Seekofel (2810m), Gametzalpenkopf (2594m), Roßkopf (2559m) - Gipfelsammeln im Sennesgebiet


Publiziert von gero , 29. Juni 2015 um 12:03.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:26 Juni 2015
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 14:00
Aufstieg: 2220 m
Abstieg: 2220 m
Strecke:P unterhalb Brückele - Brückele - Roßalm - Fosses Riedl - Seekofelhütte - Seekofel - Ofenscharte - Gamsscharte - Gametzalpenkopf - Großer Roßkopf - Töürl - Postmeisteralm - Brückele - P (28,4 km)
Kartennummer:Freytag & Berndt WKS 3 (Pustertal - Bruneck - Drei Zinnen 1:50.000); Tabacco - Karte Naturpark Fanes-Sennes-Prags (1:25.000)

Als ich um 4 Uhr vom Kleinparkplatz 2 km vor dem Brückele losmarschiere, ahne ich noch nicht, daß vor mir ein ultralanger Bergtag liegt (zur vermeintlich ungeschickten Parkplatzwahl vgl. Nachwort). Der Seekofel steht heute auf der Agenda, und zwar über den etwas längeren Anstieg von Osten - er wird ja zumeist vom nördlich gelegenen Pragser Wildsee aus angegeangen.

Ein ultralanger Tag und ein dementsprechend langer Bericht - deshalb selbiger zunächst in Kurzform:
- Abmarsch unterhalb Brückele
- Anstieg zur Roßalm
- Weiterweg zur Fosses Riedl und zur Seekofelhütte
- Aufstieg zum Seekofel
- Rückweg via Ofenscharte nach Osten zur Gamsscharte
- Aufstieg zum Gametzalpenkopf und zum Roßkopf
- Rückmarsch über das Törl zur Postmeisteralm
- Abstieg zum Brückele

Zur Schwierigkeitsbewertung:
- der Zustieg bis zur Ofenscharte weist überhaupt keine Schwierigkeiten auf (Almstraße, Wanderweg): höchstens T2
- der Anstieg auf den Seekofel ist etwas anspruchsvoller: T3- (steiles Gehgelände, Hände nicht erforderlich bei trockenen Verhältnissen, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit)
- die Anstiege auf Gametzalpen- und Roßkopf sind ebenfalls Gehgelände: T2


Teil 1: vom Brückele zum Seekofel (Bilder 1-48)

Etwa 20 Minuten geht es auf der Teerstraße hinauf zum ab 8 Uhr gebührenpflichtigen Großparkplatz Brückele (1491 m - ich schließe mich der Schreibweise auf den Wegweisern an, die Lk verwendet die Bezeichnung Brüggele) und hinein in das namenlose, südwestlich abzweigende Seitental, immer auf Weg Nr. 4 den allzeit tadellosen Beschilderungen und Markierungen zur Rossalm und Seekofelhütte folgend. Sofort umgibt mich diese phantastische Dolomitenlandschaft, die ich so liebe: grüne Matten, blauer Morgenhimmel, aufwärtsstrebende Schluchten zwischen kalkweißen Felswänden. Man verzeihe mir diesen kurzen Exkurs in klischeehafte Postkartenbilder, aber sie drängen sich unwiderstehlich auf.

Die Almstraße führt in gemäßigter Steigung aufwärts, vorbei am Löwenbankl (1860 m), einer maroden Sitzgarnitur neben am Wegesrand. Gut 2 Std. nach Abmarsch erreiche ich die Rossalm (2164 m); kurz davor mündet Weg Nr. 3, von der Plätzwiese kommend, ein. Die Rossalm liegt sehr romantisch inmitten grüner Wiesen unter den Felswänden des Roten Turmes. Es ist jetzt kurz vor 7 Uhr, und der Senn lädt mich gleich amoal auf einen Zirbenschnaps ein. Das ist ein Auftakt, wie ich ihn liebe! - An der Rossalm endet die bisherige Almstraße, danach führt mich Steig Nr. 3 aufwärts über einen namenlosen Wiesensattel in das Gebiet des Kühglattenpingl, hier verzweigen mehrere Steige in verschiedene Richtungen. Ich folge Steig Nr. 28, der über karstiges Terrain südwärts ansteigend hinauf zum Fosses Riedl führt (zahlreiche rote Markierungspunkte, gelegentlich muß man aber aufpassen, daß man diese im Gelände nicht übersieht, denn der Steig ist teilweise nicht so deutlich ausgeprägt, wie man es gewohnt ist).

