Wie aus einem einfachen Hüttenbesuch ein nervenaufreibender Noteinsatz werden kann...
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Eigentlich wollten wir auf dem Heimweg bloss rasch auf einen kurzen Mittagsbesuch in der Bächlitalhütte vorbei. Das Wetter sollte zumindest bis Mittag halten und der Weg vom Grimsel Hospiz zur Hütte ist nicht allzu lang und einfach. Ideal also für eine Kurztour. Doch es kam anders…
Vom Hospiz steigen wir zum Räterichsbodensee ab und folgen dem Uferweg bis zum P. 1771, neben der imposanten Räterichsboden-Staumauer. Dort zweigt der offizielle Hüttenweg ab, auf dem es fortan über unzählige Treppenstufen empor geht. Je höher wir gelangen, desto skeptischer werde ich, was das Wetter anbelangt. Und wenig später stecken wir tatsächlich in einer stockdichten Wolken-Nebel-Sosse. Von der schönen Schwemmebene auf dem Bächlisboden bekommen wir nur wenig mit und die Erhebung, auf der die Hütte trohnt, können wir nur erahnen.
Als wäre das nicht schon genug, beginnt es während unserem Schlussaufstieg auch noch zu regnen. Zum Glück ist die Hütte aber in Kürze erklommen und wir können uns bei Suppe, Kaffee und Kuchen aufwärmen. Als wir uns bereits innerlich damit abgefunden haben, uns langsam wieder raus ins "Huddelwetter" zu trauen und den Abstieg anzutreten, stürmt auf einmal ein nervös fuchtelnder Mann die Hütte. Sein Freund liege mit einem offenen Oberschenkelbruch etwa zwei Stunden von hier entfernt auf dem Gletscher, sagt er in französisch.
Unsere anfängliche Konsternation weicht bald schon schier mechanisiertem Tatendrang: ich versuche so gut es geht zwischen allen Anwesenden zu übersetzten, die Hüttenwartin alarmiert die Bergrettung, die Gehilfin geht den zweiten Gehilfen wecken, der Zurückgekehrte zeichnet die ungefähren Koordinaten auf der Karte ein. Wenig später machen sich alle auf den Weg zur mutmasslichen Unfallstelle, um erste Hilfe zu leisten. Alle ausser mir, denn während die anderen den Verunfallten mit Wolldecken und Schmerzmedikamenten versorgen wollen, werde ich zur Hüttenwartin in spe und warte wie auf Nägeln auf die Bergretter. Dies dauert aber noch ein ganzes Weilchen, da bei den mittlerweile stürmischen Bedingungen erwartungsgemäss nicht geflogen werden kann.
Nach und nach treffen die Helfer ein, angeführt vom Rega-Notarzt und dem Rettungschef. Mit viel Gepäck und Ausrüstung müssen sind sie zu Fuss auf dem selben Weg wie wir zuvor aufgestiegen. Einer der Retter bleibt dann – zusammen mit seinem Vierbeiner – bei mir in der Hütte und koordiniert den Einsatz via Funk. Ich bin froh um etwas Gesellschaft und versuche die Eintreffenden und Vorbeiziehenden so gut wie möglich mit Kaffe, Tee, Gebäck und was ich sonst noch so alles in der mir fremden Küche auftreiben kann, zu versorgen und zu helfen, wo ich kann.
In der Zwischenzeit tobt draussen ein veritabler Schneesturm und ich mache mir langsam etwas Sorgen um meine bessere Hälfte und den restlichen Erste-Hilfe-Trupp, welche alle ohne Steigeisen oder sonstiger anständiger Ausrüstung auf dem Gletscher versuchen zu helfen. Erst im Nachhinein erfahre ich, dass dieser glücklicherweise mit ausreichend Schutt übersäht ist. Über Funk höre ich dann, dass die Rettungsprofis die Unfallstelle unterdessen erreicht haben und mit der Bergung beginnen konnten. Kurz nach dem Eindunkeln erkenne ich dann endlich die Stirnlampen des zurückkehrenden Rettungstrupps. Vier deutsche Kletterer, welche in der Zwischenzeit ebenfalls von einer Tour zurückgekehrt sind und über Nacht in der Hütte bleiben werden, eilen nach draussen zur Hilfe – der Transport des Patienten mit der Rollbarre ist in der Dunkelheit nicht ganz trivial und jede Licht zündende oder tragen helfende Hand ist willkommen.
