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Dass diese Tour einigermaßen einsam werden sollte, erwies sich bereits während des Reservationsanrufs bei der Hüttenwartin. Da wir die einzigen angemeldeten Gäste sein würden, boten wir an, uns im Winterraum selbst zu verpflegen, was gerne angenommen und mit dem Versprechen der Offenhaltung eines "echten" Schlafraumes estamiert wurde.
Gemütlich angereist, genehmigten wir uns zu allererst eine Stärkung aus regionaler Produktion auf der Terrasse des Berg-Restaurants Überuf auf dem Kunkelspass (1357m). Nachdem das Auto im eingezäunten Parkplatz viehsicher versorgt worden war, konnte der Hüttenaufstieg um ca. 14:00 Uhr beginnen. Etwas dem Fahrweg folgend, biegt man wenig später auf gut ausgebautem und markiertem Wanderweg in den Wald ab. Dieser schlängelt sich im wohltuenden Schatten der Bäume aufwärts, bis es Beim Ahorn (1640m) wieder lichter wird. Kurz darauf trifft man erneut auf das Sträßchen - wo wir eine kurze Pause einlegten - und erreicht in wenigen Minuten die Grossalp (1833m). Von hier ist es schließlich nicht mehr allzu weit zur Ringelspitzhütte (2000m), bei welcher wir nach knapp 2 Stunden ankamen.
Den Nachmittag verbrachten wir mit sonnen bei herrlichem Wetter. Da Suppe und Dessert bereits von der Hüttenwartin vorbereitet worden war - recht herzlichen Dank hierfür an Dorothea und Alfons -, zauberte Schnapsi diesmal "nur" den Hauptgang: Linguini al Pesto di Parmigiano. Danach gab's Schiffeversenken- und Mühle-Turniere, bevor gegen 11 Uhr der "Blaue Schlafsaal" aufgesucht wurde. Des heftigen, an der Hütte rüttelnden Windes wegen war die Nacht etwas unruhig; bis zur Tagwache um 5 Uhr hatte sich die Lage aber ein wenig beruhigt.
So stiefelten wir gegen 6 Uhr an der Ringelspitzhütte (2000m) los, während sich Schnapsi wieder in die Federn warf, nicht ohne zuvor im Winterraum für Klar-Schiff zu sorgen. Merci villmoll!
Sich bei der ersten Weggabelung links haltend, erreicht man alsbald die Wasserfassung der Hütte, welche den Übergang auf die Westseite des Lawoibachs darstellt. Hiernach gewinnt der Bergweg etwas an Höhe und führt im Folgenden mehr oder weniger geradewegs an Vorder, Mittler und Hinter Augstberg vorbei. Ab und zu erschweren Schneefelder die Orientierung; immer wieder sind auch andere Wegspuren auszumachen, mit Vorteil hält man sich aber generell linker Hand am Fuß der Schutthalden, welche sich von Crap Mats und Morchopf herabziehen.
Schließlich kamen wir nach gut einer Stunde bei den Sandböden (2451m) an, um sogleich mittels eines Linksschwenks die Nordflanke des Morchopfs zu umrunden und dann in einem weiten Rechtsbogen über eine ausgeprägte Moräne hinweg den Taminser Gletscher zu betreten. Dort legten wir auf ca. 2770m eine erste kurze Trinkpause ein und ließen uns von der Südwestwand des Tageszielberges beeindrucken. Weiter ging's den Gletscher hinauf und bei der ersten Gelegenheit steil aber gut zu gehen rechts zum unteren Ausläufer des Mittelgrates nahe Pt. 2935 hoch. Zunächst eher flach und breit, verjüngt sich die Schuttrippe zusehends und steilt auch langsam auf.
Ein großer Block mitten auf dem Grat markiert sodann den Beginn der eigentlichen Klettertour. Die Stöcke werden ab- und der Gurt angelegt. Nach dem Überwinden des Felsklotzes präsentiert sich der Schiefergrat zwar nicht besonders ausgesetzt, aber das brüchige Gestein auf der Gratschneide erfordert dennoch volle Konzentration; ein Fehltritt würde auf diesem rutschigen Terrain sicherlich verheerend enden. Noch vor Erreichen des markanten Kalkbandes sind 2 Bohrhaken installiert, welche wir auch gleich nutzen. Direkt oberhalb des Bandes wird der Fels stabil und ein erster Stand ist eingerichtet.