Um 8 Uhr (s. Nachwort: erst jetzt könnte man am Brückele starten, wenn man zum Bezahlen auf die lästige Parkuhr warten würde!) stehe ich im langgezogenen Wiesensattel Fosses Riedl (2331 m, auch Forcella Cocodain). Welch ein großartiger Ausblick: ostseitig wie bisher die Sextener Dolomiten, südseitig die Türme der Ampezzaner Massive, westwärts Sennes und Fanes mit den Grödener Bergen dahinter - eine Tour der Superlative! - Das Steiglein führt nunmehr unverfehlbar nordwestwärts zur nicht mehr weit entfernten Seekofellütte (2327 m), an der es kurz hinauf zur Ofenscharte (2392 m) geht: hier beginnt der steile Anstieg zum Seekofel.

Vollkommen unschwierig geht es den Bergsteig aufwärts - mit etwas Trittsicherheit braucht man bei trockenen Verhältnissen an keiner Stelle die Hände. In kurzen Kehren gehts bergauf. Am oberen Ende des untersten, steilsten Abschnittes erleichtern einige Ketten den Anstieg, die aber nach meiner Meinung bei normalen Verhältnissen eher störend sind, weil sie im Weg herumhängen. Naja, bei Nässe, im Abstieg, sind sie vielleicht ganz nützlich. Dann legt sich das Gelände umso mehr zurück, je näher man dem Gipfel kommt, und zuletzt gehts sanft hinauf zum Gipfelkreuz des Seekofel (2810 m, 10 Uhr). Ich habe ziemlich genau 6 Stunden für den knapp 15 km langen Aufstieg gebraucht - keine Superzeit, aber es sind viele Fotopausen und ein Zirbenschnapserl auf der Rossalm dabei.

Das Gipfelplateau präsentiert sich südseitig als runde, verhältnismäßig flache Kuppe, während nordseitig steile Abbrüche zum 1000 Hm tiefer gelegenen Pragser Wildsee abfallen. Rundsicht und Tiefblick sind großartig, die exponierte Lage ohne auch nur annähernd gleich hohe Berge in unmittelbarer Nachbarschaft vermittelt den Eindruck unendlicher Weite. Und über allem der typische südtiroler Sommerhimmel - welch ein Tag, was für eine Bergtour!

Nach einstündiger Gipfelrast geht es wieder hinunter; an der Ofenscharte entschließe ich mich, nun nach Osten abzusteigen und für den Rückweg Steig Nr. 3 zu benutzen. Er führt nordseitig unter der Ofenmauer entlang, dann durch liebliches Blumengelände wieder hinüber zum Kühglattenpingl (die Abzweige nordwärts hinab zum Pragser Wildsee beachte ich natürlich nicht, ich will ja zum Brückele zurück). Und dann .... ja, weils gar so schee ist, beschließe ich, noch dem Gelände drüben an der Gamsscharte und den dortigen Bergen einen Besuch abzustatten.

Teil 2: Gametzalpenkopf und Rosskopf (Bilder 49-73)

Auf Grund seiner guten Erreichbarkeit ist der Seekofel natürlich gut besucht; dies ändert sich nun, der Bereich der Gamsscharte scheint mir im Schatten des mächtigen Nachbarn eine eher einsame Landschaft zu sein, obwohl sie ebenfalls durch zahlreiche Wege gut erschlossen ist. Es geht nordwärts hinauf auf die südöstlichen Ausläufer des Großen Jaufen, der über seine ostseitigen Wiesenhänge leicht ersteiglich ist.

