Weltuntergang turbowegschlafen oder Hollywood ob Dagmarsellen


Publiziert von Henrik , 31. Oktober 2012 um 12:09.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:15 Oktober 2012
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   CH-LU   CH-UR 
Zeitbedarf: 6:00
Strecke:Bahnfahren bei Schneefall
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Kartennummer:GA - Klasse bei der SBB

... meine Bahnfahrten ins Tessin und Wanderungen bzw. Erkundungen sind nicht etwa prinzipiell eingeschlafen, sie sind zurzeit der Romandie gewichen, die ich reisezeitmässig einfacher und „schneller“ erreiche, zudem „muss“ ich nicht schon um 4 Uhr auf! Ich gestehe: ich bin etwas bequem geworden, auch 1200 HM bewältige ich durchaus, aber nur mit der Peitsche!
 
... ich setzte mich mit Abfahrt um 10.04 in den IR mit Ziel Biasca. In gewohnter Manier mit viel Zeitungen im Gepäck bzw. in der Plastiktüte. Auch einer Gewohnheit folgend, erstand ich mir ausreichend Knabberspässe im COOP (der Coop Pronto befindet sich auf der Passarelle...) am Bahnhof in Basel, schlenderte hinüber zum Gleis 6, freute mich sichtlich wie ein Kind als ich einen renovierten Einheitswagen IV gewahrte, dessen Abschnittsteil die SBB-Logo-Plexiglasscheibe  an der Decke zierte, die ich nun sogar bei der SBB bestellte...(noch nicht eingetroffen)!
 
... die Schweiz befand sich an diesem Morgen in vorwinterlicher Stimmung: über dem  Mittelland lag eine vornehmlich graue Suppe, am Gotthard schneite es das erste Mal im Oktober 2012. Im Zugsabteil sassen nur ganz wenige Reisende – wie ich es gerne mag, begleitete mich betonte Ruhe, ohne Ruheabteil. Das ist ein Segen.
 
... zwischen Olten und Sempach fiel mir in Fahrtrichtung Süden auf, dass bei Dagmarsellen ein Schriftzug an einem Hügel prangte, den ich dort noch nie gesehen habe: HOLLYWOOD. Der wird nach dem Anlass wahrscheinlich verschwinden (müssen). Sache git’s, würde der Basler Bebbi sagen. Der Zug brauste durch eine Regenwand. Auch in Fahrtrichtung Süden fiel mir die Seeoberfläche des Sempachersees auf, den ich leicht gekräuselt vorfand, aber nicht das regte meine Aufmerksamkeit an: die vielen Krähenvögel in der Uferzone waren es. Und Schwärme von kleineren Vögeln.
 
... in Luzern halten die Züge ins und vom Tessin 13 Minuten im Bahnhof – sowohl der IR wie eben auch der ICN. Es reicht also den Reisenden sich im Migros und/oder bei Bachmann (Luzern) am Gleis 3 oder unten im Sous-sol etwas Verpflegung bzw. Flüssiges zu kaufen und zurückzueilen zum wartenden Zug. Ich habe schon vor einiger Zeit mal nachgefragt, warum dem so ist, denn beinahe eine Viertelstunde Aufenthalt ist auch für die Schweiz ungewöhnlich. Vielleicht  weiss es unser Bahnexperte ABoehlen?
 
... ganz anders in Arth-Goldau, da entstehen Wartezeiten aufgrund verspäteter Ankünfte/Anschlüsse der Züge aus Zürich, allerdings in zunehmendem Masse.  Sind 15 Minuten vergangen, wird oft der IR weiter-geschickt, gut so, denn im Gegensatz zum ICN, hält der IR zwischen Arth-Goldau und Bellinzona immer-hin an acht Stationen, wo eben auch Anschlüsse zu gewärtigen sind. Die anstehende Bergstrecke nach Erstfeld ist Grund die Zeitungen beiseite zu legen und sich einen „freien“ Sitz- und Fensterplatz zu „ergattern“ – auch nach über 300 Fahrten und wahrscheinlich sogar noch mehr, ist die Faszination Gotthard ungebrochen.

