So markant der Gonzen über Sargans thront, so spannend ist sein Innenleben. Während mehreren Jahrhunderten wurde er auf der Suche nach Eisenerz mit unzähligen Stollen durchlöchert. Heute lohnt sich die harte, gefährliche Arbeit nicht mehr - diese erledigen arme Seelen in Übersee für uns - und das Massiv dient unter anderem der Erholung: Der Wanderer findet vor allem am Tief- und Weitblick gefallen, Kletterer wagen sich in die nicht immer ganz feste Südwand; dazwischen gibt es um den „Ghudlet Gonzen“ P. 1413 einige abenteuerliche, wenig begangene Routen mit überraschenden, lokalen Spezialitäten.
Eine wilde, kombinierte Kletter-Wander-Höhlentour hoch über dem Rheintal - vielleicht die letzte T-Shirt Tour vor den grossen Schneefällen.
Wir starten reichlich spät beim Bahnhof Sargans und folgen dem markierten Bergweg am Schloss vorbei bis zu P. 1109 (Cholplatz). Beim merkwürdigen, kreativ abgeänderten Stollen-Warnschild nach links. Zuerst auf breitem Weg horizontal, sobald man den unteren Rand der Follaplatten berührt, rechts aufwärts. In einigen Serpentinen in Geröll zwischen Büschen auf schmalem Pfad bis an den unteren, rechten Rand der Follaplatten (dort wo sie an die Gonzen Südwand grenzen). Auf Wegspuren zuerst diagonal an den linken Rand hoch (T5), dann mehr in der Fallinie (Fixseil) bis zu einem schönen Biwakplatz unter überhängenden Felsen. Nun kurz zwischen Buchen links aufsteigend bis zur Geröllrinne östlich des „Breiten Turm“ P. 1509. Durch die sandige Rinne und auf geschlagenen Tritten hinauf, in leichter Kletterei unter dem hausgrossen Block durch (T5).
Die sogenannte „Gletschergrube“ erreicht man von dort in einer kurzen, ausgesetzten Querung nach Osten. Sie ist mit einer starken Lampe und ein wenig Vorsicht gut zu begehen. Der leichteste Einstieg bildet die tiefst gelegene Öffnung – Achtung: nicht alle verkeilten Blöcke klemmen bombensicher. Vom „Gletscher“ ist nicht mehr viel übrig, am Grund der Felsspalte liegen noch einige Kubik Altschnee, viel Kies, hineingefallene Erde und Äste. Sehr eindrücklich sind die fantastischen Farben, die das oxidierende Eisenerz bildet. Kleine Pyritkristalle lassen die Wände glitzern – eine richtige Schatzkammer! Kreative Kletterer haben in der Felsspalte eine Sportkletterroute eröffnet – passender Name „Phantom“ 7b
Wir besteigen anschliessend noch den Turm des „Annegrethli“ zwischen P. 1509 und P. 1413 „Ghudlet Gonzen“. Normalweg: 3 bzw. 2 Seillängen (der 1. Stand kann überklettert werden) im 4. Grad (eher hart bewertet) und nicht ganz festem Fels führen auf der Ostseite zum Gipfel. Dort weht, patriotisch korrekt, meist eine Schweizerflagge. Abstieg per Abseilen (mit 55m Einfacheil kann der 1. Stand ausgelassen werden).
Weiteraufstieg über Follawald und –alp zum Gonzen: Von der Scharte etwas oberhalb der Gletschergrube kann aufsteigend eine Einsattelung in der nächsten Rippe erreicht werden. Dorthin kann auch mit einer Querung westlich P. 1509 aus der Scharte südlich des Annegretli gelangt werden. Vom Sättelchen ca. 30 hm absteigen und alles der Gonzen SW-Wand folgend traversieren (T5, z.T. Wegspuren). Nach einer markanten Rinne kann über etwas sumpfiges Gelände P. 1772 direkt avisiert oder der Bergweg nahe Sattel P. 1668 erreicht werden.
Wegen unpassend frühem Sonennuntergang (Winterzeit...) und weil sich passend eine Mitfahrgelegenheit anbietet (Vielen Dank an die zwei Südwandkletterer!), verzichten wir auf den eigentlichen Gipfel und düsen von den Rieterhütten vorbei bequem nach Sargans SBB zurück.
Danach flüchte ich ins herbstliche Tessin und staune auf dem Rückweg ennet dem Gotthard nicht schlecht über die weisse Pracht!
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