Scherenspitz – Gams-Chopf Traverse


Publiziert von Delta Pro , 2. August 2008 um 10:52.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:31 Juli 2008
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 1440 m

Wilde und steile Tour auf einige der abweisendsten und am seltensten begangenen Gipfel des Alpsteins

 

Der lange Gebirgskamm zwischen Stein und dem Säntis ist fast in seiner gesamten Länge begehbar (wie Alpin_Rise eindrücklich bewiesen hat) und bietet eine Vielzahl von gut erreichbaren Wandergipfeln. Zwischen Schafwisspitz und Stoss hingegen, ist der Grat wild und zerrissen und gliedert sich in mehrere abweisende Kalkzacken. Die Besteigung des Gams-Chopfs war schon seit längerem mein Ziel, an dem ich z.B. letztes Jahr scheiterte. Das scheint nicht von ungefähr zu kommen – der Gipfel wies seit dem Jahr 2003 gerade einmal eine einzige (!) Begehung auf… Dies macht den Gams-Chopf wohl zu dem am seltensten besuchten Alpstein-Gipfel. Die beiden wilden Felszacken der Scherenspitzen stechen der Fiamma im Bergell gleich in den Himmel – und sehen für den Wanderer nicht besteigbar aus. West- und Ostgipfel liegen nur rund 5 Meter auseinander, sind jedoch durch eine 15 Meter tiefe Scharte voneinander getrennt.

 

Die Besteigung des Gams-Chopfs gelang mir in Verbindung mit der Traverse der unglaublichen Felstürme der Scherenspitzen. Die hier beschriebene Tour ist für den geübten Berggänger eine ausserordentlich lohnende Unternehmung, stellt aber einige Anforderungen an die Trittsicherheit. Der Unterschied zu anderen T6-Touren liegt darin, dass nicht nur einzelne Stellen im zweiten bis dritten Grad geklettert werden müssen, sondern die Schwierigkeiten anhalten und die Passagen anschliessend oft wieder im Abstieg bewältigt werden müssen. Ist man ohne Seil unterwegs, sollte man den dritten Grad sicher abklettern können.

 

Vom Parkplatz Laui über Tross zur Alp Schrenit (sauheiss, da ich erst nachmittags um zwei Uhr startete…). Am Fuss der Südwände des Gams-Chopfs in den Geröllkessel zwischen Schwarzchopf und Scherenspitzen und bis in die tiefste Einsattlung dazwischen (am Schluss etwas steiler, T4).

 

Scherenturm (ZS, III, 20m)

Dieser Felszacken ist ein idealer Einstieg zur Traverse, um Sicherheit im steilen Kalk zu gewinnen und das Selbstvertrauen zu stärken. Auf der ganzen Tour liegen die Kletter-Schwierigkeiten immer leicht unter denen am Scherenturm. Achtung: Der Scherenturm ist nicht die von Schrenit sichtbare Felsnadel, sondern ist leicht zurückversetzt und höher als diese. Die Kletterei führt durch die 20m hohe Südwand. Frische Bohrhaken stecken, eine Abseilstelle ist eingerichtet. Die ersten fünf Meter sind senkrecht (III), nachher geht es einfacher durch einen gestuften, steilen Riss (II).

 

Scherenspitz Westgipfel (WS+, II+, 50m)

Schöner Aufstieg über rund 50 Meter in gutem Kalk. Die Schwierigkeiten sind anhaltend im zweiten Grad. Zwei Abseilstellen sind eingerichtet. Auf dem ausgesetzten Gipfel befindet sich ein sehr schönes Gipfelbuch, das noch viel Platz für weitere Begehungen lässt, von denen rund fünf pro Jahr verzeichnet werden. Abklettern auf der gleichen Route. Unter den nordseitigen Wänden quert man einfach zuerst leicht absteigend in die Scharte zwischen Gams-Chopf und Scherenspitz Ostgipfel.

 

Scherenspitz Ostgipfel (T6, II, 50m)

Von der Scharte 10m schräg rechts aufwärts in eine Rinne. In dieser gewinnt man in leichter Kletterei (II, Vorsicht Nässe und teilweise lose Griffe) die Graspolster in der Hälfte des Aufstiegs. Anschliessend teils ausgesetzt leicht rechts des Grates aufsteigend auf den schmalen Gipfel, auf dem aufrechtes Stehen nicht ratsam scheint. Abstieg auf der gleichen Route.