Weniger die Kirche in Wassen als das technische Wunderwerk Eisenbahn am Gotthard. Das wird nach 2016 sich nur marginal ändern. Ich habe zurzeit jedenfalls nicht vor, mich dem Tunnel auszusetzen, noch nicht!
 
 ... in Göschenen schneit es grosse nasse Flocken – aus dem Zugsfenster entstehen einige Bilder. Dann verschlingt der Tunnel den IR, dessen Durchfahrt 13 Minuten dauert! Der Deutschschweizer im Zug unterwegs, harrt dem Augenblick, wo der Zug aus dem Tunnel ans Freie gelangt – ist die Sonne zu sehen und der Himmel blau, entfährt ihm in der Regel ein Freudenjuchzer, bei Regen gibt es aber auch Zeitgenossen, die sich darüber freuen, mir geht es zuweilen auch so.
 
... statt den Zug zu verlassen, verbleibe ich im IR, der zurzeit zwischen Airolo  und Ambri aufgrund von Bauarbeiten an der Trasse behutsam und langsam durchgeleitet wird, oft sind Geleisewechsel nötig. Wenn sowohl im Norden wie im Süden gleichermassen das Grau vorherrscht, ist die Wetterlage durchaus ein Thema, insbesondere für die Touristikbranche dort wohl ein eher negativer Umstand.
 
... auch Faido lasse ich links liegen, noch eine weitere Passage auf der Gotthardstrecke verbleibend: die Biaschina mit ihrem Doppelkehrtunnel. In Biasca verlasse ich den IR, um nur eine knappe halbe Stunde später den nordwärts gehenden wieder zu besteigen. Weder einen Espresso noch Süsses lasse ich zu, hingegen inspiziere ich den eher tristen, dem Verfall und der Vergänglichkeit zugefallenen Bahnhof, der aber nicht unbedeutend ist für die SBB, denn dort befinden sich Werkstätten für den Bahnbetrieb. Das wird auch nach 2016 so bleiben.
 
... auf dem Weg nach Norden krame ich die noch nicht zu Ende gelesene Zeitungsflut hervor, achte etwas weniger auf die Landschaft draussen und ertappe mich, kurz geschlafen, eben mir einen Turboschlaf gegönnt zu haben! Gegen das Einnicken im Zug spricht ja nur ein einziger Tatbestand, ggf. Langfingern in die Fänge zu geraten und Opfer zu werden eines Raubüberfalles (Barschaft weg), was die SBB in einem Communique unlängst bestätigte...dass dies vornehmlich auf den InterCityNeigezügen (ICN)-Strecken Genf/Lausanne - St. Gallen  der Fall sei. Bedenklicher ist ein Turboschlaf, wenn dieser Fall wie hier zutreffe und natürlich grundsätzlich beim Fahren im Auto.
 
... in Göschenen schneit es nach wie vor. Und das Grau ist auch nicht weniger geworden. Hingegen macht sich eine gewisse Müdigkeit und Zufriedenheit breit in meinem Kopf, und erneut nicke ich ein: so entgeht man Szenarien wie dem Weltuntergang wie hier kolportiert oder erfährt Süssigkeiten in Form von Träumen, die nicht den Status Alptraum haben.
 
... ich empfehle allen  Bahnenthusiasten hier auf hikr. sich hin und wieder der Gotthardbahn anzuvertrauen, um Turbozuschlafen und Weltuntergängen auszuweichen. Noch vor 2016!

Tourengänger: Henrik
Communities: Die Gotthardbahn


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Kommentare (6)


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silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 31. Oktober 2012 um 12:33
Sali Henrik

im Coop gegenüber dem Bahnhof hat es das grössere Angebot und erst noch günstiger.

