hausstock mit seiner mächtigen Nordwand, der Blickfang auf der ganzen Tour. Prächtig anzusehen, wie er von den ersten Sonnenstrahlen wachgeküsst wird.

Mich persönlich erwartet dieser Moment erst auf Höhe Rotstock, sprich circa 2300m. Hierhin war ich auf gut gelegter Spur, natürlich relativ glasig nach den warmen Tagen, aufgestiegen. Hier trennen sich auch die Routen auf Gross und Chli Chärpf. Erstere steigen durch den südexponierten Kessel in den Sattel bei P. 2515 auf. Man erreicht hier gut 30°. A propos, die Lawinensituation präsentierte sich heute nicht nur im Bulletin, sondern auch vor Ort äusserst günstig. Das ist an diesem Berg ohnehin Voraussetzung, das Unglück von 2011 hatte ich stets im Hinterkopf. Mit einem Schlenker gegen Westen und einer kurzen Portage umgehe ich den abgeblasenen SW-Sporn und steige zum Skidepot auf. Selbst mit Harscheisen ist das Gehen relativ mühsam.

Pickel und Steigeisen leisten im Fussaufstieg gute Dienste, zwei Felspartien sind vereist. Auch sonst ist das Gelände genug steil, so dass man gegen zusätzliche Sicherheit nichts einzuwenden hat. Was sind schon ein paar Gramm zusätzlich?! Kurz nach zehn Uhr erreiche ich den Gross Chärpf (2794m). Es geht ein frischer Wind, sonst lässt das Wetter genau wie das Panorama keinerlei Wünsche offen. Im Norden der Blick übers Unterland bis zum Federispitz, im Süden die Glarner Hochalpen, im Osten und Westen Ziele für ein ganzes Türlerleben.

Was nun? An einem solchen Tag um zehn Uhr an den Heimweg denken? Natürlich nicht: Hanenstock voraus! Dieser liegt gerademal zwei Kilometer entfernt in der Verlängerung des Chärpf SW-Grats. Theoretisch liesse er sich via Chärpftor relativ zügig erreichen. Doch einerseits ist dies keine erlaubte Route im Schutzgebiet Chärpf, andererseits wegen der Gefahr von Steinschlag und Lawinen ohnehin nicht empfehlenswert. Die bestmögliche (und einzige) Alternative ist eher umständlich. Ich fahre über die Aufstiegsroute bis ca. 2420m ab und erreiche von dort im Tross die Chärpfscharte (2664m).

Abfellen und kurze Abfahrt auf ca. 2500m. Nun spure ich möglichst höheneffizient nach Südwesten, das dauert eine gefühlte Ewigkeit. Im Gegensatz zu vorhin herrscht hier absolute Stille und Einsamkeit. Vorsicht: Auf der LK kann der Eindruck einstehen, ab P. 2515 liesse sich alles dem Grat bis zum Hanenstock (2561m) folgen. Tatsächlich müssen mehrere Aufschwünge umgangen werden. Den Gipfel erreiche ich zuletzt zu Fuss, kurz > 30°. Erster Bucheintrag seit September. Die Abgeschiedenheit ist es denn auch, welche den Hanenstock im belebten Chärpf-Gebiet auszeichnet. Skifahrerisch gibt er wenig her und wird im Winter kaum begangen. Am lohnendsten ist wohl die Abfahrt nach Betschwanden, aber auch sie erfordert (wie alle Varianten) einen Wiederaufstieg.

Ich hingege quere nach meiner Mittagsrast auf Fellen alles zurück Richtung Chärpfscharte. Im kurzen Wiederaufstieg macht sich in meinen Beinen das Tagesprogramm erstmals richtig bemerkbar. Übrigens, heute wählen nur wenige Türler für ihren Aufstieg zum Chli Chärpf (2700m) eine der Varianten via Leglerhütte (sprich ab Mettmen od. Pleus). Der abschliessende Fussaufstieg gibt sich äusserst gutmütig, von kurzen Staus mal abgesehen. Oben ist der angekündigte Wetterumschwung bereits deutlich erkennbar. Von Westen drücken Wolken und der Wind hat angezogen. Ich verweile nicht und mach mich an die lange Abfahrt via Filetsch zurück nach Unter Erbs. Wider Erwarten konnte der Schnee nur an wenigen Stellen schön aufsulzen, war aber überall gut fahrbar. Beim Auto blasen mir dann bereits Sturmböen um die Ohren. Zum Tourabschluss in den Elmer nach Matt, meine liebste Beiz im Chlital.


