Galenstock via Ost-Couloir


Publiziert von Dolmar , 12. Mai 2015 um 23:52.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:10 Mai 2015
Ski Schwierigkeit: SS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-VS 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1480 m
Abstieg: 1480 m

Alles ist gut !

Nach 2 wöchiger Skitourenpause wegen des Wetters war ich mir gar nicht so sicher ob ich überhaupt noch mal in die Gänge komm bzw. ob die Kondition nicht schon wieder verflogen ist.
Der Galenstock ist ein durchaus reizvolles Ziel mit anscheinend Mega Aussicht bei entsprechendem Wetter.

Die Ostseite des Galenstock`s  wird logischerweise als erstes Sonne bekommen, was bedeutet, es wird mal wieder der frühe Vogel den Wurm fangen müssen, folglich bedarf es eine Anreise am Vortag.
Geschickter Weise ist die Passstraße schon bis zum Hotel Tiefenbach geöffnet, was eine erhebliche
Verkürzung der Tour darstellt, die Parkmöglichkeiten waren dementsprechend bereits am Vorabend fast gänzlich erschöpft.

Start um 3:30 Uhr zusammen mit zwei weiteren Türlern, derzeit kann noch direkt an der Passstraße angefellt werden. Die vorhandene Spur ist leicht eisig, respektiv rutschig. Immer wieder rutschen die Ski nach hinten weg, es ist ein leidlicher Start, es will sich auch kein vernünfitger Gehryhthmus einstellen.
Es schlaucht auf den ersten Metern, Die beiden anderen zeihen als bald deutlich schneller davon.
Der Aufstiegsweg folgt weitgehend dem Sommerweg immer leicht östlich des Taleinschnitts vom Tiefenbach.
Etwa ab P.2409 habe ich meinen Gehrythmus gefunden oder anders gesagt bin ich rund gelaufen.
Eine nächtliche Nebelbank gibt einmal für kurz den Blick frei auf das Tagesziel. Ich bin beeindruckt
selbst bei Nacht wirkt der Galenstock gewaltig.
Der Spur folgend geht es unterhalb der Alber Heim Hütte Richtung Tiefengletscher.
Bald darauf verschluckt mich der Nebel, Bei Null Sicht halte ich mich an die letzten schwach erkennbaren Spuren der beiden Türler von heute morgen. Nach dem ersten Steilaufschwung auf H. 2700m
führt die Spur kontinuierlich nach Norden, als sich der Nebel lichtet sind direkt rechts von mir die
Felswände vom Gletschhorn. Das das jetzt vielleicht nicht mehr der Idealweg ist wird mir langsam auch klar. Aber umdrehen macht auch keinen Sinn. Es ist bereits hell genug um zu erkennen das mit einem großem Nord - Süd Bogen, fast bis zum Talschluß beim Tiefenstock ausholend, mit angenehmer Steigung unter den Nordgrat des Galenstock  gelangt werden kann. Die beiden Türler gehen wohl an eine Route an den Felswänden des Tiefenstock`s.

Am Wandfuß !
Die Überwindung des Bergschrund`s ist noch problemlos. Kurz oberhalb diesem wird umgesattelt auf Eisgeräte und Steigeisen.
Wieder mal sind die perspektiven trügerisch, der Anblick lässt glauben, es wären nur ein paar Meter bis zur Wächte, aber was soll ich schreiben es ist anders, auch diese 250 - 300 Hm ziehen sich.
Wenigstens treffe ich guten Trittschnee an, teilweise ist es aber auch eisig hart unter der 5-15 cm Lockerschneeauflage.
Mittlerweile brennt der Planet ungehindert in die Ostseite des Galenstock`s, der Schnee wird schnell feucht, Zeit zum trödeln habe ich hier nicht.
Etwa 30 Meter unter der gigantischen Gipfelwächte mache ich eine Ausstiegsmöglichkeit nach rechts zum Nordgrat aus.
Da ich nicht weiß ob ein Ausweg zum Gipfel direkt unter der Wächte möglich ist, versuche ich es hier.