Meine inzwischen leicht angemüdeten Beine fordern nach dem neuerlichen Anstieg nun nachdrücklich eine Rast: ich sitze auf einer Wiesenkuppe und träume in den wunderbaren Nachmittag hinein. Dort drüben erheben sich der Gametzalpenkopf und der Große Rosskopf über der Gamsscharte - unser Bergfreund georgb hat sie mir als lohnenswerte Ziele empfohlen. Ob ich die heute noch schaffe? Auf Steig Nr. 28 wandere ich hinüber, und dort, wo die Steige Nr. 29 und 30 hinunter zum Brückele abzweigen, meldet sich urplötzlich dieser innere Schweinehund, den wir alle nur zu gut kennen: "wenn du jetzt dort hinunter gehst, bist du in 2 Stunden drunten am Auto". Schon will ich nachgeben (blöde Bergsteigerei, immer alles so anstrengend!), als ich die Gegenstimme vernehme: "Nix da, jetzt bin ich HIER, und JETZT wirds gemacht!". Nach dieser kleinen alpin-philosophischen Einlage lenke ich also meine inzwischen recht bedächtigen Schritte doch wieder hinauf zur Gamsscharte (2440 m).

Als erstes ist der Gametzalpenkopf dran: ziemlich genau 150 Hm sind es hinauf, ein nur rudimentäres Steiglein zieht den zwar unschwierigen, aber steilen Grashang aufwärts. Die Tatsache, daß der Gametzalpenkopf eine hikr-Erstbesteigung wird, verleiht mir nochmals einen Kräfteschub. Nach einer halben Stunde habe ich es dann geschafft: ich sitze auf dem westseitig in wilden Schuttflanken abbrechenden Gametzalpenkopf (2594 m) und freue mich, doch noch diesen Gipfel erklommen zu haben.

Unmittelbar nordseitig gegenüber fällt ein weiterer, nahezu gleich hoher Punkt auf, der durch ein Steinmanderl geziert ist: ob man dort hinüber kommt? Aber nein: zwischen den beiden Gipfeln liegt eine scharf eingeschnittene, kleinsplittirg nach allen Seiten abfallende Scharte, die sicher höchst unangenehm zu queren ist (falls überhaupt). Nachdem ich sowieso nicht mehr im "Kampfmodus" bin, sondern auf "Durchhalten" laufe, begnüge ich mich mit dem Erreichten und erforsche den besagten Übergang nicht weiter auf Machbarkeit.

Wieder drunten an der Gamsscharte, regt sich natürlich ein letztes Mal der Ehrgeiz: den Großen Rosskopf (2559 m) mache ich auch noch. Er ist wesentlich weniger anstrengend als der Gametzalpenkopf, weil ein schönes Steiglein hinaufführt. Der Gipfel präsentiert sich als liebliche Wiesenfläche mit nochmals prächtiger Rundsicht.

Zurück an der Gamsscharte, steige ich direkt hinunter zum Törl in der Absicht, von dort zur Postmeisteralm und zum Brückele abzusteigen. Das Gelände am Törl zeigt sich aber unerwartet garstig: eine steile, kleinsplittrige Runse verwehrt im letzten Moment den direkten Zugang, ich muß mich nochmal leicht ansteigen und mich gut konzentrieren, um in diesem Gelände nicht auszurutschen ("man tut sich mindestens g'scheit weh", ist in solchen Situationen mein Leitspruch). Vom Törl (2361 m) geht es dann hinunter zur schon lange sichtbaren Postmeisteralm (1968 m), und hier erwartet mich leider eine Enttäuschung: vor meinem inneren Auge zischte seit einiger Zeit eine frische Halbe, aber von Bewirtung ist hier keine Rede, die Postmeisteralm besteht aus etlichen herrenlosen Rindviechern, 3 halb verfallenen Hütten und einer Ruhebank mit Kreuz. Na, dann halt nicht ....

Von der Postmeisteralm geht es sehr steil hinunter zum Brückele, und als ich kurze Zeit später wieder zurück am Auto bin, verspüre ich eine gewisse Erleichterung, daß diese lange Tour nun erfolgreich zu Ende ist.