Ich kann meine temporäre Hüttenverwantwortung wieder an die „echte“ Hüttenwartin abgeben, helfe aber gerne noch mit, ein Abendessen für die ganze Crew zu kochen. Dieses wird auch dankbar angenommen, bevor die Retter mit dem Patienten den restlichen Abstieg bis zur Passstrasse anpacken – wiederum zu Fuss, da immer noch keine Flugbedingungen herrschen. Wir bleiben derweil über Nacht in der Hütte und sind erleichtert, am nächsten Morgen zu erfahren, dass der Abstieg gut gelaufen ist, der Patient schlussendlich von Guttannen ins Inselspital geflogen werden konnte und bereits erfolgreich operiert wurde. Nach dem Frühstück machen auch wir uns auf den Rückweg, welcher wegen 4 cm Neuschnee nicht unheikel ist. Ich bin schlussendlich beruhigt, als wir die Passstrasse erreichen und endlich etwas Zeit haben, das Erlebte zu verarbeiten.
Abschliessend bleibt mir nicht viel mehr, als meinen grössten Respekt und Dank an alle Beteiligten der Bergrettung Oberhasli & Grindelwald, der Bächlital-Hüttencrew und den Gästen aus Deutschland auszusprechen und dem Verunfallten sowie seinem Tourenpartner gute körperliche und seelische Erholung zu wünschen. Solche Erlebnisse führen einem einmal mehr vor Augen, wie rasch brenzlige Situationen entstehen können! Ein Unfall ist per se nie schön und wenn dann noch solch schwierige Wetterbedingungen dazu kommen, hängt ein Leben ziemlich schnell am seidenen Faden. In dem Sinne wünsche ich allen hikrs sichere Touren, gebt auf euch Acht!
Vom Hospiz steigen wir zum Räterichsbodensee ab und folgen dem Uferweg bis zum P. 1771, neben der imposanten Räterichsboden-Staumauer. Dort zweigt der offizielle Hüttenweg ab, auf dem es fortan über unzählige Treppenstufen empor geht. Je höher wir gelangen, desto skeptischer werde ich, was das Wetter anbelangt. Und wenig später stecken wir tatsächlich in einer stockdichten Wolken-Nebel-Sosse. Von der schönen Schwemmebene auf dem Bächlisboden bekommen wir nur wenig mit und die Erhebung, auf der die Hütte trohnt, können wir nur erahnen.
Als wäre das nicht schon genug, beginnt es während unserem Schlussaufstieg auch noch zu regnen. Zum Glück ist die Hütte aber in Kürze erklommen und wir können uns bei Suppe, Kaffee und Kuchen aufwärmen. Als wir uns bereits innerlich damit abgefunden haben, uns langsam wieder raus ins "Huddelwetter" zu trauen und den Abstieg anzutreten, stürmt auf einmal ein nervös fuchtelnder Mann die Hütte. Sein Freund liege mit einem offenen Oberschenkelbruch etwa zwei Stunden von hier entfernt auf dem Gletscher, sagt er in französisch.
Unsere anfängliche Konsternation weicht bald schon schier mechanisiertem Tatendrang: ich versuche so gut es geht zwischen allen Anwesenden zu übersetzten, die Hüttenwartin alarmiert die Bergrettung, die Gehilfin geht den zweiten Gehilfen wecken, der Zurückgekehrte zeichnet die ungefähren Koordinaten auf der Karte ein. Wenig später machen sich alle auf den Weg zur mutmasslichen Unfallstelle, um erste Hilfe zu leisten. Alle ausser mir, denn während die anderen den Verunfallten mit Wolldecken und Schmerzmedikamenten versorgen wollen, werde ich zur Hüttenwartin in spe und warte wie auf Nägeln auf die Bergretter. Dies dauert aber noch ein ganzes Weilchen, da bei den mittlerweile stürmischen Bedingungen erwartungsgemäss nicht geflogen werden kann.