Als erstes Schlage ich mal einen geräumigen Standplatz aus dem Schnee/Eis. Wie soll ich hier sonst bei 50° Grad + auch sonst später auf die Ski kommen.
Schon bald muss ich erkennen das die vermeintliche Ausstiegsmöglichkeit extrem heikel wird,
und etwa 10 m vom Grat entfernt blase ich zum Rückzug, das war nix.
Also weiter empor direkt unter die Wächte.
Was sehr gut geht, ca. 10 Meter unter der Wächte tauchen gute Trittspuren auf, welche ich dankend annehme, hier unmittelbar unter der Wächte ist`s schon kräftig Steil ich denke mehr um die 60 ° Grad sicherlich. Was sich mir nun eröffnet ist kaum beschreibbar faszinierend.
Ich stehe unter der Gipfelwächte welche gut 2 Meter ins freie auslädt und bestimmt eine Mächtigkeit von 6-7 Meter hat.
Es hängen unzählige Eiszapfen herab, Die einzelnen Faltungen scheinen für jeweils ein Jahr zu stehen. Ein Irrer Eindruck welchen ich photographisch nicht annähernd einfangen konnte.
Mit einer luftigen (ausgesetzten) Querung nach rechts unmittelbar unter der Wächte kann zum Grat hinausgequert werden. 2 Meter höher stehe ich auf dem Gipfel des Galenstock um 8:23 Uhr.
Der Rundblick/Ausblick hier kann sich sehen lassen. 
Auf dem Tiefengletscher kann ich ich ganz viele Türler ausmachen, den Gipfel habe ich ganz für mich alleine. Die Bise und vor allem die zeitliche Erwärmung treibt mich aber schon nach wenigen Minuten zum Abstieg. Der sozusagen Wiedereinstieg vom Grat weg in die luftige Querung holt einen gleich mal zurück in die Konzentration. Langsam und mit größter Vorsicht geht´s zurück zum Skidepot.

Auf dem geräumigen Standplatz wird für die Abfahrt umgebaut
Und los geht`s. Ohh, es könnten bessere Verhältnisse sein, Die Lockerschneeauflage rutscht meist mit ab, und darunter ist`s eisig, Puhh die Kanten greifen nicht immer optimal, längere Rutschphasen und manchmal sind es auch Mitreißphasen, entstehend durch den ausgelösten Naßschnee welcher die Skier unbarmherzig in die Tiefe zieht, lassen das Adrenalin einschießen.
Ich suche mal rechts mal links im Couloir nach den besten Verhältnissen. 
Erst unter dem Bergschrund lässt die Anspannung nach und des Glücksgefühl kommt auf, Bei Top Schnee sicherlich eine Super geniale Abfahrt, so war`s auch gut aber nicht Top.

Alles ist gut !

In einem Flachbereich des Gletschers unter der Ostwand entschließe ich mich zu einem wohlverdienten
Päuschen. ca. 150 Meter unterhalb des Bergschrund`s. 

Zwei Türler streben das Ost Couloir an und befinden sich gerade beim Umbauen.
Einsetzendes Poltern und der gellende Ruf Lawine reißen mich aus den Gedanken.
Vom Nordgrat wälzt sich durch Wächtenbruch ausgelöst eine Lawine genau auf die zwei Türler zu.
Sie kommt langsam herab ich schaue wie gebannt zu, und denke immer oh das wird eng, hoffentlich schaffen es die beiden heraus aus der Schussbahn. So und nun merke auch ich in meiner Starre ich bin ebenfalls in der Schussbahn, oh je wird sie vorher halten ?, Ich springe vom Rucksack auf, packe diesen noch und laufe los. Sekunden Später drehe ich mich um und, Nein es reicht nicht mehr. Die Weiße Masse kommt und schon werde ich aus dem Stand gehebelt. Ich weiß für Sekunden nicht wo oben und unten ist. Stopp !!. So ziemlich gleich nachdem mich die Lawine erfasst hat ist sie zum stehen gekommen. Ich bin unverletzt  nicht wirklich verschüttet.
Die beiden anderen sind auch davon gekommen. Alles ist gut !
Wir drei welche unmittelbar von der Lawine betroffen waren, suchen unsere Materialien zusammen.
Einer der beiden muss beide Eisgeräte beklagen, der andere hat nur noch einen Skistock, sonst alles,
mir fehlen blöderweise beide Ski.
Jetzt heißt`s überlegen, wo war mein Vesperplatz, wie weit könnten die Ski mitgerissen sein.
Es ist die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen,
Tja auch ein blindes Huhn legt mal ein Ei, bereits nach 5 Minuten stochern mit dem Skistock stoße ich in ca. 50-70cm tiefe auf meine Ski.
Ich könnte schreien vor Glück, gemeinsam buddeln wir meine Ski noch aus.
Und freuen uns nochmal so richtig ausgiebig, das hier alles so glimpflich abging.