Teil 3. Parkplatzsituation am Brückele; Sonstiges

- Der Seekofel dürfte ab Pragser Wildsee mit weniger Aufwand zu erreichen sein (mehrfaches Auf und Ab im Bereich des Kühglattenpingl).
- Vom Großen Jaufen führt ein Höhenweg zum Gametzalpenkopf, der sicher recht schön begehbar ist.
- Der ostseitige Abstieg vom Rosskopf scheint mir besser zu sein als der Weg über das Törl.
- Die Parkplatz-Situation am Brückele ist recht bergsteiger-unfreundlich: gebührenpflichtig von 8-17 Uhr, die Parkuhr nimmt aber nur in dieser Zeit die vertretbare Gebühr von 2 Euro an.
Dies bedeutet im Klartext: man kann dort nicht bezahlen, wenn man einigermaßen zeitig aufbrechen will (wie es für eine derart lange Tour unabdingbar ist) und riskiert einen Strafzettel für Schwarzparken (39 Euro wie in meinem Pala-Bericht hier geschildert?).
Warum gestalten die Gemeinden das nicht freundlicher? Es geht doch nicht darum, 2 Euro Parkgebühr zu sparen, sondern selbige als ehrliche Haut zu bezahlen.
Ein Verdacht ist unvermeidbar: soll das Schwarzparken erzwungen werden, damit die viel teureren Strafgebühren eingetrieben werden können?
Und: was machen Bergsteiger, die auf einer der Hütten übernachten wollen?

Tourengänger: gero


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Geodaten
 25824.gpx Seekofel, Gametzalpenkopf (Südgipfel) und Roßkopf vom Brückele

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Kommentare (5)


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mp2012 hat gesagt:
Gesendet am 29. Juni 2015 um 12:45
wie immer ausgezeichneter Bericht und toll Fotos!
Am Pragser Wildsee hättest Du glaube ich die Chance wenigstens ab 7:00 zu bezahlen :-)
Das Problem mit den Parkautomaten begegnet einem aber auch an dt. Wanderparkplätzen ab und an, teilweise besteht da sogar Parkverbot außerhalb der angegebenen Zeiten. Ist also keine Südtiroler Spezialität.

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Juni 2015 um 13:01
Hei, Danke für Dein Lob zum Bericht - hab mich auch 3 Tage geplagt, damit was G'scheites dabei rauskommt ;-)

Ja, ich weiß schon, diese Park-Unsitte greift leider um sich, auch in D, A und CH. Meines Erachtens steckt da ganz klar die Tourismus-Lobby dahinter (beweisen kann man ja so was nicht). Die wollen weder Wohnmobile in ihrer Gegend (verständlicherweise - aber dies ist aber kaum noch zu verhindern), noch wollen sie, daß friedliche Bergsteiger einfach für ein paar Stunden in ihren Autos ausruhen (so wie ich), bevor sie losgehen.

Ich bringe es inzwischen auf den Nenner: man darf nichts - nur bezahlen! Je mehr und je öfter, desto besser.

Aber irgendein Eckerl hab ich immer gefunden bisher - wenn ich dafür 2 km weiter gehen muß, dann halt auf diese Weise!

Gruß, gero


Fraroe hat gesagt:
Gesendet am 30. Juni 2015 um 18:40
Hut ab und herzliche Gratulation zu dieser langen und gelungenen Tour!!!
Grüess Rösly und Franz

Felix hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2015 um 11:09
ein Gewaltsmarsch à la Georg - in gewaltig schöner Gegend, mit fantastischem Berggelände!

Gratulation und lieber Gruss

Felix

georgb hat gesagt: Perfekt
Gesendet am 6. Juli 2015 um 12:03
Super Georg,
du hättest die Kleine Gaisl auch gleich mitnehmen können, auf die paar Hm wäre es nicht angekommen ;-) Tolle Bilder machst du immer, Respekt! Wenigstens hast du mir den Nordgipfel vom Gametzalpenkopf übriggelassen als hikr-Erstbesteigung ;-)
Weiter so, Grüße Georg


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