Zeiten (zügig)
3:05  Gross Chärpf
1:45  Hanenstock
0:55  Chli Chärpf
0:45  Unter Erbs

slf mässig (ab 2200m, Sektoren Nord/Ost)


Vorsatz: Nächstes Wochenende einfach mal eine normale Skitour machen. Ein Aufstieg, eine Abfahrt. Keine 2000Hm, keine 20km Distanz, keine sechs Stunden, kein viermaliges Anfellen...

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Skitouren


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (6)


Kommentar hinzufügen

Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 31. Januar 2016 um 19:47
Hoi Bergamotte.....
was war 2011 passiert, warst du Augenzeuge oder warst du im Unglück verwickelt ?

Bergamotte hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Februar 2016 um 15:35
Gottlob nein. Ich erinnere mich einfach speziell an diesen Vorfall (Link, S. 50ff), vielleicht weil es während meiner ersten ST-Saison passierte und ich das Gebiet schon etwas kannte.

Hierzu eine kurze Bemerkung. Natürlich sprechen solche Unfälle vor allem unser subjektives Risikoempfinden an. Ein Berg wird nicht gefährlicher, bloss weil sich dort kürzlich ein Unfall ereignet hat (und umgekehrt!). Im allgemeinen leisten solche Ereignisse aber, so traurig sie auch sein mögen, wohl unverzichtbare Präventionsarbeit, denn sie machen das abstrakte Bulletin plötzlich real und unmittelbar.

Primi59 hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Februar 2016 um 08:22
danke für deinen Link, ist sehr interessant...
bin nicht sooo der Schneemensch da ich die Schneeverhältnisse nicht so gut kenne und daher "nur" die ganz sicheren Wege mit den Schneeschuhen gehe, hab einfach zu viel Respekt....
deine Berichte sind immer sehr informativ, ebenso die Bilder !

Grüässli


Bombo hat gesagt:
Gesendet am 1. Februar 2016 um 09:32
Salü

Gratuliere Dir zu Deiner Trilogie - sehr schön beschrieben und mit traumhaften Fotos unterstrichen. Macht gluschtig!!

Ich durfte 2 Tage Telemark-Festival in Davos geniessen - absolut genial gewesen. Jetzt muss halt nochmals eine Ausrüstung her ;-)

Cheers

Bergamotte hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Februar 2016 um 14:36
Danke Dir. Du warst ja auch schon oben. Deine Abfahrtsvariante via Wichlenmatt (wurde durch eine Gruppe gemacht) hatte ich im Hinterkopf, entschied mich dann aber für den Hanenstock; beides wäre zuviel gewesenn.

Steigst Du nun tourenmässig auf Telemark um?


Bombo hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Februar 2016 um 17:10
Salü

Sorry mein Delay - liege immer noch mit Grippe zu Hause und eigentlich hätte man jetzt ja genug Zeit, um all die administrativen Dinge zu erledigen, nur eben... Motivation (und Kraft) gleich null.

Im Tourenbereich konnte ich bis jetzt noch keine Erfahrungen machen, ich war schon froh, dass ich auf der Piste relativ schnell gut damit klar wurde. Von der her werde ich das Telemarken auf jeden Fall weiter üben und perfektionieren und dann Schritt für Schritt auch ins Gelände übernehmen. Denke für einfachere Touren (ohne steile Coulis, etc.) könnte ich es mir sehr gut vorstellen (schon heute), für schwierigeres Gelände, wo ich 100% Vertrauen in mich und Material haben muss, ist's definitiv noch zu früh. Abwarten...

Gruess


Kommentar hinzufügen»