Zallershorn, drei nicht sehr standhafte Eidgenossen und das Öschischafbergwägli


Publiziert von Maisander , 20. August 2013 um 01:39.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:15 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: ZS - Fahrtechnisch anspruchsvoll
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Strecke:Kandersteg-Oeschinen-Zallershorn-Oberbärgli-Oeschinen-Kandersteg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Kartennummer:1247/1248

Eigentlich war die Problematik schon vorprogrammiert und es ist auch nicht das erste Mal, dass ich mir so was einbrocke: ein Termin, welcher mich leider viel zu früh den Bergen entreisst. Doch abgesehen von etwas Stress am Ende war dies eine sehr eindrückliche Tour in einer Landschaft, wo Massenauflauf und Einsamkeit nur ein paar Schritte voneinander entfernt liegen.

Ich starte mit dem Mountain-Bike in Kandersteg und folgte der geteerten Strasse zum Oeschinensee. Diese hats in sich, was die Steilheit anbelangt: Nur mit übermässiger Vorlage und einem Slalomkurs kann ich mich auf dem Sattel halten, dazu steigt der Puls ins schier unermessliche... Jedenfalls ists ein tiptoppes Aufwärmen für die kommende Bergtour.

Das Velo kriegt ein lauschiges Plätzchen bei einer Tanne, danach gehts zu Fuss die Hänge des Groppeni empor. Die vielbeschriebene Stahlseil-Passage taucht bald vor mir auf. Um das Seil bin ich froh, denn ohne würde man bei einem Ausrutscher wohl direkt in den Oeschinensee purzeln.
Verwundert betrachte ich die stufenartig aufgebauten Gesteinsformationen; sie nehmen mich so gefangen, dass ich gerade in ihnen hochkraxle. Erst später merke ich, dass das Weglein ja ennet dem Bach weiterführen würde. Einige kleine Steinmänner auf meinem Aufstieg bestärken mich in der Annahme, irgendwann wieder auf den Weg zurück zu gelangen. Doch da hatte wohl einer einfach Freunde am Steinmannli bauen, denn irgendwann finde ich mich in derart steilem Gelände wieder, dass ich ohne mich zu bücken hätte Edelweiss vernaschen können.

Nun ja, die Edelweisse sind schön, die Steilheit weniger. Ein Blick auf die Karte stimmt mich aber wieder optimistisch, gleich oberhalb eines erkraxelbaren Felsens nämlich würde ich auf den Weg treffen. Beruhigt gehts die letzten Schritte hoch zum Öschischafberg. Unglaublich, wie sich die Landschaft hier wieder öffnet, nachdem man doch einige Zeit mehr oder weniger an den Felsen oder zumindest an steilen Grasbörtern geklebt hat. 

Nach einer kurzen Rast suche ich mir meinen Weg durch die Ausläufer des Felssturzgebiets, umgehe das Felsband wie im Führer beschrieben links und treffe auf die mir eher unliebsamen abschüssigen Geröllmulden. Diese zu queren ist mühsam und deren Steil- und Beschaffenheit gerade so, dass man kaum zuverlässigen Halt findet. Ich versuche, es nahe der oberen Begrenzungsfelsen zu versuchen, was sich als richtig erweist. Als in den Felsen zu meiner linken ein Durchschlupf auftaucht, verabschiede ich mich von den müssigen Geröllhängen und steige ein kleines Couloir hoch auf eine schwach ausgeprägte Rippe. Angenehme, wenn auch ausgesetzte Tritte führen gespickt mit kurzer und leichter Kletterei auf den Grat unmittelbar östlich der drei Eidgenossen. Wenn ich mir diese Felsformation mit den darunter liegenden Trümmern nun so anschaue scheint mir, als würde nicht nur unser Bankgeheimnis bröckeln.

Also schnell unten durch, ich entscheide mich für die Umgehung südlich. Die Finalissima auf das Zallershorn ist noch mal Genuss pur, der Gipfel ein Bijou; für mich unverständlich und doch von unschätzbarem Wert, dass solch schöne Flecken nicht öfter begangen werden. Ich geniesse die Aussicht auf die erhabene Bergwelt und den Oeschinensee, der schon zum Bade ruft.

Von hier oben wirkt eine Besteigung der drei Eidgenossen von Nordwesten her durchaus möglich. Nichts will unversucht bleiben, und so taste ich mich mal an den westlichsten ran. Wenige Meter vor dem höchsten Punkt passe ich aber: rauf käme ich, aber runter?

Der mittlere Zahn ist wohl der einfachste, aber auch hier wage ich mich nicht ganz rauf, zu unzuverlässig scheint mir der Fels. Für die östlichste Erhebung reichen dann meine Spagatkünste nicht ganz aus. Abklettern in die Rille und dann wieder rauf mag ich auch nicht so recht, ich will ja noch ein bisschen weiter...

Beim Abstieg umgehe ich die Eidgenossen nördlich. Dies scheint mir die bessere Wahl als beim Aufstieg. Zwar bewegt man sich auf den Trümmern, die anscheinend erst kürzlich runtergedonnert sind, dafür gehts aber einfacher und falls nochmal was runterkommen sollte, hätte man immerhin ein wenig Bedenkzeit, man bewegt sich weniger dicht an den Felsen ;-)

Nun will ich wieder runter auf den Weg des Öschischafbergs. Ich bin dann etwas zu weit in Richtung Sattel zwischen Eidgenossen und Dündenhorn abgestiegen, muss ein kurzes Stück wieder zurück den Grat hoch, um dann schliesslich eben doch wieder in den mühseligen Geröllflanken zu landen. Hier leistet mein Stock gute Dienste, ebenso einige trockene Runsen, in denen sich angenehmer absteigen lässt. Bald treffe ich wieder auf die Passage unter den Felsen. Kurz vor dem Übergang ins Gras zeigt das Geröll seine praktische Seite: feiner Schotter, auf dem sich vortrefflich abrutschen lässt. 

Das Abenteuer ist noch nicht ganz beendet, ich will mir nämlich ansehen, was vom Öschischafbergweg noch übrig ist. Bei Hohtutter verschwinden die Pfadspuren auf der Landkarte ganz zurecht: ein ansehnliches Rutschgebiet hat den Weg verschluckt und zwingt einen, den Kessel deutlich weiter oben zu queren. Die Fortsetzung gestaltet sich folgendermassen: immer wieder trifft man auf erstaunlich gut erhaltene Wegstücke, doch bevor eine leise Freude über die aufgefundene Route aufkommen kann, verschwinden die Spuren im Nichts. Glücklicherweise ist die Abzweigung zum Oberbärgli runter dann gut erkennbar.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es wohl weder für ein Bier auf der heimeligen Terrasse des Bergbeizlis noch für ein Bad im See reichen soll. Jammerschade, aber so ist das Leben! Unter den Augen einiger verdutzten Touristen spurte ich dem Heuberg-Höhenweg entlang zum Bike zurück, fahre wieder Slalom, diesmal aber um Inder, Japaner und Kinderwagen und erreiche in letzter Minute den Zug in Kandersteg. 

Tourengänger: Maisander


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