Bergferienwoche auf dem Solsteinhaus (1.806 m), Erlspitze (2.406 m) und Großer Solstein (2.541 m)


Publiziert von Ovidam , 25. August 2014 um 20:52.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:17 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3 (ZS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6 Tage
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Hochzirl - Solsteinhaus - Erlspitze - Möslalm - Großer Solstein
Zufahrt zum Ausgangspunkt:München - Kufstein - Innsbruck - Hochzirl
Unterkunftmöglichkeiten:Solsteinhaus

Bergferien auf dem Solsteinhaus = eine herrliche Familienwoche voller Superlative: hohe Berge, ein beeindruckender Klettersteig, schweisstreibendes Sportklettern, Canyoning, Schotterabfahrt, Besuch einer Alm, Geocaching, Flying Fox, Gemsen, Schneehühner, Steinböcke, Edelweiß, viele Höhenmeter, aber auch traumhafte Hüttenumgebung für Kinder, tolles Essen, eine sehr schöne Hütte und viele nette Menschen!

Das alles ist sicher einen Bericht auf Hikr wert! Aber ich will von vorne anfangen: Das Solsteinhaus: http://www.solsteinhaus.at bietet neben dem üblichen Hüttenbetrieb schon seit einiger Zeit Bergferien für Familien an. Das Interesse ist groß und wer nicht einige Zeit vorher bucht, bekommt keinen Platz mehr.

Nachdem wir in den letzten Jahren immer wieder ein paar Tage auf einer AV-Hütte waren und diese aus dem Führer "Mit Kindern auf Hütten" ausgesucht hatten, hatten wir 2013 Pech: an drei Tagen gab es nur ein Kind auf der gewählten Hütte ... unseres :-(. 2011 hatten wir auf der Tölzer Hütte die Bergferienwoche erwischt und unser Kind war sofort integriert. Das hatten wir uns gemerkt und nach dem 2013er Erlebnis beschlossen, es auch mal mit Bergferien zu probieren. Natürlich können wir Touren auch sehr gut selber planen, aber wir können nicht planen, wen wir auf der Tour treffen. Das Angebot des Solsteinhauses erschien uns am attraktivsten, weshalb wir uns für dieses entschieden. Das war eine sehr gute Entscheidung!

Der Wirt des Solsteinhauses: Robert Fankhauser aus Neustift im Stubai, der aus einer Hüttenwirtsdynastie stammt, hat da echt etwas absolut Spitzenklassiges aufgezogen und man sieht rund um die Hütte überall seine Handschrift. Zudem gibt es jeden Tag ein hervorragendes 4-Gänge-Menü mit Suppe und Salatbuffet, saubere Zimmer, Duschen (kurz, aber warm) und vieles mehr, was den Hüttenaufenthalt auch über 7 Tage angenehm macht. Das ganze mit regionalen Spezialitäten ("So schmecken die Berge") und mit zahlreichen Helfern und Bergführern aus der Region. Deswegen wird das Solsteinhaus keineswegs zu einem Luxushotel, das sich irgendwelchen Bergtouristen anbiedert, aber wer schon so manche Nacht auf einer muffigen Hütte ohne Wasser, aber dafür mit Plumpsclo verbracht hat, weiß, von was ich rede: weit überdurchschnittlich, aber völlig angemessen für eine AV-Hütte der Kategorie I.

Das Programm wird täglich an das Wetter angepaßt, und nun zu den einzelnen Tagen:

Tag 1: Anreise nach Hochzirl. Treffpunkt am Bahnhof um 12 Uhr. Nach wenigen Minuten wird klar, daß da eine sehr nette Mannschaft aus Eltern und Kindern zusammengekommen ist und man versteht sich gleich. Die Leute kommen aus ganz Deutschland: vom hohen Norden bis nach Oberbayern, vom Flachlandtiroler über den Bergfexen bis zum Globetrotter und Abenteurer. Insgesamt 40 Teilnehmer. Zudem warten am Bahnhof schon Gebi und Jack, die die Bergferiengäste zur Hütte begleiten. Gebi ist Bergführer aus Innsbruck, Jack kommt aus Zirl. Dann wird das Gepäck geholt und zur Materialseilbahn gefahren und die Gruppe startet den Aufstieg zur Hütte. Dieser bietet ein herrliches Panorama bei Traumwetter, aber auch viel Schweiss bei 900 Hm Aufstieg.
Der Weg ist zunächst sehr steil und geht dann in eine flachere Forststrasse über. An einem Bachlauf und einer Quelle geht es zuletzt in Serpentinen zur Hütte hinauf. Mit Pausen sind wir nach knapp 4 Stunden am Solsteinhaus, wo wir sehr freundlich empfangen werden und die Aussicht geniessen: im Norden die Gleirschkette, im Osten die Solsteine, im Süden die Stubaier Alpen, die Riesenfernergruppe und vieles mehr und im Westen die Erlspitze. Die Kinder entdecken sogleich die zahlreichen Schafe und den Kaulquappenteich und bilden Gruppen und gründen Lager. Ein Paradies. Nach dem leckeren Abendessen gibt es schon sehr viel zu erzählen und um 22 Uhr ist wie immer Nachtruhe.

Tag 2: Nach dem Frühstück starten wir wieder bei herrlichem Wetter in 2 Gruppen zum Klettertag. Ca. 15-30 Minuten von der Hütte entfernt befinden sich 2 Klettergärten und 2 Übungsklettersteige. Begleitet werden wir von 6 Bergführern aus der Umgebung, die uns mit dem scharfkantigen und spröden Karwendelfels bekannt machen. Dabei reichen die Schwierigkeitsgrade von ca. 3 bis 6. Mittags tauschen die Gruppen. Abends kann so manches Kind und so mancher Erwachsener davon berichten, seine erste Kletterei oder sogar seinen ersten 5er oder 6er gemeistert zu haben.

Tag 3: Aufstehen um kurz vor 6. Eine Kaltfront zieht heran, weshalb früher Aufbruch angeraten ist. Die Hütte ist von dichtem Nebel umgeben und es ist kalt draussen. Nach dem Frühstück Abmarsch um halb 8. Auf dem Programm steht der Zirler Klettersteig auf die Erlspitze. Inzwischen sind im Nebel erste Bergkonturen zu erkennen. Erst flach geht es über Wiesenwege und durch Latschen, dann immer steiler in das stetig aufsteilende Kar hinauf zur Eppzirler Scharte. Trotz Kälte und Wolken ist dieser Aufstieg sehr schweisstreibend. Um uns herum eine sagenhafte Märchenlandschaft mit den zahlreichen Nadeln rund um die Erlspitze.
An der Eppzirler Scharte werden die Klettergurte und Klettersteigsets angezogen. Die Kinder werden zusätzlich von den sehr netten Bergführern in Gruppen von 1-4 Kindern ans kurze Seil genommen. Dann geht es - hauptsächlich am Drahtseil - auf einem ganz tollen Klettersteig hinauf auf die Erlspitze. Der Klettersteig ist inzwischen hervorragend versichert, aber deshalb keineswegs einfach. Einge kurze Stellen erreichen schon ein "C", hauptsächlich ist das Gelände aber A/B. Die Tiefblicke sind immer wieder sehr beeindruckend, Fernsicht scheitert aber am Wetter, und als die Gruppen zwischen 10 und 11 Uhr am Gipfel ankommen, herrscht dort dichter Nebel. Nachdem das Platzangebot dort oben sehr beschränkt ist und die Kaltfront näherrückt, machen sich alle nach kurzem Aufenthalt wieder auf den Weg nach unten. Dieser ist sehr gut angelegt, aber führt in unzählichen Serpentinen, einigen Schrofen und wenigen Drahtseil-gesicherten Passagen über eine sehr steile Grasfläche nach unten. Stolpern oder Rutschen streng verboten! Hier merkt man das hohe sportliche Niveau der Gruppe: alle meistern das relativ problemlos und schnell. Die Bergführer können sich voll auf die Kinder konzentrieren, die das sowieso souverän machen und gegen 13 Uhr sind alle wieder unten am Solsteinhaus. Anmerkung für Interessenten an den Bergferien: auch Erwachsene werden auf Wunsch oder bei Bedarf von den Bergführern ans Seil genommen ... falscher Ehrgeiz ist nicht erforderlich!
Am Nachmittag bleiben die meisten im und ums Haus, für einige gibt es aber die Möglichkeit zum Canyoning: Abseilen in 6 Stufen durch einen (in diesem oft regnerischen August) ziemlich nassen Canyon, der nur ca. 15 Minuten von der Hütte entfernt liegt. Nass übrigens auch von oben: der Regen ist angekommen. Toll, auch wenn das Highlight natürlich der Vormittag war. Hervorzuheben sind die sehr netten und kompetenten Bergführer, bei denen die Kinder sehr gut aufgehoben waren, während die Eltern klettern durften.

