"Anita" und ein "Bienchen" am Hochwiesler


Publiziert von simba , 22. Oktober 2013 um 17:16.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:19 Oktober 2013
Klettern Schwierigkeit: VI+ (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Im Tannheimer Tal nach Nesselwängle und zum Gimpelhausparkplatz (an der Kirche links hoch bis zum Hotel!)
Unterkunftmöglichkeiten:Gimpelhaus, Tannheimer Hütte

Der Sommer meldet sich zurück! Wo noch eine Woche zuvor überall schon dick Schnee lag, kündet nun lediglich noch das niedergedrückte Gras vom vorangegangenen Wintereinbruch. Wäre nicht die Temperatur morgens am Parkplatz bei erfrischenden -2° gelegen, man hätte den Rest des Tages für einen veritablen Sommertag gehalten.

Entsprechend war auch der Andrang am Einstieg der sehr beliebten "Via Anita" in der Südwand des Hochwieslers. Recht entspannt ließen wir uns im Zustieg (identisch mit dem Zustieg zur "Alten Südwand") unterhalb des Ostsporns von einigen Kletterern überholen, nur um dann am Einstieg festzustellen, dass es diese allesamt auch auf die Anita abgesehen hatten. Eine Seilschaft, die den Südpfeiler anvisierte, der die erste Seillänge zur Hälfte mit der Via Anita teilt, ließen wir noch passieren, ehe wir nach dann "Vier-Seilschaften"-Wartezeit selbst einstiegen.

Die Route ist recht anhaltend im 5. Grad, lediglich die vorletzte Länge ist leichter, aber dafür etwas brüchig und mit verwickelter Routenführung versehen. In der zweiten Seillänge findet sich die Schlüsselstelle: Ein Plattenbauch ist mit zwei oder drei kräftigen Zügen zu überwinden, was in freier Kletterei eine VI+ fordert. Die Stelle ist aber so eingebohrt, dass sie mit 2 Bohrhaken und einem alten Normalhaken mit Schlinge A0 geklettert werden kann (dann V+, aber kräftig - vor allem mit dem schweren Rucksack im Nachstieg!). Rechterhand kann die Schlüsselseillänge auch über eine Querungsseillänge umgangen werden, was ich zur Steigerung der Homogenität der Route (und zum Überholen) für empfehlenswert erachten würde.

Ansonsten konnten wir die vom Erstbegeher plakativ vergebenen Prädikate "steil und großgriffig wie eine Dolomitentour, dazu gut abgesichert" fast vollumfänglich bestätigen: Die Kletterei ist durchwegs abwechslungsreich, der Fels mit tannheimertypischen Ausnahmen gut und nur an wenigen Stellen etwas patiniert. Die Absicherung ist beinahe plaisirmäßig, allenfalls ein kleiner Satz Keile und ein oder zwei Sanduhrschlingen können zur Ergänzung nicht schaden. Klettermäßige Highlights waren für mich der voluminöse Risskamin der 4. Seillänge, der am Ende unter dem Dach elegant nach links verlassen wird, sowie die sehr ausgesetzte Rechtsquerung in der 6. Seillänge. Die Ähnlichkeit der Tour zu den Dolomiten konnte mein dolomitenerprobter Seilschaftskollege dagegen eher nicht bestätigen...

Am Ausstieg lässt sich derzeit noch gemütlich pausieren und im Gras sitzen, da der am vorigen Wochenende gefallene Schnee schon wieder etwas Wiese frei gegeben hat. Wir genossen den herrlichen Blick auf die Südwand des Gimpel und die dort tätigen Seilschaften. Für den Abstieg über die zur Abseilstelle waren die im Rucksack mitgeschleiften Zustiegsschuhe angenehm, da das teilweise verschneite Grasgelände abschüssig ist und ein wenig rutschig war. Die anschließende weitestgehend überhängende Abseilfahrt über 2mal 50 Meter war wie immer am Hochwiesler ein Highlight.

Nachdem es nach Rückkehr am Wandfuß erst ca. 2 Uhr war, entschlossen wir uns noch die Route "S' Bienchen" am Ostsporn des Hochwiesler zu klettern. Diese befindet sich in dessen Ostwand unterhalb des so genannten "Hüttengrats" und endet nach drei kurzen Seillängen auf selbigem. Die Route sucht zwischen allerlei Schrofen und Gehölz die besten Kletterstellen, wobei vor allem der steile obere Teil der ersten und der plattige, untere Teil der dritten Seillänge empfehlenswert sind. Daneben findet man leider auch allerlei Bruch und Schrofen und erdige Tritte, so dass die sehr gute Absicherung (plaisirmäßig mit Bohrhaken) der Tour gerade in der zweiten Seillänge sehr willkommen ist. Vom Ausstieg kann man entweder dem Hüttengrat noch für zwei Seillängen folgen oder direkt wieder zum Einstieg abseilen. 60 Meter Halbseile reichen knapp zum Einstieg (Zwischenstände vorhanden; aber nur jeweils einzelne Bohrhakenlasche mit Maillon). Mit Vorteil lässt man den ersten ab, um zwischen den Latschen für einen guten Seilverlauf zu sorgen.

Den Tag beschlossen wir mit einem "Abschiedsbier" auf der leider im kommenden Jahr zum Abriss anstehenden Tannheimer Hütte. Schade, dass ein solches Kleinod von Hütte (Baujahr 1886!) scheinbar für den heutigen "Bergtourismus" nicht mehr ausreichend ist...

Topo: Panico Allgäu
Material: Halbseile mind. 50m, bei Abseilen über S'Bienchen sind 60m vorteilhaft, ev. kleiner Satz Keile und 2 Sanduhrschlingen.


Tourengänger: simba


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Kommentare (2)


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kleopatra hat gesagt: Kein Wunder
Gesendet am 31. Oktober 2013 um 21:34
dass man hier 4 Seilschaften lang warten muss. Sieht ja wirklich sehr schön aus die Route!

simba hat gesagt: RE:Kein Wunder
Gesendet am 1. November 2013 um 11:33
Für Tannheimer Verhältnisse ist die Route (als leichte Route) wirklich gut! Wenig Leerlauf, sehr homogen und so gut wie keine Schrofen!
Und das mit den vielen Leuten gleicht sich dann über die Saison wieder aus...eine Woche später am Hinteren Brochkogel ist uns zwischen Vent - Gipfel und wieder zurück zur Breslauer Hütte niemand begegnet :)

Beste Grüße
Si


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