Nach und nach treffen die Helfer ein, angeführt vom Rega-Notarzt und dem Rettungschef. Mit viel Gepäck und Ausrüstung müssen sind sie zu Fuss auf dem selben Weg wie wir zuvor aufgestiegen. Einer der Retter bleibt dann – zusammen mit seinem Vierbeiner – bei mir in der Hütte und koordiniert den Einsatz via Funk. Ich bin froh um etwas Gesellschaft und versuche die Eintreffenden und Vorbeiziehenden so gut wie möglich mit Kaffe, Tee, Gebäck und was ich sonst noch so alles in der mir fremden Küche auftreiben kann, zu versorgen und zu helfen, wo ich kann.
In der Zwischenzeit tobt draussen ein veritabler Schneesturm und ich mache mir langsam etwas Sorgen um meine bessere Hälfte und den restlichen Erste-Hilfe-Trupp, welche alle ohne Steigeisen oder sonstiger anständiger Ausrüstung auf dem Gletscher versuchen zu helfen. Erst im Nachhinein erfahre ich, dass dieser glücklicherweise mit ausreichend Schutt übersäht ist. Über Funk höre ich dann, dass die Rettungsprofis die Unfallstelle unterdessen erreicht haben und mit der Bergung beginnen konnten. Kurz nach dem Eindunkeln erkenne ich dann endlich die Stirnlampen des zurückkehrenden Rettungstrupps. Vier deutsche Kletterer, welche in der Zwischenzeit ebenfalls von einer Tour zurückgekehrt sind und über Nacht in der Hütte bleiben werden, eilen nach draussen zur Hilfe – der Transport des Patienten mit der Rollbarre ist in der Dunkelheit nicht ganz trivial und jede Licht zündende oder tragen helfende Hand ist willkommen.
Ich kann meine temporäre Hüttenverwantwortung wieder an die „echte“ Hüttenwartin abgeben, helfe aber gerne noch mit, ein Abendessen für die ganze Crew zu kochen. Dieses wird auch dankbar angenommen, bevor die Retter mit dem Patienten den restlichen Abstieg bis zur Passstrasse anpacken – wiederum zu Fuss, da immer noch keine Flugbedingungen herrschen. Wir bleiben derweil über Nacht in der Hütte und sind erleichtert, am nächsten Morgen zu erfahren, dass der Abstieg gut gelaufen ist, der Patient schlussendlich von Guttannen ins Inselspital geflogen werden konnte und bereits erfolgreich operiert wurde. Nach dem Frühstück machen auch wir uns auf den Rückweg, welcher wegen 4 cm Neuschnee nicht unheikel ist. Ich bin schlussendlich beruhigt, als wir die Passstrasse erreichen und endlich etwas Zeit haben, das Erlebte zu verarbeiten.
Abschliessend bleibt mir nicht viel mehr, als meinen grössten Respekt und Dank an alle Beteiligten der Bergrettung Oberhasli & Grindelwald, der Bächlital-Hüttencrew und den Gästen aus Deutschland auszusprechen und dem Verunfallten sowie seinem Tourenpartner gute körperliche und seelische Erholung zu wünschen. Solche Erlebnisse führen einem einmal mehr vor Augen, wie rasch brenzlige Situationen entstehen können! Ein Unfall ist per se nie schön und wenn dann noch solch schwierige Wetterbedingungen dazu kommen, hängt ein Leben ziemlich schnell am seidenen Faden. In dem Sinne wünsche ich allen hikrs sichere Touren, gebt auf euch Acht!
Tourengänger:
Mel

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Kommentare (4)