Tag 4: Regentag. Nach dem Frühstück Geocaching mit dem GPS-Gerät. Rund um das Solsteinhaus sind Blechschilder mit Buchstaben drauf versteckt, die ein Lösungswort ergeben. Danach dürfen alle, die wollen, Flying Fox fliegen über die Wiese hinterm Haus. Das geht auch bei Regen!
Am Nachmittag stehen die Abfahrt über ein steiles Geröllfeld und Klettern an der kleinen Kletterwand am Haus auf dem Programm. Viele verbringen den Tag aber auch gerne mit Spielen wie "Mäxle" und haben genausoviel Spaß.
Fazit für Tag 4: es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!

Tag 5: Es ist morgens immer noch kalt und neblig. Gegen halb 9 starten wir zur Möslalm. In vielen Serpentinen geht es hinab in Richtung Gleirschkette, vorbei an der Kristenalm und der Amtssäge. Nach gut 3 Stunden erreichen wir die Möslalm, die sehr malerisch in einem Hochtal am Fuß des Hochgleirsch liegt. Dort gibt es zur Begrüssung Brot mit Butter und selbstgemachtem Tiroler Graukäse. Danach eine Almführung und die Kinder dürfen selbst Butter machen und mitnehmen. Rund um die Hütte gibt es zahlreiche Kühe und Schweine. Die Kinder sind begeistert. Nach einem Kaiserschmarrn geht es wieder zurück zum Solsteinhaus, inzwischen scheint die Sonne und gegen 16 Uhr sind wir wieder zurück.

Tag 6: Morgens scheint die Sonne, aber es ist herbstlich kalt. Gegen 8 starten wir unter Führung eines Karwendel-Rangers zum Großen Solstein. Zwar ziehen wieder viele Wolken auf und es wird noch kälter, dafür haben wir mit der Flora und Fauna sehr viel Glück. Anfangs geht es in vielen Serpentinen und über viele Schrofen durch die Latschen. Dann entdecken wir ein Gämsenrudel. Der Ranger erzählt uns vieles über den Alpenpark Karwendel und zeigt uns die Gämsen durch sein Fernglas. Auf der nachfolgenden Wiese entdecken wir Versteinerungen und unzählige Edelweiss, ja wirklich Edelweiss!!! Gegen 11 sind wir bei Nebel auf dem Gipfel und haben zwar keine Sicht, können unser Gipfelglück aber mit einem Steinbockrudel teilen, bei dem sogar 4 Junge sind. Einmalig. Als wir auf dem Abstieg auch noch 6 Schneehühner treffen, ist das Tierglück perfekt. Gegen 14 Uhr sind wir wieder am Solsteinhaus und um 15 Uhr hält der Ranger im Seminarraum noch einen sehr interessanten Vortrag.

Abends bekommen die Kinder vom Hüttenwirt noch Kletterdiplome und kleine Stoffsteinböcke und die Eltern einen Schnaps. Eine herrliche Woche geht leider zu Ende.

Tag 7: wolkig und Regenschauer. Nach dem Frühstück müssen wir dem Solsteinhaus leider auf Wiedersehen sagen und wieder ins Tal laufen, wo wir uns lange voneinander verabschieden und wieder nach Hause fahren.

Fazit: selten konnten wir so kurz nach dem letzten Arbeitstag so schnell abschalten und uns regenerieren. Die schon am Anfang nette Gruppe wurde im Lauf der Woche zu einer echten "Seilschaft", Eltern und Kinder hatten eine sehr schöne Zeit zusammen. Der Robert Fankhauser hat da auf seinem Solsteinhaus etwas ganz besonderes hochgezogen und alle Bergführer, das Hüttenpersonal, der Ranger, etc. waren unglaublich nett!!! Ökotourismus pur und ein echtes Aushängeschild für Urlaub in Tirol!


Tourengänger: Ovidam


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»