 

Gams-Chopf-Überschreitung (T6, II, 80m)

Die Gams-Chopf ist ein sehr unübersichtlicher Berg. Verschiedene Gesteinstypen sind hier zusammengemixt, grasige Abschnitte wechseln mit felsigen ab. Ohne gute Ortskenntnisse ist es schwierig zu entscheiden, welches die günstigste Route ist. Auf der „neuen“ Normalroute ist die Besteigung des Gipfels nicht besonders anspruchsvoll (unteres T6, ungemütlich). Viel lohnender ist jedoch der Westgrat, der luftiges Klettervergnügen im oberen T6-Bereich bietet.

Von der Scharte zwischen Scherenspitz und Gams-Chopf lasse man sich nicht in die Flanken hinaus ziehen, obwohl es dort auf den ersten Blick besser begehbar aussieht. Man folgt zuerst in unschwieriger Kletterei dem steilen und schwach ausgeprägten Grat. Zwei Eisenstifte in einer Rinne zeigen an, dass man richtig ist. Die anschliessende Passage ist ziemlich ausgesetzt, der Fels jedoch solid (II). Dann in anhaltend steiler Kletterei (II) bis auf den Vorgipfel und in wenigen Schritten auf den grasigen Hauptgipfel. Griffe und Tritte müssen geprüft werden, da der Fels teilweise etwas bröcklig ist.

Das Gipfelbuch ist 30 Jahre alt und in ziemlich schlechtem Zustand. Dennoch zeugt es davon, dass der Gams-Chopf im 21. Jahrhundert praktisch nie mehr besucht wird. Abstieg auf der Normalroute durch die steile, aber problemlose Gipfel-Grashalde und dann nach links querend auf den Ostgrat. Ein Türmchen wird ausgesetzt auf einem Gemspfad rechts (östlich) umgangen. In der Scharte danach zweigt die im Führer beschriebene Route nach links in die Nordwestflanke ab und führt über einen am Schluss nochmals sehr ausgesetzten Grat auf die Lauchwis. Viel einfacher und praktischer schien mir die Route, die wir letztes Jahr rekognosziert hatten. Diese führt über zwar unangenehmes (langes, oft feuchtes Gras, glatte Felsen), aber wenig steiles Gelände schräg durch die Ostflanke hinunter.

 

Schwafwisspitz – Stöllen (T4+)

Weiter auf Schafwegen über den Sattel im Schwarzchopf Südgrat oberhalb Schrenit (T4) und über kräftezehrende Alpweiden auf den Schafwisspitz. Die Überschreitung der Stöllen ist immer wieder ein Leckerbissen (T4+)! Einige alte Markierungen weisen den Weg, ab und zu leichte Kraxelei. Das Gipfelbuch befindet sich auf dem Westgipfel.


Tourengänger: Delta
Communities: T6


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Kommentare (4)


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Alpin_Rise hat gesagt: Die Verbindung...
Gesendet am 11. August 2008 um 16:48
... für die genaue Traverse Neuenalpspitz-Säntis ist damit gefunden, toll!
Fehlt nur noch der Abstieg vom Schwarzchopf nach Osten (laut Führer müssts dort ein unangenehm feucht-moosiges Kamin geben...?). Dann ist die genaue Superlativ-Überschreitung ein freies Projekt.

360 Pro hat gesagt: RE:Die Verbindung...
Gesendet am 18. September 2008 um 22:16
Da ich gestern "in der Gegend" war kann ich es nicht verkneifen hier noch etwas anzufügen.
Für die Superlative-Überschreitung wären da zwischen Stoss und Silberplatten noch die sechs Silberplattenchöpf.
SAC: Früher wurde die ganze Gruppe bisweilen von Norden nach Süden überklettert...
Selten mehr begangen und ausgesetzte Klettereien tönt doch ganz nach eurem Gusto...

ossi hat gesagt: RE:Die Verbindung...
Gesendet am 19. September 2008 um 11:46
Genau.Die Überschreitung der letzten Köpfe bis auf die Silberplatten (WS+) ist gemäss Führer immer noch eine lohnende Tour; habe ich seit zwei Jahren auf meiner Pendenzenliste und jetzt rennt mir der Sommer schon wieder davon.....

Alpin_Rise hat gesagt: RE:Die Verbindung...
Gesendet am 19. September 2008 um 22:36
... zwischen Schwarzchopf und Scherenspitzen ist mit diesem Band wahrscheinlich im T5/T6 Bereich möglich. In der Führerliteratur ist es nirgends erwähnt.

Die Überschreitung ab Silberplattenkopf IV zum Gipfel ist wirklich sehr lohnend. Exakt zugeschnitten als Soloprojekt für den Herrn Ossi? Ein Seil muss aber zwecks 2 maligem Abseilen trotzdem mit. Über die Gesamttraverse der Köpfe würde ich auch gerne lesen!


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