Der Rest ist easy going in perfektem Pulver geht`s (mit Ski) den Gletscher hinab und auf noch harter Unterlage bis nach Tiefenbach.
Ankunft verblüffender Weise um 10.22 Uhr, ich dachte es wäre später.

Fazit:
Der Gletscher ist noch gut eingeschneit, offene Spalten im Prinzip keine.
Bergschrund noch leicht zu überwinden, ebenfalls stellenweise komplett zu.
große Wächten brechen ohne Vorankündigung, die tageszeitliche Erwärmung zwingend zu beachten.

   


   








Tourengänger: Dolmar


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Kommentare (10)


Kommentar hinzufügen

alpstein hat gesagt: Lawine
Gesendet am 13. Mai 2015 um 06:45
Oh Mann, das ist ja gerade noch einmal gut gegangen. Glück muss der Mensch haben!

Tolle Bilder!

Gruß
Hanspeter

Dolmar hat gesagt: RE:Lawine
Gesendet am 13. Mai 2015 um 17:19
Hast Recht Hanspeter,
wir hatten Glück, hoffentlich bleibt`s Glück weiterhin bei allen Berglern. Leider war Hampi nicht das gleiche Glück beschert

Gruß
Markus

orome hat gesagt:
Gesendet am 13. Mai 2015 um 07:11
Super Tour, Gratulation!
Beeindruckend, dass du deine Touren alle allein angehst. Das würde ich psychisch nicht immer hinbekommen ;)

Grüsse
Manu

Dolmar hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Mai 2015 um 17:20
Merci Manu,
ich glaub schon, sein froh einen passenden Tourenpartner zu haben
Gruß
Markus

Bombo hat gesagt: Schwein gha...
Gesendet am 13. Mai 2015 um 11:45
Shit... das war knapp... Ich habe oft schon dieses Couloir angeschaut aber gerade wegen dieser Wechte (Schaumrolle...) habe ich mir diese Variante gänzlich aus meinen Träumen gestrichen (leider). Cool, dass ich nun wenigstens mit Deinem Bericht auf diese Reise genommen wurde und bin natürlich äusserst froh darüber, dass ausser Materialverlust nichts weiter passiert ist. Glück gehabt...

Gruess
Bombo


P.S. Deine Bilder wie jedes Mal ein Genuss! Wenn Du's dann noch hinkriegst den Horizont gerade zu halten (notfalls zu Hause am PC) dann sind diese absolut perfekt!

Dolmar hat gesagt: RE:Schwein gha...
Gesendet am 13. Mai 2015 um 17:25
Merci Bombo,
die Wächte Schaumrolle hat mich ein wenig an die
Anekdote von Kurt Diemberger erinnert. In seinem Buch Gipfel und Gefährten "Die Riesenschaumrolle der Königsspitze", beschreibt er die Bezwingung eines solchen Bollwerk`s.

Mir den Bildern (Horizont) hab ich mich selber auch geärgert, dass ich das nicht besser hinbekommen hab, ich schau mal ob das am PC machbar ist

Gruß
Dolmar
Gruß
Markus

Bergamotte hat gesagt:
Gesendet am 13. Mai 2015 um 12:54
Hui, das ist ja wieder mal ne Geschichte. Auf jeden Fall scheinst Du den Vorfall gut verdaut zu haben, so ruhig wie Du alles beschreibst. Ich könnte wohl ne Woche nicht mehr schlafen.

Dolmar hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Mai 2015 um 17:28
Hoi Bergamotte,
Es war mächtig Dusel, aber Gott sei Dank mit gutem Ausgang,
Im Kopf hab ich das auch noch. Das war jetzt die 3 Lawine, eigentlich wollte ich in meinem Leben nicht eine mit machen

Gruß
Markus

Primi59 hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Mai 2015 um 19:42
Da hat aber der liebe Gott mehr als nur einen
Schutzengel geschickt, ist fast wie im Krimi beschrieben, nur schon bei der Vorstellung unter dieser Wächte zu stehen lähmt mich fast....

Lg Priska

Dolmar hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. Mai 2015 um 22:51
Hoi Priska,
ich glaub die Wächte am Gipfel bricht selten. Deshalb ist das aufsteigen im Couloir akzeptabel.
Leider weiß keiner wann so ein gewaltiges Wächtenteil wie am Nordgrat abging abbricht, du hast schon recht mein Schutzengel ist ein Prachtkerl.

Gruß ins Glarnerland
Markus


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