HOLLYWOOD: eine Privatperson hat den Schriftzug gekauft und vielleicht endgültig am Ort deines Bildes aufgebaut.

Auch Züge aus der Ostschweiz warten in Zürich regal mässig längere Zeit.

Henrik hat gesagt: RE:
Gesendet am 31. Oktober 2012 um 20:02
Danke für den Hinweis in Bezug auf den Coop. Ich präzisiere in der Regel genau das und mache ja in der Beschreibung auch die Unterschiede klar.

Der Link über den Verkauf des Schriftzuges war wo zu lesen?

silberhorn hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. November 2012 um 15:29
Nicht alles was bei Hikr geschrieben wurde gelesen und vom Gelesenen nicht alles im Gedächtnis behalten. Drum der Coop-Hinweis.

Mit einem Link kann ich nicht dienen. Im laufenden Jahr erschienen Berichte in diversen Medien.

svada hat gesagt:
Gesendet am 31. Oktober 2012 um 13:00
Hallo,

Der Grund für die lange Wartezeit in Luzern liegt beim IR am Lokwechsel (Ladezeiten Computer, neue Bremsproben, Personalwechsel etc.), beim ICN entfallen diese Arbeiten, da liegt es meines Wissens an Fahrplantechnischen Gründen. Und Bern wird nur am Wochenende von einem ICN angefahren, wahrscheinlich hast du die Strecke Genf/Lausanne - St. Gallen gemeint? Aber sehr schön geschrieben, man kann sich richtig hineinversetzen.

ABoehlen hat gesagt:
Gesendet am 31. Oktober 2012 um 13:12
> Ich habe schon vor einiger Zeit mal nachgefragt, warum dem so ist, denn beinahe eine Viertelstunde Aufenthalt ist auch für die Schweiz ungewöhnlich. Vielleicht weiss es unser Bahnexperte ABoehlen?
Nun, auch der "Bahnexperte" (ich würde mich selber nicht als solchen bezeichnen), kann noch viel dazulernen. In diesem Fall von svada. Beim IR hätte ich zwar auch den Lokwechsel vermutet, ohne es aber genauer zu wissen!

Ich muss sowieso gestehen, dass ich die Gotthardstrecke sträflich vernachlässige, weil sie halt von mir aus nicht gerade vor der Haustüre liegt und ich dieses Jahr sowieso nur selten dazu komme, mal einen grösseren Ausflug zu unternehmen. Ich werde aber Deine Empfehlung beherzigen, und ihr baldestmöglich mal wieder einen Besuch abstatten, denn 2016 kommt näher und näher...

Gruess
Adrian

Winterbaer hat gesagt:
Gesendet am 31. Oktober 2012 um 15:05
>Langfingern in die Fänge zu geraten und Opfer zu werden eines Raubüberfalles (Barschaft weg)
Puh, damit hab ich jetzt noch nie gerechnet, wenn ich mal Zug fahre. Eine Frechheit, wäre das, mir im (Halb-)Schlaf was zu rauben. Ich stecke aber unter Menschen generell meinen Geldbeutel in die vordere Hosentasche, wenn den einer klauen will, muss er mich erst mal wecken und dann gnade ihm Gott! Meinen Rucksack mit ggf. Kamera und Bär (das Wertvollste überhaupt!) umklammere ich vor meinem Bauch. Wenn sie bewaffnet kommen, dann schau ich auch blöd aus der Wäsche. Aber nur ein "Langfinger"...an dem würde ich schon versuchen, ein paar erlernte "Techniken" auszuprobieren. Kann sein, dass es für mich evtl. böse ausgehen würde, aber man versuche keinen Winterbaeren so zu ärgern! Ich hoffe natürlich immer, dass sie an meinem Teddy kein Interesse haben.
Einfach eine bodenlose Frechheit, einen jetzt im Zug auch schon ausrauben zu wollen!

Es grüßt der böse, böse Winterbaer


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