Den sich darüber erhebenden Pfeiler umgeht man links (westlich), um jedoch kurz darauf wieder östlich gerichtet eine markante Nase zu erklimmen. Nun folgt eine der Schlüsselstellen der Tour: ein ca. 5m hohes, senkrechtes Wändchen will mithilfe zweier schmaler Risse überwunden werden. Die Bewertung des Führers (II+) kann man getrost auch etwas noch oben korrigieren; III ist bestimmt nicht übertrieben. Die Passage geleitet einen zurück auf den Mittelgrat , den man aber gleich darauf via einiger Meter Gehgelände rechtsseits wieder umgeht, wo der nächste steile, aber stabile Felsaufschwung (III-) wartet. In der Folge wird der Aufstieg etwas leichter und besser gestuft, jedoch kann man nicht jedem Griff/Tritt trauen, da sich dieser Abschnitt doch recht "brösmelig" präsentiert.
Hiernach steht man schlussendlich auf dem zerklüfteten Verbindungsgrat zwischen Vorder Ringel und dem Hauptgipfel. Einen kurzen Zwischenabstieg auf den Ringelfirn hinunter, gehts an den eigentlichen Gipfelaufbau, der bis zum Turm harmlos ist. Dort angekommen, legen wir ein Materialdepot an und erklettern gepäckfrei jene berüchtigten 15 Meter sehr ausgesetzt, aber nicht allzu schwierig (Stelle III) dem Stahlseil folgend. Wenige Minuten später zeigt sich das ersehnte Gipfelkreuz des Ringelspitz (3247m)! Geschafft, der ganze Kanton St. Gallen liegt zu unseren Füßen. ;-)
Wir benötigten insgesamt 5 Stunden ab Hütte - eingedenk durchgehender Standplatzsicherung eine akzeptable Zeit; für erfahrene Berggänger free solo sicherlich auch unter 4h zu meistern.
Des nicht unbedingt sicheren Wettergebahrens wegen (in steifer Brise jagte eine Nebelschwade die nächste), machten wir uns nach obligatem Gipfelfoto und -bucheintrag ohne langes Verweilen an den Abstieg, welcher mit einem ersten Abseilmanöver begann. Der Rückweg folgt im Wesentlichen der Aufstiegsroute und erweist sich als nicht mehr sehr zeitintensiv dank durchgehender - exakt auf ein 30m-Seil abgestimmter - Abseilpiste; diese ist übrigens clevererweise leicht versetzt zu den im Aufstieg verwendeten Bohrhaken angelegt, wodurch bei viel Betrieb und Gegenverkehr allfällige Wartezeiten drastisch reduziert werden.
Zurück beim gelben Kontaktband - seines Zeichens Zentrum der geologisch berühmten Glarner Hauptüberschiebung - war ein weiters Mal höchste Konzentration gefordert, um sicher und unversehrt den unteren, gutmütigen Teil der Mittelrippe nahe Pt. 2935 zu erreichen. Von hier gings komplikationslos und zügig über des Taminser Gletschers dankbare Schneefelder zurück zu den Sandböden (2451m), und weiter, nicht mehr ganz so zügig, gefühlt sogar eher unendlich, am Lawoibach entlang bis zum Ausgangspunkt Ringelspitzhütte (1998m), wo Schnapsi uns sodann das wohlverdiente Belohnungsbierchen kredenzte. Herrlich!
Nach ausgiebiger Hüttenrast in der Sonne - das angedrohte Gewitter ließ glücklicherweise weiter auf sich warten - und eingehender, informativer Unterhaltung mit den sehr freundlichen und zuvorkommenden Wirtsleuten, begaben wir uns schließlich auf die letzte Etappe der Tour, welche via Grossalp (1833m) nach rund einer Stunde am Hüttenparkplatz beim Kunkelspass (1357m) endete.
Fazit: Sowohl für erfahrene Alleingänger (z.B. tombe), als auch für Alpin-Lehrlinge (mit starkem Partner wie Imseng) lohnende Unternehmung auf einen der zweifellos schwierigeren Kantonshöhepunkte.
(Tour mit Schnapsi (bis zur Hütte) und Imseng)
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